Musik, ob Gospel, Swing, Oper oder Schlager, wurde zur Propaganda, als Instrument des Widerstands, zur Agitation und nicht zuletzt zum Vergnügen der Bevölkerung eingesetzt. Der Rundfunk bot zum ersten Mal ein Medium zur weltweiten Verbreitung. Musik wurde zum Massenphänomen.
"Wir haben es hier mit einer rätselhaften Situation zu tun: dem Nebeneinander von Kunst und Verbrechen", so der britische Historiker Patrick Bade, Autor einer Kulturgeschichte der Musik im Zweiten Weltkrieg. Musik war für die Kriegsbemühungen allgegenwärtig.
Eine Lange Nacht voller Beispiele aus Radio-Ansprachen, Durchhalteparolen, lärmenden Lauten und schrillen, scharfen Tönen.
Wiederholung vom 5./6.8.2017
Patrick Bade: "Music Wars 1937–1945 – Propaganda, Götterfunken, Swing: Musik im Zweiten Weltkrieg", 512 Seiten mit Abbildungen, Laika Verlag, 34,00 €, ISBN: 978-3-944233-41-3
Patrick Bade hat eine kenntnisreiche Musikgeschichte des Zweiten Weltkriegs geschrieben. Er erzählt von den vielen verschiedenen Bedeutungen und Funktionen, die Musik angesichts von Zerstörung, Tod und Gewalt bekommen hat.
Im Zweiten Weltkrieg spielte Musik eine bis dahin beispiellose Rolle: Ob live oder über die neuen Medien Rundfunk, Film oder Schallplatte unterfütterte Musik die Propaganda, sie sollte die eigene Moral stärken und die der Feinde schwächen. Musik wurde ganz unverhüllt als Propagandamittel eingesetzt, sie war aber auch »Überlebenselixier« und diente zur Ablenkung: Klassische Konzerte und Opern, die unter gefährlichsten Umständen aufgeführt wurden, waren in allen am Krieg beteiligten Ländern gut besucht. Die Menschen tanzten zu Swing und Schlagern und verliebten sich – gerade weil jeder Tag der letzte sein konnte.
Und Bade erzählt sehr anschaulich von denen, deren Berufung die Musik war – von Komponisten, Dirigenten, Musikern, Sängerinnen und Sängern: Nicht wenige bezahlten mit ihrem Leben, andere mussten ins Exil gehen. Die meisten, die in Deutschland blieben, kollaborierten und profitierten von den Ereignissen. Auf alliierter Seite nahmen viele mit ihrer Musik aktiv am Kriegsgeschehen teil und machten diese zur Waffe gegen den Faschismus.
Alle Kriegsparteien erkannten den propagandistischen Nutzen der Musik und setzten diese vielfältig ein. So verstärkte die Pianistin Myra Hess die Entschlossenheit der Londoner Bevölkerung durch eine Reihe von Mittagskonzerten in der National Gallery. Die Bayreuther Festspiele öffneten ihre Türen für Kriegsverletzte und Munitionsarbeiter, und in Paris boten die deutschen Besatzer unzählige Musikveranstaltungen an. Die klassische Musik blühte und erreichte ein neues Publikum.
Eine mächtige Waffe beim Einsatz der Musik für den Krieg war der Swing, der eine unwiderstehliche Kraft entfaltete, die auch die Nazis zu nutzen versuchten.
Am Ende war aber jene Musik am wirksamsten, die zentrale Emotionen und Erfahrungen des Krieges wie Verlust, Trennung, Hoffnung und Sehnsucht zum Inhalt hatte, oft als Schnulze komponiert. In Großbritannien steht dafür vor allem Vera Lynn mit ihrem berühmten Titel We’ll Meet Again, in Nazi-Deutschland war es Zarah Leander mit Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen; dann gelang Lale Andersen mit Lili Marleen im Deutschen Reich ein Millionenerfolg, der bei allen Kriegsparteien bald zum internationalen Soldatenlied avancierte.
Im Zweiten Weltkrieg spielte Musik eine bis dahin beispiellose Rolle: Ob live oder über die neuen Medien Rundfunk, Film oder Schallplatte unterfütterte Musik die Propaganda, sie sollte die eigene Moral stärken und die der Feinde schwächen. Musik wurde ganz unverhüllt als Propagandamittel eingesetzt, sie war aber auch »Überlebenselixier« und diente zur Ablenkung: Klassische Konzerte und Opern, die unter gefährlichsten Umständen aufgeführt wurden, waren in allen am Krieg beteiligten Ländern gut besucht. Die Menschen tanzten zu Swing und Schlagern und verliebten sich – gerade weil jeder Tag der letzte sein konnte.
Und Bade erzählt sehr anschaulich von denen, deren Berufung die Musik war – von Komponisten, Dirigenten, Musikern, Sängerinnen und Sängern: Nicht wenige bezahlten mit ihrem Leben, andere mussten ins Exil gehen. Die meisten, die in Deutschland blieben, kollaborierten und profitierten von den Ereignissen. Auf alliierter Seite nahmen viele mit ihrer Musik aktiv am Kriegsgeschehen teil und machten diese zur Waffe gegen den Faschismus.
Alle Kriegsparteien erkannten den propagandistischen Nutzen der Musik und setzten diese vielfältig ein. So verstärkte die Pianistin Myra Hess die Entschlossenheit der Londoner Bevölkerung durch eine Reihe von Mittagskonzerten in der National Gallery. Die Bayreuther Festspiele öffneten ihre Türen für Kriegsverletzte und Munitionsarbeiter, und in Paris boten die deutschen Besatzer unzählige Musikveranstaltungen an. Die klassische Musik blühte und erreichte ein neues Publikum.
Eine mächtige Waffe beim Einsatz der Musik für den Krieg war der Swing, der eine unwiderstehliche Kraft entfaltete, die auch die Nazis zu nutzen versuchten.
