Die Bukarester Schauspielerin Victoria Cocias hat die Weihnachtszeit von 1989 nicht vergessen. 32 Jahre war sie alt, als das Ceausescu-Regime stürzte. Es war die einzige blutige Revolution in Osteuropa.
"Auf den Straßen wurde heftig geschossen. Man erzählte uns im Fernsehen, dass es Terroristen gebe. Wir dachten, das sind bestimmt die engsten Vertrauten der Ceausescus, die sie retten wollen und die uns töten würden."
23 Jahre nach der Wende spielt Cocias die in Rumänien verhasste Elena Ceausescu - in einem Doku-Drama über die letzten drei Lebenstage des Diktatoren-Ehepaars - rekonstruiert mit Hilfe von Augenzeugenberichten. Auf einer missglückten Flucht werden die Ceausescus von den eigenen Sicherheitskräften gestellt. Schnell wird im Film klar: Das einst gefürchtete Herrscherpaar hat keinerlei Macht mehr.
Doch diese Realität verschweigt das rumänische Fernsehen in jenen Vorweihnachtstagen 1989. Originalsequenzen im Doku-Drama beweisen, dass eine andere Wirklichkeit inszeniert werden sollte. Politiker, Militärs und Fernsehreporter erwecken vor laufenden Kameras den Eindruck, die Ceausescus würden die Macht zurückwollen und seien für die blutigen Straßenkämpfe verantwortlich. Für Schauspielerin Ciocas war das ein Riesen-Bluff:
"Die Ceausescus waren damals völlig isoliert und durften zu niemanden mehr Kontakt aufnehmen. Das haben wir aber erst viele Jahre nach der Wende erfahren. Erst da haben wir gemerkt, dass wir manipuliert worden sind. Offenbar war jemanden daran gelegen, dass es Straßenkämpfe gab, wo die Menschen aufeinander schossen."
Warum wurde im rumänischen Fernsehen Hysterie geschürt? Gab es eine entsprechende Anweisung? Wer trägt dafür die Verantwortung? Alles ungeklärte Fragen - bis heute. Bei den mehrtägigen blutigen Straßenkämpfen zwischen Armee und Zivilisten starben rund 950 Menschen. Die genauen Umstände, die Hintergründe, sind noch immer unbekannt, meint der Bukarester Historiker Bogdan Murgescu:
"Keiner kann heute sagen, ob die Straßenkämpfe im Dezember 89 von bestimmten Machtgruppen bewusst provoziert worden sind oder ob sie ein Selbstläufer waren. Viele Tote gab es, weil Chaos auf den Straßen herrschte und die Armee inkompetent kommandiert wurde. Man hat das später verschleiert. Man wollte das Image einer heldenhaften Armee, die die Revolution verteidigte und an der Seite des Volkes gekämpft hat."
Seit Jahren fordern die Hinterbliebenen der Revolutionsopfer eine juristische Aufarbeitung der Ereignisse ein - doch vergeblich. Der frühere Chef der Militärstaatsanwaltschaft, Dan Voinea, war auf zahlreiche Todesfälle angesetzt. Weil ihm viele dilettantische Verfahrensfehler unterlaufen sind, nennt ihn die rumänische Presse den "Totengräber der Revolutionsermittlungen". Doch die Schuld an der fehlenden juristischen Aufarbeitung sieht Voinea bei anderen:
"Meine Ermittlungen habe ich abgeschlossen, doch die Militärrichter haben die Akten nicht angerührt. Warum nicht? Weil sie mit den Militärs befreundet sind, die für die Dezember-Vorfälle von 1989 zur Verantwortung gezogen werden müssten, die aber eine steile Karriere gemacht haben. Hier deckt einfach einer den anderen."
Das Doku-Drama endet entsprechend den Tatsachen am ersten Weihnachtstag 1989 mit einem Militärprozess gegen die Ceausescus. Heute weiß man, ihre Hinrichtung stand schon fest. Die neuen Machthaber wollten damals einen Schlussstrich unter die blutigen Revolutionsereignisse ziehen. Schauspielerin Victoria Ciocas denkt nicht daran, sich damit zufrieden zu geben, auch wenn mehr als zwei Jahrzehnte vergangen sind.
"Wer hat in den Revolutionstagen auf uns geschossen? Viele wollen wissen, wer das war. Was machen diese Leute heutzutage? Einfach in Seelenruhe ihren Weihnachtsstollen essen? Ich will wissen, was sie dabei fühlen, dass sie ein ganzes Volk belogen haben."
