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Eine seniorengerechte Gesellschaft
Besser älter werden

Deutschlands Bevölkerung wird immer älter. Doch Stadtplaner, Architekten und Produktmanager haben sich noch längst nicht darauf eingestellt. Oft fehlt es auch an Fantasie, wie ein Generationen übergreifendes Zusammenleben funktionieren könnte. Dabei kann es manchmal so einfach sein.

Von Dorothea Heinze |
Hannover, 03.09.16: Zwei Senioren laufen durch den Park, einer mit Rollator.
Auch alte Menschen sollen am gesellschaftlichen Leben teilhaben, heißt es in dem im Juli von der Bundesregierung veröffentlichte Papier der „Kommission gleichwertige Lebensverhältnisse“ (imago / Henning Scheffen)
"Ich möchte nach Gießen fahren, da brauche ich erst mal meine Brille, damit ich überhaupt weiß, welcher Knopf bedient wird. Also, Gimbach, Ginsbach, was soll denn das sein. Das ist schon mal schwierig."
Ein sonniger Mittwochnachmittag in Weinheim an der Bergstraße, Bahnhof. Diese ältere Dame möchte von hier nach Gießen fahren, aber das ist gar nicht so einfach.
"Also erstens mal, wenn ich das antippe und möchte Gießen bekommen, dann dürfte das nicht so schnell weggehen. Ich hab jetzt scheinbar einen Fehler gemacht und schon komme ich nicht mehr zurück. Jetzt gucken wir hier noch mal. Von Weinheim nach: Das machen wir nochmal. Also: Das ist schon mal unfreundlich."
Ältere Menschen als Benchmark-Zielgruppe
Ein "unfreundliches Gerät" in der Bedienung, bei so einem Stichwort wird Gundolf Meyer-Hentschel hellhörig. Der Marketingexperte steht in einer Hotellobby in Frankfurt. Gerade hat er auf einem Kongress über sein Lieblingsthema gesprochen: Warum wir im hochindustrialisierten Deutschland so wenig "freundliche und höfliche" Produkte entwickeln. Darunter, so sagt er, würden nicht nur alte Menschen leiden. Sein Tenor: Wer Senioren als Zielgruppe definiert, der tut Gutes für viele.
"Ja, ich sage gerne, in der Industrie, wenn wir beraten, nehmen wir doch ältere Menschen als Benchmark-Zielgruppe. In Benchmarks kann die Industrie denken, und wenn wir ältere Menschen als Benchmark nehmen, heißt das, wir orientieren uns an einer Zielgruppe, die manche Fähigkeiten nicht mehr hat, oder die es einfach bequemer haben will. Und insofern können wir von älteren Menschen und ihren Fähigkeiten und Wünschen unglaublich viel lernen."
Deutschland wird älter. Bis 2035, diese Zahlen hat das "Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung" in einer Studie jüngst vorgelegt, wird der Anteil der über 64-jährigen in Deutschland von heute knapp 22 Prozent auf über 27 Prozent steigen. 2050 werden über 14 Prozent aller hier lebenden Deutschen über 80 Jahre alt sein. Es wird dann sehr viele Orte in diesem Land geben, in denen mehr als die Hälfte aller Einwohner über 65 Jahre alt sein wird, Rentnerstädte also. All diese Erkenntnisse sind nicht neu. Dass die Babyboomer, also die Jahrgänge um 1964 herum, bald in Rente gehen werden, ist seit langem bekannt. Trotzdem herrscht nicht nur bei den Programmierern von Fahrkartenautomaten der Deutschen Bundesbahn eine oft erschreckende Diskrepanz zwischen dem Wissen einerseits und dem Alltagsleben andererseits. Gundolf Meyer-Hentschel warnt:
"Unsere Idee ist, der Industrie, und den Bauträgern und Architekten und so weiter, klarzumachen, dass sie ständig mit Menschen kommunizieren. Und dass sie sehr, sehr oft alten Menschen die Botschaft vermitteln: Du bist zu alt dafür. Du kannst das nicht mehr. Du bist nicht geschickt genug dafür. Du hast nicht mehr genug Kraft. Und das ist eine ganz gefährliche Geschichte, weil alte Menschen ziehen sich dann sukzessive zurück."
Blick auf einen geschwungenen Treppenaufgang, rechts an der Wand steht der Schriftzug "Großer Saal".