Am Ende war aber jene Musik am wirksamsten, die zentrale Emotionen und Erfahrungen des Krieges wie Verlust, Trennung, Hoffnung und Sehnsucht zum Inhalt hatte, oft als Schnulze komponiert. In Großbritannien steht dafür vor allem Vera Lynn mit ihrem berühmten Titel We’ll Meet Again, in Nazi-Deutschland war es Zarah Leander mit Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehen; dann gelang Lale Andersen mit Lili Marleen im Deutschen Reich ein Millionenerfolg, der bei allen Kriegsparteien bald zum internationalen Soldatenlied avancierte.
Patrick Bade ist seit 1981 Dozent an der Christie’s Education in London und arbeitet am London Jewish Cultural Centre. Er publiziert regelmäßig über bildende Kunst und Musik.
Patrick Bade: "Es wäre unmöglich gewesen, die Musik des Zweiten Weltkrieges in jedem Land zu behandeln. Ich meine, wie schon gesagt, das Buch hat nur 500 Seiten. Und ich bin mir bewusst, dass sich gewisse Dinge tiefer an etwas heran wagen als andere. Es gäbe z.B. viel mehr über die Sowjetunion zu sagen als ich das getan habe. Ich bin auch durch die Sprache eingeschränkt worden. Mein Quellenmaterial, ich meine, ich komme mit dem Italienischen klar, es gibt einiges, was ich gebrauchen kann, aber mein Quellenmaterial war deutsch, französisch und englisch – und das begrenzte den Umfang des Buches. "
Das Buch, das immerhin 500 Seiten umfasst, hätte auch 1000 haben können.
Denn verfolgt man die einzelnen Geschichten selbst, kommt man tiefer und tiefer. Jede/r, der/die im Zweiten Weltkrieg insbesondere in Deutschland, Österreich, Frankreich, Polen, der Tschechoslowakei, der UdSSR als MusikerIn, SchauspielerIn, AutorIn usw. tätig, aktiv, beschäftigt und wirkend war, hatte mit den Regimen zu tun. Unausweichlich, in nationalsozialistischen Deutschland sowieso.
Die Lebenswege aller Beteiligten sind teilweise erstaunlich, katastrophal, perfide, tödlich, lebenszerstörend, bestechlich, unglaublich und unfassbar gewesen. Egal, ob etwa der ´große` Gustaf Gründgens gemeint ist oder die vielen kleinen.
Zwei Beispiele, wie die Zeit zwischen 1937 und 1945 wirkte:
Rom 1944: Das Berliner Rundfunk Sinfonie Orchester unter der Leitung von Leopold Ludwig sowie der Chor des Reichsenders Berlin geben Puccinis "Tosca". Doch sie singen nicht, angesichts des Verlaufs der Jahre und des nahenden Endes brüllen sie, der Polizeichef der Oper, Scarpia, wird real, er brüllt nicht nur, er schreit.
Das Lied "Maréchal, nous voilà!" (Marschall, hier sind wir!, inoffizielle Nationalhymne), ein Lied zu Ehren des Kollaborateurs Philippe Pétain, Staatschef in Vichy-Frankreich, lehnt sich stark an eine Melodie des polnisch-französischen Komponisten Casimir Oberfels an – 1945 als Jude in Ausschwitz zu Tode gekommen.
In den Vereinigten Staaten von Amerika war die Situation anders, ausnahmslos anders, abgesehen davon, dass der Krieg nicht auf US-amerikanischem Boden stattfand. Die USA kämpfte an zwei Fronten, im Pazifik und in Europa. Und die Unterhaltungsindustrie war wesentlich entwickelter, fortgeschrittener und florierender als in den europäischen Ländern. Dass das Land eine dritte innere Front hatte, die Segregation, und daher nach wie vor rassistisch war – und somit diskriminierend – sollte ebenso klar sein.
Denn verfolgt man die einzelnen Geschichten selbst, kommt man tiefer und tiefer. Jede/r, der/die im Zweiten Weltkrieg insbesondere in Deutschland, Österreich, Frankreich, Polen, der Tschechoslowakei, der UdSSR als MusikerIn, SchauspielerIn, AutorIn usw. tätig, aktiv, beschäftigt und wirkend war, hatte mit den Regimen zu tun. Unausweichlich, in nationalsozialistischen Deutschland sowieso.
Die Lebenswege aller Beteiligten sind teilweise erstaunlich, katastrophal, perfide, tödlich, lebenszerstörend, bestechlich, unglaublich und unfassbar gewesen. Egal, ob etwa der ´große` Gustaf Gründgens gemeint ist oder die vielen kleinen.
Zwei Beispiele, wie die Zeit zwischen 1937 und 1945 wirkte:
Rom 1944: Das Berliner Rundfunk Sinfonie Orchester unter der Leitung von Leopold Ludwig sowie der Chor des Reichsenders Berlin geben Puccinis "Tosca". Doch sie singen nicht, angesichts des Verlaufs der Jahre und des nahenden Endes brüllen sie, der Polizeichef der Oper, Scarpia, wird real, er brüllt nicht nur, er schreit.
Das Lied "Maréchal, nous voilà!" (Marschall, hier sind wir!, inoffizielle Nationalhymne), ein Lied zu Ehren des Kollaborateurs Philippe Pétain, Staatschef in Vichy-Frankreich, lehnt sich stark an eine Melodie des polnisch-französischen Komponisten Casimir Oberfels an – 1945 als Jude in Ausschwitz zu Tode gekommen.
In den Vereinigten Staaten von Amerika war die Situation anders, ausnahmslos anders, abgesehen davon, dass der Krieg nicht auf US-amerikanischem Boden stattfand. Die USA kämpfte an zwei Fronten, im Pazifik und in Europa. Und die Unterhaltungsindustrie war wesentlich entwickelter, fortgeschrittener und florierender als in den europäischen Ländern. Dass das Land eine dritte innere Front hatte, die Segregation, und daher nach wie vor rassistisch war – und somit diskriminierend – sollte ebenso klar sein.
