Archiv


Eine Frage der Etiketten

Das Preisetikett aus Papier, aufgeklebt auf eine Ware, scheint allmählich zu verschwinden. Immer mehr Supermärkte und Kaufhäuser ersetzen die Einzeletiketten durch Schilder an den Regalen. Aber mit neuen Fähigkeiten könnte das Etikett im Supermarkt der Zukunft eine Renaissance erfahren: Etiketten können vor Diebstahl und Fälschung schützen, logistische Abläufe und das Einkaufen für den Kunden erleichtern. Bereits heute können Etiketten mit winzigen Funksensoren versehen werden, die angeregt von einer Sendestation im Regal, an der Kasse oder auch am Einkaufswagen vielfältige Informationen über ein Produkt aussenden. Die Hoffnungen des Handels ruhen allerdings auf einer einfacheren und daher billigeren Technik: der Polymerelektronik. Schaltkreise aus leitenden Kunststoffen könnten damit bereits bei der Herstellung in die Verpackung integriert werden. Kombiniert mit einem Einkaufscomputer am Einkaufswagen, automatischen Kassen und einem verzweigten Informationssystem im ganzen Supermarkt sollen die neuen Etiketten das Einkaufen der Zukunft für den Kunden angenehmer machen – und für den Händler profitabler.

Sascha Ott | 21.09.2003
    Das Manuskript zur Sendung:





    Etikett, das: Aus dem Französischen: Hinweiszettel an Waren, der zum Beispiel über Preis, Hersteller oder Herkunft der Ware Auskunft gibt.

    Etikette, die: Aus dem Französischen: Gesamtheit der guten und angemessenen gesellschaftlichen Umgangsformen und ihrer Regeln.

    Wir holen uns jetzt einen Einkaufwagen, von diesen schönen rot-grünen Plastik-Einkaufswagen und werden uns dann einen persönlichen Einkaufsberater aushändigen lassen.

    Warum die Einkaufswagen hier im Supermarkt der Zukunft aus Plastik sein müssen, wird uns Antonia Voerste erst später erklären können. Sie betreut für den Düsseldorfer Metro-Konzern diese außergewöhnliche Filiale in Rheinberg am Niederrhein. Von außen betrachtet ein ganz normaler Supermarkt – aber schon am Eingang wartet die erste Neuerung, die aus dem simplen Einkauf ein High-Tech-Abenteuer macht.

    Dann bekommen wir von der Dame einen sogenannten persönlichen Einkaufsberater, einen elektronischen Einkaufsberater, der den Kunden bei seinem Rundgang durch den Markt unterstützt, ihm hilft, Produkte zu finden, ihm Frischeprodukte vorschlägt und der auch die Funktion hat eine persönliche Einkaufsliste zu erstellen. Das zeige ich Ihnen dann, wenn wir den gleich am Wagen haben.

    Ein kleiner Computer mit einem flachen Bildschirm wird vorne am Einkaufswagen befestigt. An der Seite leuchtet ein roter Scanner, ähnlich wie bei einer Supermarktkasse. Antonia Voerste liest damit den Strich-Code ihrer Kundenkarte in den Computer ein. Auf dem Bildschirm erscheint ihr Name und eine Reihe von Waren: Kaffee, Milch, Fladenbrot und so weiter.

    Das ist eine Liste mit Produkten, die ich regelmäßig im Markt einkaufe, die sich dadurch der Computer merkt und sie mir bei meinem nächsten Einkauf vorschlägt. Wenn ich also regelmäßig Fladenbrot einkaufe, wie es hier angezeigt ist, schlägt der Computer mir die vor, auch dieses Mal Fladenbrot mitzunehmen, also nichts zu vergessen. Seit Ende April können die Kunden im sogenannten ''Future Store'' ausprobieren, wie sich die ''Metro'' und verschiedene Firmen aus der Computerbranche das Einkaufen der Zukunft vorstellen. Der Supermarkt dient als Versuchsfeld für deren neueste technische Entwicklungen.

    Jetzt gehen wir mal los! Es gibt am Anfang die Grillstation, dann kommt man in den Brot- und Getreide Bereich und hinten ist Obst und Gemüse und da gehen wir jetzt als erstes Mal hin.

    Die Geschichte der Etiketten begann, wenn man so will schon vor 5000 Jahren. Im alten Ägypten wurden die ersten Siegel mit Schriftzeichen zum Kennzeichnen von Waren verwendet. Die ältesten gedruckten Schildchen stammen aus der Zeit um 1700, zunächst zur Beschriftung von Warenballen, später an Weinflaschen. Zu dieser Zeit tauchte auch das Wort zum ersten Mal auf – allerdings in seiner weiblichen Form: DIE Etikette.

    Wie in fast jedem Supermarkt kommen wir gleich am Eingang zu Obst und Gemüse. Zum Abwiegen einer Banane muss hier nicht mehr die Taste Nummer eins gedrückt werden. Das übernimmt die ''intelligente Waage''.

    Die intelligente Waage erkennt das aufgelegte Produkt, ohne dass ich mir die Nummer am Regal merken muss, die ich dann eintippe, noch dass ich mir das Symbol auf einer Taste raussuchen muss und die drücke, sondern ich lege einfach das Produkt auf, wie in dem Fall die Banane. Über die Kamera erkennt sie die und druckt das Etikett aus und dann steht der Preis drauf: Für eine Banane 35 Cent.

    Die Kamera nimmt ein Bild von der Wiegefläche auf und analysiert die Formen und Farben, die darauf zu sehen sind. Dabei hat sie es nicht immer so leicht, wie bei der charakteristisch geformten Banane, die Antonia Voerste gerade abgewogen hat. Pfirsiche von Nektarinen zu unterscheiden oder die unzähligen rot-grünen Apfelsorten auseinander zu halten, bringt die Waage an den Rand ihrer ''Intelligenz''. Auf dem Bildschirm über der Auflagefläche erscheinen dann verschiedene Abbildungen von Früchten. Der Kunde wählt aus diesen Vorschlägen aus, was er abwiegen möchte, und bekommt das übliche Klebeetikett mit dem Preis.

    Jetzt habe ich das Preisetikett ausgedruckt. Darauf befindet sich ein Bar-Code. Diesen Bar-Code halte ich an den Scanner meines persönlichen Einkaufsberaters und auf dem Display erscheint nun das Produkt, das heißt: ‚Bananen’, und ich kann unten auf die Taste ‚Hinzufügen’ drücken. Das heißt, ich lege das Produkt in meinen Einkaufswagen. Jetzt summiert der Computer das letzte eingegebene Produkt hier oben dazu, dass ich immer weiß, wie hoch die Summe total in meinem Einkaufswagen ist.

    Der Bar-Code, dieses Strichmuster, anhand dessen sich ein Produkt eindeutig identifizieren lässt, ist auch im ''Future-Store'' noch an vielen Stellen im Einsatz. Noch. Denn im Supermarkt der Zukunft soll der Bar-Code in einigen Jahren von einer anderen Technik verdrängt werden.

    Das ist eine spezielle Maschine zur Fertigung von Transponder-Etiketten. Hier in dem Fall haben wir in der Maschine ein vorgedrucktes Layout einer Bibliothek.

    Sprecherin Christoph Gebauer betreut für den Etiketten-Hersteller Schreiner in München die Entwicklung eines speziellen Etiketts mit sogenannten ''RFID-Transpondern''. ''Universitäts-Bibliothek Stuttgart'' steht auf den Etiketten, die hier durch die Herstellungsanlage rattern. Von außen sehen die visitenkarten-großen Streifen aus wie jedes andere Etikett. Aber sie haben es im wahrsten Sinne in sich. Ihr Innenleben soll es ermöglichen, dass die Bücher der Bibliothek bei der Ausleihe künftig nicht mehr über einen Bar-Code-Scanner registriert werden müssen.

    Das Bar-Code-Etikett wird ja genutzt, um das Buch einzulesen. Das geschieht zusammen mit dem Ausweis des Bibliotheksnutzers und somit weiß man, wer hat welches Buch, wie lang wurde es ausgeliehen und so weiter. Dieses System hier funktioniert ähnlich, nur dass wir keinen Bar-Code lesen müssen. Wir können das Buch ohne Sichtkontakt logistisch erfassen, welches Buch wurde ausgelesen und wir müssen nicht jedes Buch einzeln erfassen, denn diese Etiketten können auch im Pulk zusammen gelesen werden.

    Möglich wird diese Vereinfachung, weil das Etikett seine Daten selbst aussendet, ohne dass man es dicht an einem Scanner vorbeizieht. Unter der beschrifteten Papierschicht steckt eine hauchdünne gewundene Antenne, die mit einem Chip verbunden ist. Christoph Gebauer erklärt die Schritte zur Herstellung dieses ''elektronischen Etiketts''.

    Wir haben hier eine dünne Polyesterfolie. Auf dieser Polyesterfolie befindet sich in der Herstellung zunächst einmal eine durchgehende Bahn Kupfer oder Aluminium. Diese wird mit einem Ätzlack bedruckt und später geätzt. Die bedruckten Teile bleiben stehen, in diesem Fall also die Geometrie unserer Antenne. Im nächsten Arbeitsschritt wird ein Chip aufgebracht, das heißt, ein kleiner Siliziumchip. Den Chip sieht man hier, der hat in diesem Fall eine Kantenlänge von unter einem Millimeter, würde ich sagen, und sitzt eben an den Anfangs- und Endpunkten dieser Antenne.

    ''RFID'' bedeutet ''radiofrequente Identifikation''. Das Etikett kann mit seiner Antenne elektromagnetische Wellen im Megahertz-Bereich empfangen. Diese Wellen kommen zum Beispiel von der Kontrollschranke in der Bibliothek. Sie erzeugen in der Antennenwindung einen winzigen Strom, der ausreicht, damit der Chip seine gespeicherte Information preisgibt. Er versendet sie über seine Antenne zurück an die Kontrollschranke und an den Bibliothekscomputer. Dort wird dann registriert, welches Buch gerade an der Schranke vorbeigetragen wird. RFID-Etiketten benötigen also keine Batterie. Das Etikett antwortet auf die Anregung von außen mit dem Versenden seiner Daten. Das kann einfach nur eine Kennzahl oder auch eine umfangreichere Information sein. Gebauer:

    Ein standardmäßiger Chip hat beispielsweise 48 Stellen, die in Viererblöcke aufgeteilt sind und diese Blöcke können fest oder variabel beschrieben werden. Die Logistik des Transports kann dort hinterlegt werden und verschiedene begleitende Daten, die dann an den jeweiligen Schnittstellen ausgelesen werden können und eben als Information zur Verfügung stehen.

    Logistik ist im Moment der wichtigste Einsatzbereich für die RFID-Etiketten. Die großen Flughäfen in Amsterdam, Singapur und New York testen zum Beispiel gerade, wie mit RFID die Verteilung der Gepäckstücke zuverlässiger werden kann. In einigen Jahren könnten die elektronischen Etiketten aber noch viel breitere Anwendung finden – zum Beispiel auch im Supermarkt.

    ''Das Etikett'' und ''die Etikette'' haben den selben Urspung: Beide Worte gehen zurück auf das alt-französische Verb ''estiquer'', das soviel wie ''feststecken'' bedeutet. ''Estiquer'' findet sich heute nicht nur im deutschen ''Stecken'' sondern auch im englischen Wort ''sticker'' für Aufkleber.

    Hier sind wir jetzt am Kühlregal ankommen. Hier finden wir eine weitere Besonderheit: Das ist das intelligente Regal. Das intelligente Regal weiß, wie viele einzelne Produkte sich auf diesem Regalboden befinden und es kann auch erkennen, wo diese Produkte eingeräumt wurden.

    ... sagt Voerste. Das kann das Regal mit Hilfe der RFID-Technik. Einige Produkte hier im Future-Store der Metro AG sind mit den elektronischen Etiketten versehen: zum Beispiel die Frischkäse-Packungen. Im Regal steckt eine kleine Sende- und Empfangsanlage, die kontrolliert, ob wirklich der richtige Käse im richtigen Fach steht. Wenn ich den Kräuter-Philadelphia aus dem Regal nehme als Kunde und ihn dann ins falsche Fach, nämlich zu dem Philadelphia Doppelrahmstufe zurückstelle, kann das Lesegerät im Boden dieses Regals erkennen, wo das einzelne Produkt eingestellt ist und kann diesen Fehler dann auch melden, so dass das korrigiert werden kann.

    Hier kommt die RFID-Technik also vor allem der Ordnung im Regal zugute. Wenn alle Produkte mit elektronischen Etiketten ausgestattet wären, könnte aber auch der Kunde profitieren. Er müsste zum Bezahlen nur mit seinem vollen Einkaufswagen an der Kasse vorüberfahren – schon wüsste der Kassencomputer über alles Bescheid, was im Wagen liegt. In einigen Jahren soll das hier in Rheinberg möglich sein. Das ist auch der Grund, warum die Einkaufswagen im Future-Store aus Kunststoff sein müssen: Ein Wagen aus Metall würde die Datensignale der RFID-Etiketten stören. Außerdem könnten die elektronischen Etiketten natürlich auch als Diebstahlsicherung dienen. Denn kein Produkt könnte mehr unbemerkt an den Kontrollstationen am Ausgang vorbeigeschmuggelt werden. Datenschützer warnen aber auch davor, durch RFID könne der Weg der Waren auch außerhalb des Kaufhauses verfolgt werden. So geschieht es zum Beispiel bei den Londoner Verkehrsbetrieben, die mit Hilfe von RFID die Wege ihrer Fahrgäste im Untergrund verfolgt und speichern. Im Moment aber sind die RFID-Etiketten noch zu teuer, um jedes Produkt damit zu bekleben – zumindest in ihrer bisherigen Form.

    Das übliche Material zur Herstellung eines Computerchips ist Silizium. So ist es auch bei den winzigen Chips in den bisherigen RFID-Etiketten. Diese Silizium-Chips müssen unabhängig vom Etikett hergestellt und in einem eigenen Arbeitsschritt mit der Antenne verbunden werden. Das ist aufwändig und daher teuer. Aber schon in einigen Jahren könnten elektronische Etiketten viel einfacher herstellbar sein: mit Hilfe der Polymerelektronik.

    Wenn Sie den Vergleich ziehen zwischen Silizium- und Polymerelektronik, sollte man zuerst sagen, dass mit Silizium RFID zurzeit möglich ist, dass die billigsten Transponder ungefähr für 25 Eurocent herstellbar sind. Die Polymerelektronik hat nun zum Ziel die vollständige Elektronik, das heißt die Antenne und den Chip in einem In-Line-Prozess herzustellen. Das hat den Vorteil, dass auf beliebigen Produkten ein Transponder direkt aufgebracht wird.

    Dr. Karlheinz Bock erforscht am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration in München die Möglichkeiten der Polymerelektronik. Dabei werden die Siliziumschaltkreise der bisherigen Chips durch elektrisch leitfähige Kunststoffe ersetzt. Diese Polymere haben den Vorteil, dass sie einfach wie Farbe auf eine Verpackung gedruckt werden können.

    Stellen Sie sich vor, Sie machen eine Verpackung für einen Saft, eine Papierverpackung, eine Faltverpackung. Da wird die äußere Schicht gedruckt und strukturiert, dann sieht man, dass das vielleicht ein Apfelsaft ist, und gleichzeitig wird der Bar-Code aufgedruckt. Der Bar-Code ist deshalb so billig, weil er einfach in Drucktechnik entsteht, weil er keine zusätzlichen Komponenten hat und auch keine zusätzlichen Prozesse braucht. Wenn man nun in ähnlicher Weise, wie man dieses Schwarz-Weiß-Muster des Bar-Codes erzeugt, verschiedene Schichten übereinander drucken kann, die gleichzeitig mit dem zum Beispiel Bildaufdrucken auf die Verpackung entstehen können, dann wäre das ein sogenannter In-Line-Prozess oder ein Prozess, bei dem ein späteres Assemblieren des Chips mit der Antenne und ein Aufkleben des gesamten Transponders auf die gesamte Verpackung entfallen würde. Und da spart man sehr viel an Aufwand.

    Auf die Frischkäse-Packung im Supermarkt müsste dann nicht eigens ein elektronisches Etikett aufgeklebt werden. Schon bei der Herstellung der Schachtel könnte der gesamte Schaltkreis mitsamt der Antenne einfach wie die farbige Beschriftung auf die Packung gedruckt werden. Das elektronische Etikett käme dann, ähnlich wie beim Zeitungsdruck, ohne großen Aufwand von der Rolle. Die Polymerelektronik gilt als Schlüsseltechnologie für die Etiketten der Zukunft. Das Bundesforschungsministerium fördert die Weiterentwicklung in einem groß angelegten Projekt mit mehr als 20 Millionen Euro. Aber die Chips aus der Druckmaschine haben ihre Tücken: Die mikroskopisch-feinen Strukturen eines Silizium-Chips lassen sich nicht ohne weiteres auf die Drucktechnik übertragen.

    Prinzipiell haben die Drucktechniken zur Zeit die Problematik, dass sie für die optische Auflösung entwickelt worden sind, das heißt, für optische Erzeugnisse, die sich am Auge orientieren. Wenn ich also mit meinem Auge keinen Unterschied mehr sehe, dann ist das Drucken optimal. Wenn wir diese Techniken jetzt aber auf die Elektronik übertragen wollen, dann müssen Sie nicht nur eine zweidimensionale gute Qualität erreichen, sondern auch die Dicke der Schicht zum Beispiel, die Sie mit dem Auge gar nicht so wahrnehmen, die muss auch homogen sein, um die elektrischen Eigenschaften optimal zu gestalten. Und wenn Sie diese schichten dann auch noch übereinander drucken, dann müssen diese Druckprozesse auch noch das Justieren auf Strukturen vorher exakt ermöglichen. Und das ist zur Zeit mit den Drucktechniken, die bekannt sind nur teilweise möglich.

    Ein weiteres Problem ist die Empfindlichkeit der polymeren Materialien gegenüber Sauerstoff und Wasserdampf. Trotzdem hoffen Karlheinz Bock und seine Kollegen darauf, bereits in zwei bis drei Jahren die ersten einfachen Etiketten mit Polymerelektronik auf den Markt bringen zu können.

    Die Zeremonien und Feste am Hofe des französischen Königs waren genau festgelegt. Alles was der Hofstaat und die Gäste über das richtige Verhalten in Gegenwart des Monarchen wissen mussten, war auf einem Zettel niedergeschrieben. Dieser Zettel mit den so entscheidenden Informationen trug den Namen: ''Etikette''.

    Vom sogenannten ''intelligenten'' Regal geht es weiter an den gekühlten Lebensmitteln entlang. Die Preisschilder hier im Rheinberger Futurestore sind keine Papierschildchen sondern kleine Digitalanzeigen. Sie werden über ein Funksystem von der Zentrale des Supermarktes aus programmiert. Neben der Fleischtheke wartet eine anderthalb Meter mit einem Bildschirm auf den wissbegierigen Supermarktkunden.

    Hier finden wir den ersten Info-Terminal im Markt, der für den Bereich Fleisch zuständig ist. Das heißt, ich kann aus dem Regal jetzt das abgepackte Fleisch nehmen, zum Beispiel hier: Rindergulasch aus der Keule. Auch hier ist ein Etikett aufgebracht mit einem Bar-Code. Den halte ich an den Scanner am Info-Terminal.'' <pieps> ''Durch ein Piepsen wird mir jetzt signalisiert, dass er das Produkt gefunden hat. Er gibt mir Informationen zu Gewicht, Preis, zum Kaloriengehalt, zu Eiweiß, Kohlenhydrate und gibt mir ein bisschen Hintergrundinformationen zum Thema Rindergulasch. Da sagt er mir: Der Gulasch aus mageren Fleischteilen wurde gleichmäßig geschnitten... </pieps>

    Alles, was wir jemals über unseren Gulasch wissen wollten – und noch einiges mehr. Derart gründlich mit unserem Fleischgericht vertraut gemacht, fragen wir uns nur noch: Wie bereitet man es zu, das gute Stück aus der Keule?

    Dann kann ich hier unten auf dem Touch-Screen auf ‚Rezepte und Tipps’ drücken und dann erscheint ein Rezepttipp, nämlich Paprikagulasch. Da werden mir die Zutaten angegeben. Und wenn ich mich jetzt dafür entscheide, diesen Paprikagulasch zu kochen, drücke ich am Touch-Screen auf ‚Drucken’ und dann druckt mir der Info-Terminal dieses Rezept mit den Zutaten aus und ich kann damit dann am Markt einkaufen gehen und kann das Rezept für heute Abend vorbereiten.

    Nur eine Frage kann der Info-Terminal von Antonia Voerste nicht beantworten: Ist das gewählte Fleisch auch wirklich frisch und von guter Qualität?

    Auf jedem Produkt, ob Frischfleisch oder Konservenbüchse, steht aufgedruckt, wie lange es haltbar ist. Bei empfindlichen Waren aus der Kühltheke ist außerdem häufig vermerkt, welche Lagertemperatur eingehalten werden sollte, um ein frühzeitiges Verderben zu verhindern. Dr. Susanne Knura vom Institut für Tierhygiene der Universität Bonn findet diese Kennzeichnung nicht ausreichend.

    Es reicht insofern nicht, weil heute im Zuge von langen Distributionsketten der Verbraucher nicht weiß, ob die vorgeschriebenen Temperaturen bei Lagerung und Transport der Ware, die man kauft, immer eingehalten wurden. Also das Mindesthaltbarkeitsdatum sagt lediglich etwas aus über die Lagerungsfähigkeit bei bestimmten Temperaturen. Aber nichts über die Einhaltung dieser Temperaturen.

    Daher haben die Bonner Forscher zusammen mit Kollegen aus Bayreuth und dem israelischen Haifa einen Frische-Indikator entwickelt. Er beruht auf einem speziellen Farbstoff mit dem fast unaussprechlichen Namen Di-nitro-benzyl-pyridin, kurz ''DNBP''. Er wird auf ein Filterpapier aufgetragen und mit UV-Licht bestrahlt.

    Das erst farblose Filterpapier wird durch UV-Strahlung blau gefärbt und diese Blaufärbung kann dann in Abhängigkeit von Zeit und Temperatur wieder rückgängig gemacht werden. Also je wärmer es ist, um so schneller entfärbt sich unser Indikator nach weiß.

    Das gleiche Prinzip gilt auch für verderbliche Lebensmittel: Je wärmer sie gelagert werden, desto schneller verderben sie. Der Farbindikator musste nur noch auf die verderblichen Lebensmittel abgestimmt werden. Das geschah am Beispiel von Schweinefleisch. In wochenlangen Experimenten wurden parallel der sich entfärbende Indikator und das langsam verderbende Fleisch beobachtet. Eine Farbskala neben dem Indikator soll dem Verbraucher jetzt sagen, wie weit der Verfallsprozess bei einem bestimmten Produkt schon fortgeschritten ist.

    Das wäre der aktivierte Indikator, der dann so später auf der Verpackung zu finden sein würde. Solange er dann so schön blau ist, weiß der Verbraucher, die Temperaturen wurden eingehalten, das Produkt ist frisch. Wenn er sich langsam entfärbt, dann weiß der Verbraucher, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo ich das Produkt verzehren sollte. Wenn er vollständig entfärbt ist, also weiß, dann sollte man das Produkt nicht mehr verzehren.

    Inzwischen stehen Susanne Knura und ihre Kolleginnen in Verbindung mit Firmen, die den Indikator für ein Frische-Etikett einsetzen wollen. Dabei bleiben allerdings noch ein paar Probleme zu lösen. Zum Beispiel muss die Entfärbung des Indikator für jedes verderbliche Produkt wieder neu abgestimmt werden. Außerdem darf der Indikator keinem UV-Licht, also auch keinen Sonnenstrahlen ausgesetzt sein, weil er sich ansonsten schnell wieder blau auflädt. Gleichzeitig dürfen die Produktionskosten pro Stück nur bei wenigen Cent liegen. Bis zum ersten Frische-Etikett in der Kühltheke wird es also wohl noch ein paar Jahre dauern.

    1935 präsentierte der Amerikaner Stanton Avery unter dem Markennamen ''Kum-Kleen'' einen neuartigen Preisaufkleber. Er war auf der Rückseite mit Kautschukkleber bestrichen und konnte auf eine Ware aufgeklebt und auch später wieder abgezogen werden. Das erste selbstklebende Etikett war geboren.

    Hier sind wir in der Musik- und DVD-Abteilung gelandet und hier befinden sich Plasma-Screens, also so Flachbildschirme über die ich mir DVDs anschauen kann. Wir machen das jetzt einfach mal am Beispiel einer DVD und nehmen hier den ‚kleinen Eisbären’, Teil 2. Diese DVD-Hülle ist mit einem RFID-Chip versehen. Diesen RFID-Chip halte ich an das Lesegerät hier am Monitor und dann... Das funktioniert mit Filmen, die freigegeben sind, die also keine Altersbeschränkung haben, weil das natürlich auch sehr verlockend ist für unsere Jugendlichen Besucher sich hier Filme anzuschauen und das ist dann eben in Konfrontation mit dem Jugendschutzgesetz und deswegen sind nur Filme ohne Alterseinschränkung hier anzuschauen.

    Bei Elektronikprodukten wie CDs oder DVDs macht den Herstellern seit Jahren das Problem der Warenfälschungen zu schaffen. Das gleiche gilt für teure Sportartikel oder exklusive Kosmetika. In der Branche geht man davon aus, dass es sich bei 7 bis 10 Prozent der weltweit gehandelten Waren um Fälschungen handelt.

    Es gibt bereits verschiedene Verfahren, die ein Produkt fälschungssicher machen sollen: zum Beispiel die bunt schimmernden Hologramme auf unseren Geldscheinen. Sie sollen Fälschern ihr Handwerk erschweren – wirklich fälschungssicher sind sie aber nicht. Die Erlanger November AG hat jetzt zusammen mit Siemens ein Sicherungssystem entwickelt, das bei der Firma Schreiner in München seit kurzem zu einem fertigen Etikett umgesetzt wird. Es macht sich das Grundprinzip der genetischen Information zunutze: Zwei zueinander passende Stränge des Erbmoleküls DNA müssen wie Schlüssel und Schloss zueinander gebracht werden. Der Forschungsingenieur Roland Grötzner.

    Wir benutzen diese beiden Stränge, wobei es so ist, dass wir einen Strang dieser DNA ins Etikett einbringen und einen Strang der DNA in einen Stift einfüllen.

    Das Etikett enthält einsträngige DNA mit einer bestimmten Basenabfolge. Die passenden Gegenstücke zu dieser DNA werden aus einem Detektionsstift auf das Etikett geträufelt. Nur dann wenn die DNA aus dem Stift mit der im Etikett zusammenpasst, findet die sogenannte Hybridisierung statt: Die beiden passenden Stränge fügen sich zu einem Doppelstrang zusammen. Wenn dies geschieht, wird im Etikett ein floureszierender Farbstoff freigesetzt.

    Die Farbveränderung findet in einem Wellenlängenbereich statt, der für das menschliche Auge nicht erfassbar ist. Es gibt jetzt ein Lesegerät, das führt man drüber und mit Hilfe des Lesegeräts kann man dann erkennen, ob diese Hybridisierung stattgefunden hat.

    Wenn die DNA-Stränge etwa 20 Basen lang sind, gibt es bereits Millionen von Kombinationsmöglichkeiten. Darin liegt der Fälschungsschutz des Etiketts: Der Kunde erhält die Etiketten und den dazu passenden Kontrollstift. Da ein Fälscher die Basenabfolge im Original-Etikett nicht kennt, wird es ihm nur schwerlich gelingen, eigene Etiketten herzustellen, die ebenfalls zufällig zu genau diesem Kontrollstift passen. Auch die DNA in einem Originaletikett zu analysieren und dann zu kopieren, soll ihm durch die geringe Konzentration der DNA verwehrt werden. Der DNA-Test mit Stift und Lesegerät ist zwar sehr sicher, aber relativ aufwändig. Er lohnt sich nur zum Beispiel für die stichprobenartige Kontrolle von teuren Pharmaprodukten. Einfacher und daher preisgünstiger könnte ein anderes Verfahren funktionieren, das aber noch in der Entwicklung steckt. Dabei ersetzt eine Art Q-Tipp den Kontrollstift.

    Innerhalb des Q-Tipps befindet sich eine Testflüssigkeit, die zunächst eingeschlossen ist und wenn man das Stäbchen auseinander bricht, läuft diese Substanz in den Wattebausch hinein. Man hat dann einen befeuchteten Wattebausch, mit dem man einfach über die bedruckte Stelle auf dem Etikett drüberwischt und sich ein Farbumschlag zeigt. Der Schritt vom Stift zum Q-Tipp-Test ist, dass das Lesegerät wegfallen würde, weil über die Technik des Q-Tipps ein sichtbarer Farbeffekt stattfindet.

    Wir kommen mit unserem Einkaufswagen zur Kasse des Metro Futurestores. Wenn wir alle Artikel im Computer am Einkaufswagen registriert haben, kann der Gesamtbetrag mit einem Knopfdruck zur Kasse gesendet und dort bezahlt werden. Aber auch Kunden ohne elektronischen Einkaufshelfer können eine technische Besonderheit ausprobieren: an der Selbstzahlerkasse.

    Das ist eine Kasse ohne Kassiererin. Es gibt ein großes Display, dass mir ansagt, was ich als nächstes machen möchte oder machen kann. Ich nehme einfach mal einen Artikel und hier kommt wieder der Bar-Code zum Einsatz. Ich ziehe ihn einfach wie auch die Kassiererin über das Lesegerät...

    Die ''Einpackstation'' ist zunächst nichts Anderes als eine Plastiktüte, die so aufgehängt ist, dass man seine Einkäufe bequem hineinlegen kann. Aber das ist noch nicht alles, erklärt Antonina Voerste:

    Unter den Tüten, quasi auf der Ablagefläche befindet sich eine Waage. Und die Kasse weiß von jedem Produkt neben dem Preis auch, wie viel es ungefähr wiegt, plusminus ein Paar Gramm. Und wenn ich die Produkte in die Tüte lege, addiert sie das Gewicht der Produkte auf und gleicht es mit dem ab, was ich vorher gescannt habe. Das heißt, wenn ich jetzt ein Produkt hier einlege, was ich nicht gescannt habe, passiert Folgendes:... <männerstimme: ''in="" der="" einpackstation="" befindet="" sich="" ein="" unerwarteter="" artikel.="" bitte="" entnehmen="" sie="" diesen="" artikel,="" bevor="" sie="" weitermachen!''=""></männerstimme:>

    Wenn sich die automatische Kasse hintergangen fühlt, wird die sanfte Frauenstimme plötzlich von schärferen Tönen abgelöst. Für ungeübte Kunden ist es umständlich und langwierig jedes einzelne Teil einzulesen und richtig in die Tüte zu packen. Zukunft, wenn sie gerade erst begonnen hat, kann eben doch ziemlich mühsam sein.

    Heute sind die Etiketten auf dem Rückzug. In vielen Supermärkten muss sich der Kunde den Warenpreis aus einem Schildergewirr am Regal heraussuchen. Nur für manche Märkte gehört es noch zum guten Ton, dass an der Ware selbst auch ihr Preis klebt. Es ist eben alles eine Frage der Etikette.