Elbphilharmonie in Hamburg: die vielen Treppen sind für manche Senioren schwer zu bewältigen (picture alliance / imageBROKER)
Elbphilharmonie Hamburg, Sonnabend, 19.30 Uhr. In einer halben Stunde beginnt das Konzert. Wie immer ist das zurzeit bekannteste Konzerthaus des Landes ausverkauft. Die Gäste strömen hinein, einer nach dem anderen zieht sein Ticket durch den Automaten und eilt zur Rolltreppe. Eine Rollstuhlfahrerin kommt mit ihrer Tochter, beide sind verwirrt. "Oh, nein, das ist einfach hier ein Abenteuer."
Genervt rollt die Dame zurück. Sie war extra pünktlich von zu Hause aus gestartet. Nun muss sie erst zum Seiteneingang. Dort befinden sich die Fahrstühle. Doch wie immer ist es auch hier voll, es gibt eine lange Schlange. Am Ende schafft sie es gerade noch pünktlich, so wie dieser ältere Herr oben auf der Plaza. Seit Jahrzehnten ist der 86-jährige Hamburger Abonnent klassischer Konzertreihen. Die Elbphilharmonie hat ihn enttäuscht.
"Ich finde das Haus sehr unübersichtlich, ich muss hier viele Treppen laufen. Und wenn wir uns oben einfinden wollen und ein Glas Wein trinken wollen, es gibt keinen einzigen Stuhl, ich muss immer stehen."
Die Tochter begleitet ihre Eltern zu jedem Konzert. Auch sie ist skeptisch. "Wenn ich hier in die Elbphilharmonie gehe mit meinen Eltern, ich sag mal 80 Jahre plus, ist es einfach schwierig, wenn wir den Konzertraum verlassen, dass der Fahrstuhl, der ist zwar da, aber der ist einfach total überbelegt, dass man einfach keinen Platz kriegt und mindestens eine halbe Stunde einrechnen muss, bis man wieder unten ist."
Doch dann sind die Taxen längst weg. Schon lange verzichten Tochter und Eltern daher auf jede Zugabe. Der alte Herr ärgert sich außerdem über fehlende Geländer oben auf der Empore und steile Treppenstufen und dann auch noch die Toiletten. Viel zu wenige und:
"Bei den Toilettentüren, einige haben schon gedacht, die sind verschlossen, weil sie die gar nicht auf kriegten. Da muss man also richtig Kraft aufwenden, um die Tür auch in die richtige Richtung zu drücken. Und dann hofft man, dass man dann rein kommt. Das ist mühsam, das ist auch nix für alte Leute."
"Nichts für alte Leute"
Nichts für alte Leute – dieser Herr hat sein jahrzehntelanges Abonnement jetzt gekündigt. Die Elbphilharmonie in Hamburg ist noch nicht einmal drei Jahre alt, sprich nagelneu. Auch in den Planungsjahren war längst bekannt: Das Publikum von klassischen Konzerten gehört zur älteren Generation und die Zahl der Älteren wird wachsen. Die Probleme, die die Elbphilharmonie heute hat, hätten vermieden werden können, hätten die Architekten strengere Auflagen erfüllen müssen. Doch: Von der Erkenntnis zur Umsetzung in Politik und Verwaltung ist es ein weiter Weg.
"Es dauert wahnsinnig lange, bis das wirklich durch alle Abteilungen und Prozesse durchdekliniert ist. Wenn wir eine Behörde beraten, beraten wir drei Personen. Eine Behörde mit 300 Leuten, bis das dort ankommt, es dauert einfach ewig. Wir wundern uns, dass das so lange dauert, aber da liegen die Stellschrauben, die gedreht werden müssen. Dass dieses Thema, und dieses Wissen, einfach weiter vorangetrieben wird."
Anne Wening ist Architektin und Fachbereichsleiterin für "Bauen, Öffentlicher Raum und Mobilität" in der "Bundesfachstelle für Barrierefreiheit" in Berlin. Seit drei Jahren gibt es die behördliche Einrichtung mit einem klaren gesetzlichen Auftrag: Beratung von Behörden, Kommunen und auch Einzelpersonen in allen Fragen der Barrierefreiheit, ob nun auf Bahnhöfen, in Konzerthäusern oder vor dem Computer. Für Anne Wening, die schon sehr lange in diesem Bereich arbeitet, ist allein schon die Einrichtung ihrer Fachstelle mit klaren Aufträgen und Befugnissen ein Erfolg. Zurücklehnen mag sie sich deshalb aber noch lange nicht:
"Ich bin keineswegs zufrieden, mit dem was erreicht ist. Ich stoße immer wieder an Barrieren, an Grenzen, in den unterschiedlichsten Bereichen. Wie schwierig es manchmal ist, sich zu orientieren, im öffentlichen Raum. Farben sind so grell, dass man die Schrift nicht lesen kann, etc. etc."

