Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus dem Nordmeer und aus der Taiga. Stummfilme mit Zwischentiteln aus der Kinderstube des stalinistischen Terrors. Die Solowki Inselgruppe liegt 150 Kilometer vom Polarkreis entfernt. Über Jahrhunderte war sie über ihre Klosteranlagen bekannt. Der sowjetischen Geheimdienst NKWD richtete hier 1923 das erste Straf- und Arbeitslager ein und produzierte 1929 auch den Dokumentarfilm "Solowekier Lager besonderer Verwendung". Er propagiert die Veredelung des Menschen durch harte Arbeit und veredelt dabei auch die Wirklichkeit der Lager, sagt der Kurator der Reihe Günter Agde:
"Es ist also zu sehen, wie die Leute arbeiten, auch hart arbeiten und dass sie auch hart arbeiten und unter primitiven Bedingungen arbeiten müssen, aber immer nur soweit, dass dieses Konzept bedient werden konnte. Die gesamte Grausamkeit der Lager ist nicht zu erkennen. Es ist zu erkennen, dass die Leute da hart arbeiten müssen und auch unter primitiven Bedingungen, medizinischen, sanitären, aber das wird alles entschuldigt mit diesem Blick auf die Erziehung des neuen Menschen."
Die Lagerfilme wurden zwar von professionellen sowjetischen Dokumentarfilmern gemacht, aber der Geheimdienst kontrollierte die Dreharbeiten, die Montage und die Texte der Zwischentitel. Die Häftlinge, die sich im Film von sogenannten Konterrevolutionären und Halunken zu Helden sozialistischer Arbeit wandeln, wurden sorgfältig ausgesucht, künstliches Licht und Ausstattung verschönen die Drehorte:
"Und diese Art der Inszenierung ging dann noch weiter. Es wird dann gezeigt, dass die Häftlinge an weiß gedeckten Tischen essen. Und jedes Zeugnis, dass wir kennen aus den Lagern, beweist uns und zeigt uns, dass es das natürlich gar nicht gab. Weiße Tischdecken, das war zurecht gemacht für die Kamera. Oder eine andere Situation: In dem ersten Film Solowki gibt es eine Einstellung ziemlich ausführlich, wo der Lagerkommandant das Essen prüft für die Häftlinge, also richtig kostet und es für gut findet und dann in einem Protokollbuch auch bescheinigt, ja das Essen ist gut. Das ist eine reine Erfindung."
Das Zeughauskino zeigt drei Dokumentarfilme aus den ersten Jahren sowjetischer Zwangsarbeit: Den Bau einer 3000 Kilometer langen Eisenbahnlinie zwischen dem Baikalsee und dem Fluss Amur und die Ausbeutung von Bodenschätzen am Fluss Uchta im Nordwesten Russlands. Die Veredelung der sogenannten Kriminellen ist hier eine Episode im Heldengesang der Überwindung der Natur durch den Menschen zum Aufbau einer sozialistischen Industriegesellschaft:
"Und insofern ist das eben nicht schlechthin eine Reportage über die Lager, sondern der Zuschauer verfolgt, wie die Häftlinge unter Leitung des NKWD in die Wildnis vorarbeiten, wie sie das urbar machen, wie sie da die ersten Behausungen schaffen und dergleichen mehr. Das ist in Teilen auch ein ganz spannender Vorgang, weil, es werden unbekannte Welten, unbekannte Wälder, unbekannte Gegenden erschlossen."
Vermitteln die Dokumentarfilme das Lagerregime über das beliebte Genre des Expeditionsfilms, so inszeniert der sowjetische Spielfilm "Häftlinge" aus dem Jahre 1936 den Gulag im Studio.
"Der Film arbeitet außerdem mit so Momenten, die damals in der sowjetischen Kinematografie eine Rolle spielten, also des Musicals der Revue. Da ist viel Tanz und Gesang dabei, aber es ist natürlich, wenn sie so wollen, historisch gesehen eine Farce. Das ist nicht unflott gemacht. Also da sind berühmte Schauspieler eingesetzt und es ist ganz flott hintereinander weg erzählt, auch eine kleine Liebesgeschichte und eine Prügelei und was da dazu gehört zum Genre des freundlichen musikalischen Melodrams, mehr nicht. Aber es ist eben der einzige Spielfilm, den wir kennen, der dieses Problem der Lager wirklich zum Gegenstand der Handlung macht."
In der Reihe im Zeughauskino werden neben den vier zeitgenössischen Filmen auch zwei Produktionen aus der Zeit der Perestroika gezeigt. Der Dokumentarfilm "Die Macht von Solowki" aus dem Jahre 1988 greift auf die Originalaufnahmen aus dem Gulag zurück. Es gibt keine anderen Filmaufnahmen. Nach dem Beginn des großen Terrors, mit den Schauprozessen von 1936 hörte der Geheimdienst auf, das Leben in den Lagern zu dokumentieren.
