Der neue Baukörper mutet nicht an, als wäre er im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts errichtet. Städteplanerisch ist der neungeschossige Klotz ein Lückenbüßer. Die Fassade unterscheidet sich zwar von dem, was der deutsche Reichskanzler vor mehr als 70 Jahren konzipierte. Aber was jetzt die Pforten öffnete, wirkt mit den funktional kaum zu begründenden dicken Betonlamellen vor der Dachetage wie eine Mischung aus Kulturpalast osteuropäischen Zuschnitts der 80er Jahren und Regionalbahnhofsneubau - nicht eben kulturschick. In den Treppenhäusern und im Auditorium dominiert Holz in verschiedenen dunklen Tönen - braun bis schwarz. Technisch freilich sind die hufeisenförmige Haupthalle und die Nebengelasse aufs Feinste und Neueste gerüstet. Die Akustik ist, soweit sich dies an einem einzigen Abend von einem Platz hinten im zweiten Rang aus beurteilen lässt, transparent und präsent. Wie sie sich bei einem "Idomeneo" oder einer weniger massiv orchestrierten Oper des 20. Jahrhunderts bewährt, bleibt abzuwarten.
Dennis Russell Davies, der Chef des Linzer Bruckner-Orchesters, setzt sich seit Jahren für seinen Landsmann Philip Glass ein, der vor mehr als vierzig Jahren als Pionier der Minimal music Furore machte. Der Dirigent ist mit den strapaziösen Halte- und Hänge-Partien der Glass-Musik ebenso bestens vertraut wie mit deren rhythmischen Finessen. Insgesamt wirkt der Tonsatz wechselfreudiger als einst bei "Einstein on the Beach", variantenreicher also und kurzweiliger.
Intendant Rainer Mennicken dampfte einen zeitgeistgenährten, dabei aber nicht sonderlich reichhaltigen Text von Peter Handke ein. Mit ihm präsentiert der Regisseur David Pountney Paare als Passanten. Dazwischen immer wieder (absichtsvoll?) dilettantisch arrangierte Parodien von TV-Sendungen "Pro und contra". Drei Alphornspieler bringen Ruhe in die hektischen Aktionen der Balletteusen in kessen Dirndln, auch ein Schaf auf Rollen, die Milchkuh und später überdimensionale Hasen. Einen Anflug von subkutaner Botschaft vermittelt ein doppelt armloser Invalide, dessen Vater und Großvater schon den Heldentod starben (man ahnt, dass da Pazifismus irgendwie ein Anliegen sein könnte - zu verstehen ist noch nicht einmal Bahnhof). Zur Halbzeitpause geht die Bettenlandschaft in Brüche. Die vielen Akteure auf der Bühne sinken wie tot nieder. Doch nach Wiederanstoß der quirligen Musik, scheint das Menetekel so gut wie vergessen. Die nächste halbe Stunde gehört dem Ballett. Für den Schleiertanz der Salome, für das ausgetanzte Zerwürfnis von Isaaks und Abraham, für die vom Flötensolo begleiteten Vorwürfe der Tochter an Mutter Medea und für das pantomimische Zusammentreffen von Oedipus mit "Rosenkavalier"-Personal funktioniert die Musik mit ihrem beharrlichen Drive verblüffend gut. Dann zieht das Orchester aus dem Graben auf die Bühne und demonstriert, wie ansprechend es auch von dort aus klingt. Russel Davies treibt zu einem in aufwendigster Kitschpracht arrangierten Finaltableau eine Ode an die Lebensfreude an.
Die 'Spuren des Verirrten‘ stammten übrigens von einem kleinen Singvogel, der während einer urlaubsbedingten Abwesenheit des Dichters Handke Zuflucht in dessen Domizil durch ein gekipptes Oberlicht gesucht, dann in seinem Todeskampf erheblichen Sachschaden angerichtet hatte. Welch Gleichnis des Lebens! Immerhin gab es Anlass, zum ersten Mal die Möglichkeiten des neuen Linzer Theaterhauses voll zu nutzen: Bühnentrubel, Musikwirbel und Lichtzauber konnten sich ohne alle intellektuelle Herausforderung entfalten. Komplimente also an Amir Hosseinpour, den Ballettmeister und insbesondere das technische Team um Philipp Olbeter.
Dennis Russell Davies, der Chef des Linzer Bruckner-Orchesters, setzt sich seit Jahren für seinen Landsmann Philip Glass ein, der vor mehr als vierzig Jahren als Pionier der Minimal music Furore machte. Der Dirigent ist mit den strapaziösen Halte- und Hänge-Partien der Glass-Musik ebenso bestens vertraut wie mit deren rhythmischen Finessen. Insgesamt wirkt der Tonsatz wechselfreudiger als einst bei "Einstein on the Beach", variantenreicher also und kurzweiliger.
Intendant Rainer Mennicken dampfte einen zeitgeistgenährten, dabei aber nicht sonderlich reichhaltigen Text von Peter Handke ein. Mit ihm präsentiert der Regisseur David Pountney Paare als Passanten. Dazwischen immer wieder (absichtsvoll?) dilettantisch arrangierte Parodien von TV-Sendungen "Pro und contra". Drei Alphornspieler bringen Ruhe in die hektischen Aktionen der Balletteusen in kessen Dirndln, auch ein Schaf auf Rollen, die Milchkuh und später überdimensionale Hasen. Einen Anflug von subkutaner Botschaft vermittelt ein doppelt armloser Invalide, dessen Vater und Großvater schon den Heldentod starben (man ahnt, dass da Pazifismus irgendwie ein Anliegen sein könnte - zu verstehen ist noch nicht einmal Bahnhof). Zur Halbzeitpause geht die Bettenlandschaft in Brüche. Die vielen Akteure auf der Bühne sinken wie tot nieder. Doch nach Wiederanstoß der quirligen Musik, scheint das Menetekel so gut wie vergessen. Die nächste halbe Stunde gehört dem Ballett. Für den Schleiertanz der Salome, für das ausgetanzte Zerwürfnis von Isaaks und Abraham, für die vom Flötensolo begleiteten Vorwürfe der Tochter an Mutter Medea und für das pantomimische Zusammentreffen von Oedipus mit "Rosenkavalier"-Personal funktioniert die Musik mit ihrem beharrlichen Drive verblüffend gut. Dann zieht das Orchester aus dem Graben auf die Bühne und demonstriert, wie ansprechend es auch von dort aus klingt. Russel Davies treibt zu einem in aufwendigster Kitschpracht arrangierten Finaltableau eine Ode an die Lebensfreude an.
Die 'Spuren des Verirrten‘ stammten übrigens von einem kleinen Singvogel, der während einer urlaubsbedingten Abwesenheit des Dichters Handke Zuflucht in dessen Domizil durch ein gekipptes Oberlicht gesucht, dann in seinem Todeskampf erheblichen Sachschaden angerichtet hatte. Welch Gleichnis des Lebens! Immerhin gab es Anlass, zum ersten Mal die Möglichkeiten des neuen Linzer Theaterhauses voll zu nutzen: Bühnentrubel, Musikwirbel und Lichtzauber konnten sich ohne alle intellektuelle Herausforderung entfalten. Komplimente also an Amir Hosseinpour, den Ballettmeister und insbesondere das technische Team um Philipp Olbeter.