"Ja das Zimmer war von Anfang an möbliert."
Kai Ming Au führt durch sein Refugium, ein kleines Zimmer im Haus der Burschenschaft Hansea zu Mannheim.
"Hier habe ich den Vorteil, hier habe ich einen Balkon und Blickrichtung zu unserem Garten."
Ein Bett, ein Schreibtisch, in der beigen Rolljalousie steckt eine Deutschlandfahne. Eine chinesische steht nicht in seinem Raum. Kai Ming Au schüttelt den Kopf. Er hat zwar chinesische Eltern. Seine Geburtsstadt aber ist Mannheim in Baden-Württemberg, er besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft.
"Weshalb soll ich eine chinesische Fahne in meinem Zimmer hängen und das noch in der deutschen Burschenschaft."
Draußen brummt der Verkehr. Der 50er-Jahre Bau mit gelben Klinkersteinen und brauen Fenstern liegt fünf Minuten vom Bahnhof entfernt. An der Fassade weht die Fahne der Hansea. Eine schlagende Verbindung, 1909 gegründet. Heute gehören ihr 140 Studenten und sogenannte "Alte Herren" an. Letztere bleiben der Verbindung ihrer Studentenzeit ein Leben lang treu. Auch Kai Ming Au trägt die Farben seiner Burschenschaft als schmales Band quer über der Schulter.
"Die Farben grün, gold, rot. Grün ist die Hoffnung, Gold – auf eine goldene Zukunft und Rot – die Liebe zur Hansea."
Seit drei Jahren lebt er im Haus der Burschenschaft. Die Miete sei angenehm niedrig, die zehn Zimmer deshalb fast immer belegt, erzählt der 26-jährige mit den für Asiaten typischen schwarzen Haaren und dunklen Augen. Nebenan wohnt Philipp, seine Mutter ist Koreanerin. Die Hansea zu Mannheim ist eine der wenigen Burschenschaften, die Mitglieder mit nicht- europäischen Vorfahren akzeptiert. Diese Verbindungen seien trotzdem "wertkonservativ", darauf besteht Kai Ming und führt durch den großen Saal im Erdgeschoss des Hauses.
"Jedes Mitglied, das wir aufnehmen, muss die zuvor genannten Werte wie Vaterlandsliebe, demokratisches Denken, das politische Engagement entweder sich aneignen oder am besten mitbringen. Also ich muss ganz ehrlich sagen, ich hab' genügend Leute während der Semesterferien unser Haus gezeigt, das sind teilweise junge Studenten, die haben Migrations-Hintergrund, besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit und wenn ich versuche zu erzählen, ja, wir sind eine Studentenverbindung, zudem wir sind eine schlagende Verbindung, wir sind Mitglied in der Deutschen Burschenschaft und für mich als auch für meinen Bund bedeuten die Grundsätze: Ehre, Freiheit, Vaterland – sehr viel."
Kai Ming Au blickt ernst. Dass nicht viele in seinem Alter denken wie er, das weiß er.
"Mit solchen Begrifflichkeiten können viele wirklich gar nichts anfangen. Allein bei Vaterlandliebe, das scheitert schon bei vielen, unabhängig davon, ob derjenige Migrations-Hintergrund hat oder nicht."
Servietten fehlen für das Mittagessen mit den Alten Herrn. Einer der Studenten springt los. Immer donnerstags trifft man sich zum gemeinsamen Mahl. In der Küche steht einer der Alten Herren in kurzen Hosen und Schürze und kocht. Das Gemüse habe er mit seiner Frau geschnippelt, er lacht und mixt die Sahne für den Nachtisch. Man sei offen für Gäste, sagt Kai Ming und zeigt einen der wichtigsten Räume – gleich nebenan:
"Hier fechten wir oder besser gesagt, wir trainieren jeden Tag `ne Stunde – ja, so viel dazu."
An den Wänden hängen Fotos. Auch eines von Kai Ming, leicht verwundet, am Kopf blutend – vom Fechten seiner Mensur. Alles halb so schlimm, meint er. Von der Wunde ist nichts mehr zu sehen. Wollen sie in die Burschenschaft aufgenommen werden, müssen die jungen Männer zwei Fechtkämpfe schlagen – so will es die Tradition. Deshalb wird jeden Tag trainiert.
Nebenan wird Bohnensuppe verteilt. Es haben schon viele Journalisten hier gesessen, erzählt der Koch: Die meisten hätten einen netten Eindruck gemacht und dann – seiner Meinung nach - doch schlecht über die Hansea zu Mannheim geschrieben.
Der Medienrummel war enorm, als es im Juni zum Deutschen Burschentag in Eisenach zu einer Zerreißprobe innerhalb des Dachverbandes kam. Kai Mings chinesische Abstammung war der Grund dafür und Anlass, das Deutschsein zu hinterfragen. Die in Bonn ansässige "Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks" hatte einen Antrag gestellt, dass die Abstammung eines Menschen als Aufnahmekriterium präzisiert werden soll. Wörtlich hieß es:
Beispielsweise weist eine nichteuropäische Gesichts- und Körpermorphologie auf die Zugehörigkeit zu einer außereuropäischen populationsgenetischen Gruppierung und damit auf eine nicht deutsche Abstammung hin.