"Wobei man nicht ausschließen kann, dass das NKWD vielleicht nicht, aufgrund der Erfahrung mit den Filmen, die wir jetzt hier zeigen, ob das NKWD vielleicht nicht doch für seine eigenen betrieblichen Zwecke Filme gemacht hat, die nun in den Archiven des NKWD liegen, das weiß man nicht. Wir haben keinen Einblick, man kommt nicht rein in die Archive. Man weiß nicht, welche Bestände sie haben und ob sie nicht in irgendeinem Keller ein kleines Filmarchiv haben. Das ist nicht auszuschließen."
"Es ist also zu sehen, wie die Leute arbeiten, auch hart arbeiten und dass sie auch hart arbeiten und unter primitiven Bedingungen arbeiten müssen, aber immer nur soweit, dass dieses Konzept bedient werden konnte. Die gesamte Grausamkeit der Lager ist nicht zu erkennen. Es ist zu erkennen, dass die Leute da hart arbeiten müssen und auch unter primitiven Bedingungen, medizinischen, sanitären, aber das wird alles entschuldigt mit diesem Blick auf die Erziehung des neuen Menschen."
Die Lagerfilme wurden zwar von professionellen sowjetischen Dokumentarfilmern gemacht, aber der Geheimdienst kontrollierte die Dreharbeiten, die Montage und die Texte der Zwischentitel. Die Häftlinge, die sich im Film von sogenannten Konterrevolutionären und Halunken zu Helden sozialistischer Arbeit wandeln, wurden sorgfältig ausgesucht, künstliches Licht und Ausstattung verschönen die Drehorte:
"Und diese Art der Inszenierung ging dann noch weiter. Es wird dann gezeigt, dass die Häftlinge an weiß gedeckten Tischen essen. Und jedes Zeugnis, dass wir kennen aus den Lagern, beweist uns und zeigt uns, dass es das natürlich gar nicht gab. Weiße Tischdecken, das war zurecht gemacht für die Kamera. Oder eine andere Situation: In dem ersten Film Solowki gibt es eine Einstellung ziemlich ausführlich, wo der Lagerkommandant das Essen prüft für die Häftlinge, also richtig kostet und es für gut findet und dann in einem Protokollbuch auch bescheinigt, ja das Essen ist gut. Das ist eine reine Erfindung."
Das Zeughauskino zeigt drei Dokumentarfilme aus den ersten Jahren sowjetischer Zwangsarbeit: Den Bau einer 3000 Kilometer langen Eisenbahnlinie zwischen dem Baikalsee und dem Fluss Amur und die Ausbeutung von Bodenschätzen am Fluss Uchta im Nordwesten Russlands. Die Veredelung der sogenannten Kriminellen ist hier eine Episode im Heldengesang der Überwindung der Natur durch den Menschen zum Aufbau einer sozialistischen Industriegesellschaft:
"Und insofern ist das eben nicht schlechthin eine Reportage über die Lager, sondern der Zuschauer verfolgt, wie die Häftlinge unter Leitung des NKWD in die Wildnis vorarbeiten, wie sie das urbar machen, wie sie da die ersten Behausungen schaffen und dergleichen mehr. Das ist in Teilen auch ein ganz spannender Vorgang, weil, es werden unbekannte Welten, unbekannte Wälder, unbekannte Gegenden erschlossen."
Vermitteln die Dokumentarfilme das Lagerregime über das beliebte Genre des Expeditionsfilms, so inszeniert der sowjetische Spielfilm "Häftlinge" aus dem Jahre 1936 den Gulag im Studio.
"Der Film arbeitet außerdem mit so Momenten, die damals in der sowjetischen Kinematografie eine Rolle spielten, also des Musicals der Revue. Da ist viel Tanz und Gesang dabei, aber es ist natürlich, wenn sie so wollen, historisch gesehen eine Farce. Das ist nicht unflott gemacht. Also da sind berühmte Schauspieler eingesetzt und es ist ganz flott hintereinander weg erzählt, auch eine kleine Liebesgeschichte und eine Prügelei und was da dazu gehört zum Genre des freundlichen musikalischen Melodrams, mehr nicht. Aber es ist eben der einzige Spielfilm, den wir kennen, der dieses Problem der Lager wirklich zum Gegenstand der Handlung macht."
In der Reihe im Zeughauskino werden neben den vier zeitgenössischen Filmen auch zwei Produktionen aus der Zeit der Perestroika gezeigt. Der Dokumentarfilm "Die Macht von Solowki" aus dem Jahre 1988 greift auf die Originalaufnahmen aus dem Gulag zurück. Es gibt keine anderen Filmaufnahmen. Nach dem Beginn des großen Terrors, mit den Schauprozessen von 1936 hörte der Geheimdienst auf, das Leben in den Lagern zu dokumentieren.
"Wobei man nicht ausschließen kann, dass das NKWD vielleicht nicht, aufgrund der Erfahrung mit den Filmen, die wir jetzt hier zeigen, ob das NKWD vielleicht nicht doch für seine eigenen betrieblichen Zwecke Filme gemacht hat, die nun in den Archiven des NKWD liegen, das weiß man nicht. Wir haben keinen Einblick, man kommt nicht rein in die Archive. Man weiß nicht, welche Bestände sie haben und ob sie nicht in irgendeinem Keller ein kleines Filmarchiv haben. Das ist nicht auszuschließen."