Archiv

Eine Lange Nacht über die Katakomben von Paris
Das Labyrinth unter den Füßen

Über eine Zeitspanne von fast 2000 Jahren lieferte der Untergrund von Paris die Steine, die für den Bau der Stadt erforderlich waren. So entstand ein unterirdisches Stollennetz von 300 Kilometern Länge. 1777 wurde die Generalinspektion der Steinbrüche - Inspection Générale des Carrière - geschaffen, um in Vergessenheit geratenen Hohlräume zu kartieren und zu konsolidieren.

Von Harald Brandt |
    Eine Straßenschild gibt den Hinweis auf das Musée de l'Assistance Publique und die Ile St Louis am Donnerstag (23.06.2011) im französischen Paris. Im Hintergrund die Cathédrale Notre-Dame.
    Die Kathedrale Notre-Dame - ein bekanntes Wahrzeichen von Paris. Weitaus weniger bekannt ist, dass unter den Straßen der Metropole ein 300 Kilometer langes Labyrinth aus Gängen und Katakomben existiert. (picture alliance / dpa / Friso Gentsch)
    Ein Teil der unterirdischen Gänge wurde in ein riesiges Beinhaus verwandelt, als gegen Ende des 18. Jahrhunderts die innerstädtischen Friedhöfe zu einem sanitären Problem wurden. Etwa sechs Millionen Gebeine sind in den Katakomben gestapelt.
    Die zwei Kilometer lange Strecke ist heute der einzig öffentlich zugängliche Teil der unterirdischen Steinbrüche. Aber auch in den anderen Bereichen des labyrinthischen Stollensystems sind Menschen unterwegs. Kataphile, Liebhaber der Katakomben nennt man die Erforscher einer verborgenen Welt unter den Straßen der französischen Hauptstadt.

    Geheimnisvoll und beunruhigend sind die Verhältnisse unter der Lichterstadt Paris: Verzweigte Labyrinthe, die der jahrhundertelang betriebene unterirdische Abbau von Kalkstein hinterlassen hat, dazu die Kanalisation und schließlich die Metro machen Frankreichs Hauptstadt zu einer unterminierten Metropole.
    In dieser Gegenwelt haben sich die Spuren der Geschichte abgelagert, so in Gestalt von Skeletten, die nach Auflösung der innerstädtischen Friedhöfe in die sogenannten Katakomben umgebettet wurden. Die Unterwelt wurde von Schmugglern genutzt, Verfolgten bot sie in unruhigen Revolutionsphasen Verstecke, in friedlicheren Zeiten diente sie der Champignonzucht. Nach 1940 bauten die deutschen Besatzer unterirdische Bunker, während die Résistance ganz in der Nähe ihre Kommandozentrale einrichtete. In jüngster Zeit haben sich jugendliche Höhlenfans die Eingeweide von Paris als Abenteuerspielplatz erkoren und feiern dort ihre verbotenen Feste.
    Während in Günter Liehrs Text die wichtigsten Ereignisse im Pariser Untergrund nachgezeichnet werden, bieten Olivier Fays Fotos überraschende Einblicke in die Tiefenschichten dieser ober- wie unterirdisch faszinierenden Stadt.
    Günther Lier, Oliver Fay: Der Untergrund von Paris - Ort der Schmuggler, Revolutionäre, Kataphilen, Ch. Links Verlag, Berlin 2000

    Jean Pierre Kerloc'h: Die Freunde der Finsternis - Abenteuer in den Katakomben von Paris, aus dem Französischen von Anne Brauner, Anrich Verlag 1995
    Weiterführende Links (zumeist Französisch):
    Unter den Straßen der Lichterstadt
    Mounet-Sully et Paul Mounet
    Architecture & Carrières de Paris
    Liste des ouvrages édités par l’ACP
    Inspection générale des carrières
    Catacombes de Paris
    Les catacombes de Paris sont d'anciennes carrières souterraines situées dans le 14e arrondissement de Paris, reliées entre elles par des galeries d'inspection. Mehr
    In case you didn't know, the Catacombs of Paris are 400 miles of underground passages, layered with human bones
    Les mille et un fantômes
    Carrière du chemin de Port-Mahon
    Collectif de Port-Mahon et de la Ferme de Montsouris
    PARIS CATACOMBES