Etwa 1.000 Studenten und Alte Herren waren in Eisenach zu Gast. 120 Vereinigungen mit insgesamt rund 11.000 Mitgliedern zählen zum Dachverband der "Deutschen Burschenschaft". Die Stimmung war gereizt. Auf Fragen antworten - wollten viele Burschenschaftler lieber nicht. Es gab interne Anweisungen, dass nur die Sprecher des Dachverbands Auskunft geben dürfen. Wegen der schlechten Berichterstattung, hieß es:
"Wir dürfen schon, aber wir möchten nicht. Das basiert auf schlechten Erfahrungen mit der Presse."
Fragen, nach einer Bilanz nach dem Burschentag 2011 wurden von Einzelnen auch so beantwortet:
"Auf Wiedersehen. Auch ein Auf Wiedersehen ... "
Der Pressesprecher des Dachverbandes, Stefan Dobner, war um Erklärung bemüht:
"Ich glaube, es haben sich einfach viele ungerecht behandelt gefühlt, durch die Berichterstattung. Wir haben es versucht, noch mal genau erklärt. Und wenn das natürlich überall unisono, fast schon, man hat ja den Eindruck, schon von einem Blatt, das vorgeprescht ist, abgeschrieben worden ist, da kamen sich Einige sehr, sehr ungerecht behandelt vor."
Auch Kai Ming Au war in Eisenach dabei. Wegen des Streites nach Hause zu fahren, kam für ihn nicht infrage, sagte er damals:
"Schlussendlich ist es halt so, dass ich Verbandsbrüder kennengelernt habe, die eine andere Wertevorstellung vertreten. Gut, das sind meine Verbandsbrüder, ich werde das in der Hinsicht, ich sag es mal, deren Meinung so hinnehmen."
Der Antrag die Hansea zu Mannheim wegen Kai Ming Au aus dem Dachverband auszuschließen, wurde zurückgezogen. Diskutiert wurde darüber hinter verschlossener Tür.
Danach gab sich ein weiterer Sprecher des Dachverbandes, Michael Schmidt, bemüht liberal:
"Ich gehe nicht davon aus, dass diese Diskussion in dieser Art und Weise uns weiter begleiten wird. Weil von diesem Burschentag ein deutliches Signal ausgegangen ist, dass diese Diskussion in unseren Reihen in dieser Art und Weise keinen Platz hat."
Doch weit gefehlt. Bis heute gibt es Hetz-Artikel gegen Kai Ming Au. Darin wird wieder die Frage gestellt, ob jemand wie er – mit chinesischen Eltern – überhaupt einer deutschen Burschenschaft angehören darf:
"Ich weiß. Den hab' ich auch persönlich gelesen. Ich habe nur ein wenig geschmunzelt, und war natürlich in dem Moment auch ein wenig verärgert. Aber, mein Gott, ich mein' es ist halt so. Ich kann, diese Menschen auch nicht zur Vernunft bringen. Das ist auch nicht meine Pflicht. Auch nicht meine Arbeit. Das war's dann auch für mich."
Ein alter Herr von der Pflichtschlagenden und in den vergangenen Jahren vom Verfassungsschutz beobachteten Burschenschaft "Danubia München" sprach von Kai Ming Au als –
Männlein aus dem Land des Lächelns
und stellte fest
... dass ein Asiat kein "Arier" sei,
... das könne jeder ohne Nachweis sehen. Der Artikel unter der Überschrift "Paßtum contra Volkstum" ist in der rechtskonservativen österreichischen Zeitschrift "Die Aula" veröffentlicht worden. Matthias Wingler hat den Vorsitz der Alten Herren in der Hansea zu Mannheim inne. Ruhig und besonnen berichtet der Pensionär von Verleumdungen, die es seit Eisenach auszuhalten gelte.
"Wir sind zu der Ansicht gekommen, dass wir den Versuch unternehmen müssen aufgrund der Aussagen, die uns vorlagen, die in diese rechtsradikale Richtung gehen, selbst in diesem Verband in unserem Sinne, also im liberalen Sinne etwa in Bewegung zu setzen."
Wingler ist seit 40 Jahren in der Burschenschaft. Für die würde er das Wort "Elite" nicht verwenden, wohl aber das Wort "Vorbild". Und vorbildlich sei das, was er in Eisenach erlebt und von Bundesbrüdern gehört habe, nicht gewesen:
"Wenn in der Öffentlichkeit diese radikalen rassistischen Ansichten zur Sprache kommen, beginnen – Gott sei Dank muss ich sagen – die Probleme in der heutigen Landschaft Deutschlands an den Hochschulen, dass man im Grunde genommen sich den Platz von den Hochschulen selbst nimmt, wenn man solche radikalen Ansichten vertritt, und das ist gut so. Und das ist leider vielen, oder einigen Verbandsbrüdern so nicht bewusst, habe ich den Eindruck!"
