US-Supreme-Court-Urteil
Kommentar: Ein Sieg für Trump

Das höchste US-Gericht urteilt mit seiner konservativen Mehrheit an Richtern zugunsten des ehemaligen US-Präsidenten Trump. Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen und bedeutet ein verfassungsrechtliches Erdbeben.

Ein Kommentar von Thomas Spang |
Eine mit dem Konterfei von Donald Trump versehene Fahne hängt an einem Verkaufsstand in Washington DC. Darauf liegen Basball-Mützen. Unter anderem auch die rote Mütze mit der Trump-Aufschrift: "Make America great again". Juni 29, 2024.
Daumen hoch in Trumps Wahlkampf: Der US-Supreme Court urteilt zugunsten des Ex-Präsidenten (IMAGO / NurPhoto / Aashish Kiphayet)
Die Entscheidung des Supreme Court zur Immunität von US-Präsidenten kommt einem verfassungsrechtlichen Erdbeben gleich. Und schließt nahezu sicher aus, dass die Hauptverhandlungen der beiden ausstehenden Strafprozesse gegen Donald Trump vor Bundesgerichten noch vor den Wahlen beginnen werden.
Dies als großen Sieg zu feiern, ist mindestens aus Sicht Trumps verständlich. Amtsinhaber Joe Biden warnt wie die drei liberalen Richterinnen in ihrem glühenden Widerspruch zurecht vor den möglichen Konsequenzen. Der Supreme Court habe einem künftigen Präsidenten die Schlüssel für eine Diktatur überreicht.

Rechtsfreie Zone für den Präsidenten

Tatsächlich verschlägt einem der Atem, wie offenkundig das von Trump durch drei Nominierungen geprägte Gericht vorgeht.
Erst nimmt es im Frühjahr eine Klage Trumps gegen seinen einstimmig vor Gericht zurückgewiesenen Anspruch auf „absolute Immunität“ an. Zyniker interpretierten das zunächst als bloße Schützenhilfe für die Verzögerungstaktik des Angeklagten.
Schockwellen löste das oberste Gericht jetzt in der Sache mit der Unterscheidung zwischen Straftaten aus, die im Rahmen offizieller Handlungen im Weißen Haus begangen werden oder privater Natur sind. Der Supreme Court schafft damit de facto eine rechtsfreie Zone für Präsidenten, die zum Missbrauch einlädt.
Denkbar scheint nach diesem Urteil, dass künftig Auftragsmorde an politischen Gegnern, Korruption oder Putschversuche nicht geahndet werden, wenn Amtsinhaber diese nur geschickt genug ausführen. Damit macht der Supreme Court US-Präsidenten zu dem, wogegen die Amerikaner in ihrer Revolution gekämpft hatten: Herrscher, die über dem Gesetz stehen. 

Verantwortung für Wahlvolk und den Amtsinhaber

Dieser höchstrichterliche Freibrief für Möchtegernautokraten muss ein Weckruf an die Verteidiger der Demokratie in Amerika sein, diese Gefahr im November an der Wahlurne zu stoppen. Dafür braucht es eine starke Alternative zu Trump, der aus seinen Plänen für eine zweite Amtszeit kein Geheimnis macht. Spätestens im TV-Duell mit Trump hat Biden bewiesen, dass ihm die Kraft dazu fehlt.
Es wäre tragisch, wenn der Präsident, der Amerikas Demokratie retten will, durch seine Realitäts-Verweigerung eine Rückkehr Trumps ermöglicht.
Die Zeit ist gekommen, dass Ehefrau Jill oder Respektspersonen wie Ex-Präsident Barack Obama Biden zu einem Rückzug in Würde bewegen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich die Amerikaner schlafwandelnd auf eine Autokratie zubewegen. Dieser Supreme Court wird sich dem nicht in den Weg stellen. Leider.