Als die Hauptnachrichten des norwegischen Fernsehens am vergangenen Freitag auf Sendung gingen, war die Situation in Oslo, vor allem aber auf der Insel Utøya, noch unübersichtlich. Erste Berichte von einer Schießerei waren bekannt geworden, über eine Verbindung zur Bombenexplosion in Oslo konnte nur spekuliert werden. Ein sichtlich besorgter, gleichzeitig aber Ruhe ausstrahlender Ministerpräsident Jens Stoltenberg versuchte, die Arbeit der Einsatzkräfte mit einem Appell an seine Landsleute zu unterstützen:
"Ich möchte alle bitten, den Anweisungen der Polizei zu folgen: Verlasst das Zentrum, geht nach Hause, telefoniert nur, wenn es nötig ist, damit das Mobilfunknetz nicht zusammenbricht und den Rettungskräften zur Verfügung steht. Im Moment erleben wir zwei dramatische Ereignisse auf einmal, die unser System ernsthaft auf die Probe stellen."
Wenige Stunden später - das ganze Ausmaß der Katastrophe war noch immer nicht bekannt, Zahlen von sechs bis zehn Toten auf Utøya machten die Runde - stellte sich Stoltenberg der Presse. Sehr bewusst, so wurde erst später bekannt, hatte sich Stoltenberg entschieden, den Justizminister des Landes an seine Seite zu bitten, der wie der deutsche Innenminister verantwortlich ist für die Sicherheit im Lande. Überlegungen, den Außen- oder Verteidigungsminister hinzuziehen, hatte Stoltenberg verworfen, um ganz bewusst keinen Angriff aus dem Ausland zu suggerieren. Zwar wirkte Stoltenberg an diesem Abend entschlossen, wollte sich aber nicht vorzeitig auf ein bestimmtes, schon gar nicht ein islamistisches Täterprofil festlegen:
"Ich habe eine Botschaft an die, die uns angegriffen haben, und die, die hinter diesem Anschlag stehen - und zwar eine Botschaft von der ganzen Nation: Ihr werdet uns nicht zerstören, weder unsere Demokratie noch unser Engagement für eine bessere Welt."
Die Anschläge - sie trafen auch Stoltenberg persönlich. Immer wieder musste er bei öffentlichen Auftritten um Fassung ringen, mehrfach war er den Tränen nahe. Mit einem Mal schien ein neuer Stoltenberg geboren. Zwar kennen die Norweger ihren Regierungschef seit nunmehr Jahrzehnten als begabten und gewieften Politiker, doch viele hätten ihn vor den Ereignissen der vergangenen Woche wohl eher als pragmatisch statt charismatisch beschrieben. Nunmehr erwies sich der 52-Jährige nicht nur als umsichtiger Krisenmanager, sondern - wie hier in seiner Rede während des Trauergottesdienstes - als ein Mann mit Empathie, der auch eigene Gefühle öffentlich zeigt:
"Heute ist ein Tag der Trauer, heute ist ein Tag, an dem wir uns besinnen, an dem wir an die Toten denken und die, die nicht mehr sind, würdigen. Jeder Einzelne, der sein Leben verloren hat, ist eine Tragödie. Alle zusammen ergeben eine nationale Tragödie, deren Ausmaß wir nach wie vor zu begreifen suchen. Viele von uns kannten einen der Toten. Noch mehr kennen Menschen, die einen Lieben verloren haben. Auch ich persönlich kenne mehrere der Toten persönlich."
Dass die Norweger so besonnen auf das Grauen vom vergangenen Freitag reagiert haben, ist somit auch Verdienst des Regierungschefs. Im Unterschied zu George W. Bush nach den Anschlägen des 11. September spricht Jens Stoltenberg mit keinem Wort von Rache und Vergeltung. Im Gegenteil. Die richtige Antwort auf den Terror, betonte er einmal mehr vor über 100.000 Zuhörern auf dem Osloer Rathausplatz, seien mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Humanität.
"Es wird ein Norwegen geben vor und eines nach dem 22. Juli. Aber wie dieses Norwegen aussehen wird, das bestimmen wir selbst. Wir müssen aufpassen, nicht zu viele und zu rigorose Schlussfolgerungen zu ziehen, während wir trauern. Und insbesondere allen jungen Menschen möchte ich eine ganz einfache Botschaft mit auf den Weg geben: Engagiert euch, bringt euch ein, schließt euch einer Organisation an, nehmt teil an der öffentlichen Debatte und benutzt euer Stimmrecht. Freie Wahlen sind das Juwel in der Krone der Demokratie. Indem ihr teilnehmt, bejaht ihr die Demokratie auf eine Art und Weise, die man nicht überhören kann."
