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Einbau von Smart Metern
"Jeder zahlt was anderes"

Ein neues Gesetz soll den Einbau intelligenter Strom- und Wasserzähler, sogenannter Smart Meter, für alle Haushalte verpflichtend machen. Umweltschützer wie Johanna Kardel vom Verbraucherzentrale Bundesverband halten diese Regelung jedoch für falsch. Der Nutzen solcher Geräte sei "nicht unbedingt so klar", sagte sie im DLF.

Johanna Kardel im Gespräch mit Jule Reimer |
    Ein sogenannter Smart Meter - ein Kleincomputer, der Informationen über Strom-, Wasser- und Gasverbrauch sammelt.
    Ein sogenannter Smart Meter - ein Kleincomputer, der Informationen über Strom-, Wasser- und Gasverbrauch sammelt. (picture alliance / dpa - Roland Weihrauch)
    Jule Reimer: Im Bundestag in Berlin wird heute in erster Lesung ein Gesetz debattiert, das die digitale Wende im Energiebereich bringen soll. Ein Bestandteil ist der Plan, in privaten Haushalten "Smart Meter", intelligente Stromzähler zu installieren. Verbraucherschützern gefällt dies nicht. In Berlin begrüße ich Johanna Kardel vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Welche Bedenken haben Sie denn?
    Johanna Kardel: Schönen guten Tag! - Zum einen ist es so, dass hier Verbraucher im Großen und Ganzen eigentlich gegen ihren Willen dazu gezwungen werden, eine Infrastruktur einbauen zu lassen und dafür die Kosten zu tragen und vor allen Dingen davon gar keinen Vorteil haben werden.
    Reimer: Welchen Vorteil könnten sie denn vermeintlich haben?
    Kardel: Es wird immer damit argumentiert, dass man mit Smart Metern durch Energieeffizienz sehr viel Strom sparen kann, weil man dann genau sieht, wie viel man aktuell verbraucht. Das ist zwar sicherlich sehr löblich, dass man hier mehr Informationen oder mehr Transparenz frei bekommt. Es ist aber so: A gibt es dafür günstigere Möglichkeiten und B ist es die Frage, lohnt sich das eigentlich bei den ganzen Kosten.
    Dann gibt es noch einen zweiten Grund, warum das eingebaut werden soll, und da hört man immer die Hoffnung, Verbraucher können damit variable Tarife nutzen, ihren Verbrauch dann in Zeiten zu verlagern, wenn es besonders günstig ist.
    "Nachttarife lohnen sich nur, wenn man eine Nachtspeicherheizung hat"
    Reimer: Zum Beispiel in billige Nachttarife?
    Kardel: Billige Nachttarife nicht unbedingt. Die gibt es ja heute schon. Aber eher tatsächlich, dass man in eine Richtung geht, dass der Strom zu jeder Zeit einen anderen Preis hat.
    Hier ist aber das Problem, dass es diese Tarife aktuell so nicht gibt und unserer Meinung nach auch kurzfristig nicht geben wird, und sich dies insbesondere eigentlich nur lohnt, wenn man tatsächlich eine Speicherheizung im Haushalt hat.
    Reimer: Was ist denn genau geplant? Sind alle Haushalte betroffen?
    Kardel: Es ist erst mal so, dass dieser Gesetzesentwurf in der jetzigen Form vorsieht: Verbraucher, die in den letzten drei Jahren die Verbrauchswerte höher als 6.000 Kilowattstunden hatten - das sind etwa fünf Prozent aller Haushalte -, die wären ab 2020 dran.
    Zusätzlich kann aber auch noch der Messstellenbetreiber alle, die darunter liegen, auch kleinere Haushalte, wenn er das für richtig erachtet und sich an die entsprechenden Kostenobergrenzen hält, mit dazu nehmen und ein intelligentes Messsystem einbauen.
    Und dazu kommt auch noch, dass auch Vermieter in Zukunft nach Plan ab dem Jahr 2017 intelligente Messsysteme einbauen können, wenn sie eine weitere Energiequelle darüber abdecken können, beispielsweise Gas oder Wasser.
    Reimer: Man bekommt dort nicht nur für den Strom Smart Meter, sondern außerdem auch für das Wasser?
    Kardel: Genau. Letztendlich ist der Plan, dass man dann ein Gateway für alles hätte und dass darüber dann Gas, Wasser und Strom abgerechnet werden könnte. Dazu kommt auch noch, alle Verbraucher werden über kurz oder lang erleben: Wenn man jetzt den alten Ferraris-Zähler noch vor Augen hat, der wird dann auch ausgetauscht und gegen einen modernen Zähler ausgetauscht.
    Reimer: Was heißt das kostenmäßig? Können Sie das beziffern?
    Kardel: Das ist so ein bisschen die Krux an diesem Gesetz. Man hat letztendlich Pflichteinbau-Fälle für viele, aber gleichzeitig auch Kostenobergrenzen oder Kosten, die definiert sind, um so ein bisschen eine Planbarkeit dort reinzubekommen.
    Da ist es so, dass jeder was anderes zahlt. Die Haushalte, die einen sehr hohen Verbrauch haben, über die 6000 Kilowattstunden pro Jahr, die sollen maximal 100 Euro bezahlen. Die nächste Gruppe, die zwischen 4.000 und 6.000 Kilowattstunden liegt, die sollen 60 Euro pro Jahr bezahlen. So geht das dann immer weiter nach unten. Dann betrifft das genauso Industrie und Gewerbe. Die bezahlen ein bisschen mehr. Dazu kommen auch noch Verbraucher, die eine Fotovoltaik-Anlage haben. Die bezahlen auch ein bisschen mehr.
    "Der Nutzen ist nicht unbedingt so klar"
    Reimer: Sagen Sie uns bitte noch ganz kurz. Was fordert der VZBV?
    Kardel: Unserer Meinung nach ist hier, wie schon erläutert, der Nutzen nicht unbedingt so klar. Deswegen sollte das eher jeder Verbraucher selber entscheiden, ob er so ein intelligentes Messsystem haben möchte oder nicht. Was wir wollen oder was wir uns vorstellen ist einfach, dass man für alle privaten Verbraucher hier die Möglichkeit einer Wahlfreiheit gewährt, dass jeder entscheidet, ob er das möchte oder nicht.
    Reimer: Johanna Kardel vom Verbraucherzentrale Bundesverband mit Bedenken gegenüber smarten Stromzählern. Danke schön!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.