"Ich will jetzt gucken."
Sagt Marie Marcks und dann verschwindet die 89-Jährige zunächst in der Ausstellung. Ihre Grafiken und Zeichnungen, sind wie ein Panorama der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte – in Einzelcomics und Satireblätter zerlegt und an die Wand gehängt: "Exkulpationsparabel" – eine Zeichnung von 1963, die die geschmeidige Verwandlung schießwütiger Militärs in unschuldige Zivilsten beschreibt.
Innenstädte, die in den 1960er-Jahren mit gespenstischen, geradezu expressionistisch überzeichneten Hochstraßen zugepflastert werden- der Autowahn frisst seine Kinder. Kunsthistorikerin Dr. Anne Pompé, Mitarbeiterin des Caricatura-Museums:
"Sie hat zu einem Zeitpunkt die Karikatur für sich entdeckt um Missstände aufzuzeigen, da hat das sonst noch kaum jemand getan, in Deutschland zumindest."
Später, in den 1980er-Jahren, kommentiert Marie Marcks den großen Streit um die Mittelstreckenraketen mit den Massendemonstrationen in Bonn und im Hunsrück.
Sie lässt satirisch "Amerikafreunde" für mehr Pershings auf pfälzischen Luftwaffen-Stützpunkten demonstrieren. Pazifistin ist Marie Marcks noch heute – die Mutter von fünf Kindern führt das auch auf ihren speziellen weiblichen Blick auf die Welt zurück, sagt sie, als sie bei ihrem Ausstellungsrundgang kurz inne hält:
"Natürlich ist ein weiblicher Blick ein anderer als ein männlicher Blick. Wenn sie als Mutter nicht nur Mädchen haben sondern auch Jungs, dann können sie nicht so krasse Feministin sein, das geht gar nicht. Aber als Mutter von mehreren Kindern sehen sie die Politik ganz anders. Die Rüstung! Die Männer, die finden es gut, wenn es ballert."
Marie Marcks Karikaturen vermitteln etwas, das männliche Satiriker nicht vermitteln können, das glaubt die Frankfurter Kunsthistorikerin Anne Pompé. Exemplarisch stehen dafür zwei Zeitungsseiten aus den 1970er-Jahren, auf denen jeweils ein weiblicher und ein männlicher Schriftsteller in einer Schaffenskrise dargestellt wird. Während der Mann schimpfend die gesamte Umgebung für das leere Blatt verantwortlich macht, auf das er schaut und Frau und Kinder herumkommandiert, geht die Frau eben ganz anders mit der Krise um. Anne Pompé:
"Aber es kommt eben nie vor, dass sie jemand anderen auf einmal beschuldigt, sie quält sich selbst in gewisser Weise, bis hin zu Liegestützen, schläft dann ein, kriegt dann einen Anruf vom Verlag, wo isses denn? Lügt dann: Gestern per Eilboten abgeschickt, kann ich gar nicht verstehen. Und dann in der Krise kommt es dann endlich zum Wurf. Ja, dieser Unterschied."
Marie Marcks selbst sagt, den Männern gefalle die Form, wie Frauen mit ihren Schaffenskrisen umgehen, besser als ihr eigener psychischer Verarbeitungsprozess:
"Das Verrückte ist, in der weitaus überwiegenden Zahl wird der weibliche Prozess gewünscht, als der männliche. Die Männer wollen sich auch selber nicht haben."
Die Frankfurter aber – ob männlich oder weiblich – wollen jetzt Karikaturen von Marie Marcks haben und kriegen sie – nicht nur bis Oktober. Denn das caricatura- Museum hat jetzt mit Hilfe eines Sponsors eine ganze Reihe von Marcks- Werken gekauft und wird sie nach der Ausstellung in den festen Bestand integrieren – sehr zur Freude der Kunsthistorikerin Anne Pompé:
"Und die werden das Haus, das ja als Kernpunkt die Arbeiten der "Neuen Frankfurter Schule" hat, wirklich bereichern und auch erweitern. Erstens ist es natürlich eine Frau und nicht nur eine Erweiterung der Männerriege. Und wie gesagt, sie steht halt wirklich auch außerhalb und zeigt was anderes. Das ist eine echte Bereicherung und bringt das Museum auf eine andere Ebene noch Mal. Das kann man glaube ich schon so sagen."
Damit kein Missverständnis aufkommt: Auch für männliche Freunde der Karikatur ist die Frankfurter Marie Marcks-Ausstellung unbedingt sehenswert. Besonders für die 68er-Generation, aber auch für Aktivisten späterer Bewegungen der alten Bundesrepublik dürfte es ein vergnüglicher Gang durch die eigene Polit-Geschichte sein. Lachen ausdrücklich erlaubt – eben auch über sich selbst!