In Eisenach hatten sich die Mitglieder des Dachverbandes noch darauf geeinigt, dass jede Verbindung selbst entscheiden kann, ob für eine Mitgliedschaft das klare Bekenntnis zur deutschen Kultur und die Staatsbürgerschaft genügen. Oder ob ausländische Wurzeln ein Hindernis sind. Michael Schmidt:
"Richtig. Sie können die Diskussion im Prinzip darauf `runter brechen, dass es Mitgliedsvereinigungen in der deutschen Burschenschaft gibt, die das Bestreben haben, anderen ihre Sicht auf zu diktieren, und es große Strömungen gibt, dass die Mitgliedsvereinigungen in eigener Autonomie bestimmen, wen sie aufnehmen."
Eine Erklärung, die jedoch alles offen lässt. Es existiert offiziell keine Auflistung, welche Burschenschaft Mitglieder mit ausländischen Wurzeln aufnimmt, und welche nicht.
Zu den "rechten" Vorwürfen erklärt der andere Sprecher des Verbands, Stefan Dobner, man habe einen ...
volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff.
Deshalb auch die Nähe zu Burschenschaften in Österreich und anderen Nachbarländern.
"Wir haben den Dreiklang in der Deutschen Burschenschaft: Ehre, Freiheit, Vaterland. Die Ehre, Freiheit würde ich heute mit Masse mit dem Artikel 1.19, also die grundlegenden Begriffe der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland begründen, als Bundesdeutscher. In dem 3.Vaterland, das ist eben der, der wirklich schwierig ist und deswegen wird in unserem Verband da so viel gestritten, weil dieser Begriff wirklich – dadurch dass er volkstumsbezogen ist – eben wirklich viele Interpretations- und Auslegungsmöglichkeiten gibt. Und das macht diese Sache relativ schwierig.
Dass einzelne Gruppierungen den - Zitat - volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff weit in das Nationale und Nationalistische dehnen, ist auch dem Verfassungsschutz bekannt. Beobachtet werden einzelnen Verbindungen. Konkretes erfährt man von den Verfassungsschützern nicht. Nur so viel: Vor einigen Jahren tauchten in den Berichten der Landesämter für Verfassungsschutz in Hamburg und München ansässige Verbindungen auf. In Thüringen wird derzeit eine Burschenschaft beobachtet, die sich "Normannia zu Jena" nennt. Der Thüringer Verfassungsschutzpräsident Thomas Sippel spricht von rechtsextremistischen Tendenzen.
"Die Gesamtheit der vorliegenden Erkenntnisse rechtfertigt nach unserer Auffassung diese Einschätzung. Erstens: die Mitgliedschaft aktiver Rechtsextremisten in der Burschenschaft Normannia. Zweitens: das Auftreten von rechtsextremistischen Referenten bei Veranstaltungen dieser Burschenschaft und drittens auch die Nutzung einer rechtsextremistischen Anlaufstelle in Jena."
Die Normannia zu Jena ist nicht Mitglied im Dachverband der Deutschen Burschenschaft und tritt öffentlich kaum in Erscheinung. Dennoch, Thüringens oberster Verfassungsschützer fordert, dass sich die Burschenschaften klar zum Thema Menschenrechte und zum Rechtsstaatsprinzip bekennen müssen.
"Ich denke, dass zunächst die Burschenschaft selbst erst mal klären muss, wie sie mit dem Umstand umgehen wollen, dass sie die Aufnahme in die Burschenschaften von der Herkunft abhängig machen wollen. Das ist eine Frage der internen Verfasstheit, die die Burschenschaften selbst klären müssen. Es ist natürlich auch eine Frage, die unsere Gesellschaft insbesondere berührt, nämlich, ob es gerechtfertigt ist, bestimmte Personen von der Teilnahme an gesellschaftlichen Aktivitäten auszuschließen."
In Jena hat sich im Jahr 1815 die Ur-Burschenschaft gegründet. Man schrieb den 12. Juni.
Das Gasthaus gibt es heute noch. An der blass-gelben Fassade ist in altdeutscher Schrift "Grüne Tanne" zu lesen.
Nebenan wohnt Aloyse E. Gombault, knapp 80 Jahre alt, überzeugter Sozialdemokrat und ein "Alter Herr", Ehrenvorsitzender der Burschenschaft mit Namen "Arminia auf dem Burgkeller".
"Wir stehen jetzt hier unmittelbar vor der "Grünen Tanne", dem Gründungsort der Burschenschaft, die ist am 12. Juni 1915 hier gegründet worden. Und in wenigen Jahren feiern wir unser 200-jähriges Bestehen."
Er hat vor 20 Jahren das Haus für seine Verbindung mit erworben und wohnt selbst nebenan. Sein "Aufbau Ost", sagt der gebürtige Belgier wörtlich. Seine Burschenschaft ist vor einigen Jahren bewusst aus dem Dachverband der Deutschen Burschenschaft ausgetreten. Mit den Gründen dafür hält er sich bedeckt, er deutet nur an, dass es um all' die rechten Tendenzen gegangen sei. Die Diskussion im Dachverband um die Abstammung von Mitgliedern wie Kai Ming Au aus Mannheim verstehe wer will, er jedenfalls nicht:
"Es hat mich vorige Woche einer angerufen, einer Marburger Burschenschaft, der ist jüdischer Abstammung, ein anderer ist aus einer Bonner Burschenschaft, ist auch jüdischer Abstammung: Die haben Angst. So hat's ja mal angefangen mit dem Arier-Nachweis. Und zwar in einer Zeit, an die wir uns nicht mehr erinnern möchten. Die war grausam für uns. Die Zeit des Krieges und der Vorkriegszeit, das war schlimm."