Die Kultur der Exilanten und Emigranten in den USA
Was zugleich klar war: Die Vereinigten Staaten profitierten wie niemand sonst von den tausenden Exilanten und Emigranten, die Europa, ausdrücklich Deutschland, verlassen wollten, verlassen hatten und verlassen mussten. Eine Sachlage darüber hinaus, die Deutschland entscheidende Teile jeglicher Kultur beraubte und entwendete – erfahrbar natürlich nach Ende des Krieges.
Künste im Exil und Liste bekannter deutschsprachiger Emigranten und Exilanten (1933–1945)
Künste im Exil und Liste bekannter deutschsprachiger Emigranten und Exilanten (1933–1945)
Autorentipp: Gehen Sie Liedern, gehen Sie Aufführungen, gehen Sie Namen nach
Sie werden kein Ende finden. Nur schlaflose Nächte. Orientieren Sie sich an der Musikaufstellung dieser `Langen Nacht´ (auch im Netzt), allesamt Originalaufnahmen, Schätze, manche Interpreten vergessen, manche präsent. Alle spielten in der Zeit von 1937 bis 1945 – und davor und danach – eine Rolle. Einige in dieser Zeit die Rolle ihres Lebens.
Die Ouvertüre zum Zweiten Weltkrieg
Das Probespiel bzw. die Ouvertüre zum Zweiten Weltkrieg begann 1935/36. Einerseits mit Mussolinis Invasion in Abessinien, dem heutigen Äthiopien, und andererseits damit, dass das Deutsche Reich und die Sowjetunion gewissermaßen stellvertretend im Spanischen Bürgerkrieg gegeneinander kämpften. Das Deutsche Reich ganz offen auf der Seite der Nationalisten, die zögerlich- zurückhaltende Sowjetunion auf der Seite der Republikaner. Musikalisch gesehen, so Patrick Bade in seinem Buch, war 1937 das entscheidende Jahr.
"Der Einmarsch der Italiener in Abessinien hatte neben diplomatischen auch unmittelbar musikalische Folgen, die, wenngleich sie damals trivial erscheinen mochten, im Zeitalter totalitärer Regime eine Warnung hätten sein müssen: Dass Kunst und Politik getrennt voneinander gesehen werden können, entpuppte sich als Fiktion."
"Als Reaktion auf französische und britische Sanktionen gegen Italien weigerte sich der führende italienische Tenor Beniamino Gigli empört, in Großbritannien zu singen. Und die französische Oper Mignon wurde an der Mailänder Scala gegen Cileas von 1897 stammende Oper L’Arlesiana ausgetauscht, die sich nie richtig durchgesetzt hatte und auch noch nie an der Scala, dem führenden Premierenopernhaus Italiens, aufgeführt worden war. Man entschied sich aus pragmatischen Gründen für diese Oper, denn sie bot passende Rollen für die damals bereits für Mignon engagierten Künstler Tito Schipa und Gianna Pederzini. Der außerordentliche Erfolg der Aufführungen, beflügelt von patriotischem Eifer, ließ L’ Arlesiana die ganze faschistische Zeit hindurch und auch noch einige Jahre danach zu einer Lieblingsoper des italienischen Publikums werden; und die wirklich schöne Tenorarie Lamento di Federico gehört heute noch zum Standardrepertoire lyrischer Tenöre."
"Noch bedeutsamer war: Die britisch-französischen Sanktionen gegen Italien trieben Mussolini förmlich in Hitlers Arme und führten zu einer politischen Koalition zwischen den beiden Ländern mit den wichtigsten Operntraditionen. Mussolini besiegelte die Achse, als er das Ensemble der Scala im Juni 1937 als Botschafter des guten Willens nach München und Berlin schickte. Die Scala wartete mit ihrer Bestbesetzung von damals auf: Beniamino Gigli, Gina Cigna, Ebe Stignani und Tancredo Pasero sangen in Verdis Requiem, Mafalda Favero und Giuseppe Lugo in La Bohème und noch einmal Gigli, Cigna, Stignani und Pasero in Aida. Dirigent war bei allen Aufführungen Toscaninis Nachfolger, der dämonisch brillante Victor de Sabata."
"Der Einmarsch der Italiener in Abessinien hatte neben diplomatischen auch unmittelbar musikalische Folgen, die, wenngleich sie damals trivial erscheinen mochten, im Zeitalter totalitärer Regime eine Warnung hätten sein müssen: Dass Kunst und Politik getrennt voneinander gesehen werden können, entpuppte sich als Fiktion."
"Als Reaktion auf französische und britische Sanktionen gegen Italien weigerte sich der führende italienische Tenor Beniamino Gigli empört, in Großbritannien zu singen. Und die französische Oper Mignon wurde an der Mailänder Scala gegen Cileas von 1897 stammende Oper L’Arlesiana ausgetauscht, die sich nie richtig durchgesetzt hatte und auch noch nie an der Scala, dem führenden Premierenopernhaus Italiens, aufgeführt worden war. Man entschied sich aus pragmatischen Gründen für diese Oper, denn sie bot passende Rollen für die damals bereits für Mignon engagierten Künstler Tito Schipa und Gianna Pederzini. Der außerordentliche Erfolg der Aufführungen, beflügelt von patriotischem Eifer, ließ L’ Arlesiana die ganze faschistische Zeit hindurch und auch noch einige Jahre danach zu einer Lieblingsoper des italienischen Publikums werden; und die wirklich schöne Tenorarie Lamento di Federico gehört heute noch zum Standardrepertoire lyrischer Tenöre."
