Sie war La France in seiner schönsten Gestalt. Die attraktivste, aufregendste, zugleich die herzlichste Verkörperung der femininen Genialität des Landes.
Klaus Harpprecht, Jahrgang 1927, schreibt über Arletty, die Schauspielerin seiner Jugend.
Die großen dunklen Augen, die am liebsten lachten und sich dennoch in Traurigkeiten verlieren konnten, die schimmernde Haut der Schultern und der Décolletés, das amüsierte Spiel ihrer Mundwinkel, wenn sie aus ihrer Loge die Freunde und Flirts aus den eigenen Jahren im Gewerbe der Schausteller beobachtete, die kleinen Gesten der Kameraderie, die gelassene Anmut, die natürliche Noblesse der Bewegungen dieser Courtisane hohen Ranges.
"Les Enfants du Paradis", auf deutsch: "Die Kinder des Olymp", ist einer der großen Klassiker der Filmgeschichte – gedreht 1943 und 1944 in den Jahren der deutschen Okkupation in Frankreich, mit Arletty in der Hauptrolle. Er kam erst nach der Befreiung, im März 1945, in die Pariser Kinos und war zwei Jahre lang ausverkauft. Jean-Louis Barrault spielt den stummen Pantomimen Baptiste, Arletty jenes geheimnisvolle Zauberwesen Garance; es gibt eine verwickelte Handlung um Liebe und Intrigen. Jeder, der diesen Film sah, war verzaubert, auch die jungen Deutschen, die ihn in der unmittelbaren Nachkriegszeit vorgeführt bekamen.
Klaus Harpprecht schildert dies detailliert. Niemand ahnte damals etwas von den dramatischen Umständen, unter denen dieser Film entstand. Und niemand wusste etwas vom Schicksal der faszinierenden Arletty. Sie war, als der Film am Schneidetisch fertiggestellt wurde, als Kollaborateurin interniert, im Lager Drancy – denn sie hatte sich auf eine Affäre mit einem deutschen Besatzungsoffizier eingelassen. Von diesem Deutschen, der die urfranzösische Arletty, eine Symbolfigur für Erotik und Grazie, in der Uniform der Wehrmacht verführen konnte, weiß man fast nichts. Er hieß Hans Jürgen Soehring.
Der Autor Harpprecht ist auf eine Liebesgeschichte zwischen den Fronten gestoßen, die fast märchenhaft anmutet, wie aus der Geschichte gefallen – und ihr Geheimnis auch nach Lektüre dieses Buches bewahrt. Soehring war Jurist und Luftwaffen-Feldrichter, nach dem Krieg versuchte er sich als Schriftsteller und war in ihren Anfangsjahren Mitglied der Gruppe 47. Er starb 1960 als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland auf ominöse Weise bei einem Ausflug im Kongo-Fluss. Als sich Soehring und Arletty im Dezember 1940 im besetzten Paris treffen, ist sie 42 und er 32 Jahre alt. Für sie war es, wie Klaus Harpprecht in seiner französischen Affinität evoziert, ein "coup de foudre", ein erotischer Blitzschlag. Er schreibt, dass sie sofort angezogen gewesen sei von "diesem so männlichen Mann":
Hans Jürgen Soehring sprach ein glänzendes Französisch. Er wirkte, trotz der Uniform, eher zivil, ein gut aussehender Mann mit klar geschnittenen Zügen. Später hätte man vielleicht von ihm gesagt, er sei der Typ eines verfeinerten Curd Jürgens. Kein "normannischer Kleiderschrank", doch immerhin fast ein Meter achtzig groß, und man sah ihm an, dass sein Körper trainiert war. In seinem Auftreten von lässiger Eleganz. Ein Weltmann. Oder doch einer, der sich in der Welt umgesehen hat.
Soehrings Geburtsort schien dieses Programm bereits vorzugeben: es war Konstantinopel. Sein Vater war dort Diplomat. Soehring wollte ebenfalls Diplomat werden, studierte Jura und verbrachte einige Semester im Ausland, vor allem in Frankreich. Nach dem ersten Staatsexamen brach er den Vorbereitungsdienst jedoch bald ab, um seine Eltern in Chile zu besuchen; der Vater amtierte als Konsul in Valparaiso. Ingesamt war er dabei zehn Monate unterwegs und bereiste auch Argentinien, Uruguay und Brasilien.
Nach der Machtergreifung der Nazis wurde sein Antrag auf Aufnahme in den diplomatischen Dienst jedoch zweimal abgelehnt. Als er dann 1937 zum Wehrdienst einberufen wurde, gelang es ihm, in die Rechtsabteilung des Oberkommandos der Luftwaffe versetzt zu werden. Damit begann seine Karriere. Er begleitete die "Legion Condor" im Spanischen Bürgerkrieg und wurde 1937 Mitglied der NSDAP. Im Zweiten Weltkrieg schickte man ihn nach Paris in den Stab der Luftwaffe. Dass es dort weniger militärische, sondern eher gesellschaftliche und repräsentative Aufgaben gab, kam Soehring wohl sehr entgegen. Bei einem Konzert im Konservatorium wurden Soehring und Arletty einander vorgestellt.