Barrierefreiheit ist keine Zauberei. Gefragt sind intelligente Lösungen – und manchmal kommen sie aus einer Ecke, mit der man nicht gerechnet hat. Anne Wening:
Die Schatten dreier Geschäftsleute, die mit ihren Rollkoffern zu einem Termin eilen.
Auch das ist Barrierefreiheit: Rollkoffer (dpa)
"Es gibt wunderbare Beispiele an Barrierefreiheit. Das eine Thema ist zum Beispiel bodengleiche Dusche. Das kommt aus dem Hotelwesen. Das hat man vor 20 Jahren nicht gemacht. Jeder, der heute ein neues Badezimmer baut, ist bemüht, eine bodengleiche Dusche zu bekommen. Oder das Thema Reisekoffer. Können Sie sich noch erinnern, wie wir unsere schweren Reisetaschen vollbepackt selber tragen mussten? Kämen sie heute noch auf die Idee, etwas anderes zu nehmen, als einen Rollkoffer? Auch das ist Barrierefreiheit. Und ich finde, da müssen wir hin. Dass wir das gar nicht als Barrierefreiheit benennen, sondern dass diese ganzen Produkte einfach selbstverständlich ein gutes Leben erleichtern."
Barrierefreiheit als nationales Ziel
"Niemand wird zurückgelassen, benachteiligt, ausgegrenzt oder diskriminiert."
"Unser Plan für Deutschland" heißt das im Juli von der Bundesregierung veröffentlichte dicke Papier der "Kommission gleichwertige Lebensverhältnisse". Anspruchsvolle Ziele sind da formuliert. Keiner soll zurückgelassen oder benachteiligt werden, auch alte Menschen sollen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und sich nicht isoliert fühlen. Viele schöne Worte – vielleicht zu viele schöne Worte? Hohle Worte gar? Fachfrau Anne Wening sieht das anders. Zum ersten Mal werde hier klar und deutlich von einer Bundesregierung formuliert, womit sie sich schon ihr ganzes Arbeitsleben lang beschäftigt. Barrierefreiheit als nationales Ziel.
"Für mich ist das ein klares Statement der Regierung, und ich denke, damit wird ein Meilenstein gesetzt, der uns die nächsten Jahre und eventuell auch Jahrzehnte beschäftigen wird. Aber die Perspektive und die Aussicht ist klar gesetzt."
Wie Anne Wening sagt, es kann noch Jahre dauern. Für einige jedoch ist es dann zu spät: "Ich bin Gunda Pohlmann-Hof und wohne hier seit 1985 und zwar im zweiten Stock in diesem Haus, und bin verheiratet mit meinem Mann, der aber bereits seit 1965 hier wohnt."
Gunda Pohlmann-Hof steht im großen Treppenhaus eines Altbaus im Hamburger Grindelviertel. Die 1945 geborene Seniorin ist verzweifelt. Ihr Mann ist schwer krank und kann die Treppenstufen nicht mehr bewältigen.
"Ja, er ist also 85 und hat Schwierigkeiten zu gehen. Und schon seit längerer Zeit kann er die Treppen bis hier oben nur mit Hilfe bewerkstelligen. Das ist immer schlimmer geworden, Und jetzt es so, nach einem Sturz und Wirbelbruch, dass er also zeitweilig nur mit Krankentransport das Haus verlassen konnte. Perspektive ist, dass es wohl so ähnlich bleiben wird."
Mangelnde Solidarität zwischen den Generationen
19 Wohnungen hat das Haus, viele Eigentümer wohnen schon seit Jahrzehnten hier. So auch Harald Neumann im ausgebauten Dachgeschoss. Der Sohn ist ausgezogen und nun leben der 67-jährige und seine Frau alleine hier. 106 Stufen sind es täglich, mehrmals auf und ab. Auch Harald Neumann war klar, das geht nicht ewig gut. Also fassten er und andere Eigentümer im Haus einen Plan: Im ausreichend großen Treppenhaus einen Aufzug einbauen und dann über ein Nachbarschaftsnetzwerk die Pflege und Betreuung im Alter selbst organisieren. Das Ziel: Unabhängig und so lange wie möglich in der eigenen Wohnung leben können.