"Noch bedeutsamer war: Die britisch-französischen Sanktionen gegen Italien trieben Mussolini förmlich in Hitlers Arme und führten zu einer politischen Koalition zwischen den beiden Ländern mit den wichtigsten Operntraditionen. Mussolini besiegelte die Achse, als er das Ensemble der Scala im Juni 1937 als Botschafter des guten Willens nach München und Berlin schickte. Die Scala wartete mit ihrer Bestbesetzung von damals auf: Beniamino Gigli, Gina Cigna, Ebe Stignani und Tancredo Pasero sangen in Verdis Requiem, Mafalda Favero und Giuseppe Lugo in La Bohème und noch einmal Gigli, Cigna, Stignani und Pasero in Aida. Dirigent war bei allen Aufführungen Toscaninis Nachfolger, der dämonisch brillante Victor de Sabata."
Arletty – Die Garance in "Kinder des Olymp".
Arletty, 1992 im Alter von 94 Jahren verstorben, war Fabrikarbeiterin, Steonotypistin, Mannequin, Revuetänzerin und Schauspielerin. Ihre berühmteste Rolle? Die der Garance in "Kinder des Olymp". Mehr bei Wikipedia
"Les enfants du paradis" (1945) Trailer 1 und Trailer 2
"Les enfants du paradis" (1945) Trailer 1 und Trailer 2
Da Arletty eine Liebesbeziehung und lange Freundschaft mit dem deutschen Luftwaffenoffizier und späteren Schriftsteller und Diplomaten Hans-Jürgen Soehring hatte, begann ihr Stern nach dem zweiten Weltkrieg zu sinken.
Soehring selbst, später immerhin Mitbegründer der Gruppe 47, wurde im besetzten Paris degradiert und an die Front geschickt. Die Brieffreundschaft mit Arletty hielt bis zu seinem Tod. Was hatte die mal gesagt? "Mein Herz schlägt französisch, aber mein Hintern ist international."
Soehring selbst, später immerhin Mitbegründer der Gruppe 47, wurde im besetzten Paris degradiert und an die Front geschickt. Die Brieffreundschaft mit Arletty hielt bis zu seinem Tod. Was hatte die mal gesagt? "Mein Herz schlägt französisch, aber mein Hintern ist international."
Rezension zu: Klaus Harpprecht: "Arletty und ihr deutscher Offizier. Eine Liebe in Zeiten des Krieges", S. Fischer Verlag, in: Büchermarkt, Deutschlandfunk, 8. Mai 2011
Klaus Harpprecht, Jahrgang 1927, schreibt über Arletty, die Schauspielerin seiner Jugend: "Die großen dunklen Augen, die am liebsten lachten und sich dennoch in Traurigkeiten verlieren konnten, die schimmernde Haut der Schultern und der Décolletés, das amüsierte Spiel ihrer Mundwinkel, wenn sie aus ihrer Loge die Freunde und Flirts aus den eigenen Jahren im Gewerbe der Schausteller beobachtete, die kleinen Gesten der Kameraderie, die gelassene Anmut, die natürliche Noblesse der Bewegungen dieser Courtisane hohen Ranges."
Klaus Harpprecht, Jahrgang 1927, schreibt über Arletty, die Schauspielerin seiner Jugend: "Die großen dunklen Augen, die am liebsten lachten und sich dennoch in Traurigkeiten verlieren konnten, die schimmernde Haut der Schultern und der Décolletés, das amüsierte Spiel ihrer Mundwinkel, wenn sie aus ihrer Loge die Freunde und Flirts aus den eigenen Jahren im Gewerbe der Schausteller beobachtete, die kleinen Gesten der Kameraderie, die gelassene Anmut, die natürliche Noblesse der Bewegungen dieser Courtisane hohen Ranges."
Patrick Bade zur Recherche der Musikgeschichte des Zweiten Weltkrieg
"Ich möchte vorausschicken, dass es sich von den meisten anderen Büchern, die sich mit Musikgeschichte und dem Zweiten Weltkrieg beschäftigen, darin unterscheidet, dass ich als Quelle vor allem Musikaufnahmen verwendet habe. Zu den erstaunlichen Errungenschaften unserer heutigen Zeit zählt für mich, dass ich nicht einmal mein Haus verlassen musste, um mir den Großteil dieser Tausenden von Aufnahmen, die in das Buch Eingang gefunden haben, anzuhören. lch selbst sammle Musik seit über einem halben Jahrhundert: seit meine Großeltern ihre 78er-Schallplatten durch LPs ersetzten und mir ihre Sammlung schenkten. Viele der im Buch erwähnten Aufnahmen, darunter O my beloved father und viele andere beliebte Lieder, waren bereits Teil dieser Sammlung. Im Laufe der Jahre kamen Zehntausende von Schellack- und Vinylplatten sowie CDs zusammen, die Musik aus der Zeit enthalten, die ich in meinem Buch behandle.
Der Zweite Weltkrieg war tatsächlich auch ein Krieg der Ätherwellen. Unglaublich viele Aufnahmen, die in dieser Zeit entstanden, sind heute auf Platten oder CDs erhältlich, oft handelt es sich um illegale oder halb-legale Aufnahmen kleiner privater Unternehmen.
Ansonsten erwiesen sich Flohmärkte in ganz Europa als ergiebige Fundstätten von Druckerzeugnissen, ebenso wie der Pariser Laden La Galcante, in dessen unter der Rue de l’Arbre Sec gelegenen labyrinthartigen alten Kellergewölben und Gängen nahezu alle in den letzten zwei Jahrhunderten in Frankreich erschienenen Zeitungen und Zeitschriften zu finden sind. Als faszinierende Quelle von Abbildungen und häufig reichlich einseitigen und verzerrten Informationen, die ihrerseits gerade dadurch einen Eindruck der damaligen Stimmung vermittelten, erwiesen sich auch die »Nachrichten«- Magazine, die während des Krieges zu Propagandazwecken in ganz Europa verbreitet wurden.
Im ganzen Buch kommen immer wieder persönliche Zeugnisse vor. Dabei konnte ich mich auf die Erinnerung etlicher privater Gespräche stützen, zum Beispiel mit Arletty, Erna Berger, Hilde Zadek, Renée Doria, Kyra Vayne, Spoli Mills, Ernst Gombrich, Friedlinde Wagner und vor allem natürlich auf die Gespräche mit meinen Eltern. Beide arbeiteten für die britischen Streitkräfte, und in der Tat könnte man sagen, dass Hitler sie zusammengebracht hat."
Der Zweite Weltkrieg war tatsächlich auch ein Krieg der Ätherwellen. Unglaublich viele Aufnahmen, die in dieser Zeit entstanden, sind heute auf Platten oder CDs erhältlich, oft handelt es sich um illegale oder halb-legale Aufnahmen kleiner privater Unternehmen.
Ansonsten erwiesen sich Flohmärkte in ganz Europa als ergiebige Fundstätten von Druckerzeugnissen, ebenso wie der Pariser Laden La Galcante, in dessen unter der Rue de l’Arbre Sec gelegenen labyrinthartigen alten Kellergewölben und Gängen nahezu alle in den letzten zwei Jahrhunderten in Frankreich erschienenen Zeitungen und Zeitschriften zu finden sind. Als faszinierende Quelle von Abbildungen und häufig reichlich einseitigen und verzerrten Informationen, die ihrerseits gerade dadurch einen Eindruck der damaligen Stimmung vermittelten, erwiesen sich auch die »Nachrichten«- Magazine, die während des Krieges zu Propagandazwecken in ganz Europa verbreitet wurden.
Im ganzen Buch kommen immer wieder persönliche Zeugnisse vor. Dabei konnte ich mich auf die Erinnerung etlicher privater Gespräche stützen, zum Beispiel mit Arletty, Erna Berger, Hilde Zadek, Renée Doria, Kyra Vayne, Spoli Mills, Ernst Gombrich, Friedlinde Wagner und vor allem natürlich auf die Gespräche mit meinen Eltern. Beide arbeiteten für die britischen Streitkräfte, und in der Tat könnte man sagen, dass Hitler sie zusammengebracht hat."
Erna Berger war eine deutsche Opern- und Konzertsängerin. Nachlesen bei Wikipedia. Ein Nachruf bei "Zeit Online"
Erna Berger – Da Capo – Interview with August Everding 1986 bei Youtube
Erna Berger – Da Capo – Interview with August Everding 1986 bei Youtube
Erna Berger "Frühlingsstimmen" Strauss II bei Youtube
Hilde Zadek ist eine deutsch-österreichische Opern- und Liedsängerin. Wikipedia
In: Judentum in Österreich heute – 2009, Universität Wien
In: Judentum in Österreich heute – 2009, Universität Wien
Gesang als Weg – Aus dem Leben der Kammersängerin Hilde Zadek bei Youtube
Hilde Zadek & Anton Dermota "Glück, das mir verblieb" bei Youtube
Renée Doria, eine französische Opernsängerin, die in ihrer Ära in Frankreich als die bemerkenswerteste Koloratur-Sopranistin galt. Mehr bei Wikipedia (franz.) "Dis-moi que je suis belle" bei Youtube
Kyra Vayne ist eine russische Opernsängerin gewesen, die während der Oktoberrevolution nach England geflohen war. Nachlesen bei Wikipedia
"Vissi d'arte" Tosca bei Youtube
Spoli Mills ist die Tochter von Mischa Spoliansky, russisch-britischer Komponist von Revuen und Filmmusiken, der bis 1933 in Deutschland gearbeitet hatte, u.a. mit Max Reinhardt.
Mehr über Mischa Spoliansky
Mischa Spoliansky – Heute Nacht oder Nie [Tonight or Never] (1932) bei Youtube
Ernst Gombrich war ein britischer Kunsthistoriker österreichischer Herkunft.
Mehr bei Wikipedia
Gombrich Archive (engl.)
Und Friedelinde Wagner... Wie der Name schon sagt. Friedelinde Wagner war das zweite Kind von Siegfried und Winifred Wagner.
Mehr auch in: Wagners weiße Weste. Bayreuths Rebellin Friedelind
DAS Lied des Zweiten Weltkriegs: Lili Marleen
"Am 19. April 1941 während ihres triumphalen Eroberungszugs im Balkan besetzten die Deutschen den Rundfunksender in Belgrad, um von dort in das Kriegsgebiet rund ums Mittelmeer zu senden. Musikalische Unterhaltung war notwendig, um die Propaganda- und Nachrichtensendungen abzupuffern; aber nachdem alle Schallplatten mit unerwünschten jüdischen oder serbischen Anklängen aus dem Radioarchiv aussortiert waren, blieben gerade einmal 54 Schallplatten übrig. Ein Richard Kistenmacher wurde also auf die dringliche Mission nach Wien zum nächsten nazikontrollierten Sender geschickt, um Nachschub an Unterhaltungsmusik zu holen. In einer Kiste voller dort unerwünschter Platten fiel Kistenmacher auch Lale Andersens Lili Marleen in die Hände.
Am Anfang wurde die Aufnahme wegen Mangels an anderem Material stündlich zweimal oder noch öfter gespielt, aber nach kurzer Zeit konnte das Personal von Radio Belgrad das Lied nicht mehr hören und nahm es aus dem Programm. Zur allgemeinen Überraschung wurde der Sender danach von Protesten förmlich überschwemmt. In Nordafrika, bei den Männern von Rommels Afrikakorps, und in ganz Europa hatte Schultzes eingängige Melo- die eingeschlagen. Irgendwann wurde dann allabendlich vor den letzten Nachrichten um 22 Uhr damit der Sendeschluss angekündigt. Da hatte Lili Marleen schon längst die Grenzen zum Feindesland überwunden und erfreute sich auch bei den Truppen der britischen Achten Armee großer Beliebtheit. "
"Jeden Abend um 21.55 Uhr kam es zwischen den verfeindeten deutschen und britischen Armeen, die in Hörentfernung voneinander ihre Lager hatten, deshalb zu einem kurzen Waffenstillstand. "
Goebbels konnte das Lied nicht ausstehen, er hielt es für "defätistisch" und "stinkend wie eine Leiche."