Sie hätte keinen Augenblick gezögert, den eleganten deutschen Offizier, der ihr in einer Konzertpause vorgestellt wurde, einen schönen Mann zu nennen: klare, klassisch geformte, ausgeprägt maskuline Züge, die sie faszinierten. Doch unverzüglich nahm sie an Hans-Jürgen Soehring auch eine Besonderheit wahr, die dem harmonischen Bild widersprach: seine spitzen Ohren. Ihr fielen – gleich oder später? – die Bilder der mythischen Faune in den Künsten der Antike ein: jener lüsternen Geschöpfe, halb Mann und halb Ziegenbock, die sämtlich spitze Ohren hatten wie ihr griechischer Ahnherr Pan.
Erkannte sie in dem weltläufigen Bediensteten der Besatzungsmacht gleich von dieser ersten Begegnung an ihren ganz persönlichen Faun? Sie kannte sich in amourösen Verhältnissen aus, doch eine Anziehung von solch schmerzhafter Heftigkeit war ihr selten, wenn denn je, widerfahren. Sie empfand den Offizier nicht als Fremden. Er drückte sich in ihrer Sprache mit einer Selbstverständlichkeit aus, an der nichts aufgesetzt war. Nur durch den Hauch eines Akzentes gab er sich manchmal als Nicht-Franzose zu erkennen – zumal, wenn er Zivil trug, was er der Uniform vorzog, und sie erst recht, die alle Uniformen hasste.
Manchmal wagt sich Klaus Harpprecht zu solchen Passagen vor, die eine beträchtliche Einfühlung verraten; die erste Begegnung seiner beiden Protagonisten erfordert einen besonderen Tribut. Im Normalfall allerdings referiert er einschlägige Quellen, die er leider oft ohne genauere Angaben zitiert. Im Fall von Arletty gibt es etliche Gesprächsbände, ein Erinnerungsbuch und auch eine 1996, vier Jahre nach ihrem Tod erschienene Biografie von Denis Demonpion. So kann Harpprecht recht anschaulich die Entwicklung der jungen Leonie Bathiat zum großen Star schildern: Aufgewachsen in einem Pariser Vorort als Tochter eines Straßenbahnarbeiters und einer Wäscherin, betätigt sie sich zunächst als Sekretärin und lernt durch ihren ersten festen Liebhaber, einem jüdischen Großbürgersohn, die Bildungswelt kennen. Sie arbeitet als Mannequin und legt dafür ihren bürgerlichen, das heißt proletarischen Namen ab. In einer Novelle von Maupassant stößt sie auf den Namen "Arlette". Sie braucht nur noch ein amerikanisch-showmäßiges Ypsilon hinzufügen, und ihr Künstlername ist perfekt: "Arletty". Eines Tages fällt sie Paul Guillaume ins Auge, dem führenden Pariser Kunstkritiker. Er empfiehlt sie ans Theater, wo sie als Revuegirl anfängt.
Die Bezahlung war dürftig. Sie verdiente als Mannequin mehr Geld. Sie entsprach – daher ihr Erfolg – ganz dem Typus der Epoche, gertenschlank, fast zierlich, enge Taille, einen kleinen straffen Po (im Gegensatz zu den ausladenden Hintern der Vorkriegsdamen), auch der Busen klein und fest, die Beine lang, wohlproportioniert, die Augen orientalisch dunkel, das schwarzbraune glatte Haar à la Louise Brooks (der Lulu des großen Filmregisseurs G.W. Pabst) tief in die Stirn fallend, regelmäßige Züge, der Ausdruck ein wenig knabenhaft, zumal wenn sie wie ein Spitzbube lachte, die Erscheinung insgesamt androgyn, dennoch (oder darum) eine latente Laszivität signalisierend, ganz wie es der Geschmack der Zwanziger Jahre wollte.
Ihr erster großer Erfolg ist die Operette "Yes" in der Saison 1928. Sie verkehrt in Künstler- und Bohèmekreisen, konsumiert gern Opium und spielt mit Verehrern und auch Verehrerinnen. Eine lebenslange Freundin wird Antoinette, die Duchesse d'Harcourt, eine Aristokratin, auf deren sexuelle Avancen sie durchaus eingeht. Arletty lässt allerdings keinen Zweifel daran, was für sie die Priorität hat:
Alles in allem bin ich für die Männer. Die Frauen waren kleine Zufälle.
Am wichtigsten wird zunächst Jean-Pierre Dubost, der sechs Jahre jünger ist und aus einer wichtigen Familie der französischen Großbourgeoisie stammt. Sie zieht vorübergehend in seine Wohnung, und er bleibt, trotz ihrer vielen Eskapaden, bis zu seinem Tod in den sechziger Jahren ein ständiger Bezugspunkt. Arlettys große Filmkarriere beginnt 1938 mit "Hotel du Nord" unter dem Regisseur Marcel Carné. Legendär wird ihr Dialog mit dem von Louis Jouvet gespielten Zuhälter, in dem sie ihn auffordert, zusammen nach Toulon zu reisen, zur Luftveränderung. Er erwidert, dass das alles nichts nütze, es wäre überall das Gleiche, und er brauche vor allem eine Veränderung der Atmosphäre, nicht des Ortes. Darauf platzt Arletty der Kragen, sie spießt das Wort "Atmosphäre" auf, zieht wütend über ihn her und stakst überlegen davon.
Der Dialog von "Hotel du Nord" verwandelte Arletty über Nacht in eine Ikone. Noch drei Generationen später fällt das Wort automatisch, wenn von ihr – nicht nur unter Cineasten – die Rede ist: "Atmosphère, atmosphère!" Dann ein wehmütiger Seufzer: Ah, Arletty..., als wollten sie andeuten, dass es diesen Urtypus der Pariserin nicht mehr gibt.
Sie ist auf dem Höhepunkt ihres Erfolges – dabei stehen die magischen "Kinder des Olymp" erst noch bevor. In dieser Situation trifft sie auf den deutschen Offizier Hans Jürgen Soehring. Klaus Harpprecht trägt alles zusammen, was über diese Begegnung aufzufinden ist, er bettet es in die zeitgeschichtliche Atmosphäre ein, doch über den Kern des Buches, die Liebe zwischen Arletty und Soehring, existieren nicht allzuviele Zeugnisse. Das erhöht das Spektakuläre dieses Aufeinandertreffens. Arletty selbst schürte später das Geheimnis eher noch.
Über Soehring hat Harpprecht in dessen Familie und in den erhaltenen Akten recherchiert, die Ergebnisse bleiben dürftig und steigern den Reiz. Arletty datiert den Beginn ihrer Liebe auf September 1941. Bereits im Frühjahr war sie aus dem Hotel Lancaster ausgezogen und hatte die stille Wohnung einer amerikanischen Freundin am Quai de Conti übernommen. Dort ging von nun an Soehring ein und aus. Er versuchte, die äußere Fassade zu wahren, doch solch eine Liaison konnte in Paris nicht geheim bleiben. Harpprecht stellt einige Vermutungen über die Anziehungskraft an, die Soehring auf Arletty ausübte:
Sieger machen – es ist eine alte Geschichte – mehr daher als die Besiegten, die müde, deprimiert, in verschlissenen Uniformen daherschlurfen. Siegersoldaten haben ihren besonderen Sexappeal (eine banale Einsicht, deren Wahrheit die Deutschen fünf Jahre später auf geradezu überwältigende Weise erfahren sollten, vor allem dank der Amerikaner, was hundert Tausende, wenn nicht Millionen ihrer jungen Frauen bezeugen konnten). Zum anderen wirkt die Anziehungskraft, ja der Zauber der Mädchen und Frauen, seit Kriege geführt werden, stets als ein Element der Mäßigung, der Humanisierung, ja der Entwaffnung, im Glücksfall der Versöhnung. Die (wenn man so will) "patriotische" Leistung der "Fräulein" im besiegten Deutschland kann nicht hoch genug eingeschätzt werden – auch wenn den Damen dieses Motiv ihres Engagements niemals bewusst geworden sein mag. Mit Mademoiselle und Madame im unterworfenen Frankreich verhielt es sich nicht anders. Sie halfen dem Land zu überleben.
Damit wagt sich Harpprecht relativ ungeschützt relativ weit vor. An solchen Stellen zeigt sich, wie sehr er autobiografische Erfahrungen, seine Faszination für die eigenen frühen Jahre und vor allem für das Französische einbringt. Dabei bereichern Harpprechts zum Teil sehr faktenreiche zeitgeschichtlichen Streifzüge das Buch durchaus. Es geht ihm um die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich schlechthin; die kurzen Abrisse über politische und kulturelle Verbindungen in den zwanziger und dreißiger Jahren sind plastisch und erhellend.
In einigen Passagen greift er dabei weit über sein eigentliches Sujet hinaus und geht allgemeinen kulturgeschichtlichen Themen nach. Vor allem die Zeit der Kollaboration untersucht er eingehend. Er lässt zwar keinen Zweifel am brutalen politischen Regime, benennt mehrfach die Deportation der Juden, aber die Deutschen, zumal in ihrer kulturellen Verwaltung, kommen trotzdem nicht schlecht weg. Harpprecht bricht vor allem eine Lanze für den Leutnant Gerhard Heller, dem als liberal gezeichneten obersten deutschen Kulturzensoren in Paris.
Sehr positiv bezieht er sich auch immer wieder auf den Tagebuchschreiber Ernst Jünger, er übernimmt dessen Selbstdarstellungen fraglos. Ironisch bis sogar sarkastisch werden hingegen die Rollen von Jean Paul Sartre oder Francois Mitterand gestreift, es liegt Harpprecht auffällig daran, am Mythos der Résistance zu kratzen. Das ist zum Teil recht streitbar. Hübsch sind aber auf jeden Fall die Gesellschafts- und Klatschgeschichten, die er aus dem Künstler- und Kulturmilieu einstreut. Und Arletty ist für ihn ein bleibendes Faszinosum:
An die Freiheit der Liebe ließ sie nicht rühren. Der Mut und die Entschlossenheit, mit denen sie diese gefährliche Freiheit vorlebte, machten den "Fall Arletty" exemplarisch. Und dennoch entsprach er einer Normalität, die leidenschaftlich und lange bestritten wurde. Es gab sie trotzdem, auch und gerade im Krieg und im Zeichen der Okkupation. Was sich hier in Wahrheit vollzog, war – nicht anders als drüben in Deutschland vor und nach der Kapitulation – die Vorwegnahme der sogenannten sexuellen Revolution, die Arletty poetischer als die Freiheit der Liebe, die Freiheit in der Liebe, die freie Liebe umschrieb.
Die Liaison zwischen Arletty und Soehring wird Ende 1942 abrupt unterbrochen. Soehring wird zur "Frontbewährung" geschickt. Im Jahr 1943 kann er noch einmal eine Urlaubswoche in Paris verbringen, und im Juli 1944, kurz bevor die Deutschen das Feld räumen, ist er noch einmal da. Arletty weiß genau, was sie nach der Befreiung zu erwarten hat: Als sogenannte Kollaborateurin, die sich mit einem deutschen Offizier eingelassen hat, werden die Widerständler, vor allem aber auch etliche Opportunisten ihr Mütchen an ihr zu kühlen versuchen.
Dennoch schlägt sie mehrere Möglichkeiten sich zu verstecken aus und will in Paris bleiben. Am 19. Oktober 1944 wird sie verhaftet, im Dezember schickt man sie aus dem Lager in eine private, überwachte Unterkunft zwei Stunden entfernt von Paris, was einem Berufsverbot gleichkommt. Erst am 18. März 1946 kann sie wieder nach Paris ziehen, doch es ist fast nichts mehr wie zuvor. Sie hat als Künstlerin mit der Zeit zwar noch einige Erfolge, aber ihre große Glanzzeit ist unwiderruflich vorbei. Arletty sucht nach dem Verbleib von Hans Jürgen Soehring, spürt ihn in seiner oberbayrischen Zuflucht auf und verbringt die letzte Woche des Jahres 1946 bei ihm. Aber es gibt keine Möglichkeit, einen gemeinsamen Ort zu finden.
Arletty schafft es schließlich, ihm ab Ostern 1949 ein Zweimonatsvisum für Paris zu besorgen, und hier zeigt sich, dass sich die Rahmenbedingungen ihrer Beziehung stark verändert haben. Es kommt zu einer schleichenden Entfremdung. Soehring ist nicht mehr der strahlende Offizier, der sie in Restaurants ausführen kann, er ist ein mittelloser freier Schriftsteller, der sich in der Pariser Öffentlichkeit besser nicht allzuoft zeigt. Trotz einer starken Anziehung halten die Gefühle den Mühen des Alltags nicht mehr stand.
Soehring fährt nach Oberbayern zurück und heiratet dort bald. Er zieht schließlich mit seiner Familie zum Schwiegervater nach Buenos Aires, der dort als Industrieller Erfolg hat, und es gelingt ihm, in den diplomatischen Dienst zurückzukehren. Es gibt viele Leerstellen in seiner Biografie. Eine davon übergeht Harpprecht vielleicht ein bisschen zu rasch: der Erzählungband "Cordelia", den Soehring 1947 veröffentlicht und der ihn eine Zeitlang im Literaturbetrieb mitmischen lässt, ist doch interessanter, als es in diesem gleichwohl spannenden und verblüffenden Sachbach den Anschein hat.
Harpprecht stellt Soehring als Hemingway-Epigonen dar und benutzt die Schlüsselerzählung "Cordelia" bloß als Materialsammlung für die Beziehung zu Arletty. Dabei sticht sie in der Schilderung einer zeitenthobenen Liebe im Paris der Okkupation und einigen atmosphärisch dichten Beschreibungen aus dem Mainstream der damaligen jungen deutschen Literatur heraus. So ist das Geheimnis der Beziehung zwischen der großen französischen Schauspielerin und dem deutschen Besatzungsoffizier letztlich am ehesten in der Literatur aufgehoben, zwischen Zeilen wie diesen von Soehring selbst:
Der Champagner war so eiskalt, dass er kaum schäumte, und hatte einen Geschmack von Kupfer und ganz weit weg auch von bitterer Schokolade beim ersten Schluck, und wir tranken beide wie zwei Verdurstende.
Klaus Harpprecht, Jahrgang 1927, schreibt über Arletty, die Schauspielerin seiner Jugend.
Die großen dunklen Augen, die am liebsten lachten und sich dennoch in Traurigkeiten verlieren konnten, die schimmernde Haut der Schultern und der Décolletés, das amüsierte Spiel ihrer Mundwinkel, wenn sie aus ihrer Loge die Freunde und Flirts aus den eigenen Jahren im Gewerbe der Schausteller beobachtete, die kleinen Gesten der Kameraderie, die gelassene Anmut, die natürliche Noblesse der Bewegungen dieser Courtisane hohen Ranges.
"Les Enfants du Paradis", auf deutsch: "Die Kinder des Olymp", ist einer der großen Klassiker der Filmgeschichte – gedreht 1943 und 1944 in den Jahren der deutschen Okkupation in Frankreich, mit Arletty in der Hauptrolle. Er kam erst nach der Befreiung, im März 1945, in die Pariser Kinos und war zwei Jahre lang ausverkauft. Jean-Louis Barrault spielt den stummen Pantomimen Baptiste, Arletty jenes geheimnisvolle Zauberwesen Garance; es gibt eine verwickelte Handlung um Liebe und Intrigen. Jeder, der diesen Film sah, war verzaubert, auch die jungen Deutschen, die ihn in der unmittelbaren Nachkriegszeit vorgeführt bekamen.
Klaus Harpprecht schildert dies detailliert. Niemand ahnte damals etwas von den dramatischen Umständen, unter denen dieser Film entstand. Und niemand wusste etwas vom Schicksal der faszinierenden Arletty. Sie war, als der Film am Schneidetisch fertiggestellt wurde, als Kollaborateurin interniert, im Lager Drancy – denn sie hatte sich auf eine Affäre mit einem deutschen Besatzungsoffizier eingelassen. Von diesem Deutschen, der die urfranzösische Arletty, eine Symbolfigur für Erotik und Grazie, in der Uniform der Wehrmacht verführen konnte, weiß man fast nichts. Er hieß Hans Jürgen Soehring.
Der Autor Harpprecht ist auf eine Liebesgeschichte zwischen den Fronten gestoßen, die fast märchenhaft anmutet, wie aus der Geschichte gefallen – und ihr Geheimnis auch nach Lektüre dieses Buches bewahrt. Soehring war Jurist und Luftwaffen-Feldrichter, nach dem Krieg versuchte er sich als Schriftsteller und war in ihren Anfangsjahren Mitglied der Gruppe 47. Er starb 1960 als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland auf ominöse Weise bei einem Ausflug im Kongo-Fluss. Als sich Soehring und Arletty im Dezember 1940 im besetzten Paris treffen, ist sie 42 und er 32 Jahre alt. Für sie war es, wie Klaus Harpprecht in seiner französischen Affinität evoziert, ein "coup de foudre", ein erotischer Blitzschlag. Er schreibt, dass sie sofort angezogen gewesen sei von "diesem so männlichen Mann":
Hans Jürgen Soehring sprach ein glänzendes Französisch. Er wirkte, trotz der Uniform, eher zivil, ein gut aussehender Mann mit klar geschnittenen Zügen. Später hätte man vielleicht von ihm gesagt, er sei der Typ eines verfeinerten Curd Jürgens. Kein "normannischer Kleiderschrank", doch immerhin fast ein Meter achtzig groß, und man sah ihm an, dass sein Körper trainiert war. In seinem Auftreten von lässiger Eleganz. Ein Weltmann. Oder doch einer, der sich in der Welt umgesehen hat.
Soehrings Geburtsort schien dieses Programm bereits vorzugeben: es war Konstantinopel. Sein Vater war dort Diplomat. Soehring wollte ebenfalls Diplomat werden, studierte Jura und verbrachte einige Semester im Ausland, vor allem in Frankreich. Nach dem ersten Staatsexamen brach er den Vorbereitungsdienst jedoch bald ab, um seine Eltern in Chile zu besuchen; der Vater amtierte als Konsul in Valparaiso. Ingesamt war er dabei zehn Monate unterwegs und bereiste auch Argentinien, Uruguay und Brasilien.
Nach der Machtergreifung der Nazis wurde sein Antrag auf Aufnahme in den diplomatischen Dienst jedoch zweimal abgelehnt. Als er dann 1937 zum Wehrdienst einberufen wurde, gelang es ihm, in die Rechtsabteilung des Oberkommandos der Luftwaffe versetzt zu werden. Damit begann seine Karriere. Er begleitete die "Legion Condor" im Spanischen Bürgerkrieg und wurde 1937 Mitglied der NSDAP. Im Zweiten Weltkrieg schickte man ihn nach Paris in den Stab der Luftwaffe. Dass es dort weniger militärische, sondern eher gesellschaftliche und repräsentative Aufgaben gab, kam Soehring wohl sehr entgegen. Bei einem Konzert im Konservatorium wurden Soehring und Arletty einander vorgestellt.
Sie hätte keinen Augenblick gezögert, den eleganten deutschen Offizier, der ihr in einer Konzertpause vorgestellt wurde, einen schönen Mann zu nennen: klare, klassisch geformte, ausgeprägt maskuline Züge, die sie faszinierten. Doch unverzüglich nahm sie an Hans-Jürgen Soehring auch eine Besonderheit wahr, die dem harmonischen Bild widersprach: seine spitzen Ohren. Ihr fielen – gleich oder später? – die Bilder der mythischen Faune in den Künsten der Antike ein: jener lüsternen Geschöpfe, halb Mann und halb Ziegenbock, die sämtlich spitze Ohren hatten wie ihr griechischer Ahnherr Pan.
Erkannte sie in dem weltläufigen Bediensteten der Besatzungsmacht gleich von dieser ersten Begegnung an ihren ganz persönlichen Faun? Sie kannte sich in amourösen Verhältnissen aus, doch eine Anziehung von solch schmerzhafter Heftigkeit war ihr selten, wenn denn je, widerfahren. Sie empfand den Offizier nicht als Fremden. Er drückte sich in ihrer Sprache mit einer Selbstverständlichkeit aus, an der nichts aufgesetzt war. Nur durch den Hauch eines Akzentes gab er sich manchmal als Nicht-Franzose zu erkennen – zumal, wenn er Zivil trug, was er der Uniform vorzog, und sie erst recht, die alle Uniformen hasste.
Manchmal wagt sich Klaus Harpprecht zu solchen Passagen vor, die eine beträchtliche Einfühlung verraten; die erste Begegnung seiner beiden Protagonisten erfordert einen besonderen Tribut. Im Normalfall allerdings referiert er einschlägige Quellen, die er leider oft ohne genauere Angaben zitiert. Im Fall von Arletty gibt es etliche Gesprächsbände, ein Erinnerungsbuch und auch eine 1996, vier Jahre nach ihrem Tod erschienene Biografie von Denis Demonpion. So kann Harpprecht recht anschaulich die Entwicklung der jungen Leonie Bathiat zum großen Star schildern: Aufgewachsen in einem Pariser Vorort als Tochter eines Straßenbahnarbeiters und einer Wäscherin, betätigt sie sich zunächst als Sekretärin und lernt durch ihren ersten festen Liebhaber, einem jüdischen Großbürgersohn, die Bildungswelt kennen. Sie arbeitet als Mannequin und legt dafür ihren bürgerlichen, das heißt proletarischen Namen ab. In einer Novelle von Maupassant stößt sie auf den Namen "Arlette". Sie braucht nur noch ein amerikanisch-showmäßiges Ypsilon hinzufügen, und ihr Künstlername ist perfekt: "Arletty". Eines Tages fällt sie Paul Guillaume ins Auge, dem führenden Pariser Kunstkritiker. Er empfiehlt sie ans Theater, wo sie als Revuegirl anfängt.
Die Bezahlung war dürftig. Sie verdiente als Mannequin mehr Geld. Sie entsprach – daher ihr Erfolg – ganz dem Typus der Epoche, gertenschlank, fast zierlich, enge Taille, einen kleinen straffen Po (im Gegensatz zu den ausladenden Hintern der Vorkriegsdamen), auch der Busen klein und fest, die Beine lang, wohlproportioniert, die Augen orientalisch dunkel, das schwarzbraune glatte Haar à la Louise Brooks (der Lulu des großen Filmregisseurs G.W. Pabst) tief in die Stirn fallend, regelmäßige Züge, der Ausdruck ein wenig knabenhaft, zumal wenn sie wie ein Spitzbube lachte, die Erscheinung insgesamt androgyn, dennoch (oder darum) eine latente Laszivität signalisierend, ganz wie es der Geschmack der Zwanziger Jahre wollte.
Ihr erster großer Erfolg ist die Operette "Yes" in der Saison 1928. Sie verkehrt in Künstler- und Bohèmekreisen, konsumiert gern Opium und spielt mit Verehrern und auch Verehrerinnen. Eine lebenslange Freundin wird Antoinette, die Duchesse d'Harcourt, eine Aristokratin, auf deren sexuelle Avancen sie durchaus eingeht. Arletty lässt allerdings keinen Zweifel daran, was für sie die Priorität hat:
Alles in allem bin ich für die Männer. Die Frauen waren kleine Zufälle.
Am wichtigsten wird zunächst Jean-Pierre Dubost, der sechs Jahre jünger ist und aus einer wichtigen Familie der französischen Großbourgeoisie stammt. Sie zieht vorübergehend in seine Wohnung, und er bleibt, trotz ihrer vielen Eskapaden, bis zu seinem Tod in den sechziger Jahren ein ständiger Bezugspunkt. Arlettys große Filmkarriere beginnt 1938 mit "Hotel du Nord" unter dem Regisseur Marcel Carné. Legendär wird ihr Dialog mit dem von Louis Jouvet gespielten Zuhälter, in dem sie ihn auffordert, zusammen nach Toulon zu reisen, zur Luftveränderung. Er erwidert, dass das alles nichts nütze, es wäre überall das Gleiche, und er brauche vor allem eine Veränderung der Atmosphäre, nicht des Ortes. Darauf platzt Arletty der Kragen, sie spießt das Wort "Atmosphäre" auf, zieht wütend über ihn her und stakst überlegen davon.
Der Dialog von "Hotel du Nord" verwandelte Arletty über Nacht in eine Ikone. Noch drei Generationen später fällt das Wort automatisch, wenn von ihr – nicht nur unter Cineasten – die Rede ist: "Atmosphère, atmosphère!" Dann ein wehmütiger Seufzer: Ah, Arletty..., als wollten sie andeuten, dass es diesen Urtypus der Pariserin nicht mehr gibt.
Sie ist auf dem Höhepunkt ihres Erfolges – dabei stehen die magischen "Kinder des Olymp" erst noch bevor. In dieser Situation trifft sie auf den deutschen Offizier Hans Jürgen Soehring. Klaus Harpprecht trägt alles zusammen, was über diese Begegnung aufzufinden ist, er bettet es in die zeitgeschichtliche Atmosphäre ein, doch über den Kern des Buches, die Liebe zwischen Arletty und Soehring, existieren nicht allzuviele Zeugnisse. Das erhöht das Spektakuläre dieses Aufeinandertreffens. Arletty selbst schürte später das Geheimnis eher noch.
Über Soehring hat Harpprecht in dessen Familie und in den erhaltenen Akten recherchiert, die Ergebnisse bleiben dürftig und steigern den Reiz. Arletty datiert den Beginn ihrer Liebe auf September 1941. Bereits im Frühjahr war sie aus dem Hotel Lancaster ausgezogen und hatte die stille Wohnung einer amerikanischen Freundin am Quai de Conti übernommen. Dort ging von nun an Soehring ein und aus. Er versuchte, die äußere Fassade zu wahren, doch solch eine Liaison konnte in Paris nicht geheim bleiben. Harpprecht stellt einige Vermutungen über die Anziehungskraft an, die Soehring auf Arletty ausübte:
Sieger machen – es ist eine alte Geschichte – mehr daher als die Besiegten, die müde, deprimiert, in verschlissenen Uniformen daherschlurfen. Siegersoldaten haben ihren besonderen Sexappeal (eine banale Einsicht, deren Wahrheit die Deutschen fünf Jahre später auf geradezu überwältigende Weise erfahren sollten, vor allem dank der Amerikaner, was hundert Tausende, wenn nicht Millionen ihrer jungen Frauen bezeugen konnten). Zum anderen wirkt die Anziehungskraft, ja der Zauber der Mädchen und Frauen, seit Kriege geführt werden, stets als ein Element der Mäßigung, der Humanisierung, ja der Entwaffnung, im Glücksfall der Versöhnung. Die (wenn man so will) "patriotische" Leistung der "Fräulein" im besiegten Deutschland kann nicht hoch genug eingeschätzt werden – auch wenn den Damen dieses Motiv ihres Engagements niemals bewusst geworden sein mag. Mit Mademoiselle und Madame im unterworfenen Frankreich verhielt es sich nicht anders. Sie halfen dem Land zu überleben.
Damit wagt sich Harpprecht relativ ungeschützt relativ weit vor. An solchen Stellen zeigt sich, wie sehr er autobiografische Erfahrungen, seine Faszination für die eigenen frühen Jahre und vor allem für das Französische einbringt. Dabei bereichern Harpprechts zum Teil sehr faktenreiche zeitgeschichtlichen Streifzüge das Buch durchaus. Es geht ihm um die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich schlechthin; die kurzen Abrisse über politische und kulturelle Verbindungen in den zwanziger und dreißiger Jahren sind plastisch und erhellend.
In einigen Passagen greift er dabei weit über sein eigentliches Sujet hinaus und geht allgemeinen kulturgeschichtlichen Themen nach. Vor allem die Zeit der Kollaboration untersucht er eingehend. Er lässt zwar keinen Zweifel am brutalen politischen Regime, benennt mehrfach die Deportation der Juden, aber die Deutschen, zumal in ihrer kulturellen Verwaltung, kommen trotzdem nicht schlecht weg. Harpprecht bricht vor allem eine Lanze für den Leutnant Gerhard Heller, dem als liberal gezeichneten obersten deutschen Kulturzensoren in Paris.
Sehr positiv bezieht er sich auch immer wieder auf den Tagebuchschreiber Ernst Jünger, er übernimmt dessen Selbstdarstellungen fraglos. Ironisch bis sogar sarkastisch werden hingegen die Rollen von Jean Paul Sartre oder Francois Mitterand gestreift, es liegt Harpprecht auffällig daran, am Mythos der Résistance zu kratzen. Das ist zum Teil recht streitbar. Hübsch sind aber auf jeden Fall die Gesellschafts- und Klatschgeschichten, die er aus dem Künstler- und Kulturmilieu einstreut. Und Arletty ist für ihn ein bleibendes Faszinosum:
An die Freiheit der Liebe ließ sie nicht rühren. Der Mut und die Entschlossenheit, mit denen sie diese gefährliche Freiheit vorlebte, machten den "Fall Arletty" exemplarisch. Und dennoch entsprach er einer Normalität, die leidenschaftlich und lange bestritten wurde. Es gab sie trotzdem, auch und gerade im Krieg und im Zeichen der Okkupation. Was sich hier in Wahrheit vollzog, war – nicht anders als drüben in Deutschland vor und nach der Kapitulation – die Vorwegnahme der sogenannten sexuellen Revolution, die Arletty poetischer als die Freiheit der Liebe, die Freiheit in der Liebe, die freie Liebe umschrieb.
Die Liaison zwischen Arletty und Soehring wird Ende 1942 abrupt unterbrochen. Soehring wird zur "Frontbewährung" geschickt. Im Jahr 1943 kann er noch einmal eine Urlaubswoche in Paris verbringen, und im Juli 1944, kurz bevor die Deutschen das Feld räumen, ist er noch einmal da. Arletty weiß genau, was sie nach der Befreiung zu erwarten hat: Als sogenannte Kollaborateurin, die sich mit einem deutschen Offizier eingelassen hat, werden die Widerständler, vor allem aber auch etliche Opportunisten ihr Mütchen an ihr zu kühlen versuchen.
Dennoch schlägt sie mehrere Möglichkeiten sich zu verstecken aus und will in Paris bleiben. Am 19. Oktober 1944 wird sie verhaftet, im Dezember schickt man sie aus dem Lager in eine private, überwachte Unterkunft zwei Stunden entfernt von Paris, was einem Berufsverbot gleichkommt. Erst am 18. März 1946 kann sie wieder nach Paris ziehen, doch es ist fast nichts mehr wie zuvor. Sie hat als Künstlerin mit der Zeit zwar noch einige Erfolge, aber ihre große Glanzzeit ist unwiderruflich vorbei. Arletty sucht nach dem Verbleib von Hans Jürgen Soehring, spürt ihn in seiner oberbayrischen Zuflucht auf und verbringt die letzte Woche des Jahres 1946 bei ihm. Aber es gibt keine Möglichkeit, einen gemeinsamen Ort zu finden.
Arletty schafft es schließlich, ihm ab Ostern 1949 ein Zweimonatsvisum für Paris zu besorgen, und hier zeigt sich, dass sich die Rahmenbedingungen ihrer Beziehung stark verändert haben. Es kommt zu einer schleichenden Entfremdung. Soehring ist nicht mehr der strahlende Offizier, der sie in Restaurants ausführen kann, er ist ein mittelloser freier Schriftsteller, der sich in der Pariser Öffentlichkeit besser nicht allzuoft zeigt. Trotz einer starken Anziehung halten die Gefühle den Mühen des Alltags nicht mehr stand.
Soehring fährt nach Oberbayern zurück und heiratet dort bald. Er zieht schließlich mit seiner Familie zum Schwiegervater nach Buenos Aires, der dort als Industrieller Erfolg hat, und es gelingt ihm, in den diplomatischen Dienst zurückzukehren. Es gibt viele Leerstellen in seiner Biografie. Eine davon übergeht Harpprecht vielleicht ein bisschen zu rasch: der Erzählungband "Cordelia", den Soehring 1947 veröffentlicht und der ihn eine Zeitlang im Literaturbetrieb mitmischen lässt, ist doch interessanter, als es in diesem gleichwohl spannenden und verblüffenden Sachbach den Anschein hat.
Harpprecht stellt Soehring als Hemingway-Epigonen dar und benutzt die Schlüsselerzählung "Cordelia" bloß als Materialsammlung für die Beziehung zu Arletty. Dabei sticht sie in der Schilderung einer zeitenthobenen Liebe im Paris der Okkupation und einigen atmosphärisch dichten Beschreibungen aus dem Mainstream der damaligen jungen deutschen Literatur heraus. So ist das Geheimnis der Beziehung zwischen der großen französischen Schauspielerin und dem deutschen Besatzungsoffizier letztlich am ehesten in der Literatur aufgehoben, zwischen Zeilen wie diesen von Soehring selbst:
Der Champagner war so eiskalt, dass er kaum schäumte, und hatte einen Geschmack von Kupfer und ganz weit weg auch von bitterer Schokolade beim ersten Schluck, und wir tranken beide wie zwei Verdurstende.