Als im Januar 1945 die Soldaten hier ankamen und dann die Zivilsten langsam zurückkehrten, schien es, als könnte man die Stadt nicht wieder aufbauen. Im Unterschied zu den deutschen Städten, die durch die Bombardements ruiniert wurden, hat man hier auch die Infrastruktur unter der Erde vernichtet, Kabel und Installationen. Nach der Niederlage des Warschauer Aufstandes wurde die Stadt mit Absicht vollständig zerstört.
Der Architekturkritiker Jerzy S. Majewski beschreibt die Lage Warschaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Ausmaß der Vernichtung ließ die neuen kommunistischen Machthaber zunächst sogar an eine andere polnische Hauptstadt denken. Die unzerstörte Industriemetropole Lodz war im Gespräch. Außerdem erwog man, in der Nähe Warschaus eine völlig neue Metropole in die Landschaft zu setzen. Die Entscheidung für den Wiederaufbau fiel, als immer mehr Menschen in die entvölkerten Ruinen zurückkehrten und sich dort auf eigene Faust einrichteten. Doch private Initiativen wurden bald von den politisch Verantwortlichen unterbunden -
Aus Warschau sollte eine neue sozialistische Stadt werden, und eine sozialistische Stadt ist eine Stadt ohne Bourgeoisie, ohne Mittelschicht, ohne Mietshausbesitzer, ohne privaten Handel. Aber die Hausbesitzer kehrten zurück und bauten auf eigene Faust ihre Häuser wieder auf, richteten Läden für den privaten Handel ein. Und hier begann der Konflikt. Ein Privatbesitzer baut sein Mietshaus wieder auf, während Stadtplaner dort eine breite Straße projektieren. Es gibt also keinen Platz für das Mietshaus. Es wird gleich wieder abgerissen.
"Wir bauen ein neues Haus", unter diesem Titel zeigt die Ausstellung im Warschauer "Haus der Begegnungen mit der Geschichte" den komplizierten Wiederaufbau unter der Leitung eines für diesen Zweck eingerichteten zentralen Büros namens "BOS". Zu sehen sind die Planungen des Büros, dessen Archiv von der UNESCO auf die "Memory of the World"-Liste gesetzt wurde. Zu sehen sind auch über 100 Fotografien des Wiederaufbaus. Besonders eindrucksvoll: Aufnahmen jener zerstörten Mietshäuser, die nicht wieder aufgebaut wurden. Stattdessen enteignete man beinahe den gesamten städtischen Grundbesitz und errichtete neue Straßen und Großsiedlungen, die keine Rücksicht auf die alten Grundbücher nahmen.
Die Folge war, dass Warschau seine Substanz aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert verlor, dazu seine große Handelsstraße, die Marszałkowska, und eben viele Häuser, die sich zum Wiederaufbau eigneten.
Die Folgen der Enteignung wirken bis heute nach. Kaum ein Grundstück im Zentrum der Stadt entspricht ursprünglichen Grenzen. Für Reprivatisierung und Entschädigung gibt es in Polen ohnehin kein Gesetz. Beides hängt so von einzelnen Gerichtsurteilen ab.
Die Ausstellung zeigt aber auch die unverkennbar guten Seiten des Wiederaufbaus. Zwar dominierte in den späten 40er- und frühen 50er-Jahren in Warschau wie in den anderen Metropolen des damaligen Ostblocks der stalinistische Ornamentalstil. Doch hinter den offiziellen Leitlinien verbarg sich in Warschau oft eine andere Architektur.
Etwa das Haus der Partei, das ja von Natur aus dem sozialistischen Realismus entsprechen musste, ist in Wirklichkeit ein modernistisches Gebäude, mit ein paar angeklebten Details des sozialistischen Realismus in seinem Inneren, ganz schönen Details übrigens.
Einen Höhepunkt des Wiederaufbaus der 50er-Jahre bildet der Aufbau der von den Deutschen vollkommen zerstörten Warschauer Altstadt mit ihren Häusern im italienischen Stil der frühen Neuzeit – nach Zeichnungen und Inventarlisten, die von polnischen Experten noch während der deutschen Besatzung im Geheimen angefertigt worden waren.
