Er kommt aus dem dröhnenden Nebeldunkel, den Dreispitz auf dem Kopf und den Stock in der Hand: Fritz, der tote König von Preußen. Gespielt von einer Frau, der famosen Rita Feldmeier, tritt er ans Mikro an der Rampe und singt sich sein fragendes "Happy Birthday" selbst.
Fritz stellt sich selbst die offene Frage: Wer war Friedrich der Große? War er: "Verächter der Frauen, Räuber Schlesiens, Brudermörder, Verschwender, fürstlicher Ausbeuter, kranker Geist, Wegbereiter Hitlers, zerstörte Seele," oder "Ruhmreicher Schlachtenlenker, Retter des Oderbruchs, Philosoph auf dem Thron, der Folter und Zensur abschafft, der mit Voltaire debattiert, sogar Johann Sebastian Bach inspiriert. Komponist, Dichter, Architekt?" Eine klare Antwort gibt das Stück von Uwe Wilhelm bewusst nicht. Der vor allem als Drehbuchautor bekannte Autor stellt seinem Auftragswerk eine selbstbewusste Charakterisierung voran: "Das Spiel Fritz! ist eine derbe Komödie voller Sex, Betrug und Dekadenz, wenn es die Intrigen im Berliner Schloss zeigt, ein tragikomisches bürgerliches Drama, wenn es Henri und Ulrike de Catt zuhause vorführt, und eine surrealistische Tragödie, wenn es in Sanssouci in Friedrichs Seele eintaucht." Bei der Lektüre erweist sich das Stück allerdings vor allem als auftrumpfende Klamotte, und als solche inszeniert sie Regisseur Tobias Wellemeyer auch. Dabei haut Wellemeyer mit derber Regiehand auf den schlichten Text und schlägt ihn dabei ziemlich breit. Mit einem Darsteller des früheren Hofschreibers Henri de Catt, der den dramatischen Druck auf seine Figur mit Spielgeschrei und mimisch-gestischer Hampelei beantwortet, dass es dem Zuschauer schier körperliche Schmerzen bereitet. De Catt, der an einer Biografie Friedrichs bastelt, soll im Auftrag der drei Mätressen des Thronfolgers Friedrich Wilhelm den kranken König vergiften. Sie erpressen ihn, indem sie ihm mit der Ermordung seiner Frau drohen. Der König aber beauftragt ihn mit einer Oper, die seine Regentschaft schildern soll, und de Catts Frau, eine Opernsängerin, darf darin auf eine Rolle hoffen.
Welches Bild können wir uns von Friedrich machen, so lautet die Kernfrage des wilden Spiels. Das uns mit Liedern der 30er Jahre wie "Jawoll, meine Herrn, so haben wir es gern" und vielerlei Anspielungen deutlich sagt, wann und wie Friedrich am meisten wahrgenommen wurde: in Ufa- und Nazizeit. Der Thronfolger trägt eine schwarze Uniform, die Diener lange schwarze Ledermäntel und die drei Mätressen, die zunächst in hautengen, bodenlangen Kleidern als nervende Lachtauben durch die Inszenierung schrillen, treten am Ende als böse Nazissen ganz in Schwarz auf.
Während sich das Stück mit Friedrich II. durch dessen wahre Geschichte und erfundene Geschichten spielt, scheitert de Catt als Diener zweier Herren und verliert seine Frau.
Wir sehen den Thronfolger bei erotischem Spiel mit Frau und Flöte in einem Gitterkasten voller Kissen. Dann erleben wir das Ehepaar de Catt in ihrer explodierenden Küche. Friedrich rekapituliert prägende Erlebnisse aus seinem Leben: Dazu krabbeln zwei halb nackte junge Männer hündisch um ihn herum. Der junge König ist auf Videos mit einem Freund beim turtelnden Schwimmen, bei hartem Kampftraining oder beim Spießrutenlauf zu sehen. Seine Schwester wird, durch einen preußischen Adler schauend, bös geprügelt, während Friedrichs Vater in roter, fedriger Lederkleidung wie ein lächerlicher Gummiadler durch die Gegend hüpft, worauf seinem Sohn das Mordschwert aus der Hand fällt.
