"Haben Sie mal was von einem Mann namens Proust gelesen?"
Miss Mandell hat eine Vorliebe für solche beiläufig und mit Understatement, "ganz schlicht und schläfrig" vorgetragenen Fragen. Das wirkt hintersinnig, gerade so, als öffne die Bemerkung eine Tür zu einer Bibliothek an tiefen Einsichten und Gedanken, die in Miss Mandells Gehirn beherbergt sein müsste. Wenn das Gegenüber sich animiert fühlt und um Kopf und Kragen redet, sich in einen selbstgefälligen Diskurs über das Werk Prousts verstrickt und schließlich den Small Talk in ein literarisches Oberseminar zu verwandeln droht, wendet sich Miss Mandell mit einem dahingemurmelten "Hm-hm" hochmütig ab. Schöner lässt sich Distinktionsbewusstsein kaum beschreiben.
Dass in Thomas Wolfes Roman "Die Party bei den Jacks" der Name Proust irgendwann einmal fallen musste, verwundert nicht. Denn die Jacks sind ein bisschen wie die Verdurins, der Pariser Salon der Jahrhundertwende wird hier transponiert in eine luxuriöse Wohnung an der Park Avenue im Jahr 1928, die Beschreibung der Gäste und ihrer Kommunikationsriten sind so detailliert und scharfsinnig wie die von Proust. Allerdings, und das sei gleich zur Dämpfung all zu großer Erwartungen angefügt, ist die Prosa von Thomas Wolfe teils manieriert und redundant, wo sie bei Proust stets elegant und filigran ist. Scheint bei Proust noch der längste Satz sich immer näher auf einen Kern und eine Erkenntnis zuzubewegen, so umkreist Wolfe seinen Gegenstand unaufhörlich, überinstrumentiert noch die simpelste Melodie und wirkt manchmal wie ein Autor auf der Suche nach dem verlorenen Stil:
"Auch war die schimmernde, weihrauchgeschwängerte Luft unmerklich gewürzt mit dem bitteren, aromatischen Reiz starken, frisch gebrühten Kaffees, und darin lag die stolze, anregende Drohung von Kampf und Gefahr sowie eine quicklebendige, berauschende Verheißung von Macht, Reichtum und Liebe."
Ein Adjektiv ist für diesen wandelnden Thesaurus kaum je genug, und wo andere Autoren seiner Generation wie Ernest Hemingway lieber mal ein Wort wegließen, griff Thomas Wolfe mit beiden Händen im Synonymlexikon zu.
Nun darf nicht unterschlagen werden, dass "Die Party bei den Jacks" ein nachgelassenes Werk ist, das von den Wolfe-Forschern Suzanne Stutman und John L. Idol aus Kisten und Kasten gehoben und 1995 aus Notizen und Kapitelentwürfen in dieser Form veröffentlicht worden ist. Zwar hielt Wolfe, wie er 1937 in einem Brief an Hamilton Basso schrieb, die Geschichte für seine "am dichtesten verwobene Arbeit", die zudem etwas "irgendwie Proustianisches" haben sollte. Aber zu einer Überarbeitung der sichtbaren Mängel, die auch stilistischen Eigenheiten Wolfes geschuldet sind, konnte es nicht mehr kommen. Der durch seinen Roman "Schau heimwärts, Engel" berühmt gewordene Autor starb 1938, gerade 37 Jahre alt, an Tuberkulose.
Einiges in "Die Party bei den Jacks" kommt einem bekannt vor, wenn man das ebenfalls aus dem Nachlass veröffentlichte Werk "Es führt kein Weg zurück" gelesen hat. Dort tritt Esther Jack bereits auf, und auch ihr Liebhaber, der starke Ähnlichkeit mit Thomas Wolfe selbst aufweist, wird dort beschrieben. Esther Jack, so klärt uns das Nachwort von Kurt Dasow auf, hat eine New Yorker Bühnenbildnerin namens Aline Bernstein zum Vorbild, die reich verheiratet war und mit dem wesentlich jüngeren Thomas Wolfe eine intensive Affäre pflegte. Partys wie jene im Jahr 1928 am Vorabend des großen Börsencrashs hat es bei den Bernsteins wirklich gegeben. Rauschende Feste waren das, bei denen die New Yorker High Society fiebrig neueste Klatschgeschichten kolportierte, die letzten Bühnenereignisse kommentiert wurden und man in stilsicher eingerichteten und apart dekorierten Apartments Champagner schlürfte, während sich draußen schon ein paar Wolken über der Wall Street zusammenzogen.
"Jedenfalls waren sie jetzt alle hier versammelt. Und Paradox oder keins, nur schwerlich würde man noch einmal eine Gesellschaft von Menschen finden, die es mit dieser in Bezug auf Leistung, Schönheit oder Talent aufnehmen konnte – außer eben hier, wo sie an diesem Abend in so brillanter Vollendung zusammengekommen waren – bei den Jacks."
Am Abgrund tanzt es sich bekanntlich am heitersten, und die Banker, Intellektuellen und Künstler, die Möchtegern-Prominenten und die wirklich Mächtigen amüsierten sich noch einmal prächtig auf Kosten ihrer eigenen Zukunft. Ein gefeierter Puppenspieler mit seinen aus Draht geformten Figuren, der einen Gastauftritt bei der Party der Jacks hat, führt uns auf eindrucksvolle Weise die Dekadenz seiner Zuhörer vor Augen: Er spielt selbstvergessen wie ein Kind mit seinen Drahtpuppen, und weil die Zeitungen über ihn elaborierte, kunsttheoretische Essays veröffentlichen und er als letzter Schrei gilt, betrachten die Gäste den Auftritt gebannt – und lassen sich auch von der augenscheinlichen Absurdität des Schauspiels kaum irritieren.
Der eigentlichen Party geht im Roman allerdings eine andere Geschichte voraus: Als würde dieser Teil nicht so recht zum Rest des Buches dazu gehören, erfahren wir in den ersten Kapiteln etwas über die Herkunft von Frederick Jack. Wolfe, der Deutschland bei mehreren Besuchen kennenlernte, lässt seinen Helden aus einer Stadt stammen, die von fern an Koblenz erinnert. Es ist eine enge, von Ressentiments und Antisemitismus durchsetzte Atmosphäre, in die der kleine Fritz hineingeboren wird. Seine Schulzeit ist die Hölle. Er wandert mit 17 in die USA aus und kehrt als älterer Herr noch einmal in einem Traum in seine Heimatstadt zurück – als gemachter Mann, mit einer Karriere im Gepäck und einer offenen Rechnung. Die ehemaligen Schulkameraden, die er im Traum um sich versammelt und im Glanze seines Erfolgs in ihrer Nichtsnutzigkeit vorführen will, sind allerdings resistent gegenüber seiner Aura. Er stottert sich unbeholfen durch sein Leben und geht gänzlich der Selbstsicherheit verlustig, die ihn zu dem gemacht hat, was er ist: ein reicher Mann, der es gewohnt ist, seinen Willen durchzusetzen, der von Hauspersonal umsorgt und von einer in der Gesellschaft angesehenen Frau geliebt, zumindest nicht verlassen wird. Schon in diesem Traum braut sich etwas Unheilvolles zusammen.
Die Party bei den Jacks ist schließlich der Kulminationspunkt. Hier zeigt sich die Macht in aller Selbstgefälligkeit, und ein bestimmter Habitus wird freizügig zur Schau gestellt. Interessanterweise spielt der erfolgreiche Broker Frederick Jack auf dieser Bühne keine sonderlich prominente Rolle – er taucht kaum einmal auf, scheint aber doch im Hintergrund immer präsent zu sein und zusammen mit seiner Frau die Fäden in den Beziehungsgeflechten zu ziehen.
Die Party ist für Wolfe eine große Metapher. Als er Mitte der 30er-Jahre an den Szenen dieses Buches schrieb, wusste er, was die Partygäste im Jahr 1928 höchstens spüren konnten: dass man bald aus dem Rausch der Roaring Twenties mit einem gehörigen Kater erwachen würde. Bei Wolfe wird das Fest durch den Ausbruch eines Feuers gesprengt. Die Gäste müssen das Gebäude verlassen, stehen plötzlich auf der Straße, treffen dort auf andere Bewohner des Hauses sowie auf Dienstboten und Angestellte.
"Menschen, die unter normalen Umständen niemals miteinander Umgang hätten, sah man jetzt mit der Vertrautheit alter Bekanntschaft lachend und plaudernd beisammen stehen. Eine berühmte Kurtisane in einem Chinchilla-Mantel, den ihr steinalter und fabelhaft reicher Liebhaber ihr geschenkt hatte und der ihn ein Vermögen gekostet haben musste, streifte das luxuriöse Stück jetzt ab und ging zu einer älteren Frau mit einem feinen Patriziergesicht, warf ihr den Mantel über die nur dünn bedeckten Schultern und sagte mit derber, doch zugleich freundlicher Stimme: 'Legen Sie den mal über, Darling. Sie sehen ganz verfroren aus.'"
Zwei Fahrstuhlführer, die wir zuvor kennengelernt haben, und die wie Wärter den Austausch von oben und unten überwacht haben, sterben bei dem Brand. Noch ist das nur ein kleines Rauchzeichen für das Kommende, eine Warnung. Aber schon in einem Jahr werden manche der Gäste aus ihren Park-Avenue-Palästen vertrieben sein. Das Auf und Ab der Fahrstühle nimmt dann an Fahrt auf, und wo unten und oben ist, wird schließlich nicht mehr so klar sein.
Thomas Wolfes "Die Party bei den Jacks" ist ein lesenswertes, wenn auch unvollkommenes Buch über die Prä-Depressionsära und über die kaum wahrnehmbaren Verstörungen, die dem großen Crash vorweggehen – Gesellschaftsporträt und Charakterstudien vermischen sich. "Unweigerlich musste am Ende die Zerstörung stehen", lesen wir auf Esther Jacks Stirn, noch bevor sie selber etwas davon ahnt. Aber die Partynacht ist wie ein Spiegel, in dem die verzerrten Züge und die Menetekel sichtbar werden können.
Thomas Wolfe: "Die Party bei den Jacks". Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Susanne Höbel. Nachwort von Kurz Darsow. Manesse Verlag. Zürich 2011. 350 Seiten. 24,95 Euro
Miss Mandell hat eine Vorliebe für solche beiläufig und mit Understatement, "ganz schlicht und schläfrig" vorgetragenen Fragen. Das wirkt hintersinnig, gerade so, als öffne die Bemerkung eine Tür zu einer Bibliothek an tiefen Einsichten und Gedanken, die in Miss Mandells Gehirn beherbergt sein müsste. Wenn das Gegenüber sich animiert fühlt und um Kopf und Kragen redet, sich in einen selbstgefälligen Diskurs über das Werk Prousts verstrickt und schließlich den Small Talk in ein literarisches Oberseminar zu verwandeln droht, wendet sich Miss Mandell mit einem dahingemurmelten "Hm-hm" hochmütig ab. Schöner lässt sich Distinktionsbewusstsein kaum beschreiben.
Dass in Thomas Wolfes Roman "Die Party bei den Jacks" der Name Proust irgendwann einmal fallen musste, verwundert nicht. Denn die Jacks sind ein bisschen wie die Verdurins, der Pariser Salon der Jahrhundertwende wird hier transponiert in eine luxuriöse Wohnung an der Park Avenue im Jahr 1928, die Beschreibung der Gäste und ihrer Kommunikationsriten sind so detailliert und scharfsinnig wie die von Proust. Allerdings, und das sei gleich zur Dämpfung all zu großer Erwartungen angefügt, ist die Prosa von Thomas Wolfe teils manieriert und redundant, wo sie bei Proust stets elegant und filigran ist. Scheint bei Proust noch der längste Satz sich immer näher auf einen Kern und eine Erkenntnis zuzubewegen, so umkreist Wolfe seinen Gegenstand unaufhörlich, überinstrumentiert noch die simpelste Melodie und wirkt manchmal wie ein Autor auf der Suche nach dem verlorenen Stil:
"Auch war die schimmernde, weihrauchgeschwängerte Luft unmerklich gewürzt mit dem bitteren, aromatischen Reiz starken, frisch gebrühten Kaffees, und darin lag die stolze, anregende Drohung von Kampf und Gefahr sowie eine quicklebendige, berauschende Verheißung von Macht, Reichtum und Liebe."
Ein Adjektiv ist für diesen wandelnden Thesaurus kaum je genug, und wo andere Autoren seiner Generation wie Ernest Hemingway lieber mal ein Wort wegließen, griff Thomas Wolfe mit beiden Händen im Synonymlexikon zu.
Nun darf nicht unterschlagen werden, dass "Die Party bei den Jacks" ein nachgelassenes Werk ist, das von den Wolfe-Forschern Suzanne Stutman und John L. Idol aus Kisten und Kasten gehoben und 1995 aus Notizen und Kapitelentwürfen in dieser Form veröffentlicht worden ist. Zwar hielt Wolfe, wie er 1937 in einem Brief an Hamilton Basso schrieb, die Geschichte für seine "am dichtesten verwobene Arbeit", die zudem etwas "irgendwie Proustianisches" haben sollte. Aber zu einer Überarbeitung der sichtbaren Mängel, die auch stilistischen Eigenheiten Wolfes geschuldet sind, konnte es nicht mehr kommen. Der durch seinen Roman "Schau heimwärts, Engel" berühmt gewordene Autor starb 1938, gerade 37 Jahre alt, an Tuberkulose.
Einiges in "Die Party bei den Jacks" kommt einem bekannt vor, wenn man das ebenfalls aus dem Nachlass veröffentlichte Werk "Es führt kein Weg zurück" gelesen hat. Dort tritt Esther Jack bereits auf, und auch ihr Liebhaber, der starke Ähnlichkeit mit Thomas Wolfe selbst aufweist, wird dort beschrieben. Esther Jack, so klärt uns das Nachwort von Kurt Dasow auf, hat eine New Yorker Bühnenbildnerin namens Aline Bernstein zum Vorbild, die reich verheiratet war und mit dem wesentlich jüngeren Thomas Wolfe eine intensive Affäre pflegte. Partys wie jene im Jahr 1928 am Vorabend des großen Börsencrashs hat es bei den Bernsteins wirklich gegeben. Rauschende Feste waren das, bei denen die New Yorker High Society fiebrig neueste Klatschgeschichten kolportierte, die letzten Bühnenereignisse kommentiert wurden und man in stilsicher eingerichteten und apart dekorierten Apartments Champagner schlürfte, während sich draußen schon ein paar Wolken über der Wall Street zusammenzogen.
"Jedenfalls waren sie jetzt alle hier versammelt. Und Paradox oder keins, nur schwerlich würde man noch einmal eine Gesellschaft von Menschen finden, die es mit dieser in Bezug auf Leistung, Schönheit oder Talent aufnehmen konnte – außer eben hier, wo sie an diesem Abend in so brillanter Vollendung zusammengekommen waren – bei den Jacks."
Am Abgrund tanzt es sich bekanntlich am heitersten, und die Banker, Intellektuellen und Künstler, die Möchtegern-Prominenten und die wirklich Mächtigen amüsierten sich noch einmal prächtig auf Kosten ihrer eigenen Zukunft. Ein gefeierter Puppenspieler mit seinen aus Draht geformten Figuren, der einen Gastauftritt bei der Party der Jacks hat, führt uns auf eindrucksvolle Weise die Dekadenz seiner Zuhörer vor Augen: Er spielt selbstvergessen wie ein Kind mit seinen Drahtpuppen, und weil die Zeitungen über ihn elaborierte, kunsttheoretische Essays veröffentlichen und er als letzter Schrei gilt, betrachten die Gäste den Auftritt gebannt – und lassen sich auch von der augenscheinlichen Absurdität des Schauspiels kaum irritieren.