"Auf den Straßen wurde heftig geschossen. Man erzählte uns im Fernsehen, dass es Terroristen gebe. Wir dachten, das sind bestimmt die engsten Vertrauten der Ceausescus, die sie retten wollen und die uns töten würden."
23 Jahre nach der Wende spielt Cocias die in Rumänien verhasste Elena Ceausescu - in einem Doku-Drama über die letzten drei Lebenstage des Diktatoren-Ehepaars - rekonstruiert mit Hilfe von Augenzeugenberichten. Auf einer missglückten Flucht werden die Ceausescus von den eigenen Sicherheitskräften gestellt. Schnell wird im Film klar: Das einst gefürchtete Herrscherpaar hat keinerlei Macht mehr.
Doch diese Realität verschweigt das rumänische Fernsehen in jenen Vorweihnachtstagen 1989. Originalsequenzen im Doku-Drama beweisen, dass eine andere Wirklichkeit inszeniert werden sollte. Politiker, Militärs und Fernsehreporter erwecken vor laufenden Kameras den Eindruck, die Ceausescus würden die Macht zurückwollen und seien für die blutigen Straßenkämpfe verantwortlich. Für Schauspielerin Ciocas war das ein Riesen-Bluff:
"Die Ceausescus waren damals völlig isoliert und durften zu niemanden mehr Kontakt aufnehmen. Das haben wir aber erst viele Jahre nach der Wende erfahren. Erst da haben wir gemerkt, dass wir manipuliert worden sind. Offenbar war jemanden daran gelegen, dass es Straßenkämpfe gab, wo die Menschen aufeinander schossen."
Warum wurde im rumänischen Fernsehen Hysterie geschürt? Gab es eine entsprechende Anweisung? Wer trägt dafür die Verantwortung? Alles ungeklärte Fragen - bis heute. Bei den mehrtägigen blutigen Straßenkämpfen zwischen Armee und Zivilisten starben rund 950 Menschen. Die genauen Umstände, die Hintergründe, sind noch immer unbekannt, meint der Bukarester Historiker Bogdan Murgescu:
"Keiner kann heute sagen, ob die Straßenkämpfe im Dezember 89 von bestimmten Machtgruppen bewusst provoziert worden sind oder ob sie ein Selbstläufer waren. Viele Tote gab es, weil Chaos auf den Straßen herrschte und die Armee inkompetent kommandiert wurde. Man hat das später verschleiert. Man wollte das Image einer heldenhaften Armee, die die Revolution verteidigte und an der Seite des Volkes gekämpft hat."
Seit Jahren fordern die Hinterbliebenen der Revolutionsopfer eine juristische Aufarbeitung der Ereignisse ein - doch vergeblich. Der frühere Chef der Militärstaatsanwaltschaft, Dan Voinea, war auf zahlreiche Todesfälle angesetzt. Weil ihm viele dilettantische Verfahrensfehler unterlaufen sind, nennt ihn die rumänische Presse den "Totengräber der Revolutionsermittlungen". Doch die Schuld an der fehlenden juristischen Aufarbeitung sieht Voinea bei anderen:
"Meine Ermittlungen habe ich abgeschlossen, doch die Militärrichter haben die Akten nicht angerührt. Warum nicht? Weil sie mit den Militärs befreundet sind, die für die Dezember-Vorfälle von 1989 zur Verantwortung gezogen werden müssten, die aber eine steile Karriere gemacht haben. Hier deckt einfach einer den anderen."
Das Doku-Drama endet entsprechend den Tatsachen am ersten Weihnachtstag 1989 mit einem Militärprozess gegen die Ceausescus. Heute weiß man, ihre Hinrichtung stand schon fest. Die neuen Machthaber wollten damals einen Schlussstrich unter die blutigen Revolutionsereignisse ziehen. Schauspielerin Victoria Ciocas denkt nicht daran, sich damit zufrieden zu geben, auch wenn mehr als zwei Jahrzehnte vergangen sind.
"Wer hat in den Revolutionstagen auf uns geschossen? Viele wollen wissen, wer das war. Was machen diese Leute heutzutage? Einfach in Seelenruhe ihren Weihnachtsstollen essen? Ich will wissen, was sie dabei fühlen, dass sie ein ganzes Volk belogen haben."