"Ja, wir wollten das selbst organisiert, als Nachbarn, dass wir so ein privates Pflegekonzept und Unterstützungskonzept aufbauen. Das funktioniert natürlich nur, wenn die baulichen Voraussetzungen dafür da sind. Ja, Aufzug wäre Phase eins."
Harald Neumann spricht im Konjunktiv. Denn ob ein Aufzug jemals kommen wird, ist fraglich. Obwohl sich die Mehrheit der Eigentümer für den Einbau entschieden hatte, gab es eine Klage dagegen, von vier jüngeren Parteien aus den unteren Geschossen, die sich auf Formfehler im Verfahren beriefen. Außerdem argumentierten sie damit, dass das schöne alte Treppenhaus durch einen Fahrstuhl verschandelt werden würde und Wohnungen dann einen Wertverlust hinnehmen müssten. Es gab ein Mediationsverfahren und Zugeständnisse der Fahrstuhlbefürworter – zum Beispiel, die unteren Geschosse komplett von den Kosten zu befreien. Die Kläger wollten dennoch nicht einlenken und gewannen Prozess, sogar in der zweiten Instanz. Das hierzulande gültige Wohnungseigentumsgesetz ist sehr streng. Nie soll eine Mehrheit der Minderheit einfach etwas aufdrücken können.

30.000 Euro haben Harald Neumann und seine Mitstreiter bis jetzt investiert: "Man ist wahnsinnig frustriert, man verliert auch, das haben mir mehrere aus dem Haus bestätigt, den Glauben an den Rechtsstaat, weil wir empfinden das als Unrecht. Wir wollen ja nichts Ungewöhnliches. Sondern wir wollen etwas, was hier in der Nachbarschaft gang und gäbe ist: Dass den Bedürfnissen der Bewohner entsprechend das Haus zeitgemäß ausgerüstet wird. Wie das ja bei Neubauten zwangsweise der Fall ist, da müssen Fahrstühle ab 13 Meter Bauhöhe in Hamburg eingebaut werden. Und wenn man das bei einem Altbau nachrüsten will, dann soll das plötzlich, aus welchen Gründen auch immer, nicht möglich sein? Das ist völlig unverständlich."
Ein Rollstuhl steht unter einer Treppe in einem Wohnhaus.
Unabhängig und so lange wie möglich in der eigenen Wohnung leben können - das geht oft nicht ohne Fahrstuhl (dpa/ Arno Burgi)
Das Haus in Hamburg ist kein Einzelfall. Überall im Land leben ältere Menschen in Häusern ohne Fahrstühle. Und überall im Land gibt es Mitbewohner, die nicht einsehen, warum sie wegen der Senioren im Haus einen Fahrstuhl oder Treppenlift akzeptieren sollten. Harald Neumann hofft nun auf eine schon lange angekündigte, aber immer wieder verschobene Änderung des Wohnungseigentümergesetzes in Berlin. Er konstatiert einen gesellschaftlich akzeptierten Egoismus:
"Es ist ein gesellschaftlicher Trend, dass sozusagen immer nur die eigenen persönlichen Bedürfnisse im Vordergrund stehen. Dass immer weniger auf das Gemeinschaftliche oder Gesellschaftliche geachtet wird, und versucht wird, die eigenen Interessen mit aller Macht durchzusetzen. Das wird ja auch propagiert. Setz! Dich! Durch!"
"Solidarität innerhalb der eigenen Generation und auch zwischen den Generationen kann man nicht anordnen. Solidarität erwächst aus dem gegenseitigen Verständnis und gegenseitiger Achtung, aus der Fähigkeit der Einfühlung Älterer in die Situation "mittelalterlicher" und jüngerer Menschen – und der Jüngerer in die Lebenssituationen "Mittelalterlicher" und Älterer; Solidarität entwickelt sich durch ein Aufeinander-Zugehen, ein Miteinander-Gestalten - und nicht durch ein Nebeneinander-Herlaufen."
