Die Vorstellung, seine Tochter (Nicola Gründel: zerbrechlich aber widerstandsfähiger als er) könnte gesehen worden sein, gar mit jemandem gesprochen haben - eine Falle. Das Todesurteil. Sein Blick: zugleich verängstigt und bedrohlich. Das ist oft auch die verzweifelt-mörderische Verfassung der Täter in Mankells Kriminalromanen, die er Schritt für Schritt erschreckend einsichtig macht. Diesen akribisch erkundeten Grenzsituationen verdankt sein Stück "Zeit im Dunkeln” viel. Fast zu viel - denn beim Immer-wieder-neu-Zusammensetzen der bekannten Details, Indizien, Spuren - unentbehrlich im Kriminalroman für die schrittweise Entschlüsselung - wird alles immer wieder ausgesprochen, erwogen, kommentiert, in Frage gestellt. Theatertexten bekommt es weniger, wenn zuviel ausgesprochen wird. Es scheint, als sei der Autor Henning Mankell in einem Dilemma gewesen. Wo der allem Spektakulären erfreulich abholde Regisseur Mankell sich mit Andeutungen, subtilen szenischen Zeichen begnügt, ging es dem Autor noch um die selbst schädigende Starre gebrochener Menschen, wollte er zeigen, wie sich einer in der Not besonders unflexibel an die Konventionen seiner Herkunftskultur klammert, z.B. bei der Mädchenerziehung, wollte zeigen, wie Projektion und Missbrauch zusammenhängen, ineinander übergehen könnten und dass Vater und Tochter im gleichen System gefangen sind, dass sie paradoxerweise im Neuland einzeln bessere Chancen hätten. Also hat er statt eines Monologes im Niemandsland ein trotz aller Affektvolten zwangsläufig statisch bleibendes Zweipersonenstück geschrieben, in dem zu vieles erklärt wird. Das hat er nun davon, dass er eigene Stücke inszeniert: man misst den versierten Theaterautor Mankell am großartigen Prosaschriftsteller - und fängt an zu mäkeln.
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