"Ich möchte alle bitten, den Anweisungen der Polizei zu folgen: Verlasst das Zentrum, geht nach Hause, telefoniert nur, wenn es nötig ist, damit das Mobilfunknetz nicht zusammenbricht und den Rettungskräften zur Verfügung steht. Im Moment erleben wir zwei dramatische Ereignisse auf einmal, die unser System ernsthaft auf die Probe stellen."
Wenige Stunden später - das ganze Ausmaß der Katastrophe war noch immer nicht bekannt, Zahlen von sechs bis zehn Toten auf Utøya machten die Runde - stellte sich Stoltenberg der Presse. Sehr bewusst, so wurde erst später bekannt, hatte sich Stoltenberg entschieden, den Justizminister des Landes an seine Seite zu bitten, der wie der deutsche Innenminister verantwortlich ist für die Sicherheit im Lande. Überlegungen, den Außen- oder Verteidigungsminister hinzuziehen, hatte Stoltenberg verworfen, um ganz bewusst keinen Angriff aus dem Ausland zu suggerieren. Zwar wirkte Stoltenberg an diesem Abend entschlossen, wollte sich aber nicht vorzeitig auf ein bestimmtes, schon gar nicht ein islamistisches Täterprofil festlegen:
"Ich habe eine Botschaft an die, die uns angegriffen haben, und die, die hinter diesem Anschlag stehen - und zwar eine Botschaft von der ganzen Nation: Ihr werdet uns nicht zerstören, weder unsere Demokratie noch unser Engagement für eine bessere Welt."
Die Anschläge - sie trafen auch Stoltenberg persönlich. Immer wieder musste er bei öffentlichen Auftritten um Fassung ringen, mehrfach war er den Tränen nahe. Mit einem Mal schien ein neuer Stoltenberg geboren. Zwar kennen die Norweger ihren Regierungschef seit nunmehr Jahrzehnten als begabten und gewieften Politiker, doch viele hätten ihn vor den Ereignissen der vergangenen Woche wohl eher als pragmatisch statt charismatisch beschrieben. Nunmehr erwies sich der 52-Jährige nicht nur als umsichtiger Krisenmanager, sondern - wie hier in seiner Rede während des Trauergottesdienstes - als ein Mann mit Empathie, der auch eigene Gefühle öffentlich zeigt:
"Heute ist ein Tag der Trauer, heute ist ein Tag, an dem wir uns besinnen, an dem wir an die Toten denken und die, die nicht mehr sind, würdigen. Jeder Einzelne, der sein Leben verloren hat, ist eine Tragödie. Alle zusammen ergeben eine nationale Tragödie, deren Ausmaß wir nach wie vor zu begreifen suchen. Viele von uns kannten einen der Toten. Noch mehr kennen Menschen, die einen Lieben verloren haben. Auch ich persönlich kenne mehrere der Toten persönlich."
Dass die Norweger so besonnen auf das Grauen vom vergangenen Freitag reagiert haben, ist somit auch Verdienst des Regierungschefs. Im Unterschied zu George W. Bush nach den Anschlägen des 11. September spricht Jens Stoltenberg mit keinem Wort von Rache und Vergeltung. Im Gegenteil. Die richtige Antwort auf den Terror, betonte er einmal mehr vor über 100.000 Zuhörern auf dem Osloer Rathausplatz, seien mehr Demokratie, mehr Offenheit, mehr Humanität.
"Es wird ein Norwegen geben vor und eines nach dem 22. Juli. Aber wie dieses Norwegen aussehen wird, das bestimmen wir selbst. Wir müssen aufpassen, nicht zu viele und zu rigorose Schlussfolgerungen zu ziehen, während wir trauern. Und insbesondere allen jungen Menschen möchte ich eine ganz einfache Botschaft mit auf den Weg geben: Engagiert euch, bringt euch ein, schließt euch einer Organisation an, nehmt teil an der öffentlichen Debatte und benutzt euer Stimmrecht. Freie Wahlen sind das Juwel in der Krone der Demokratie. Indem ihr teilnehmt, bejaht ihr die Demokratie auf eine Art und Weise, die man nicht überhören kann."