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Ein radikaler Friedensprediger

Brother Ali gilt als einer der radikalsten politischen Rapper in den USA. Auf dem Cover seines neuen Albums "Mourning in America and dreaming in color" kniet der 27-Jährige auf der amerikanischen Flagge und betet zu Allah. Der Künstler sieht darin eine versöhnliche Geste.

Von Christian Lehner |
    "Murder, murder, murder, kill, kill, kill", rappt Brother Ali im Titelsong seines neuen Albums. Im Video dazu hagelt es US-Bomben auf schwangere Frauen mit Kopftuch. Einige Bilder weiter wird aus einem kämpfenden Marinesoldaten in der Wüste ein von der Polizei verfolgter Schwarzer in der Heimat. All diese rasanten Schnittfolgen transportieren eine zentrale Botschaft: Es läuft etwas falsch in den USA.

    "Amerika befindet sich im Niedergang, kulturell, wirtschaftlich aber auch spirituell. Alle wissen das. Doch kaum jemand wagt sich dieser Wahrheit zu stellen. Doch das müssen wir tun. Erst wenn wir erkennen, was aus uns geworden ist, kann es wieder besser werden. Und von dieser Chance handelt auch mein Album. Dabei geht es um eine grundlegende Erneuerung, denn die Versprechen von Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit, sie haben schon bisher nur für wenige US-Bürger gegolten. Nun gelten sie für fast niemanden mehr."

    Wenn etwas an Brother Ali radikal ist, dann ist es der Glaube an das Freiheitsversprechen Amerikas. Mal wütend, mal flehend fordert er es ein – als Künstler, politischer Aktivist und praktizierender Muslim.

    Bereits als Kind fand Ali zum Hip-Hop. Die ersten Raps improvisierte er beim Begräbnis seiner Großmutter. Da war er gerade mal Acht. Die Eltern zogen von Stadt zu Stadt. Immer auf der Suche nach Arbeit. Jason Newman, so Alis bürgerlicher Name, war stets der Neue an der Schule. Als weißer Albino, halb blind und dicklich, zog der den Spott der Klassen-Bullies auf sich.

    "Ich wirkte exotisch und hatte ein Abo aufs Außenseitertum. Nur die Hip-Hop-Typen akzeptieren mich so wie ich war. Das wurde dann meine Community."

    Brother Ali ist in Minneapolis sesshaft geworden. Die Stadt liegt im Mittleren Westen der USA. Dort veröffentlicht er auf dem Independent-Label Rhymesayers Entertainment. Mittlerweile ist Brother Ali ein über die lokalen Grenzen hinaus anerkannter Rapper, der einen radikalen, aber friedlichen Wandel predigt. Bereits als Teenager ist er zum Islam übergetreten.

    "Das Cover meines neuen Albums zeigt, wie ich auf einer amerikanischen Flagge knie und bete. Das passt einigen nicht, weil sie den Islam als natürlichen Feind der USA betrachten. Dabei bete ich für Amerika. Ich will zeigen, dass mein Glauben nicht in Widerspruch zu den Prinzipien der USA steht, sondern sie vielmehr verkörpert."

    "Mourning in america and dreaming in color” ist ein kämpferisches Album. Doch die versöhnlichen Töne überwiegen. Musikalisch nimmt Brother Ali Anleihen beim Oldshool-Hip-Hop und beim Soul der 60er- und 70er-Jahre. Natürlich hat das aktive Occupy-Wall-Street-Mitglied auch eine Meinung zum laufenden US-Wahlkampf.

    "Obama ist zweifelsohne der wichtigste und größte Politiker unserer Generation. Natürlich spielt es eine Rolle, dass er schwarz ist. Und es spielt auch eine Rolle, warum ich mich über seinen Wahlerfolg gefreut habe. Ich habe kein Problem, das zuzugeben."

    Brother Alis neues Album "Mourning in america and dreaming in color" ist auf dem Label "Rhymesayers” im Vertrieb von Rough Trade erschienen. Produziert hat übrigens Jake One, der auch schon für Industrie-Schwergewichte wie Snoop Dog, Rick Ross oder 50 Cent an den Reglern gesessen ist.