Nur 60 Kilometer von Jena entfernt liegt Eisenach. Gegenüber der Wartburg steht eines der imposantesten Bauwerke Thüringens: das Burschenschaftsdenkmal. Seit 1902 gibt es diesen symbolischen Ort, erklärt ein Burschenschafter. Er stammt aus Stuttgart und kommt mehrmals im Jahr zum Denkmal.
"Das ist das Wahrzeichen der Burschenschaft, aller Burschenschaften, nicht nur der Deutschen Burschenschaft, auch der abgesplitterten neuen Deutschen Burschenschaft und den freien Burschenschaften, bedeutet uns natürlich sehr viel als Wahrzeichen und wir setzen uns deshalb auch sehr stark für unser Denkmal ein."
Vor wenigen Wochen spielte dort eine Jazz-Band. Der Sänger hat eine dunkle Hautfarbe. Die Eisenacher genossen die Musik, tranken entspannt Bier und aßen Bratwurst am Fuße des imposanten Denkmals. Der Organisator der Stuttgarter Burschenschaft weiß um den Disput innerhalb seines Verbands. Er habe Respekt vor Kai Ming Au und dessen Mut:
"Meine Burschenschaft in Stuttgart, die selber hat einen dunkelhäutigen Bundesbruder. Das ist ein Alt-Herren-Sohn von uns, sein Vater ist Helare und er jetzt auch. Und ich hab' das sehr begrüßt, dass dieser Mannheimer Verbandsbruder verbleiben durfte, dass dieser Antrag zurückgezogen wurde und ich bin der Meinung, dass dies nicht mehr zeitgemäß ist. Das ist meine Meinung."
Dass seine Meinung nicht repräsentativ ist für den ganzen Dachverband, das weiß er. Betonköpfe in den eigenen Reihen gibt es, doch die sind in der Minderheit, sagt er wörtlich. Seinen Namen aber möchte er nicht nennen. Der Dachverband Deutsche Burschenschaft spaltet sich derzeit in zwei Lager: Aus Stuttgart beispielsweise kommen liberalere Töne. Während etwa die Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn unter den Mitgliedsvereinigungen als eine gilt, die sich deutlich rechts positioniert. Ihr Kurs gegen Ausländer bzw. Studenten mit ausländischen Wurzeln sei unverkennbar, berichten Bundesbrüder, die namentlich nicht genannt sein wollen. Und weiter: Die Bonner würden derzeit intern Mehrheiten sammeln für ihre Position im Dachverband. Was die Burschenschaft auf Nachfrage allerdings bestreitet. Trotzdem: Auf dem nächsten Burschentag in Eisenach 2012 könnte sich die Diskussion um das Deutschsein also wiederholen. Pessimistische Stimmen sprechen von einer bevorstehenden Spaltung. Optimistische sehen die Zeit für einen liberalen Wandel als längst überfällig:
"Ich denke, auf Dauer können wir gar nicht anders, als uns mit unserer gemäßigten Haltung durchsetzen. Wir müssen etwas dem Zeitgeist folgen, sonst haben wir keine Zukunft. Meinungsfreiheit wird großgeschrieben bei uns und wir lassen die Betonköpfe reden."
Doch genau das ist das Problem. Die ...
... Betonköpfe machen aus ihren rechten Ansichten kein Geheimnis. Sie äußern sie offen – und die, die in den Burschenschaften anders denken, schweigen oder nehmen Äußerungen, die auf rechtsextremes Gedankengut schließen lassen, einfach hin. Hinzu kommt, dass man kaum Berührungsängste hat zu Parteien wie der rechtsextremistischen NPD.
"Wir lehnen jegliche Art von Extremismus und Gewalt ab. Solange eine Partei nicht verboten ist, können wir als Deutsche Burschenschaft da nichts dagegen haben, dass zum Beispiel NPD-Mitglieder dabei sind. Können wir nicht!"
Auch ein Alter Herr aus Aachen räumt ein:
"Wir haben NPD-Mitglieder, das ist unbestritten, aber die sind eine Minderheit in unserem Verband. Und wir diskutieren eben in einem ernsten Wettstreit miteinander um die richtige Richtung."
Der Deutsche Burschentag im kommenden Jahr in Eisenach wird wohl zeigen, wer im Dachverband wirklich das Sagen hat. Dann will Kai Ming Au mit seinem BWL-Studium ein gutes Stück vorangekommen sein und für die Deutsche Burschenschaft als Verbandsobmann für Nachwuchsgewinnung und Sport kandidieren, wenn – man ihn lässt.
"Weil, viele stellen mit natürlich auch die Frage: Ja, wie fühlst Du Dich? Fühlst du dich mehr als Chinese oder mehr als Deutscher? Und dann stelle ich die Frage: Wie fühlt man sich überhaupt als Chinese oder wie fühlt man sich als Deutscher? Und keiner kann mir die Antwort geben."
