Archiv


"Einen Zweifel an Gorleben habe ich nicht"

Christian Ruck sagt, dass man sich schwer tun wird, geeignetere Standorte als Gorleben zu finden. Der CSU-Fraktionsvize im Bundestag hält den Salzstock für geeignet, stehe aber auch hinter der objektiven Prüfung. Weiter favorisiert er als Alternative zur Endlagerung die Methode der Transmutation.

Christian Ruck im Gespräch mit Jasper Barenberg |
    Jasper Barenberg: Irgendwo muss das Zeug einfach hin! Da hat Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann zweifellos recht und weiß Umweltminister Norbert Röttgen ganz an seiner Seite. Der unternimmt jetzt einen neuen Anlauf, das Problem der nuklearen Entsorgung zu lösen, und will dabei auch Ministerpräsident David McAllister entgegenkommen, der in Niedersachsen die Probleme nicht mehr allein schultern will.
    Am Telefon begrüße ich den CSU-Bundestagsabgeordneten Christian Ruck, als Fraktionsvize auch zuständig für das Thema Reaktorsicherheit. Schönen guten Tag, Herr Ruck.

    Christian Ruck: Ich grüße Sie!

    Barenberg: Alles zurück auf Anfang bei der Suche nach einem Endlager?

    Ruck: Nicht ganz. Die Geschichte Endlager und Endlagersuche und Gorleben ist ja jetzt Jahrzehnte alt und dann braucht man auch nicht mehr ganz von vorne anfangen. Aber ich finde es richtig, wenn sich die Politiker nach 35 Jahren wieder zwischen Bund und den Ländern treffen und sagen, sie wollen das Verfahren noch mal objektivieren und auch transparent gestalten. Das ist richtig und da bin ich auch froh, dass das der Röttgen hingekriegt hat.

    Barenberg: Das heißt, Sie sind ganz der Meinung von Norbert Röttgen, dass jetzt schon klar ist, dass eine Festlegung auf den Salzstock Gorleben jedenfalls nicht mehr tragfähig ist?

    Ruck: Ich halte es für richtig, nachdem durch die energiepolitischen Beschlüsse doch viel Ideologie jetzt aus dem Kessel ist, dass man sich noch mal auf die Sache konzentriert. Und die Sache heißt: wir haben kein Endlager und wir brauchen eines, sonst müssen wir die Lösung des Problems nachfolgenden Generationen überlassen, und das ist nicht fair. Deswegen begrüße ich, dass es jetzt noch mal zum Aufrollen dieser Frage kommt, dass man neben Gorleben auch noch die Frage stellt, gibt es sonst noch geeignete mögliche Endlagerstandorte in der Bundesrepublik Deutschland, dass man auch, nachdem man das jetzt unter den letzten Regierungen und jahrzehntelang nie richtig angepackt hat, jetzt endlich unter dieser Bundesregierung und diesem Umweltminister sagt, wir machen einen Fahrplan und dazu bis im Sommer nächsten Jahres auch ein Gesetz.

    Barenberg: Das heißt, Sie können sich ebenso gut vorstellen, dass ein anderer Standort am Ende dabei herumkommt als der Standort Gorleben, an dem ja Ihre Partei bisher eigentlich immer festgehalten hat?

    Ruck: Also die Wahrheit für mich persönlich ist, dass nach all den Vorarbeiten - wie gesagt, das läuft ja schon lange, lange und man kennt ja auch ein bisschen den Untergrund der Bundesrepublik Deutschland -, dass ich nach wie vor davon überzeugt bin, dass Gorleben der geeignetste Standort ist. Aber ich bin voll einverstanden, auch um einen Konsens herzustellen zwischen den politischen Parteien und dem Bund und den Ländern, aber auch Transparenz zu schaffen über die Verfahren und auch für die Bevölkerung, dass man sagt, wir wollen noch mal objektiv fragen, gibt es außer Gorleben noch andere geeignete Standorte. Und dieses Verfahren finde ich richtig, dazu stehe ich. Ich persönlich glaube aber, dass man sich sehr schwer tun wird, geeignetere Standorte als Gorleben zu finden, aber das ist meine persönliche Meinung nach all den Vorarbeiten, die schon gelaufen sind.

    Barenberg: Viele haben ja große Zweifel am Wirtsgestein Salz, das es eben in dem Salzstock in Gorleben gibt. Sie haben da keine?

    Ruck: Einen Zweifel an Gorleben habe ich nicht. Das ist bei anderen Salzstöcken anders. An Gorleben selber habe ich keinen Zweifel. Aber wie gesagt, das ist meine persönliche Meinung. Ich stehe hinter dem Verfahren, das man das Ganze noch mal objektiv deutschlandweit prüft.

    Barenberg: David McAllister, der Ministerpräsident von Niedersachsen, hat ja schon seit einiger Zeit ein weiteres Stichwort in die Debatte eingeführt. Das ist das Stichwort Rückholbarkeit. Verbunden damit die Hoffnung, Atommüll eines Tages gewissermaßen behandeln zu können und damit auch die Strahlung massiv verringern zu können. Wie stehen Sie zu diesem Thema Rückholbarkeit?

    Ruck: Also ich bin erstens ein großer Fan der Behandlung von Atommüll. Das läuft unter dem Stichwort Transmutation. Ich glaube, nachdem ich auch mich technologisch ein bisschen damit beschäftigt habe, dass hier Lösungen möglich sind. Sie sind noch nicht ausgereift, aber es sind Lösungen möglich, die die Strahlung, die Strahlungszeit für Atommüll radikal verkürzen können.

    Barenberg: Aber, Herr Ruck, wenn Sie da so große Hoffnungen haben, schließt das nicht dann wiederum das Wirtsgestein Salz aus, denn da würde der Atommüll ja nicht mehr rückholbar sein?

    Ruck: Da kommt es jetzt wirklich darauf an, was man unter Rückholbarkeit versteht und welche Zeiträume man ins Visier nimmt. Also ich bin ein großer Freund, dass man die Methode der Transmutation verfolgt, dass man versucht - das wäre ja nicht nur ein Segen für uns; das wäre ein Segen für die Menschheit -, hier technologisch weiterzukommen, und diese Möglichkeiten sind nicht auszuschließen und deswegen sollte man sie verfolgen.

    Damit verbunden ist natürlich, dass man für eine gewisse Zeit, für eine gewisse Zeit die Brennstäbe zurückholen kann. Das bedeutet aber auch, dass ich ein Endlager dann eben nicht sofort zumachen kann, sondern erst in ein paar Jahrzehnten, vielleicht in einem halben Jahrhundert, und das schließt meiner Ansicht nach auch den Standort Gorleben nicht aus. Irgendwann, da haben Sie recht, ist allerdings ein Salzstock ein Medium, das dann dicht ist, und dann kann man nichts mehr zurückholen.

    Barenberg: ... , sagt Christian Ruck, Fraktionsvize der Unions-Bundestagsfraktion. Herr Ruck, danke für das Gespräch.

    Ruck: Ich danke Ihnen! Auf Wiederschauen!

    Barenberg: Auf Wiederhören.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.