
Die Musik, das sind kraftvolle, spanisch anmutende Klänge. Die Sprache: Ladino, ein sephardischer Dialekt, der nur noch von Wenigen gesprochen wird. Die Geschichte: eine, die von Flucht und Emigration handelt. Alles zusammen bildet die Inszenierung eines Stücks von Leon A. Nar, dem Enkel eines Juden Thessalonikis.
Die Geschichte ist einfach erzählt. Der Enkel und Filmemacher Ido kehrt aus New York nach Thessaloniki zurück, um die Heimatstadt seiner Großmutter Zana kennenzulernen und filmisch zu dokumentieren. Zana war 1939 als junge Frau mit ihrer Familie nach Amerika emigriert. Dabei ließ Zana damals ihre große Liebe, den jungen Garbi, zurück. Sie sollte ihn nie wieder sehen. Auch er hat überlebt, ist nach Chile emigriert. Doch seine Briefe an Zana blieben unbeantwortet, weil eine Freundin diese aus Eifersucht zurückbehielt.
Um die Zeit der 30er-, 40er- und 50er-Jahre zu erzählen, dazu lässt Autor Leon Nar die Großmutter als junges Mädchen die Bühne betreten. Die kleine, dunkelhaarige und stämmige Frau, überzeugend aufgeführt von Sofia Kalemberidou, erzählt ihrem Enkel Ido, gespielt von Jiannis Harisis, was sich in jenen Tagen in ihrer Heimatstadt Thessaloniki und später im Krieg ereignet hat. Dazu bedient sich, die inzwischen als Sängerin bekannt gewordene Großmutter, der traditionellen Lieder ihrer Heimatstadt, während historische Fotografien als Projektion, im Hintergrund des spärlich ausgestatteten Bühnenbilds, zur Anregung dienen.
Verdrängte Aspekte der Stadtgeschichte
Darstellerin Sofia Kalemkeridou beschreibt, warum sich diese Geschichte über die Juden Thessalonikis von allen anderen so sehr abhebt. Und sie kann dabei die aufkommenden starken Emotionen, nur schwer zurückhalten.
"Die Geschichte handelt von einer Frau, die die schwere Zeit eigentlich nicht erlebt hat. Ich fand diesen Umstand interessant. Die Geschichte der Juden Thessalonikis wird von einer Person erzählt, die das Lager und die Öfen nicht miterlebt hat. Zana spricht aus dem Abstand und deshalb hemmungsloser darüber: Zum Beispiel über jene, die unfreiwillig zu Labortests eingesetzt wurden. Oder über jene, die man mit dem Zeigefinger auswählte, ob sie leben oder vergast werden sollten. Und ebenso konnte Zana in Amerika niemals ihre Heimat vergessen. Sie sagt an einer Stelle: In der Fremde hast du kein Zuhause, du bist immer nur zu Gast."
"Ich habe dich niemals vergessen" ist ein Titel, der sich bewusst auf zwei Tatsachen bezieht. Zum einem, dass Zana ihre große Liebe und zum Zweiten ihre Heimatstadt Thessaloniki niemals vergessen hat. Für den Autor Leon Nar waren beide Aspekte wichtig, um die Verknüpfung mit der gesellschaftlichen Realität heute herzustellen. Schließlich ist es ihm ein Anliegen, weil es bis heute noch immer Menschen in Thessaloniki gibt, die die Geschichte ihrer eigenen Stadt nicht kennen. Und der künstlerische Leiter der städtischen Theaterbühnen, Jiannis Anastasakis, glaubt, dass die Zeit reif ist, eben auch solche Geschichten aus Thessaloniki zu hören.
Jüdisches Leben soll wieder zum Alltag gehören
"Wir wissen alle, dass es in dieser Stadt historisch noch viele offene Wunden gibt. Die erste Reaktion ist immer diese zu verheimlichen, aber dann kommt die Zeit, sie zu enthüllen und den Generationen, die folgen, davon zu erzählen. Uns obliegt es, die Geschichte richtigzustellen. Wir wollen jetzt von jenen Mitbürgern berichten, denen so viel Leid widerfahren ist. Sie alle waren Menschen, die hier gelebt, gesungen, geliebt haben. Manche haben ihre Lieben verloren und nur in ganz seltenen Fällen wieder gefunden. Doch die jüdische Geschichte unserer Stadt ist noch nicht zu Ende. Und sie gibt Hoffnung auf bessere Zeiten. Wir können die Fundamente bilden, dass jüdisches Leben wieder zum Alltag in dieser Stadt werden kann."