Kai Ming Au führt durch sein Refugium, ein kleines Zimmer im Haus der Burschenschaft Hansea zu Mannheim.
"Hier habe ich den Vorteil, hier habe ich einen Balkon und Blickrichtung zu unserem Garten."
Ein Bett, ein Schreibtisch, in der beigen Rolljalousie steckt eine Deutschlandfahne. Eine chinesische steht nicht in seinem Raum. Kai Ming Au schüttelt den Kopf. Er hat zwar chinesische Eltern. Seine Geburtsstadt aber ist Mannheim in Baden-Württemberg, er besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft.
"Weshalb soll ich eine chinesische Fahne in meinem Zimmer hängen und das noch in der deutschen Burschenschaft."
Draußen brummt der Verkehr. Der 50er-Jahre Bau mit gelben Klinkersteinen und brauen Fenstern liegt fünf Minuten vom Bahnhof entfernt. An der Fassade weht die Fahne der Hansea. Eine schlagende Verbindung, 1909 gegründet. Heute gehören ihr 140 Studenten und sogenannte "Alte Herren" an. Letztere bleiben der Verbindung ihrer Studentenzeit ein Leben lang treu. Auch Kai Ming Au trägt die Farben seiner Burschenschaft als schmales Band quer über der Schulter.
"Die Farben grün, gold, rot. Grün ist die Hoffnung, Gold – auf eine goldene Zukunft und Rot – die Liebe zur Hansea."
Seit drei Jahren lebt er im Haus der Burschenschaft. Die Miete sei angenehm niedrig, die zehn Zimmer deshalb fast immer belegt, erzählt der 26-jährige mit den für Asiaten typischen schwarzen Haaren und dunklen Augen. Nebenan wohnt Philipp, seine Mutter ist Koreanerin. Die Hansea zu Mannheim ist eine der wenigen Burschenschaften, die Mitglieder mit nicht- europäischen Vorfahren akzeptiert. Diese Verbindungen seien trotzdem "wertkonservativ", darauf besteht Kai Ming und führt durch den großen Saal im Erdgeschoss des Hauses.
"Jedes Mitglied, das wir aufnehmen, muss die zuvor genannten Werte wie Vaterlandsliebe, demokratisches Denken, das politische Engagement entweder sich aneignen oder am besten mitbringen. Also ich muss ganz ehrlich sagen, ich hab' genügend Leute während der Semesterferien unser Haus gezeigt, das sind teilweise junge Studenten, die haben Migrations-Hintergrund, besitzen die deutsche Staatsangehörigkeit und wenn ich versuche zu erzählen, ja, wir sind eine Studentenverbindung, zudem wir sind eine schlagende Verbindung, wir sind Mitglied in der Deutschen Burschenschaft und für mich als auch für meinen Bund bedeuten die Grundsätze: Ehre, Freiheit, Vaterland – sehr viel."
Kai Ming Au blickt ernst. Dass nicht viele in seinem Alter denken wie er, das weiß er.
"Mit solchen Begrifflichkeiten können viele wirklich gar nichts anfangen. Allein bei Vaterlandliebe, das scheitert schon bei vielen, unabhängig davon, ob derjenige Migrations-Hintergrund hat oder nicht."
Servietten fehlen für das Mittagessen mit den Alten Herrn. Einer der Studenten springt los. Immer donnerstags trifft man sich zum gemeinsamen Mahl. In der Küche steht einer der Alten Herren in kurzen Hosen und Schürze und kocht. Das Gemüse habe er mit seiner Frau geschnippelt, er lacht und mixt die Sahne für den Nachtisch. Man sei offen für Gäste, sagt Kai Ming und zeigt einen der wichtigsten Räume – gleich nebenan:
"Hier fechten wir oder besser gesagt, wir trainieren jeden Tag `ne Stunde – ja, so viel dazu."
An den Wänden hängen Fotos. Auch eines von Kai Ming, leicht verwundet, am Kopf blutend – vom Fechten seiner Mensur. Alles halb so schlimm, meint er. Von der Wunde ist nichts mehr zu sehen. Wollen sie in die Burschenschaft aufgenommen werden, müssen die jungen Männer zwei Fechtkämpfe schlagen – so will es die Tradition. Deshalb wird jeden Tag trainiert.
Nebenan wird Bohnensuppe verteilt. Es haben schon viele Journalisten hier gesessen, erzählt der Koch: Die meisten hätten einen netten Eindruck gemacht und dann – seiner Meinung nach - doch schlecht über die Hansea zu Mannheim geschrieben.
Der Medienrummel war enorm, als es im Juni zum Deutschen Burschentag in Eisenach zu einer Zerreißprobe innerhalb des Dachverbandes kam. Kai Mings chinesische Abstammung war der Grund dafür und Anlass, das Deutschsein zu hinterfragen. Die in Bonn ansässige "Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks" hatte einen Antrag gestellt, dass die Abstammung eines Menschen als Aufnahmekriterium präzisiert werden soll. Wörtlich hieß es:
Beispielsweise weist eine nichteuropäische Gesichts- und Körpermorphologie auf die Zugehörigkeit zu einer außereuropäischen populationsgenetischen Gruppierung und damit auf eine nicht deutsche Abstammung hin.