Unter den 197 in einer CD-Box versammelten, von Lili Marleen existierenden Versionen sind 75, die in den Kriegsjahren in allen erdenklichen Sprachen aufgenommen wurden: Englisch, Niederländisch, Bulgarisch, Tschechisch, Slowakisch, Ungarisch, Portugiesisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Dänisch, Schwedisch und Finnisch und Japanisch. Und immer wieder mit textlichen Änderungen.
Suzy Solidor, französische Sängerin, androgyne Erscheinung, der sowohl zahlreiche Beziehungen zu bekannten Männern als auch zu Frauen nachgesagt wurden, mischt dem Lied eine ungeahnte sexuelle Konnotation bei...
Suzy Solidor – Lili Marleen bei Youtube
Da Frankreich eines der wenigen Länder ist, die von Lili Marleen unberührt bleibt, zahlt Solidor nach dem Krieg teuer für ihre Assoziation. Sie geht in die USA, kommt wieder, zieht sich an die Cote d´Azur zurück, macht einen privaten Club auf und wird Antiquitätenhändlerin.
Lucie Mannheims Version, Mannheim war 1933 nach England emigriert, Lucie Mannheims Version wird von der BBC für die deutschen Hörer ausgestrahlt und war eine der vielen mit propagandistischem Liedtext...
Lucie Mannheim – Lili Marleen bei Youtube
Als Lale Andersens Kontakte zu Schweizer Juden, insbesondere Rolf Liebermann, später Leiter der Hauptabteilung Musik des Norddeutschen Rundfunks und Intendant der Hamburgischen Staatsoper, öffentlich wurden, ließ Joseph Goebbels das Lied 1942 verbieten. Lale Andersens Name verschwand aus der Presse, sie wurde zensiert. Ihre Lebenserinnerungen heißen "Leben mit einem Lied", sie stirbt 1972 in Wien.
Lale Andersen – Lili Marleen bei Youtube
Ohne Frage ist Lili Marleen DAS Lied des Zweiten Weltkriegs, in fast jedem Land. Warum? Das ist mysteriös, eine faszinierende Geschichte, denn das ist eigentlich ein Lied, das ohne jede Spur hätte verschwinden können, eine Serie von Unfällen.
Am Anfang wurde die Aufnahme wegen Mangels an anderem Material stündlich zweimal oder noch öfter gespielt, aber nach kurzer Zeit konnte das Personal von Radio Belgrad das Lied nicht mehr hören und nahm es aus dem Programm. Zur allgemeinen Überraschung wurde der Sender danach von Protesten förmlich überschwemmt. In Nordafrika, bei den Männern von Rommels Afrikakorps, und in ganz Europa hatte Schultzes eingängige Melo- die eingeschlagen. Irgendwann wurde dann allabendlich vor den letzten Nachrichten um 22 Uhr damit der Sendeschluss angekündigt. Da hatte Lili Marleen schon längst die Grenzen zum Feindesland überwunden und erfreute sich auch bei den Truppen der britischen Achten Armee großer Beliebtheit. "
"Jeden Abend um 21.55 Uhr kam es zwischen den verfeindeten deutschen und britischen Armeen, die in Hörentfernung voneinander ihre Lager hatten, deshalb zu einem kurzen Waffenstillstand. "
Goebbels konnte das Lied nicht ausstehen, er hielt es für "defätistisch" und "stinkend wie eine Leiche."
Unter den 197 in einer CD-Box versammelten, von Lili Marleen existierenden Versionen sind 75, die in den Kriegsjahren in allen erdenklichen Sprachen aufgenommen wurden: Englisch, Niederländisch, Bulgarisch, Tschechisch, Slowakisch, Ungarisch, Portugiesisch, Spanisch, Französisch, Italienisch, Dänisch, Schwedisch und Finnisch und Japanisch. Und immer wieder mit textlichen Änderungen.
Suzy Solidor, französische Sängerin, androgyne Erscheinung, der sowohl zahlreiche Beziehungen zu bekannten Männern als auch zu Frauen nachgesagt wurden, mischt dem Lied eine ungeahnte sexuelle Konnotation bei...
Suzy Solidor – Lili Marleen bei Youtube
Da Frankreich eines der wenigen Länder ist, die von Lili Marleen unberührt bleibt, zahlt Solidor nach dem Krieg teuer für ihre Assoziation. Sie geht in die USA, kommt wieder, zieht sich an die Cote d´Azur zurück, macht einen privaten Club auf und wird Antiquitätenhändlerin.
Lucie Mannheims Version, Mannheim war 1933 nach England emigriert, Lucie Mannheims Version wird von der BBC für die deutschen Hörer ausgestrahlt und war eine der vielen mit propagandistischem Liedtext...
Lucie Mannheim – Lili Marleen bei Youtube
Als Lale Andersens Kontakte zu Schweizer Juden, insbesondere Rolf Liebermann, später Leiter der Hauptabteilung Musik des Norddeutschen Rundfunks und Intendant der Hamburgischen Staatsoper, öffentlich wurden, ließ Joseph Goebbels das Lied 1942 verbieten. Lale Andersens Name verschwand aus der Presse, sie wurde zensiert. Ihre Lebenserinnerungen heißen "Leben mit einem Lied", sie stirbt 1972 in Wien.
Lale Andersen – Lili Marleen bei Youtube
Ohne Frage ist Lili Marleen DAS Lied des Zweiten Weltkriegs, in fast jedem Land. Warum? Das ist mysteriös, eine faszinierende Geschichte, denn das ist eigentlich ein Lied, das ohne jede Spur hätte verschwinden können, eine Serie von Unfällen.
Norbert Schulze, der Komponist von "Lili Marleen"
Norbert Schulze, der Komponist, der neben "Lili Marleen" und "Nimm mich mit, Kapitän, auf die Reise" Stücke wie "Von Finnland bis zum Schwarzen Meer", das Lied der "Panzergruppe Kleist", "Panzer rollen in Afrikavor", "Bomben auf Engelland" und Veit Harlans "Kolberg" vertont hatte, stirbt 2002 in Bad Tölz, mit 91 Jahren.
Komponieren oder krepieren, hat er gesagt. "Da habe ich mich für das Erstere entschieden."
Mehr über den Komponisten
Komponieren oder krepieren, hat er gesagt. "Da habe ich mich für das Erstere entschieden."
Mehr über den Komponisten
Komponist Norbert Schultze über die Entstehung eines Propagandalieds bei Youtube"Den Teufel am Hintern geküßt – der erstaunliche Werdegang des Komponisten von "Lili Marleen"" bei Youtube
Wilhelm Furtwängler und Beethovens Neunte in Paris
Das Programm zur Vorstellung von Beethovens Neunter während der Weltausstellung in Paris in der Salle Pleyel am 7. September 1937 um 21 Uhr enthält eine Verlautbarung von Walther Funk, dem Vizepräsidenten der »Reichskulturkammer«.
"Die internationale Ausstellung von 1937 gibt dem nationalsozialistischen Deutschland die Gelegenheit, der Welt einen Überblick über seine Leistungen und Errungenschaften und damit einen Eindruck des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens und der Geschehnisse im Reich Adolf Hitlers zu präsentieren. Das neue Deutschland zeigt sich im »deutschen Pavillon« mit unterschiedlichen Beispielen seiner künstlerischen, technischen und gesellschaftlichen Fortschritte. Die »Woche der deutschen Kunst« soll der Welt einen Eindruck davon vermitteln, wie es aus künstlerischer Sicht derzeit um Oper, Lieder, Tanz und Film bestellt ist. "
Ebenfalls in Paris, dieses Mal Théatre des Champs-Elysées, ebenfalls während der Weltausstellung: Wilhelm Furtwängler und die Berliner Philharmoniker sowie Bruno Walter und die Wiener Philharmoniker, die beiden besten Klangkörper der Welt und verpflichtet zu einem, wenn man so will, musikalischen Wettstreit.
Nach der erlesenen Vorstellung von Mozarts "Requiem" wurden innerhalb von Monaten die Mitwirkenden Elisabeth Schumann, Alexander Kipnis und Bruno Walter gezwungen, in die USA zu emigrieren. Drei von mindestens 1500 europäischen Musikern, die über den Atlantik geflüchtet waren, "wohl der größte Talenttransfer der Weltgeschichte", wie der Autor Volker Hagedorn in einem Artikel über Bruno Walter schreibt.
"Und in einem Interview von 2009 sagt der holländische Dirigent Bernard Haitink, der im nazibesetzten Holland aufgewachsen war: "Das ist ein sehr gefährlicher und unangenehmer Gedanke, aber ich wäre niemals Dirigent geworden, wenn alle diese Katastrophen nicht passiert wären. Es hätte so viele begabtere Dirigenten als mich gegeben."
Im Januar 1941 verfasste Bruno Walter, bereits in den USA, für die von Klaus Mann herausgegebene Zeitschrift "Decision- A Review of Free Culture" einen Artikel mit dem Titel: »About war and music«, in dem er darlegte, wie wichtig Musik gerade in Kriegszeiten war:
"Ich wollte mir darüber klar werden, ob heute, da die Schlacht um Menschlichkeit geschlagen ist, die Musik die Bedeutung von früher behalten darf. Und ich begann zu verstehen, dass Musik keine Flucht vor weltlichen Dingen bedeutet; sie kann tatsächlich eine aktive Rolle dabei spielen [...], zu kultivieren, was unserem Leben Sinn gibt, was unsere Zukunft nach dem Krieg sicherstellt, was der höchste Dienst an einer guten Sache ist [...] die Stimme der Musik kann denen, die sie hören, eine Botschaft der Hoffnung übermitteln. Es ist heute die hohe Pflicht des Musikers, ohne zu beschönigen das Evangelium der Hoffnung über die ganze Menschheit zu verbreiten.
"Die internationale Ausstellung von 1937 gibt dem nationalsozialistischen Deutschland die Gelegenheit, der Welt einen Überblick über seine Leistungen und Errungenschaften und damit einen Eindruck des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens und der Geschehnisse im Reich Adolf Hitlers zu präsentieren. Das neue Deutschland zeigt sich im »deutschen Pavillon« mit unterschiedlichen Beispielen seiner künstlerischen, technischen und gesellschaftlichen Fortschritte. Die »Woche der deutschen Kunst« soll der Welt einen Eindruck davon vermitteln, wie es aus künstlerischer Sicht derzeit um Oper, Lieder, Tanz und Film bestellt ist. "
Ebenfalls in Paris, dieses Mal Théatre des Champs-Elysées, ebenfalls während der Weltausstellung: Wilhelm Furtwängler und die Berliner Philharmoniker sowie Bruno Walter und die Wiener Philharmoniker, die beiden besten Klangkörper der Welt und verpflichtet zu einem, wenn man so will, musikalischen Wettstreit.
Nach der erlesenen Vorstellung von Mozarts "Requiem" wurden innerhalb von Monaten die Mitwirkenden Elisabeth Schumann, Alexander Kipnis und Bruno Walter gezwungen, in die USA zu emigrieren. Drei von mindestens 1500 europäischen Musikern, die über den Atlantik geflüchtet waren, "wohl der größte Talenttransfer der Weltgeschichte", wie der Autor Volker Hagedorn in einem Artikel über Bruno Walter schreibt.
