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Eine Arche für wilde Tiere

Umwelt. - Maßlose Wilderei reduzierte die Spitzmaulnashörner auf heute gerade noch 2500 Exemplare, die inzwischen sorgsam gehütet werden. Die etwa 30 Tiere in der Serengeti und dem Ngorongoro-Krater in Tansania dürfen zwar noch frei durch die Savanne toben, doch auch im Naturreservat mehreren sich die Probleme und Bedrohungen für die Tiere.

Von Dagmar Röhrlich | 07.12.2007
    Eine kleine Zebraherde grast friedlich im Garten, direkt vor der Terrasse. Dass Menschen dort sitzen und Tee trinken, stört sie nicht weiter. So "zahm" werden nur wenige Wildtiere:

    "Spitzmaulnashörner mögen keine Menschen, so sind sie nun mal. Sie werden niemals so zahm werden wie die Zebras, die hier direkt neben uns grasen."

    Unter uns im Ngorongoro-Krater leben 24 streng bewachte Spitzmaulnashörner. Und das auch nur, weil vor acht Jahren die Nachfahren einiger nach Südafrika exportierten Tiere zurück gebracht worden sind, berichtet Peter Morkel. Der Tiermediziner leitet das Nashornprojekt der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt:

    "Es geht ihnen gut, ihr Bestand wächst langsam, aber stetig. Vor 40, 50 Jahren lebten hier im Krater allerdings noch 100 Nashörner. Es wird wohl noch sehr lange dauern, ehe wir diesen Bestand weder erreicht haben. Obwohl es langsam bergauf geht, stehen wir vor Problemen."

    Denn Jahr für Jahr kommen 300.000 Besucher in diesen Krater – und die meisten zur Feriensaison in Europa, Nordamerika und Asien. Um mit den Menschenmengen fertig zu werden, ist der Ngorongoro von einem dichten Straßennetz durchzogen.

    "Nashörner ziehen zusammen mit Löwen und vielleicht Elefanten als charismatische Arten die Touristen an. Wenn sie irgendwo ein Nashorn sehen, wollen die Leute so dicht wie möglich an das Tier herankommen. Die trauen sich dann manchmal nicht einmal mehr, über die Straße zu laufen."

    Das Problem: Während ein ausgewachsenes Nashorn keine Feinde außer dem Menschen hat, sind die Kälber umso gefährdeter. Beobachtungen im Ngorongoro bewiesen, dass es vor allem Hyänen sind, die den Müttern ihre jungen Kälber abjagen. Löwen schaffen das viel seltener. Nashornmütter verlassen ihre Kälber nur, um zu trinken – und das müssen sie heute sehr viel öfter machen als früher:

    "Unter uns wuchs früher der Lerai-Wald mit seinen alten Akazien. Dieser Wald ist in weiten Bereichen abgestorben. Zum Teil, weil die Bäume überaltert waren. Andere starben ab, als Elefanten ihre Rinde verletzten und Pilze eindringen konnten. Aber vor allem wird aus diesem Waldgebiet zu viel Wasser für Hotels, Camps und die Massai entnommen. Der Lerai-Wald aber ist wichtig für die Spitzmaulnashörner. Es war der beste Platz für sie, um ihre Jungen zur Welt zu bringen, weil sie dort Nahrung, Schutz und Wasser an einem Ort fanden. Sie konnten sich dort mit ihren Kälbern während der ersten kritischen Lebensmonate vor den Hyänen verstecken."

    Jetzt bleibt den Nashornmüttern nur ein dichtes Gebüsch im Osten des Kraters. Zum einen sind sie da für die Ranger schwer zu überwachen. Aber zum anderen müssen die Mütter hinaus in die Ebene, wenn der Durst zu groß wird. Dabei schneiden ihnen immer wieder Touristen für Stunden den Rückweg ab – und die Hyänen haben leichtes Spiel.

    Es ist dunkel geworden. Auf der anderen Kraterseite frisst sich ein Steppenbrand durch den Hang, ganz in der Nähe des Dickichts, das den Nashörnern derzeit Zuflucht bietet. Den für sie so wichtigen Fieberbaumwald wieder aufzuforsten, ist schwierig – der Elefanten wegen.

    "Demnächst kommen deshalb wieder Experten her. Wir haben schon alle möglichen Wissenschaftler gebeten, uns zu helfen: Bodenexperten, Wasserfachleute, solche für Pflanzenkrankheiten, um zu verhindern, dass Pilzkrankheiten die Bäume abtöten helfen. Das Resultat ist, dass uns wohl nichts anderes übrig bleibt, als zunächst einige Hektar mit einem stromführenden Draht einzuzäunen, um die Elefanten herauszuhalten. Gelingt das Experiment, werden wir einen größeren Tel des Waldes einzäunen."

    Die zweite Maßnahme zum Schutz der Spitzmaulnashörner wird die Begrenzung des Tourismus sein, damit sie nicht mehr in 50, 60 Wagen die Tiere bedrängen. Denn wenn sie das Ökosystem zerstören, wird niemand mehr hierhin kommen wollen.