Etwa 1.000 Studenten und Alte Herren waren in Eisenach zu Gast. 120 Vereinigungen mit insgesamt rund 11.000 Mitgliedern zählen zum Dachverband der "Deutschen Burschenschaft". Die Stimmung war gereizt. Auf Fragen antworten - wollten viele Burschenschaftler lieber nicht. Es gab interne Anweisungen, dass nur die Sprecher des Dachverbands Auskunft geben dürfen. Wegen der schlechten Berichterstattung, hieß es:
"Wir dürfen schon, aber wir möchten nicht. Das basiert auf schlechten Erfahrungen mit der Presse."
Fragen, nach einer Bilanz nach dem Burschentag 2011 wurden von Einzelnen auch so beantwortet:
"Auf Wiedersehen. Auch ein Auf Wiedersehen ... "
Der Pressesprecher des Dachverbandes, Stefan Dobner, war um Erklärung bemüht:
"Ich glaube, es haben sich einfach viele ungerecht behandelt gefühlt, durch die Berichterstattung. Wir haben es versucht, noch mal genau erklärt. Und wenn das natürlich überall unisono, fast schon, man hat ja den Eindruck, schon von einem Blatt, das vorgeprescht ist, abgeschrieben worden ist, da kamen sich Einige sehr, sehr ungerecht behandelt vor."
Auch Kai Ming Au war in Eisenach dabei. Wegen des Streites nach Hause zu fahren, kam für ihn nicht infrage, sagte er damals:
"Schlussendlich ist es halt so, dass ich Verbandsbrüder kennengelernt habe, die eine andere Wertevorstellung vertreten. Gut, das sind meine Verbandsbrüder, ich werde das in der Hinsicht, ich sag es mal, deren Meinung so hinnehmen."
Der Antrag die Hansea zu Mannheim wegen Kai Ming Au aus dem Dachverband auszuschließen, wurde zurückgezogen. Diskutiert wurde darüber hinter verschlossener Tür.
Danach gab sich ein weiterer Sprecher des Dachverbandes, Michael Schmidt, bemüht liberal:
"Ich gehe nicht davon aus, dass diese Diskussion in dieser Art und Weise uns weiter begleiten wird. Weil von diesem Burschentag ein deutliches Signal ausgegangen ist, dass diese Diskussion in unseren Reihen in dieser Art und Weise keinen Platz hat."
Doch weit gefehlt. Bis heute gibt es Hetz-Artikel gegen Kai Ming Au. Darin wird wieder die Frage gestellt, ob jemand wie er – mit chinesischen Eltern – überhaupt einer deutschen Burschenschaft angehören darf:
"Ich weiß. Den hab' ich auch persönlich gelesen. Ich habe nur ein wenig geschmunzelt, und war natürlich in dem Moment auch ein wenig verärgert. Aber, mein Gott, ich mein' es ist halt so. Ich kann, diese Menschen auch nicht zur Vernunft bringen. Das ist auch nicht meine Pflicht. Auch nicht meine Arbeit. Das war's dann auch für mich."
Ein alter Herr von der Pflichtschlagenden und in den vergangenen Jahren vom Verfassungsschutz beobachteten Burschenschaft "Danubia München" sprach von Kai Ming Au als –
Männlein aus dem Land des Lächelns
und stellte fest
... dass ein Asiat kein "Arier" sei,
... das könne jeder ohne Nachweis sehen. Der Artikel unter der Überschrift "Paßtum contra Volkstum" ist in der rechtskonservativen österreichischen Zeitschrift "Die Aula" veröffentlicht worden. Matthias Wingler hat den Vorsitz der Alten Herren in der Hansea zu Mannheim inne. Ruhig und besonnen berichtet der Pensionär von Verleumdungen, die es seit Eisenach auszuhalten gelte.
"Wir sind zu der Ansicht gekommen, dass wir den Versuch unternehmen müssen aufgrund der Aussagen, die uns vorlagen, die in diese rechtsradikale Richtung gehen, selbst in diesem Verband in unserem Sinne, also im liberalen Sinne etwa in Bewegung zu setzen."
Wingler ist seit 40 Jahren in der Burschenschaft. Für die würde er das Wort "Elite" nicht verwenden, wohl aber das Wort "Vorbild". Und vorbildlich sei das, was er in Eisenach erlebt und von Bundesbrüdern gehört habe, nicht gewesen:
"Wenn in der Öffentlichkeit diese radikalen rassistischen Ansichten zur Sprache kommen, beginnen – Gott sei Dank muss ich sagen – die Probleme in der heutigen Landschaft Deutschlands an den Hochschulen, dass man im Grunde genommen sich den Platz von den Hochschulen selbst nimmt, wenn man solche radikalen Ansichten vertritt, und das ist gut so. Und das ist leider vielen, oder einigen Verbandsbrüdern so nicht bewusst, habe ich den Eindruck!"