Zum ersten Mal in der Weltgeschichte hat man die Entscheidung getroffen, dass man nicht nur einzelne Objekte oder Straßenzüge rekonstruiert, sondern einen ganzen historischen Stadtteil. Diese Altstadt ist einzigartig – nicht dadurch, wie sie vor dem Krieg aussah, sondern weil sie als erste in dieser Form wieder aufgebaut wurde.
Der Architekturkritiker Jerzy S. Majewski beschreibt die Lage Warschaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Ausmaß der Vernichtung ließ die neuen kommunistischen Machthaber zunächst sogar an eine andere polnische Hauptstadt denken. Die unzerstörte Industriemetropole Lodz war im Gespräch. Außerdem erwog man, in der Nähe Warschaus eine völlig neue Metropole in die Landschaft zu setzen. Die Entscheidung für den Wiederaufbau fiel, als immer mehr Menschen in die entvölkerten Ruinen zurückkehrten und sich dort auf eigene Faust einrichteten. Doch private Initiativen wurden bald von den politisch Verantwortlichen unterbunden -
Aus Warschau sollte eine neue sozialistische Stadt werden, und eine sozialistische Stadt ist eine Stadt ohne Bourgeoisie, ohne Mittelschicht, ohne Mietshausbesitzer, ohne privaten Handel. Aber die Hausbesitzer kehrten zurück und bauten auf eigene Faust ihre Häuser wieder auf, richteten Läden für den privaten Handel ein. Und hier begann der Konflikt. Ein Privatbesitzer baut sein Mietshaus wieder auf, während Stadtplaner dort eine breite Straße projektieren. Es gibt also keinen Platz für das Mietshaus. Es wird gleich wieder abgerissen.
"Wir bauen ein neues Haus", unter diesem Titel zeigt die Ausstellung im Warschauer "Haus der Begegnungen mit der Geschichte" den komplizierten Wiederaufbau unter der Leitung eines für diesen Zweck eingerichteten zentralen Büros namens "BOS". Zu sehen sind die Planungen des Büros, dessen Archiv von der UNESCO auf die "Memory of the World"-Liste gesetzt wurde. Zu sehen sind auch über 100 Fotografien des Wiederaufbaus. Besonders eindrucksvoll: Aufnahmen jener zerstörten Mietshäuser, die nicht wieder aufgebaut wurden. Stattdessen enteignete man beinahe den gesamten städtischen Grundbesitz und errichtete neue Straßen und Großsiedlungen, die keine Rücksicht auf die alten Grundbücher nahmen.
Die Folge war, dass Warschau seine Substanz aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert verlor, dazu seine große Handelsstraße, die Marszałkowska, und eben viele Häuser, die sich zum Wiederaufbau eigneten.
Die Folgen der Enteignung wirken bis heute nach. Kaum ein Grundstück im Zentrum der Stadt entspricht ursprünglichen Grenzen. Für Reprivatisierung und Entschädigung gibt es in Polen ohnehin kein Gesetz. Beides hängt so von einzelnen Gerichtsurteilen ab.
Die Ausstellung zeigt aber auch die unverkennbar guten Seiten des Wiederaufbaus. Zwar dominierte in den späten 40er- und frühen 50er-Jahren in Warschau wie in den anderen Metropolen des damaligen Ostblocks der stalinistische Ornamentalstil. Doch hinter den offiziellen Leitlinien verbarg sich in Warschau oft eine andere Architektur.
Etwa das Haus der Partei, das ja von Natur aus dem sozialistischen Realismus entsprechen musste, ist in Wirklichkeit ein modernistisches Gebäude, mit ein paar angeklebten Details des sozialistischen Realismus in seinem Inneren, ganz schönen Details übrigens.
Einen Höhepunkt des Wiederaufbaus der 50er-Jahre bildet der Aufbau der von den Deutschen vollkommen zerstörten Warschauer Altstadt mit ihren Häusern im italienischen Stil der frühen Neuzeit – nach Zeichnungen und Inventarlisten, die von polnischen Experten noch während der deutschen Besatzung im Geheimen angefertigt worden waren.
Zum ersten Mal in der Weltgeschichte hat man die Entscheidung getroffen, dass man nicht nur einzelne Objekte oder Straßenzüge rekonstruiert, sondern einen ganzen historischen Stadtteil. Diese Altstadt ist einzigartig – nicht dadurch, wie sie vor dem Krieg aussah, sondern weil sie als erste in dieser Form wieder aufgebaut wurde.