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Eine Königin der Kunst

Einen zarten, hellbraunen Teint soll Maria de Medici gehabt haben, aber ein stumpfes, ausdrucksloses Gesicht. Erstaunlich schmeichelhaft fielen dagegen die Porträts aus, die zahlreiche Künstler von der Herrscherin hinterließen. Allessandro Allori etwa stellte sie um 1588 als elegante Förderin der Künste dar. Beide Aspekte - die Machtfrau und die Kulturkönigin - stellt nun eine Ausstellung in den Mittelpunkt, die der Palazzo Pitti in Florenz zeigt.

Von Thomas Migge | 03.05.2005
    Der Ehemann war nicht gekommen. Das war damals nicht üblich. Als Heinrich IV. konnte er nicht einfach sein Land, Frankreich, verlassen, sich monatelang auf die Reise begeben, um am 5. Oktober 1600 in Florenz höchstpersönlich seine Frau zu heiraten. "Matrimonio a procura", Eheschließung stellvertretend für einen bestimmte Person war in früheren Jahrhunderten etwas ganz normales. Die 26-jährige Ehefrau Maria de Medici bekam ihren Gatten erst später zu sehen, in Paris. Trotzdem richtete Francesco I. Medici seiner Tochter eine Hochzeitsfeier aus, die an Pracht und Prunk nichts zu wünschen übrig ließ, und aller Welt, vor allem dem daheimgebliebenen Franzosen, demonstrieren sollte, dass Maria eine Medici war.

    Und das bedeutete: auch ohne Königskrone wie eine Herrscherin zu leben gewöhnt war. Eine ganze Sektion der großen Ausstellung "Maria de Medici - Eine florentiner Prinzessin auf dem Thron Frankreichs" im Palazzo Pitti in Florenz ist der Hochzeit gewidmet, erklärt Kunsthistorikerin Mara Venucci:

    "Hier wie auch in der gesamten Kunstschau ging es darum, die Atmosphäre jener Zeit wieder aufleben zu lassen. Michelangelo Buonarotti hat eine detailgetreue Beschreibung der Festlichkeiten hinterlassen. Für diese Feier schufen die Stars der florentiner Kunstszene Werke, darunter Buontalenti, Giambologna und Cigoli. Gezeigt werden Geschenke, die der Braut gemacht wurden. Gemälde und Skulpturen. "

    Und dazu erklingt aus versteckt in Nischen stehenden Lautsprechern die Musik von Jacopo Peri und Giulio Caccini, Musik, die für diesen Anlass komponiert wurde. Die Ausstellungsmachern wollen zeigen, dass Maria de Medici, die zu Lebzeiten in Frankreich oftmals nur als "La grosse banquière", als große Bankiersfrau verunglimpft wurde, nicht einfach nur Kõnigin war, sondern ein eigenes "gouvernement par les arts" installierte, eine Regierung der Künste.
    Eine historische Tatsache, die in der französischen Geschichtsschreibung immer noch viel zu wenig beachtet wird.

    Maria war eine entscheidungsfreudige Frau. Nach der Ermordung Heinrich IV.
    übernahm sie mit eiserner Hand für ihren Sohn Ludwig XIII. die Regentschaft.
    Der eigene Sohn schickte sie nach sieben Jahren ins Exil. Sie kam wieder zurück und wurde dann noch einmal von ihrem Sohn, dieses Mal unterstützt von Kardinal Richelieu, vertrieben, bis sie 1642 in Köln, als Gast ihres Freundes Peter Paul Rubens, starb. Die Florentiner Ausstellung - untergebracht in den prächtigen und ganz mit Fresken ausgemalten Sälen der ehemaligen Sommerappartments der Medici - zeigt, dass mit Maria die französischen Künste einen, so Mara Venucci, bis dato nie gekannten Höhepunkt erreichten:

    "In jenen Jahren fand Maria in Frankreich eine offene Kulturszene vor, die sich von ihren Ideen und Neuheiten begeistern liess. Als Tochter eines kunstsinnigen und literaturbegeisterten Vaters förderte die Königin Dichter wie Malherbe und Guillaume Du Vair und das Entstehen der Académie Française. Sie nutzte ihre Jahre als Regentin, um den ungeheuren kulturellen Reichtum ihrer Heimatstadt an Frankreich weiterzugeben. "

    So setzte sich auch für Nicolas Poussin ein und schickte ihn auf eine Studienreise nach Rom. Eine Reise, die Poussins Malstil und damit die französische Kunst enorm beeinflussen sollte. Dass 1648 in Paris die Académie Royale de Peinture et Sculpture entstand muss den Ausstellungsmachern zufolge auf den Einfluss Marias zurückgeführt werden, die wie keine andere Königin zuvor die Künste Frankreichs unterstützte. Sie exportierte das florentiner Mäzenatentum an die Seine. Sie nutze wie ihr Väter und dessen Vorfahren die Künste, um "grandeur" zu zelebrieren. Davon profitierten Maler und Dichter, Bildhauer und Musiker und: davon profitierte das französische Herrscherhaus, das sich fortan mit den Mitteln der Kunst feiern liess.
    Mara Venucci:

    "In der Ausstellung sind zahlreiche Gemälde zu sehen, die Maria de Medici darstellen. Sie alle zeigen eine Frau, die sehr stark wirkt. Ihr ist es übrigens auch zu verdanken, dass die französische Modefarbe nicht mehr schwarz war, sondern dass man sich fortan farbenfroh kleidete. Wie in Florenz. Die neuen Farben waren eine Message: Sie sollten bezeugen, dass die Königin den Prunk und den Luxus liebte. "

    Die Ausstellung verwandelt die Sommerappartments des Palazzo Pitti in eine wahre Schatzkammer. Unter den vielen Ausstellungstücken bestechen nicht nur Gemälde und Skulpturen aus Marias florentiner und pariser Zeit, sondern auch aufwendig gestaltete Kristallkrüge und Silberteller, kostbarster Schmuck, wie zum Beispiel eine Kette aus 300 ungewöhnlich großen Perlen, Originalausgaben von Büchern und Kompositionen wie auch die Kleidung der Königin. Darunter auch die Unterwäsche von "Madame La Reine" aus Goldbrokat mit Goldknöpfen.