In Eisenach hatten sich die Mitglieder des Dachverbandes noch darauf geeinigt, dass jede Verbindung selbst entscheiden kann, ob für eine Mitgliedschaft das klare Bekenntnis zur deutschen Kultur und die Staatsbürgerschaft genügen. Oder ob ausländische Wurzeln ein Hindernis sind. Michael Schmidt:
"Richtig. Sie können die Diskussion im Prinzip darauf `runter brechen, dass es Mitgliedsvereinigungen in der deutschen Burschenschaft gibt, die das Bestreben haben, anderen ihre Sicht auf zu diktieren, und es große Strömungen gibt, dass die Mitgliedsvereinigungen in eigener Autonomie bestimmen, wen sie aufnehmen."
Eine Erklärung, die jedoch alles offen lässt. Es existiert offiziell keine Auflistung, welche Burschenschaft Mitglieder mit ausländischen Wurzeln aufnimmt, und welche nicht.
Zu den "rechten" Vorwürfen erklärt der andere Sprecher des Verbands, Stefan Dobner, man habe einen ...
volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff.
Deshalb auch die Nähe zu Burschenschaften in Österreich und anderen Nachbarländern.
"Wir haben den Dreiklang in der Deutschen Burschenschaft: Ehre, Freiheit, Vaterland. Die Ehre, Freiheit würde ich heute mit Masse mit dem Artikel 1.19, also die grundlegenden Begriffe der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland begründen, als Bundesdeutscher. In dem 3.Vaterland, das ist eben der, der wirklich schwierig ist und deswegen wird in unserem Verband da so viel gestritten, weil dieser Begriff wirklich – dadurch dass er volkstumsbezogen ist – eben wirklich viele Interpretations- und Auslegungsmöglichkeiten gibt. Und das macht diese Sache relativ schwierig.
Dass einzelne Gruppierungen den - Zitat - volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff weit in das Nationale und Nationalistische dehnen, ist auch dem Verfassungsschutz bekannt. Beobachtet werden einzelnen Verbindungen. Konkretes erfährt man von den Verfassungsschützern nicht. Nur so viel: Vor einigen Jahren tauchten in den Berichten der Landesämter für Verfassungsschutz in Hamburg und München ansässige Verbindungen auf. In Thüringen wird derzeit eine Burschenschaft beobachtet, die sich "Normannia zu Jena" nennt. Der Thüringer Verfassungsschutzpräsident Thomas Sippel spricht von rechtsextremistischen Tendenzen.
"Die Gesamtheit der vorliegenden Erkenntnisse rechtfertigt nach unserer Auffassung diese Einschätzung. Erstens: die Mitgliedschaft aktiver Rechtsextremisten in der Burschenschaft Normannia. Zweitens: das Auftreten von rechtsextremistischen Referenten bei Veranstaltungen dieser Burschenschaft und drittens auch die Nutzung einer rechtsextremistischen Anlaufstelle in Jena."
Die Normannia zu Jena ist nicht Mitglied im Dachverband der Deutschen Burschenschaft und tritt öffentlich kaum in Erscheinung. Dennoch, Thüringens oberster Verfassungsschützer fordert, dass sich die Burschenschaften klar zum Thema Menschenrechte und zum Rechtsstaatsprinzip bekennen müssen.
"Ich denke, dass zunächst die Burschenschaft selbst erst mal klären muss, wie sie mit dem Umstand umgehen wollen, dass sie die Aufnahme in die Burschenschaften von der Herkunft abhängig machen wollen. Das ist eine Frage der internen Verfasstheit, die die Burschenschaften selbst klären müssen. Es ist natürlich auch eine Frage, die unsere Gesellschaft insbesondere berührt, nämlich, ob es gerechtfertigt ist, bestimmte Personen von der Teilnahme an gesellschaftlichen Aktivitäten auszuschließen."
In Jena hat sich im Jahr 1815 die Ur-Burschenschaft gegründet. Man schrieb den 12. Juni.
Das Gasthaus gibt es heute noch. An der blass-gelben Fassade ist in altdeutscher Schrift "Grüne Tanne" zu lesen.
Nebenan wohnt Aloyse E. Gombault, knapp 80 Jahre alt, überzeugter Sozialdemokrat und ein "Alter Herr", Ehrenvorsitzender der Burschenschaft mit Namen "Arminia auf dem Burgkeller".
"Wir stehen jetzt hier unmittelbar vor der "Grünen Tanne", dem Gründungsort der Burschenschaft, die ist am 12. Juni 1915 hier gegründet worden. Und in wenigen Jahren feiern wir unser 200-jähriges Bestehen."
Er hat vor 20 Jahren das Haus für seine Verbindung mit erworben und wohnt selbst nebenan. Sein "Aufbau Ost", sagt der gebürtige Belgier wörtlich. Seine Burschenschaft ist vor einigen Jahren bewusst aus dem Dachverband der Deutschen Burschenschaft ausgetreten. Mit den Gründen dafür hält er sich bedeckt, er deutet nur an, dass es um all' die rechten Tendenzen gegangen sei. Die Diskussion im Dachverband um die Abstammung von Mitgliedern wie Kai Ming Au aus Mannheim verstehe wer will, er jedenfalls nicht:
"Es hat mich vorige Woche einer angerufen, einer Marburger Burschenschaft, der ist jüdischer Abstammung, ein anderer ist aus einer Bonner Burschenschaft, ist auch jüdischer Abstammung: Die haben Angst. So hat's ja mal angefangen mit dem Arier-Nachweis. Und zwar in einer Zeit, an die wir uns nicht mehr erinnern möchten. Die war grausam für uns. Die Zeit des Krieges und der Vorkriegszeit, das war schlimm."