Ein zweistöckig offenes Gebäude dreht sich auf leerer Bühne und schafft die Spielorte: auf der einen Seite die Leuchtschrift Sans Souci und ein Kronleuchter, auf der anderen die Wohnküche der de Cattes. Bei der Premiere verletzte sich die Darstellerin der Frau de Catte. Sie musste geschient und verbunden und die Aufführung für längere Zeit unterbrochen werden. Später humpelte sie durch die Szenen oder fuhr im Rollstuhl herum und trug so unfreiwillig dazu bei, dass der ungeschlachte Komikstil der Inszenierung verschwand.
Plötzlich wichen Überdruck und unfreiwillige Peinlichkeit aus der Inszenierung. Auch, weil jetzt Friedrich in Gestalt seiner Darstellerin Rita Feldmeier öfter auf der Szene war. Wunderbar, wie diese mit Gesang und Spiel als Diva die Szene beherrschte und zugleich beeindruckend wie bedrückend, wie Rita Feldmeier die Janusköpfigkeit des Königs ausstellte. Ihr Friedrich sprang zwischen scheinbarem Verständnis gegenüber de Catte und brutalem Machtspiel hin und her, war aber auch stark bewegt zwischen Leid und Stolz, als er sich die Catte-Verurteilungsszenen nachspielen ließ. Zwar wurde das plakative Stück dadurch nicht besser, aber immerhin gewann so die Inszenierung an Kraft. Sie zeigte im zweiten Teil ernsthafte Komik und schauspielerische Souveränität. Zum Schluss verkündet Friedrich selbst die Opferzahlen seiner Schlachten, zitiert seinen angeblichen Spruch "Hunde, wollt ihr ewig Leben" und steigt zum Choral "Nun danket alle Gott" zurück in seine Gruft, aus der er hinab auf die Nachgeborenen schaut. Doch dieser Auftakt zu Friedrichs-300-Jahr-Feiern überzeugte nicht.
Fritz stellt sich selbst die offene Frage: Wer war Friedrich der Große? War er: "Verächter der Frauen, Räuber Schlesiens, Brudermörder, Verschwender, fürstlicher Ausbeuter, kranker Geist, Wegbereiter Hitlers, zerstörte Seele," oder "Ruhmreicher Schlachtenlenker, Retter des Oderbruchs, Philosoph auf dem Thron, der Folter und Zensur abschafft, der mit Voltaire debattiert, sogar Johann Sebastian Bach inspiriert. Komponist, Dichter, Architekt?" Eine klare Antwort gibt das Stück von Uwe Wilhelm bewusst nicht. Der vor allem als Drehbuchautor bekannte Autor stellt seinem Auftragswerk eine selbstbewusste Charakterisierung voran: "Das Spiel Fritz! ist eine derbe Komödie voller Sex, Betrug und Dekadenz, wenn es die Intrigen im Berliner Schloss zeigt, ein tragikomisches bürgerliches Drama, wenn es Henri und Ulrike de Catt zuhause vorführt, und eine surrealistische Tragödie, wenn es in Sanssouci in Friedrichs Seele eintaucht." Bei der Lektüre erweist sich das Stück allerdings vor allem als auftrumpfende Klamotte, und als solche inszeniert sie Regisseur Tobias Wellemeyer auch. Dabei haut Wellemeyer mit derber Regiehand auf den schlichten Text und schlägt ihn dabei ziemlich breit. Mit einem Darsteller des früheren Hofschreibers Henri de Catt, der den dramatischen Druck auf seine Figur mit Spielgeschrei und mimisch-gestischer Hampelei beantwortet, dass es dem Zuschauer schier körperliche Schmerzen bereitet. De Catt, der an einer Biografie Friedrichs bastelt, soll im Auftrag der drei Mätressen des Thronfolgers Friedrich Wilhelm den kranken König vergiften. Sie erpressen ihn, indem sie ihm mit der Ermordung seiner Frau drohen. Der König aber beauftragt ihn mit einer Oper, die seine Regentschaft schildern soll, und de Catts Frau, eine Opernsängerin, darf darin auf eine Rolle hoffen.
