Wie wurde ein trinkender Rumtreiber zum mächtigsten Mann der Welt? So lautet Oliver Stones Kernfrage in W.
Die erzählte Gegenwart bilden die Sitzungen der Regierungsspitze, in denen man über den Irakkrieg entscheidet. Wir sehen Bush als naives Opfer einer Machtclique in Washington, allen voran der diabolische Vizepräsident Cheney, der Bush beim Mittagssandwich die Erlaubnis zur Folter durchwinken lassen will.
Bushs dümmlicher Kommentar: Das erinnere ihn an seine Aufnahmeprüfungen bei der Studentenvereinigung. Wir sehen Strategiesitzungen, in denen Cheney unverhohlen von imperialer Macht spricht, was Bush eher als Krieg von Gut und Böse begreift.
Von Beginn an ist der Präsidentschaftsberater Karl Rove dabei, der Bush einschärft, vor jeder Antwort erst ihn, Rove zu fragen.
Vor allem hier glänzt Hauptdarsteller Josh Brolin, der sein Kinn gekonnt hervorreckt und die naiven, spöttischen und bisweilen obszönen Bush-Sprüche hervorstößt.
"Damn it! Fool me once, shame on you ... "
Stone begreift Bush als vaterkomplexgeplagten Sohn, der von seinem Vater nach Harvard, in die Texas National Guards, ins Ölgeschäft gelotst wird - und scheitert. Bush senior rügt seinen Sohn, er bringe nichts zustande, er sei kein Hallodri wie die Kennedys, sondern ein Bush!
... nicht er, sondern sein Bruder Jeb habe das Zeug zum Präsidenten. In einer Überkompensierung will W. die Niederlage seines Vaters im Irak rächen. Vor allem, weil der Senior einst die historische Chance vertan hat, Saddam zu entmachten. Hier will sich der Junior abgrenzen: Er sei nicht wie sein zaudernder Vater, sondern wie der tatkräftige Reagan, führt er einmal aus.
Die US-Kritik reagierte gespalten auf den Film. Billigste Freudsche Theorie trotz Shakespeare-Thematik, grober Humor, urteilt der Boston Globe, ähnlich wie viele andere Zeitungen.
Die meisten loben Josh Brolins Leistung als Bush, wenngleich er an das Original nicht herankomme, weil uns das zu präsent sei, meint etwa die New York Times. Begeistert zeigt sich die Kritik vom bösen Cheney, vom Übervater Bush senior, und vom zweifelnden Powell, während Condoleeza Rice eher an Comedyshows erinnere, meint der Boston Globe.
Zu viel Vorgeschichte, zu viel Aufwärmphase, zu wenig Kernschmelze, sagt die New York Times, während die Washington Post sogar schimpft: uneinheitlich, ein Mischmasch an erzählerischen Prioritäten und ästhetischen Mitteln. Schließlich wechseln sich zum Teil Sketche, Traumsequenzen, Mediensatire rasant ab, auch echte Bilder der Bombardierungen sehen wir, unterlegt mit texanischer Marschmusik.
Stone arbeite zu pflichtschuldig die altbekannten sound bites ab, moniert die Washington Post, von der verschluckten Brezel bis zu den peinlichen Versprechern wie "Is our children learning". Neu seien allenfalls Petitessen, zum Beispiel, dass Bushs Lieblingsmusical Cats sein soll, lästert das Slate-Magazin.
Noch unbekannter dürften dem deutschen Zuschauer einige dieser Anekdoten sein: Wie aus dem Nichts taucht auch Bushs evangelikaler Gebetskreis auf. Langsame Klaviermusik und Nahaufnahmen sollen uns hier für den gebrochenen Bekehrten einnehmen, genauso wie bei einer Pressekonferenz, auf der Bush wie ein reuiger Sünder Fehler eingesteht.
" I am confident I made mistakes."
Dabei hat Bush - das zeigt der Film doch auch! - sein Image als Cowboy und Evangelikaler bewusst für die Gourverneurs-Wahlen in Texas und die US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen kreiert.
Als W. zum ersten Mal in Texas eine Wahl verliert, schwört er sich, niemals mehr unchristlich und volksfern zu erscheinen. Als sein Vater zugunsten von Clinton abgewählt wird, obwohl Bush senior vom Krieg in die zweite Amtszeit hätte getragen werden können - da lernt der Junior seine Lektion.
Leider betont der Film das zu wenig. Es fehle insgesamt Bushs Gerissenheit, moniert der New Yorker zu Recht, und die Washington Post findet das Bush-Cheney-Porträt von Naivling und Manipulator viel zu simpel.
Warum dieser überhetzte Film jetzt, fragt die Washington Post: Offenbar sei Stone sonst kein anderes Projekt eingefallen. Entweder 15 Jahre zu früh, oder 2 Jahre zu spät, meint der Boston Globe.
Man merkt der US-Presse an, dass sie die verfilmten Bush-Anekdoten - anders als vielleicht die deutschen Kinozuschauer - auswendig kennt. Joggingzusammenbruch gleich Erweckungserlebnis - offenbar hat sich die US-Öffentlichkeit an Bushs offensichtlich lächerliche und durchschaubare Story gewöhnt. Man wünschte sich, die Presse sei mit dem Präsidenten in den vergangenen acht Jahren so offen umgegangen, wie mit Oliver Stone.
Die Individualpsychologie verdrängt in seinem Film unweigerlich die Weltgeschichte und bushgemachte Katastrophen. Oliver Stone hat seine Chance auf eine beißende Satire leider nicht genutzt.
