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Eine Abstraktion auf den FIFA-Skandal
Warum die Bösen immer gewinnen

So wie im Mediengeschäft bloß schlechte Nachrichten vorkommen, so fördert Bösesein ganz allgemein die Wahrnehmbarkeit – und die ist heutzutage ein Wert an sich, meint Burkhard Müller-Ullrich. Das Böse hat einfach mehr Power als das Gute, weil das Gute seine Power verteilt. Es gibt ständig anderen davon ab, es kümmert sich um die anderen.

Von Burkhard Müller-Ullrich |
    Ein Schiedsrichter zieht eine Rote Karte
    "Das Böse kann aus strategischen Gründen im Gewand des Guten auftreten, wohingegen das Gute auf eine fast eintönige Weise immer nur gut sein darf." (Imago / Action Pictures)
    In dem Gefühlsgewerbe namens Kunst gehen die Dinge meistens gut aus: Tamino kriegt Pamina, Florestan wird befreit und die Panzerknacker landen im Gefängnis. Theater, Film und Literatur sind bekanntlich dem Schönen und dem Guten verpflichtet; das aber leider in einem Ausschließungsverhältnis zum Wahren steht. Denn die Wirklichkeit ist keine Happy-End-Industrie, sie hat eine verdammte Neigung zum Gegenteil. Genau deshalb floriert ja die Sehnsuchtsproduktion so sehr. Wir brauchen die Fiktion, um die Realität zu ertragen.
    Warum das so ist, hat noch niemand herausgefunden, aber es gibt Vermutungen. Eine verweist auf einen Vorfall im Garten Eden. Da hat das Böse in Gestalt einer Schlange die ersten zwei FIFA-Funktionäre auf der Erde mit einem Apfel bestochen. Die mussten daraufhin zwar ihre Suiten im Baur au Lac räumen, aber geändert hat sich nichts. Blatter wurde wiedergewählt.
    Weil es leichter ist, böse zu sein
    Das Böse hat einfach mehr Power als das Gute, weil das Gute seine Power verteilt. Es gibt ständig anderen davon ab, es kümmert sich um die anderen, während das Böse sich selbst genug ist und alles für sich alleine haben will. Daher geht die Energiebilanz eindeutig zugunsten des Bösen aus, einfach weil es leichter ist und weniger Anstrengung kostet, böse zu sein.
    Es ist auch attraktiver. So wie im Mediengeschäft bloß schlechte Nachrichten vorkommen, so fördert Bösesein ganz allgemein die Wahrnehmbarkeit – und die ist heutzutage ein Wert an sich. Jeder Verbrecher kann seine Untaten noch als Buch vermarkten, während seine Opfer längst tot oder vergessen sind. Bestimmt stehen die Verleger schon mit gezückten Scheckbüchern Schlange im Knast für korrupte Fußball-Bonzen.
    Der dritte Grund für die Stärke des Bösen ist metaphysischer Art. Im Reich der Physik gilt, dass eine Brotschnitte immer auf die gebutterte Seite fällt. Dem entspricht in der Metaphysik das als "Murphy's Law" bekannte Gesetz, demzufolge von allen möglichen Fällen immer der schlimmste eintritt. Wer diesen Worst-case-Magnetismus einmal verstanden hat, wird sich über die Erfolgsquote alles Schlechten auf der Welt nicht wundern.
    Und dann gibt es noch ein weiteres Indiz, das auf purer Logik beruht: Das Gute ist nämlich der Wahrheit verpflichtet, während das Böse sich verstellen kann. Das heißt, das Böse kann aus strategischen Gründen im Gewand des Guten auftreten, wohingegen das Gute auf eine fast eintönige Weise immer nur gut sein darf. Daraus folgt allerdings, dass ein Teil alles Guten vermutlich böse und bloß noch nicht enttarnt ist. Letzteres braucht seine Zeit; die NSA hat, wie man weiß, im Augenblick zuviel zu tun.

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