Sagt Marie Marcks und dann verschwindet die 89-Jährige zunächst in der Ausstellung. Ihre Grafiken und Zeichnungen, sind wie ein Panorama der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte – in Einzelcomics und Satireblätter zerlegt und an die Wand gehängt: "Exkulpationsparabel" – eine Zeichnung von 1963, die die geschmeidige Verwandlung schießwütiger Militärs in unschuldige Zivilsten beschreibt.
Innenstädte, die in den 1960er-Jahren mit gespenstischen, geradezu expressionistisch überzeichneten Hochstraßen zugepflastert werden- der Autowahn frisst seine Kinder. Kunsthistorikerin Dr. Anne Pompé, Mitarbeiterin des Caricatura-Museums:
"Sie hat zu einem Zeitpunkt die Karikatur für sich entdeckt um Missstände aufzuzeigen, da hat das sonst noch kaum jemand getan, in Deutschland zumindest."
Später, in den 1980er-Jahren, kommentiert Marie Marcks den großen Streit um die Mittelstreckenraketen mit den Massendemonstrationen in Bonn und im Hunsrück.
Sie lässt satirisch "Amerikafreunde" für mehr Pershings auf pfälzischen Luftwaffen-Stützpunkten demonstrieren. Pazifistin ist Marie Marcks noch heute – die Mutter von fünf Kindern führt das auch auf ihren speziellen weiblichen Blick auf die Welt zurück, sagt sie, als sie bei ihrem Ausstellungsrundgang kurz inne hält:
"Natürlich ist ein weiblicher Blick ein anderer als ein männlicher Blick. Wenn sie als Mutter nicht nur Mädchen haben sondern auch Jungs, dann können sie nicht so krasse Feministin sein, das geht gar nicht. Aber als Mutter von mehreren Kindern sehen sie die Politik ganz anders. Die Rüstung! Die Männer, die finden es gut, wenn es ballert."
Marie Marcks Karikaturen vermitteln etwas, das männliche Satiriker nicht vermitteln können, das glaubt die Frankfurter Kunsthistorikerin Anne Pompé. Exemplarisch stehen dafür zwei Zeitungsseiten aus den 1970er-Jahren, auf denen jeweils ein weiblicher und ein männlicher Schriftsteller in einer Schaffenskrise dargestellt wird. Während der Mann schimpfend die gesamte Umgebung für das leere Blatt verantwortlich macht, auf das er schaut und Frau und Kinder herumkommandiert, geht die Frau eben ganz anders mit der Krise um. Anne Pompé:
"Aber es kommt eben nie vor, dass sie jemand anderen auf einmal beschuldigt, sie quält sich selbst in gewisser Weise, bis hin zu Liegestützen, schläft dann ein, kriegt dann einen Anruf vom Verlag, wo isses denn? Lügt dann: Gestern per Eilboten abgeschickt, kann ich gar nicht verstehen. Und dann in der Krise kommt es dann endlich zum Wurf. Ja, dieser Unterschied."
Marie Marcks selbst sagt, den Männern gefalle die Form, wie Frauen mit ihren Schaffenskrisen umgehen, besser als ihr eigener psychischer Verarbeitungsprozess:
"Das Verrückte ist, in der weitaus überwiegenden Zahl wird der weibliche Prozess gewünscht, als der männliche. Die Männer wollen sich auch selber nicht haben."
Die Frankfurter aber – ob männlich oder weiblich – wollen jetzt Karikaturen von Marie Marcks haben und kriegen sie – nicht nur bis Oktober. Denn das caricatura- Museum hat jetzt mit Hilfe eines Sponsors eine ganze Reihe von Marcks- Werken gekauft und wird sie nach der Ausstellung in den festen Bestand integrieren – sehr zur Freude der Kunsthistorikerin Anne Pompé:
"Und die werden das Haus, das ja als Kernpunkt die Arbeiten der "Neuen Frankfurter Schule" hat, wirklich bereichern und auch erweitern. Erstens ist es natürlich eine Frau und nicht nur eine Erweiterung der Männerriege. Und wie gesagt, sie steht halt wirklich auch außerhalb und zeigt was anderes. Das ist eine echte Bereicherung und bringt das Museum auf eine andere Ebene noch Mal. Das kann man glaube ich schon so sagen."
Damit kein Missverständnis aufkommt: Auch für männliche Freunde der Karikatur ist die Frankfurter Marie Marcks-Ausstellung unbedingt sehenswert. Besonders für die 68er-Generation, aber auch für Aktivisten späterer Bewegungen der alten Bundesrepublik dürfte es ein vergnüglicher Gang durch die eigene Polit-Geschichte sein. Lachen ausdrücklich erlaubt – eben auch über sich selbst!