Die erzählte Gegenwart bilden die Sitzungen der Regierungsspitze, in denen man über den Irakkrieg entscheidet. Wir sehen Bush als naives Opfer einer Machtclique in Washington, allen voran der diabolische Vizepräsident Cheney, der Bush beim Mittagssandwich die Erlaubnis zur Folter durchwinken lassen will.
Bushs dümmlicher Kommentar: Das erinnere ihn an seine Aufnahmeprüfungen bei der Studentenvereinigung. Wir sehen Strategiesitzungen, in denen Cheney unverhohlen von imperialer Macht spricht, was Bush eher als Krieg von Gut und Böse begreift.
Von Beginn an ist der Präsidentschaftsberater Karl Rove dabei, der Bush einschärft, vor jeder Antwort erst ihn, Rove zu fragen.
Vor allem hier glänzt Hauptdarsteller Josh Brolin, der sein Kinn gekonnt hervorreckt und die naiven, spöttischen und bisweilen obszönen Bush-Sprüche hervorstößt.
"Damn it! Fool me once, shame on you ... "
Stone begreift Bush als vaterkomplexgeplagten Sohn, der von seinem Vater nach Harvard, in die Texas National Guards, ins Ölgeschäft gelotst wird - und scheitert. Bush senior rügt seinen Sohn, er bringe nichts zustande, er sei kein Hallodri wie die Kennedys, sondern ein Bush!
... nicht er, sondern sein Bruder Jeb habe das Zeug zum Präsidenten. In einer Überkompensierung will W. die Niederlage seines Vaters im Irak rächen. Vor allem, weil der Senior einst die historische Chance vertan hat, Saddam zu entmachten. Hier will sich der Junior abgrenzen: Er sei nicht wie sein zaudernder Vater, sondern wie der tatkräftige Reagan, führt er einmal aus.
Die US-Kritik reagierte gespalten auf den Film. Billigste Freudsche Theorie trotz Shakespeare-Thematik, grober Humor, urteilt der Boston Globe, ähnlich wie viele andere Zeitungen.
Die meisten loben Josh Brolins Leistung als Bush, wenngleich er an das Original nicht herankomme, weil uns das zu präsent sei, meint etwa die New York Times. Begeistert zeigt sich die Kritik vom bösen Cheney, vom Übervater Bush senior, und vom zweifelnden Powell, während Condoleeza Rice eher an Comedyshows erinnere, meint der Boston Globe.
Zu viel Vorgeschichte, zu viel Aufwärmphase, zu wenig Kernschmelze, sagt die New York Times, während die Washington Post sogar schimpft: uneinheitlich, ein Mischmasch an erzählerischen Prioritäten und ästhetischen Mitteln. Schließlich wechseln sich zum Teil Sketche, Traumsequenzen, Mediensatire rasant ab, auch echte Bilder der Bombardierungen sehen wir, unterlegt mit texanischer Marschmusik.
Stone arbeite zu pflichtschuldig die altbekannten sound bites ab, moniert die Washington Post, von der verschluckten Brezel bis zu den peinlichen Versprechern wie "Is our children learning". Neu seien allenfalls Petitessen, zum Beispiel, dass Bushs Lieblingsmusical Cats sein soll, lästert das Slate-Magazin.
Noch unbekannter dürften dem deutschen Zuschauer einige dieser Anekdoten sein: Wie aus dem Nichts taucht auch Bushs evangelikaler Gebetskreis auf. Langsame Klaviermusik und Nahaufnahmen sollen uns hier für den gebrochenen Bekehrten einnehmen, genauso wie bei einer Pressekonferenz, auf der Bush wie ein reuiger Sünder Fehler eingesteht.
" I am confident I made mistakes."
Dabei hat Bush - das zeigt der Film doch auch! - sein Image als Cowboy und Evangelikaler bewusst für die Gourverneurs-Wahlen in Texas und die US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen kreiert.
Als W. zum ersten Mal in Texas eine Wahl verliert, schwört er sich, niemals mehr unchristlich und volksfern zu erscheinen. Als sein Vater zugunsten von Clinton abgewählt wird, obwohl Bush senior vom Krieg in die zweite Amtszeit hätte getragen werden können - da lernt der Junior seine Lektion.
Leider betont der Film das zu wenig. Es fehle insgesamt Bushs Gerissenheit, moniert der New Yorker zu Recht, und die Washington Post findet das Bush-Cheney-Porträt von Naivling und Manipulator viel zu simpel.
Warum dieser überhetzte Film jetzt, fragt die Washington Post: Offenbar sei Stone sonst kein anderes Projekt eingefallen. Entweder 15 Jahre zu früh, oder 2 Jahre zu spät, meint der Boston Globe.
Man merkt der US-Presse an, dass sie die verfilmten Bush-Anekdoten - anders als vielleicht die deutschen Kinozuschauer - auswendig kennt. Joggingzusammenbruch gleich Erweckungserlebnis - offenbar hat sich die US-Öffentlichkeit an Bushs offensichtlich lächerliche und durchschaubare Story gewöhnt. Man wünschte sich, die Presse sei mit dem Präsidenten in den vergangenen acht Jahren so offen umgegangen, wie mit Oliver Stone.
Die Individualpsychologie verdrängt in seinem Film unweigerlich die Weltgeschichte und bushgemachte Katastrophen. Oliver Stone hat seine Chance auf eine beißende Satire leider nicht genutzt.