Diese Sätze stammen aus einem Vortrag von Ursula Lehr. Die ehemalige Bundesfamilienministerin unter Helmut Kohl gilt als Begründerin der deutschen Alterswissenschaft, der Gerontologie. Noch heute reist die fast 90-jährige alte Dame durchs Land und plädiert für mehr Verständnis zwischen den Generationen. Ihr Nachfolger auf ihrem Lehrstuhl im Institut für Gerontologie an der Universität Heidelberg ist Andreas Kruse. Sehr häufig liest er in den Medien von einem angeblichen "Krieg der Generationen". Bestätigen kann er dies nicht:
"Ich kenne keine Studien, die sagen würde, dass wir zwischen den Generationen Dissonanzen hätten. Nein, also im Gegenteil. Alte Menschen und junge Menschen, und da haben wir ja nun intergenerationelle Studien gemacht, also wenn Sie die fragen, wie sind denn die Generationbeziehungen, bekommen Sie in aller Regel sehr positive Bewertungen."
Altenheime neben Schulen - das funktioniert in Japan
Gerade war Andreas Kruse in Japan. Dort hat er eindrucksvolle Beispiele gesehen: Altenheime, die direkt neben Schulen gebaut wurden oder gemeinsame Sportanlagen für Kinder und Senioren. Dieser Mut für Neues, für Ungewöhnliches und noch nicht Bekanntes, der fehle in Deutschland.
"Weil viele Menschen, die Stadtplanung betreiben, wenig originell und wenig innovativ sind in Bezug auf das Zusammenleben von Generationen. Da haben Sie dann bisweilen so ein Stereotyp, naja wenn wir da jetzt ein Heim neben einen Kindergarten oder neben eine Grundschule, oder neben einem Gymnasium, das passt vielleicht nicht so. Das Interessante ist, wenn sie in Kommunen gehen, die das gemacht haben, die sagen: Was Besseres konnte uns gar nicht einfallen."
Das Augustinum-Wohnstift in München-Neufriedenheim
Seniorenheim neben Kindergarten? In der deutschen Stadtplanung ist man wenig innovativ, kritisiert Andreas Kruse vom Institut für Gerontologie in Hamburg (imago/HRSchulz)
Wie zum Beispiel in Speyer und Walldorf: Dort haben Andreas Kruse und seine Studierende mit finanzieller Unterstützung der Dietmar-Hopp-Stiftung Studien und Beratungsgespräche durchführen können, die dazu führten, dass Begegnungsstätten zwischen Alt und Jung eingerichtet wurden.
Regelmäßig veranstaltet man in Heidelberg Seminare, wo Studierende auf sogenannte Hochbetagte, so nennt Andreas Kruse sehr alte Senioren, treffen. Manchmal gibt es nicht mal einen Schein dafür, doch die Studierende kommen trotzdem. Das Interesse am gegenseitigen Austausch sei enorm. "Gelegenheitsstrukturen schaffen" nennt Andreas Kruse so etwas. Und das funktioniere sehr gut auch außerhalb der Universität und ihren Studierenden und Studien:
"Sehr gutes Beispiel sind für mich die Mehrgenerationenhäuser. Wir haben ja mittlerweile deutlich über 500 in Deutschland. Wenn es denen gelingt, Angebote für junge und für alte Menschen zu machen, dann merken sie, dass sich zwischen diesen Generationen ein hochinteressanter Kontakt ausbildet."
Studierende denken an ihre eigene Zukunft
Unten im Flur des Gerontologie-Seminars in Heidelberg stehen Studierende, einige Frauen und zwei Männer. Sie warten auf ihren Professor; das Sommerfest soll endlich starten. Sie alle haben bereits an Seminaren und Modellversuchen der Uni teilgenommen, wo sie auf alte Menschen trafen und mit ihnen neue Ideen für ein konstruktives Zusammenleben entwickelten. Das sei sinnvoll auch für sie selbst, sagt diese Studentin:
"Naja, wir werden selber irgendwann alt. Und es ist doch schön, wenn man dann auch weiß, wenn man dann selber alt ist, dass dann auch irgendwie die Rahmenbedingungen geschaffen wurden."
Viele von ihnen studieren neben der Gerontologie auch Pflegewissenschaften. Sie wissen um die dramatische Situation in diesem Bereich und schauen nicht naiv in die Zukunft. Aber optimistisch:
"Ja ich denke, die nächsten 10, 20 Jahre wird ein Umdenken stattfinden, es werden relativ viele Krisen auf uns zukommen, die dann hoffentlich auch gut bewältigt werden. Und danach wird es hoffentlich, wenn wir dann so weit sind, ganz gut gelöst sein - und wenn nicht, dann sorgen wir halt dafür."