Der eigentlichen Party geht im Roman allerdings eine andere Geschichte voraus: Als würde dieser Teil nicht so recht zum Rest des Buches dazu gehören, erfahren wir in den ersten Kapiteln etwas über die Herkunft von Frederick Jack. Wolfe, der Deutschland bei mehreren Besuchen kennenlernte, lässt seinen Helden aus einer Stadt stammen, die von fern an Koblenz erinnert. Es ist eine enge, von Ressentiments und Antisemitismus durchsetzte Atmosphäre, in die der kleine Fritz hineingeboren wird. Seine Schulzeit ist die Hölle. Er wandert mit 17 in die USA aus und kehrt als älterer Herr noch einmal in einem Traum in seine Heimatstadt zurück – als gemachter Mann, mit einer Karriere im Gepäck und einer offenen Rechnung. Die ehemaligen Schulkameraden, die er im Traum um sich versammelt und im Glanze seines Erfolgs in ihrer Nichtsnutzigkeit vorführen will, sind allerdings resistent gegenüber seiner Aura. Er stottert sich unbeholfen durch sein Leben und geht gänzlich der Selbstsicherheit verlustig, die ihn zu dem gemacht hat, was er ist: ein reicher Mann, der es gewohnt ist, seinen Willen durchzusetzen, der von Hauspersonal umsorgt und von einer in der Gesellschaft angesehenen Frau geliebt, zumindest nicht verlassen wird. Schon in diesem Traum braut sich etwas Unheilvolles zusammen.
Die Party bei den Jacks ist schließlich der Kulminationspunkt. Hier zeigt sich die Macht in aller Selbstgefälligkeit, und ein bestimmter Habitus wird freizügig zur Schau gestellt. Interessanterweise spielt der erfolgreiche Broker Frederick Jack auf dieser Bühne keine sonderlich prominente Rolle – er taucht kaum einmal auf, scheint aber doch im Hintergrund immer präsent zu sein und zusammen mit seiner Frau die Fäden in den Beziehungsgeflechten zu ziehen.
Die Party ist für Wolfe eine große Metapher. Als er Mitte der 30er-Jahre an den Szenen dieses Buches schrieb, wusste er, was die Partygäste im Jahr 1928 höchstens spüren konnten: dass man bald aus dem Rausch der Roaring Twenties mit einem gehörigen Kater erwachen würde. Bei Wolfe wird das Fest durch den Ausbruch eines Feuers gesprengt. Die Gäste müssen das Gebäude verlassen, stehen plötzlich auf der Straße, treffen dort auf andere Bewohner des Hauses sowie auf Dienstboten und Angestellte.
"Menschen, die unter normalen Umständen niemals miteinander Umgang hätten, sah man jetzt mit der Vertrautheit alter Bekanntschaft lachend und plaudernd beisammen stehen. Eine berühmte Kurtisane in einem Chinchilla-Mantel, den ihr steinalter und fabelhaft reicher Liebhaber ihr geschenkt hatte und der ihn ein Vermögen gekostet haben musste, streifte das luxuriöse Stück jetzt ab und ging zu einer älteren Frau mit einem feinen Patriziergesicht, warf ihr den Mantel über die nur dünn bedeckten Schultern und sagte mit derber, doch zugleich freundlicher Stimme: 'Legen Sie den mal über, Darling. Sie sehen ganz verfroren aus.'"
Zwei Fahrstuhlführer, die wir zuvor kennengelernt haben, und die wie Wärter den Austausch von oben und unten überwacht haben, sterben bei dem Brand. Noch ist das nur ein kleines Rauchzeichen für das Kommende, eine Warnung. Aber schon in einem Jahr werden manche der Gäste aus ihren Park-Avenue-Palästen vertrieben sein. Das Auf und Ab der Fahrstühle nimmt dann an Fahrt auf, und wo unten und oben ist, wird schließlich nicht mehr so klar sein.
Thomas Wolfes "Die Party bei den Jacks" ist ein lesenswertes, wenn auch unvollkommenes Buch über die Prä-Depressionsära und über die kaum wahrnehmbaren Verstörungen, die dem großen Crash vorweggehen – Gesellschaftsporträt und Charakterstudien vermischen sich. "Unweigerlich musste am Ende die Zerstörung stehen", lesen wir auf Esther Jacks Stirn, noch bevor sie selber etwas davon ahnt. Aber die Partynacht ist wie ein Spiegel, in dem die verzerrten Züge und die Menetekel sichtbar werden können.
Thomas Wolfe: "Die Party bei den Jacks". Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Susanne Höbel. Nachwort von Kurz Darsow. Manesse Verlag. Zürich 2011. 350 Seiten. 24,95 Euro