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Ein Viertel der Lehrer leidet unter Burnout

In dieser Woche fand in Trier unter dem Motto "Auf den Lehrer kommt es an" eine Fachtagung zum Lehrerberuf statt. Demnach ist ein Viertel der Lehrer ausgebrannt und überfordert. Grund ist oft, dass die Betroffenen aus falschen Gründen ihren Beruf wählten - oder dafür einfach ungeeignet waren.

Von Karl-Heinz Heinemann |
    Ein gutes Viertel der Lehrer ist ausgebrannt, überfordert, reagiert mit Krankheit. Ein Viertel ist auf dem Weg zum ausgebrannt-sein, eine weitere Gruppe nimmt eine Schon-Haltung ein, umgeht also eine Überforderung, indem sie ihre Kräfte nur sehr sparsam einsetzt, und es bleibt noch ein gutes Viertel, das sich engagiert, Freude an der Arbeit hat und dabei auch gesund bleibt. Dieses erschreckende Bild malte der Psychologe Uwe Schaarschmidt. Um dieses Bild zu verbessern müssten schon bei der Berufswahl und spätestens im Studium junge Menschen richtig beraten werden und diejenigen, die sich von ihrer Persönlichkeit und ihren Interessen her nicht für den Lehrerberuf eignen, davon abgehalten werden, das Falsche zu studieren. Darüber waren sich die Fachleute aus der Lehrerbildung und den Schulministerien auf der Fachtagung in Trier einig.
    Schon bei den Studenten lässt sich feststellen, wer mit pädagogischen Interessen an sein Lehrerstudium heran geht oder wer einen sicheren Job sucht, wer kommunikationsfähig ist oder wem der Kontakt zu Kindern eher lästig ist.

    "Etwa ein Drittel der Studierenden, die wir untersucht haben, waren für den Beruf entweder nicht sehr aufgeschlossen, interessiert oder ungeeignet."

    stellt Udo Rauin fest, Erziehungswissenschaftler an der Universität Frankfurt. Er hat eine Gruppe von Studenten vom Studienbeginn bis später in der Beruf verfolgt.

    "Wir haben sie zwölf Jahre im Längsschnitt untersucht, haben feststellen können, dass das, was wir am Anfang erhoben haben, ein guter Indikator dafür war, wie sie in den Beruf gelangt sind und was im Beruf mit ihnen passierte. Ein großer Teil derjenigen, die wir am Anfang für problematisch gehalten haben, hat dann tatsächlich im Beruf später deutliche Symptome gezeigt, wie zum Beispiel Burnout."

    Eigentlich könne man nicht von ausgebrannt-sein sprechen, meint Rauin, denn sie haben nie wirklich gebrannt.
    Die Struktur der Lehrerausbildung in Deutschland locke mehr als in anderen Ländern gerade die jungen Menschen an, die sich eigentlich nicht so sehr für diesen oft stressigen, auf Kommunikation und Beziehungspflege angelegten Beruf eignen, meint Anne Sliwka, Professorin für Schulkultur an der PH Heidelberg, sie hat an der OECD-Studie über den Lehrerberuf mitgearbeitet:

    " Es gibt in Deutschland die Situation, dass durch den Beamtenstatus, eine relativ starre Ausbildungsstruktur, wo man sich relativ früh im Leben entscheiden muss, ob man Lehrer oder Lehrerin werden möchte, dass wir eine bestimmte Risikogruppe anziehen, dass wir etwa 25 Prozent der Studierenden anziehen, die eher den Beruf ergreifen, weil sie hedonistische Berufswahlmotive verfolgen."

    Sprich: sie lockt der sichere Arbeitsplatz, die Ferien, der Halbtagsjob. Mit diesen Erwartungen kann man nur enttäuscht werden. Der Arbeitsplatz ist zwar sicher, aber von Halbtagsjob kann schon lange keine Rede mehr sein. Die angehenden Studenten müssen darüber aufgeklärt werden, was sie erwartet, bevor es zu spät ist:

    " Wir sollten ganz stark auf Selbst-Assessment setzen, sehr viel besser beraten über das tatsächliche Berufsprofil des Lehrerberufes, das sich ja sehr stark verändert hat in den letzten Jahren, und dort in einer frühen Phase der Entscheidung für den Lehrerberuf und für dieses Studium ein Feedback geben, um die Studenten in die Lage zu versetzen, wirklich eine kompetente Entscheidung zu treffen, ob sie in diesen Beruf gehen möchten oder nicht."

    Dafür gibt es mittlerweile recht einfache Möglichkeiten, einen Online-Test für Abiturienten etwa vom Career Counseling for Teachers. Der Psychologe Uwe Schaarschmidt hat einen Fragebogen "Fit für den Lehrerberuf" entwickelt, der bei der Selbsteinschätzung helfen kann. In Finnland müssen sich Bewerber für das Lehramt einem Zulassungstest unterziehen. In Trier wurde zwar kritisch diskutiert, ob solche Tests aussagekräftig sind, aber man war sich einig darüber, dass der Lehrerberuf durch eine höhere Eingangshürde auch für motivierte und karriereorientierte Menschen attraktiver werden könnte. Man müsse eine professionelle Entwicklungsperspektive schaffen, also Karrieremöglichkeiten, die nicht an das Dienstalter, sondern an die Leistung geknüpft sind, meint Anne Sliwka. Es müsse Weiterbildungsmodule an den Hochschulen geben, übrigens auch für Quereinsteiger die sich erst spät für den Lehrerberuf entscheiden:

    " Und ein ganz flexibles System, wo man auch noch mit Mitte 30, Anfang 40, teilweise auch noch später für sich entscheiden kann, ich möchte jetzt Lehrer werden, und diese ganz bewusste Entscheidung trifft, diese motivierte Entscheidung trifft, diesen Leuten wird es in unserem System nach wie vor relativ schwer gemacht, die Ausbildung so zu durchlaufen, wie es in der entsprechenden Altersphase angemessen wäre."