Welches Bild können wir uns von Friedrich machen, so lautet die Kernfrage des wilden Spiels. Das uns mit Liedern der 30er Jahre wie "Jawoll, meine Herrn, so haben wir es gern" und vielerlei Anspielungen deutlich sagt, wann und wie Friedrich am meisten wahrgenommen wurde: in Ufa- und Nazizeit. Der Thronfolger trägt eine schwarze Uniform, die Diener lange schwarze Ledermäntel und die drei Mätressen, die zunächst in hautengen, bodenlangen Kleidern als nervende Lachtauben durch die Inszenierung schrillen, treten am Ende als böse Nazissen ganz in Schwarz auf.
Während sich das Stück mit Friedrich II. durch dessen wahre Geschichte und erfundene Geschichten spielt, scheitert de Catt als Diener zweier Herren und verliert seine Frau.
Wir sehen den Thronfolger bei erotischem Spiel mit Frau und Flöte in einem Gitterkasten voller Kissen. Dann erleben wir das Ehepaar de Catt in ihrer explodierenden Küche. Friedrich rekapituliert prägende Erlebnisse aus seinem Leben: Dazu krabbeln zwei halb nackte junge Männer hündisch um ihn herum. Der junge König ist auf Videos mit einem Freund beim turtelnden Schwimmen, bei hartem Kampftraining oder beim Spießrutenlauf zu sehen. Seine Schwester wird, durch einen preußischen Adler schauend, bös geprügelt, während Friedrichs Vater in roter, fedriger Lederkleidung wie ein lächerlicher Gummiadler durch die Gegend hüpft, worauf seinem Sohn das Mordschwert aus der Hand fällt.
Ein zweistöckig offenes Gebäude dreht sich auf leerer Bühne und schafft die Spielorte: auf der einen Seite die Leuchtschrift Sans Souci und ein Kronleuchter, auf der anderen die Wohnküche der de Cattes. Bei der Premiere verletzte sich die Darstellerin der Frau de Catte. Sie musste geschient und verbunden und die Aufführung für längere Zeit unterbrochen werden. Später humpelte sie durch die Szenen oder fuhr im Rollstuhl herum und trug so unfreiwillig dazu bei, dass der ungeschlachte Komikstil der Inszenierung verschwand.
Plötzlich wichen Überdruck und unfreiwillige Peinlichkeit aus der Inszenierung. Auch, weil jetzt Friedrich in Gestalt seiner Darstellerin Rita Feldmeier öfter auf der Szene war. Wunderbar, wie diese mit Gesang und Spiel als Diva die Szene beherrschte und zugleich beeindruckend wie bedrückend, wie Rita Feldmeier die Janusköpfigkeit des Königs ausstellte. Ihr Friedrich sprang zwischen scheinbarem Verständnis gegenüber de Catte und brutalem Machtspiel hin und her, war aber auch stark bewegt zwischen Leid und Stolz, als er sich die Catte-Verurteilungsszenen nachspielen ließ. Zwar wurde das plakative Stück dadurch nicht besser, aber immerhin gewann so die Inszenierung an Kraft. Sie zeigte im zweiten Teil ernsthafte Komik und schauspielerische Souveränität. Zum Schluss verkündet Friedrich selbst die Opferzahlen seiner Schlachten, zitiert seinen angeblichen Spruch "Hunde, wollt ihr ewig Leben" und steigt zum Choral "Nun danket alle Gott" zurück in seine Gruft, aus der er hinab auf die Nachgeborenen schaut. Doch dieser Auftakt zu Friedrichs-300-Jahr-Feiern überzeugte nicht.