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Ein Mobilfunkgigant entsteht

Dieser Tag wird den deutschen Mobilfunkmarkt umwälzen: Die Aktionäre des niederländischen Telekommunikationskonzerns KPN stimmen über den Verkauf der deutschen Tochter E-Plus an Telefónica ab. Damit entstünde ein Mobilfunkriese mit 40 Millionen Kunden.

Andreas Kolbe im Gespräch mit Klemens Kindermann | 02.10.2013
    Klemens Kindermann: Herr Kolbe, ist denn schon absehbar, wie die Hauptversammlung ausgehen wird?

    Andreas Kolbe: Die Zustimmung der Aktionäre, Herr Kindermann, die ist eigentlich so gut wie sicher. Weil die größten Aktionäre von KPN sich inzwischen hinter den Verkauf der Tochter E-Plus gestellt haben. Das war nicht immer so. Da gab es großen Streit im Vorfeld: Insbesondere der mexikanische Milliardär Carlos Slim hatte da seine Vorbehalte. Sein Konzern America Movil ist Großaktionär bei KPN. Und Slim – so heißt es – sei der Kaufpreis zu niedrig gewesen.

    Letztlich hat Telefonica Deutschland im August das Angebot aber noch einmal leicht aufgestockt. Der Konzern bietet nun knapp 8,6 Milliarden Euro. Zum Teil in bar, zum Teil in eigenen Aktien. Und das scheint dann doch genug zu sein: Jedenfalls hat Slim seinen Widerstand aufgegeben. Also da wird heute mit einer breiten Zustimmung gerechnet.

    Kindermann: Wenn die KPN-Aktionäre zustimmen, ist der Deal denn dann in trockenen Tüchern?

    Kolbe: Definitiv nein. Die Hauptversammlung von KPN ist auf dem langen Weg zur Fusion vermutlich die kleinste Hürde. Die größte dürfte die EU-Kommission sein. Die muss dem Vorhaben kartellrechtlich zustimmen. Und diese Zustimmung ist alles andere als sicher. Mit der Übernahme würde sich die Anzahl der Netzbetreiber in Deutschland von vier auf drei verringern. Das hätte erhebliche Folgen für den Wettbewerb. Vielleicht auch für die Kunden, die dann höhere Preise zahlen müssten. Noch ist bei der Kommission aber gar keine Anmeldung eingegangen. Bis zu einer Entscheidung dürfte es Monate dauern. Und es ist wahrscheinlich, dass Brüssel die Fusion nur unter Auflagen genehmigen dürfte. Und dann gibt es noch eine weitere Hürde: Nämlich die Bundesnetzagentur. Die ist für die Vergabe der Funkfrequenzen in Deutschland zuständig. Auch die wird sich den Zusammenschluss genau anschauen, weil E-Plus und O2 zusammen eine deutlich bessere Ausstattung an Frequenzen haben als die Wettbewerber T-Mobile und Vodafone. Auch hier könnte es zu Auflagen kommen.

    Andreas Kolbe: Im Hintergrund des E-Plus-Verkaufs steht ja auch der Streit um KPN selbst. Der Telekom-Riese ist selbst Objekt der Begierde – warum?

    Kolbe: Ja, der angesprochene Carlos Slim, der ja als der reichste Mensch der Welt gilt, der will die E-Plus-Mutter KPN komplett übernehmen. Das hat er schon vor einigen Wochen angekündigt. Aber er rennt damit nicht gerade offene Türen ein in Den Haag. Im Gegenteil: Das KPN-Management wertet die Offerte von Slim als feindliche Übernahme. Angeblich, weil man sich auch hier über den Preis nicht einig wird. Slim bietet zwei Euro 40 je Aktie. Insider berichten, das Management will mindestens zwei Euro 65. Und das hängt mit dem Verkauf von E-Plus zusammen. Dadurch spart KPN in den kommenden Jahren über 900 Millionen Euro Steuern in den Niederlanden. Weniger Steuern heißt mehr Gewinn. Das sollte sich dann auch im Kaufpreis für KPN niederschlagen, heißt es. Hinter den Kulissen wird da wohl eifrig verhandelt. Ein verbindliches Kaufangebot hat Slim bislang nicht vorgelegt. Das aber wird in den kommenden Tagen erwartet.