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Einer außen vor

Daniel Budzinsky war bislang Schriftführer im CDU-Stadtbezirksverband Kassel Nord und dem Verfassungsschutz bekannt. Der 25-Jährige soll seit über zwei Jahren ein Mitglied der Neonazi-Gruppierung "Freier Widerstand Kassel" gewesen sein und unter dem Alias "Budze" eine Art Solidaritätserklärung mit der rechtsextremen Terrorzelle NSU auf seine Facebook-Seite gesetzt haben.

Von Anke Petermann |
    Der Vorsitzende eines mitgliederschwachen christdemokratischen Ortsvereins in einem multikulturell und sozialdemokratisch geprägten Stadtteil hat es schwer, seufzt Stefan Weidelich. Er habe sich daran abgearbeitet, sein Wohnumfeld in Kassel davon zu überzeugen, dass die CDU keine fremdenfeindliche Partei ist, erzählt der Politikstudent. Und nun das. Sein Kommilitone aus dem Politikstudium, der ihn vor zwei Jahren fragte, ob er im Stadtbezirksverband der CDU mitmachen könne, entpuppt sich als Neonazi. Vor einer Woche habe Daniel Budzynsky ihn angerufen und aufgelöst stammelnd preisgegeben, dass ihn das HR-Fernsehen als Rechtsextremisten outen werde, zu Recht. "Ich war sehr überrascht", erzählt Weidelich in einem Studentencafé im Kasseler Norden.

    "Er ist nie in Erscheinung getreten mit rechtsextremen Äußerungen. Er hat in der Uni bei politischen Diskussionen konservativ argumentiert, aber er ist nicht nur mir, sondern auch anderen Kommilitonen nie als rechtsextrem aufgefallen."

    Ohne große Vorgespräche und weitere Informationen händigte Weidelich dem anscheinend unverdächtigen Kommilitonen den Mitgliedsantrag aus.

    "In diesem Antrag erklärt man, dass man auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland steht, die demokratischen Prinzipien und die Gleichheit aller Menschen akzeptiert, und damit erhält man in gewissen Maß einen Vertrauensvorschuss. Wir können nicht das komplette Privatleben von Neumitgliedern durchleuchten, …"

    ... da ist sich Stefan Weidelich mit Eva Kühne-Hörmann einig, der Kreischefin und Kultusministerin von Hessen:

    "Wenn bei uns jemand eintritt, und es liegen keine Erkenntnisse vor, irgendwelche problematischen Anhaltspunkte, dann werden die aufgenommen, diese Mitglieder. Also wir erwarten nicht, wie das bei extremen Parteien der Fall ist, dass die Leute durchleuchtet werden, und das werden wir auch nicht machen."

    Um dem getarnten Mitglied im eigenen Ortsverein auf die Spur zu kommen, hätte die CDU sich die Mühe machen müssen, den Namen in Onlinesuchmaschinen einzugeben. Vielleicht wäre dabei aufgefallen, dass Daniel Budzynski unter dem Pseudonym "Budze" auftrat. Dann wäre es bis zur Enttarnung nicht weit gewesen, sagt der Kasseler Soziologe und Rechtsextremismusexperte Helge von Horn, der Budzes Facebook-Seite und andere Onlineauftritte verfolgte, bevor der Neonazi jüngst alles löschte. Mitte November hatte Budzynski alias Budze eine Art Solidaritätserklärung mit der rechtsextremen Terrorzelle NSU auf seine Facebook-Seite gesetzt.

    "Dieses Bild von mit Paulchen Panther mit Pumpgun und Patronengürtel und dem Spruch 'ich komm' wieder, keine Frage', aber auch in der Zeit davor hat es Hinweise gegeben, also es wurden Veranstaltungen beworben, die eigentlich interne Veranstaltungen der rechtsextremen Szene sind, die nicht-öffentlich sind. Er hat Räumlichkeiten für Kampfsportarten gesucht für seine Kameraden, also es gab schon mehrere Hinweise auf eindeutigen Rechtsextremismus."

    Daniel Budzynski gehört der Kameradschaft "Freier Widerstand Kassel" an, eine rechtsextremistische Gruppierung, die laut Verfassungsschutz seit 2009 insbesondere über das Internet in Erscheinung tritt. Mit den "Kameraden" reiste Budzynski regelmäßig zu Neoanziaufmärschen, auf denen sich das gewaltbereite Spektrum der Szene zusammenfand, weiß von Horn.

    "Wenn man bei so was mitläuft, ist man tiefer in der Szene drin und fester eingebunden als ein normaler Mitläufer. Also er war tatsächlich Aktivposten im Freien Widerstand Kassel."

    Im CDU-Stadtbezirksverband Kassel-Nord allerdings war Daniel Budzynski kein Aktivposten. Zwar wurde er gleich bei der ersten Sitzung, an der er vor zwei Jahren teilnahm, zum Schriftführer gewählt. Aber dann, so erinnert sich Stefan Weidelich, tauchte der verheiratete Student nicht wieder auf, er war Vater geworden.

    "Er war ziemlich inaktiv, das ist auf Ortsvereinsebene leider Gottes nicht ungewöhnlich. Wir hätten ihn bei der nächsten Wahl, die Mitte Dezember stattfindet jetzt eh wieder aus dem wieder abgewählt."

    Vielleicht kam bei Budzynski das Baby dazwischen, anfangs sagte er die Teilnahme an CDU-Sitzungen noch ab, auch mal mit Verweis auf die Vaterrolle. Dann hörte Stefan Weidelich gar nichts mehr von ihm, die Parteipost an seine Adresse kam zurück. Gelöscht ist sein Profil inzwischen auch bei Nachhilfepartner.de. Vielleicht hinderten persönliche Umstände den Neonazi, zu Ende zu führen, was Rechtsextremisten nach Ansicht von Helge von Horn gezielt betreiben:

    "Die Gesellschaft zu infiltrieren, zu unterwandern, vor allem da, wo man an Jugendliche rankommt. Also Jugendliche sind die Hauptzielgruppe für Rechtsextremisten in ihrer Agitation, und das Bild zeichnet sich ja hier auch. Also, es ist die Mitgliedschaft in der Jungen Union gewesen, er hat Jugendarbeit in der Kirche, hat er gesagt, hat er gemacht, Nachhilfeunterricht macht man naturgemäß bei Jugendlichen. Also, überall Versuche, an Jugendliche ranzukommen, und das in einem gewissen geschützten Rahmen, also erst mal unerkannt."

    Als Mitglied des Freien Widerstandes Kassel war Daniel Budzynski beim Verfassungsschutz aktenkundig. Doch parallele Mitgliedschaften der beobachteten Rechtsextremisten in Parteien, Kirchengemeinden, Nachhilfeorganisationen würden nicht permanent online abgecheckt, konstatiert das Wiesbadener Landesamt. Was nutze dann die geheimdienstliche Beobachtung, wenn sie Infiltrierungsversuche nicht aufdecke, fragen allerdings Rechtsextremismusexperten wie Helge von Horn. Nach zwei Jahren sozusagen passiver CDU-Mitgliedschaft wird gegen den Neonazi Daniel Budzynski jetzt ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet.