Sattgrün und über zwei Meter hoch stehen Maispflanzen hinter dem Kölner Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung. Dicke Maiskolben versprechen eine gute Ernte. Auf einer Parzelle gleich daneben sieht es aber ganz anders aus: viele kleine oder mittelgroße Pflanzen in scheinbarem Durcheinander. Die Kolben eher mickrig. Die Vielfalt stammt aus aller Welt, erklärt Thomas Hartwig und deutet auf ein besonders kümmerliches Exemplar.
"Das sieht man hier sehr schön. Die ist wirklich sehr klein. Das ist eine Linie, die kommt aus Thailand. Die kann in Gebieten wie in Thailand sehr gut wachsen. Bei uns haben wir ja einen sehr kalten und regnerischen Sommer. Daran ist sie natürlich überhaupt nicht angepasst."
Trockenresistenz in Zeiten des Klimawandels
Die kleinen und mittelgroßen Maispflanzen haben dafür andere Vorteile. Viele von ihnen brauchen wenig Wasser und kommen besonders gut mit Trockenheit zurecht. Thomas Hartwig und sein Team vom Kölner Max-Planck-Institut und von der Universität Düsseldorf suchen im Erbgut der Maispflanzen nach den Ursachen für diese Trockenheitsresistenz. Denn die Landwirtschaft braucht in Zeiten des Klimawandels dringend solche Pflanzen.
Um die richtigen Stellen im Erbgut zu finden, die für die Anpassung an Trockenheit sorgen, müssen die Forschenden das Maiserbgut im Detail kennenlernen. "Das ist die schwierigste Suche einer Nadel im Heuhaufen, die man sich vorstellen kann. Es geht um weniger als 0,5 Prozent von dem, was es im gesamten Erbgut gibt. Und was mit Trockenheit zu tun hat, ist noch einmal ein kleiner Bruchteil davon. Das Schwierige ist, die Pflanzen gut vergleichen zu können."
Maispflanzen aus aller Welt
Zunächst kreuzen die Forschenden Maispflanzen aus verschiedenen trockenen Regionen in aller Welt mit einem Standard-Mais aus Europa. Dann untersuchen sie, welche der vielen tausend Gene eingeschaltet sind. Zunächst bei normaler Bewässerung, dann bei Trockenheit. Der biologische Bauplan, der in den Genen gespeichert ist, interessiert sie dabei weniger, sondern vor allem die Aktivität der Gene. Dazu suchen sie bestimmte Positionen im Erbgut, an denen so genannte Transkriptionsfaktoren sitzen.
Das sind Proteine, die an der DNA andocken und die Aktivität der Gene steuern. Der Mais hat etwa 2.500 davon. Die Transkriptionsfaktoren alle einzeln zu untersuchen, wäre extrem aufwendig. Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern hat Thomas Hartwig deshalb ein neues Verfahren entwickelt, um diese Stellen zu finden – schnell und unkompliziert, wenn auch etwas brachial.
"Wir machen das, indem wir den Rest kaputtmachen. Sprich: Da, wo die Transkriptionsfaktoren sitzen, beschützen sie die DNA, die darunter ist. Das heißt: wenn man sich ein Protein nimmt, das DNA kaputtmacht, dann macht das alles andere kaputt. Nur nicht die Stellen, wo die sitzen."
Diese Stellen, an denen die Transkriptionsfaktoren an der DNA festmachen, heißen Cis-Elemente, erläutert Hartwigs Kollegin Julia Engelhorn. "Cis heißt: In der Nähe. Das Gegenteil von trans, was weiter weg ist. Und wir benutzen den Begriff Cis-Element, weil es ein Element ist, was das Gen reguliert und was in der Nähe des Gens sitzt. In der Nähe heißt in diesem Fall: Auf demselben DNA-Strang."
Aktivität der Gene muss genau reguliert werden
Die Gesamtheit aller Cis-Elemente heißt Cistrom. Während das Genom, die genetische Information preisgibt, lässt sich am Cistrom die Aktivität der Gene untersuchen. Dabei geht es nicht nur um einfaches Ein- und Ausschalten. Beim Mais muss die Aktivität der Gene genau reguliert werden. Sind die Trockenheits-Gene zu inaktiv, vertrocknen die Pflanzen, sind sie zu aktiv, mindert das den Ertrag.
Die Züchtung neuer trockenheitsresistenter Maissorten ist eine Gradwanderung. Das Cistrom liefert wichtige Informationen, an welchen Stellschrauben die Wissenschaftler drehen müssen, damit Maispflanzen bei Trockenheit gedeihen und trotzdem genug Ertrag liefern.