Nur 60 Kilometer von Jena entfernt liegt Eisenach. Gegenüber der Wartburg steht eines der imposantesten Bauwerke Thüringens: das Burschenschaftsdenkmal. Seit 1902 gibt es diesen symbolischen Ort, erklärt ein Burschenschafter. Er stammt aus Stuttgart und kommt mehrmals im Jahr zum Denkmal.
"Das ist das Wahrzeichen der Burschenschaft, aller Burschenschaften, nicht nur der Deutschen Burschenschaft, auch der abgesplitterten neuen Deutschen Burschenschaft und den freien Burschenschaften, bedeutet uns natürlich sehr viel als Wahrzeichen und wir setzen uns deshalb auch sehr stark für unser Denkmal ein."
Vor wenigen Wochen spielte dort eine Jazz-Band. Der Sänger hat eine dunkle Hautfarbe. Die Eisenacher genossen die Musik, tranken entspannt Bier und aßen Bratwurst am Fuße des imposanten Denkmals. Der Organisator der Stuttgarter Burschenschaft weiß um den Disput innerhalb seines Verbands. Er habe Respekt vor Kai Ming Au und dessen Mut:
"Meine Burschenschaft in Stuttgart, die selber hat einen dunkelhäutigen Bundesbruder. Das ist ein Alt-Herren-Sohn von uns, sein Vater ist Helare und er jetzt auch. Und ich hab' das sehr begrüßt, dass dieser Mannheimer Verbandsbruder verbleiben durfte, dass dieser Antrag zurückgezogen wurde und ich bin der Meinung, dass dies nicht mehr zeitgemäß ist. Das ist meine Meinung."
Dass seine Meinung nicht repräsentativ ist für den ganzen Dachverband, das weiß er. Betonköpfe in den eigenen Reihen gibt es, doch die sind in der Minderheit, sagt er wörtlich. Seinen Namen aber möchte er nicht nennen. Der Dachverband Deutsche Burschenschaft spaltet sich derzeit in zwei Lager: Aus Stuttgart beispielsweise kommen liberalere Töne. Während etwa die Alte Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn unter den Mitgliedsvereinigungen als eine gilt, die sich deutlich rechts positioniert. Ihr Kurs gegen Ausländer bzw. Studenten mit ausländischen Wurzeln sei unverkennbar, berichten Bundesbrüder, die namentlich nicht genannt sein wollen. Und weiter: Die Bonner würden derzeit intern Mehrheiten sammeln für ihre Position im Dachverband. Was die Burschenschaft auf Nachfrage allerdings bestreitet. Trotzdem: Auf dem nächsten Burschentag in Eisenach 2012 könnte sich die Diskussion um das Deutschsein also wiederholen. Pessimistische Stimmen sprechen von einer bevorstehenden Spaltung. Optimistische sehen die Zeit für einen liberalen Wandel als längst überfällig:
"Ich denke, auf Dauer können wir gar nicht anders, als uns mit unserer gemäßigten Haltung durchsetzen. Wir müssen etwas dem Zeitgeist folgen, sonst haben wir keine Zukunft. Meinungsfreiheit wird großgeschrieben bei uns und wir lassen die Betonköpfe reden."
Doch genau das ist das Problem. Die ...
... Betonköpfe machen aus ihren rechten Ansichten kein Geheimnis. Sie äußern sie offen – und die, die in den Burschenschaften anders denken, schweigen oder nehmen Äußerungen, die auf rechtsextremes Gedankengut schließen lassen, einfach hin. Hinzu kommt, dass man kaum Berührungsängste hat zu Parteien wie der rechtsextremistischen NPD.
"Wir lehnen jegliche Art von Extremismus und Gewalt ab. Solange eine Partei nicht verboten ist, können wir als Deutsche Burschenschaft da nichts dagegen haben, dass zum Beispiel NPD-Mitglieder dabei sind. Können wir nicht!"
Auch ein Alter Herr aus Aachen räumt ein:
"Wir haben NPD-Mitglieder, das ist unbestritten, aber die sind eine Minderheit in unserem Verband. Und wir diskutieren eben in einem ernsten Wettstreit miteinander um die richtige Richtung."
Der Deutsche Burschentag im kommenden Jahr in Eisenach wird wohl zeigen, wer im Dachverband wirklich das Sagen hat. Dann will Kai Ming Au mit seinem BWL-Studium ein gutes Stück vorangekommen sein und für die Deutsche Burschenschaft als Verbandsobmann für Nachwuchsgewinnung und Sport kandidieren, wenn – man ihn lässt.
"Weil, viele stellen mit natürlich auch die Frage: Ja, wie fühlst Du Dich? Fühlst du dich mehr als Chinese oder mehr als Deutscher? Und dann stelle ich die Frage: Wie fühlt man sich überhaupt als Chinese oder wie fühlt man sich als Deutscher? Und keiner kann mir die Antwort geben."