Pfeifer und Trommler in rot-weißen Uniformen des ersten Regiments von Virginia. Banner, Flaggen und kleine US-Fähnchen. Und vor dem prächtigen Haus der Plantage von US-Präsident Nummer drei, Thomas Jefferson, warten auf weißen Klappstühlen fast 70 Bewerber auf auf ihre Einbürgerung.
"Das ist sehr wichtig, ich fühle mich großartig." Das ist Isatu Camara. Sie ist 27 Jahre alt. Vor zehn Jahren kam Isatu mit ihren Eltern aus Sierra Leone, aus Ostafrika.
"Ein Teil meiner Familie war bereits hier. Aber ich bin im Krieg in Sierra Leone aufgewachsen. Am Tag an dem ich in den USA ankam, bei meinem Onkel im Haus, wollte ich duschen. Ich weiß nicht mal wie ich das Gefühl beschreiben soll, wenn Du die Dusche andrehst und das Wasser fließt einfach."
Für Menschen wie Isatu sind die Vereinigten Staaten ein Ort der Hoffnung, ein sicherer Hafen, ein Ausgangspunkt für einen neuen Anfang. Im aktuellen politischen Streit, der Radikalisierung geht das unter. Und leicht könnte man fragen, warum will man ausgerechnet jetzt US-Bürger werden?
Die US-amerikanische Geschichte - und ihre Fehler
Mit dem Gong vom Dach des Hauses und den Worten der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung beginnt die öffentliche Zeremonie. Eine Feier auf Monticello hat einen historischen Hintergrund, sagt die Präsidentin der Jefferson Stiftung Bowman. Denn der Jefferson war nicht nur Freiheitskämpfer und Präsident sondern auch Sklavenhalter.
"Jefferson und die Gründungsväter hatten es versäumt, den grundsätzlichen Widerspruch der Sklaverei in einer Zeit der Freiheit aufzulösen."
Bei dieser Einbürgerung bekennen sich diejenigen zu ihrer Geschichte und deren Fehlern, die bereits Staatsbürger sind.
Der Unternehmer Andrew Tisch erinnert an seine Großeltern, die 1904 als Familie aus der Ukraine nach Amerika gekommen waren: "Amerikaner stellen gerade den Wert von Einwanderern in Frage. Nicht zum ersten Mal. In der Geschichte haben wir immer wieder die Türen für Neuankömmlinge verbarrikadiert. Aber wir haben noch häufiger die Hürden wieder eingerissen. Denn wir brauchen Einwanderer, sie machen Amerika stärker."
"Kann es nicht erwarten, das erste Mal zu wählen"
Auf den Stufen von Monticello nimmt im nächsten Schritt ein Gericht seine Arbeit auf. Der Vorsitzende Richter beschwert sich, es sei im Haus viel kühler als die 34 Grad im Freien. Er nimmt in schwarzer Robe den neuen 67 US-Bürgern den Eid ab, verleiht Einbürgerungsurkunden.
Bei der ersten Zeremonie vor 56 Jahren kamen die Einwanderer vor allem aus Nordeuropa, erklärt ein Lokaljournalist. Heute stammen sie aus den Ländern Lateinamerikas, aus Asien und Afrika.
Dann wandert ein Mikrofon durch die Reihen und jeder neue US-Bürger soll sagen, was der Tag für ihn bedeutet. Isatu steht auf: "Ich möchte nur sagen, ich kann es nicht erwarten, das erste Mal zu wählen."
Sie könne es nicht erwarten zu wählen, ruft Isatu.
Auch Reidar Stiernstrand aus Schweden, der seit vier Jahren mit einer Amerikanerin verheiratet ist, will endlich mit entscheiden: "Es geht darum, wählen zu können. Ich kann zumindest etwas beeinflussen, in welche Richtung sich die Dinge entwickeln. Besonders in der Beziehung zu Europa."
Feier ohne übertriebenen Nationalstolz
Beim anschließenden Picknick unter den weit ausladenden Bäumen der Plantage erzählt Mohammed aus Ägypten, dass die Hetze gegen Einwanderer und vor allem Muslime in den USA zugenommen hat. Trotzdem bereut er den Schritt nicht, US-Bürger zu werden.
"Als Staatbürger mit gleichen Rechten hast Du mehr Rückhalt, deine Rechte zu verteidigen - als Mensch, aber auch als Bürger."
Das ist ein durchaus bewegender Besuch im Süden von Virginia. Eine Feier ganz ohne übertriebenen Nationalstolz. Es scheint, dort oben bei Jefferson ist das Land wenige Augenblicke ganz bei sich. Am Ende verteilen Freiwillige Vanilla-Floats an alle, also Eiscreme in Bechern mit Cola übergossen. Amerikanischer geht es nicht.