"Und in einem Interview von 2009 sagt der holländische Dirigent Bernard Haitink, der im nazibesetzten Holland aufgewachsen war: "Das ist ein sehr gefährlicher und unangenehmer Gedanke, aber ich wäre niemals Dirigent geworden, wenn alle diese Katastrophen nicht passiert wären. Es hätte so viele begabtere Dirigenten als mich gegeben."
Im Januar 1941 verfasste Bruno Walter, bereits in den USA, für die von Klaus Mann herausgegebene Zeitschrift "Decision- A Review of Free Culture" einen Artikel mit dem Titel: »About war and music«, in dem er darlegte, wie wichtig Musik gerade in Kriegszeiten war:
"Ich wollte mir darüber klar werden, ob heute, da die Schlacht um Menschlichkeit geschlagen ist, die Musik die Bedeutung von früher behalten darf. Und ich begann zu verstehen, dass Musik keine Flucht vor weltlichen Dingen bedeutet; sie kann tatsächlich eine aktive Rolle dabei spielen [...], zu kultivieren, was unserem Leben Sinn gibt, was unsere Zukunft nach dem Krieg sicherstellt, was der höchste Dienst an einer guten Sache ist [...] die Stimme der Musik kann denen, die sie hören, eine Botschaft der Hoffnung übermitteln. Es ist heute die hohe Pflicht des Musikers, ohne zu beschönigen das Evangelium der Hoffnung über die ganze Menschheit zu verbreiten.
Echoes of France
"Eine der freudvollsten musikalischen Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkriegs ist die Schallplatte Echoes of France, die am 21. Januar 1946 in den Abbey-Road-Studios von EMI in London von den großartigen Jazzmusikern Django Reinhardt und Stéphane Grappelli mit dem neu zusammengestellten Hot Club of France aufgenommen wurde. Reinhardt und Grappelli waren durch den Krieg fast sechs Jahre getrennt worden. Als sie sich dann in den illustren Räumen des Athenaeum-Clubs wiedertrafen, war einem Zeugen zufolge das Erste, was sie taten, dass sie eine ekstatische Jazzversion der französischen Nationalhymne improvisierte. Ein paar Tage später wurde daraus in ihrer ersten gemeinsamen Aufnahme-Session seit der Niederlage Frankreichs im Jahr 1940 Echoes of France. Wie hätten sie ihre Freude über die Befreiung und das Ende sechs langer Kriegsjahre besser feiern können?"
Zwei Texte von Peter Wicke
Peter Wicke, 1951 in Zwickau geboren, ist Professor für Theorie und Geschichte der populären Musik und Direktor des Forschungszentrums populäre Musik am Seminar für Musikwissenschaft der Humboldt-Universität Berlin. Von ihm sind eine Vielzahl von Artikeln im In- und Ausland zu theoretischen, historischen und kulturpolitischen Problemen der populären Musik erschienen, die in mehr als fünfzehn Sprachen übersetzt wurden.
Populäre Musik im faschistischen Deutschland und Populäre Musik als theoretisches Konzept
Peter Wicke, 1951 in Zwickau geboren, ist Professor für Theorie und Geschichte der populären Musik und Direktor des Forschungszentrums populäre Musik am Seminar für Musikwissenschaft der Humboldt-Universität Berlin. Von ihm sind eine Vielzahl von Artikeln im In- und Ausland zu theoretischen, historischen und kulturpolitischen Problemen der populären Musik erschienen, die in mehr als fünfzehn Sprachen übersetzt wurden.
Populäre Musik im faschistischen Deutschland und Populäre Musik als theoretisches Konzept
LeMO, Deutsches Historisches Museum, Berlin zu Kunst und Kultur als Instrument der Macht
Die Nationalsozialisten vollzogen eine strenge Trennung zwischen der "wahren deutschen" und der "entarteten" Musik. Zu den als "zersetzend" und "unerwünscht" gebrandmarkten Komponisten zählten unter anderen Alban Berg (1885-1935), Hanns Eisler, Paul Dessau (1894-1979) und Ernst Krenek (1900-1991). Andere wie Gustav Mahler, Arnold Schönberg, Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) und Giacomo Meyerbeer (1791-1864) wurden wegen ihrer jüdischen Herkunft abgelehnt.
Vor allem die Unterhaltungsmusik und der Tanzschlager erlebten im NS-Regime und im Zweiten Weltkrieg einen ungemeinen Aufschwung und Popularitätsschub. Die Rundfunkprogramme boten überwiegend diese Form der Musik, ausgerichtet auf den Geschmack eines Massenpublikums. Weiterlesen
Die Nationalsozialisten vollzogen eine strenge Trennung zwischen der "wahren deutschen" und der "entarteten" Musik. Zu den als "zersetzend" und "unerwünscht" gebrandmarkten Komponisten zählten unter anderen Alban Berg (1885-1935), Hanns Eisler, Paul Dessau (1894-1979) und Ernst Krenek (1900-1991). Andere wie Gustav Mahler, Arnold Schönberg, Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1847) und Giacomo Meyerbeer (1791-1864) wurden wegen ihrer jüdischen Herkunft abgelehnt.
Vor allem die Unterhaltungsmusik und der Tanzschlager erlebten im NS-Regime und im Zweiten Weltkrieg einen ungemeinen Aufschwung und Popularitätsschub. Die Rundfunkprogramme boten überwiegend diese Form der Musik, ausgerichtet auf den Geschmack eines Massenpublikums. Weiterlesen
Autor der Sendung: Knut Benzner. Die Sprecher waren Stephan Schad, Volker Hanisch, Michael Haffke und der Autor. Regie: Der Autor. Technik und Ton: Günter Arnold, Redaktion Dr. Monika Künzel.