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Ein spätes Geständnis

Im deutschen Radsport galt Stefan Schumacher einst als großer Hoffnungsträger. Dann allerdings gab es bei ihm positive Dopingproben, unter anderem im Jahr 2008 auf EPO. Dafür wurde der ehemalige Gerolsteiner-Fahrer zwei Jahre gesperrt – ohne Doping jemals gestanden zu haben. Das macht er nun in einem Zeitungsinterview.

Von Thomas Purschke |
    Die Liste ist lang. Stefan Schumacher erklärt in dem am Samstag erscheinenden SPIEGEL, dass er früher Epo, Wachstumshormon und Kortikosteroide genommen habe – und dass Ärzte des Team Gerolsteiner beim Doping teilweise aktiv mitgemischt hätten. Im Mannschaftsbus habe es darüber hinaus jede Menge Medikamente gegeben. Unter anderem das Potenzmittel "Viagra", das die Atmung verbessern sollte. Auch das Multiple Sklerose-Präparat "Synacthen", das auf der Dopingliste stand, sei herausgegeben worden. Zudem hätten die Ärzte vor und nach Rennen gefäßerweiternde Mittel wie "Actovegin" gespritzt, falsche Rezepte für Kortisonpräparate seien ausgestellt worden.
    Stefan Schumacher fuhr von 2006 bis 2008 für das Team Gerolsteiner. Teamchef war damals Hans-Michael Holczer. Ein Mann, der sich im dopingbehafteten Radsport häufig als entschiedener Dopinggegner dargestellt hat. Über Holczers Rolle sagt Schumacher wörtlich: "Einen so laxen Umgang mit Medikamenten habe ich nur bei Gerolsteiner erlebt und Holczer war darüber bestens im Bilde."
    Der 31-Jährige, der heute für ein dänisches Team fährt, ist derzeit für zwei EPO-Befunde aus dem Jahr 2008 wegen Betruges an Holczer angeklagt. Angezeigt wurde Schumacher aber nicht von Holczer selbst, sondern von der Nationalen Anti-Doping-Agentur NADA. Am 10. April beginnt die Verhandlung vor dem Landgericht Stuttgart. Es ist ein Pilotverfahren – nie zuvor stand in Deutschland ein Athlet als Doping-Betrüger vor Gericht.