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Einer soll es richten

In Köln entsteht derzeit die größte Moschee Deutschlands. Doch der Rohbau läuft wegen eines handfesten Streits zwischen der Ditib und dem Architekten Paul Böhm nicht mehr rund. Der ehemalige Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma soll nun als Mediator zwischen den Parteien vermitteln. Der "Geißler von Köln" will er allerdings nicht sein.

Von Barbara Schmidt-Mattern |
    "So, halt mal alle zusammen. Der Jürgen Roters auch. So ... . Journalist: Können Sie sich noch mal ein wenig drehen? Ja!"

    Die Hände wie zum Schwur aufeinandergestapelt und Mienen, die vor Zuversicht strotzen – mit kölscher Unerschütterlichkeit strahlen die Kontrahenten in die Kameras: ein blasser Architekt namens Paul Böhm, daneben die Repräsentanten der Ditib und die Kölner Stadtspitze. Das war Mitte November, da hatte der Kölner Moscheebeirat gerade beschlossen, dass einer es nun richten soll:

    "Ja, mein Name ist Fritz Schramma. Ich bin gebürtiger Kölner, im Moment ohne politische Funktion."

    Zum Gespräch bittet Fritz Schramma jetzt ein paar Wochen später in ein einfaches Büro im Kölner Gewerbegebiet. Über dem Schreibtisch ein Kalender vom FC Köln. Hier wird gearbeitet, aber nicht residiert, wie früher im Rathaus. Schramma trägt einen blaugrauen Pullunder, Schnauzer und blaue Augen.

    "Ich bin Ehrenvorsitzender der Kölner CDU und ansonsten bin ich Privatier, wenn man so will."

    Klingt gut, aber noch viel besser ist, dass jetzt endlich die Presse wieder bei ihm anruft. Denn ab sofort ist der ehemalige Kölner Oberbürgermeister auch Mediator in einem Streit, der weit über die Stadt hinaus Aufsehen erregt. Denn diese Kölner Moschee soll einmal die größte in Deutschland sein, ein Projekt, das bei einigen von Anfang an Misstrauen erregte und rechte Populisten auf den Plan rief. Dann kehrte scheinbar Ruhe ein, bis die Ditib vor einem guten Monat ihren Architekten Paul Böhm raus warf. Seitdem ist die Stimmung im Eimer. Um so mehr gibt es für Fritz Schramma jetzt von aufmunternden Gesten:

    "Ja, Schulterklopfen, nach dem Motto: Oh, da haste Dir aber was angetan, schwierige Aufgabe, Herkulesaufgabe und, und, und ..."

    Es drohen Schadenersatz-Forderungen in Millionenhöhe, ein endloser Streit vor Gericht – und ein ruiniertes Image – davor graut es nicht nur der Ditib und dem Architekten, sondern auch der Stadt Köln. Also soll Fritz Schramma jetzt das Wunder von Köln gelingen: eine außergerichtliche Einigung, ein schneller Weiterbau, eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Paul Böhm. Schramm will weder Jurist noch Schiedsrichter sein bei diesen Gesprächen:

    "Ich muss in diesem Verfahren Allparteilichkeit zeigen, das heißt, ich muss mich ganz neutral verhalten."

    Vielleicht ein bisschen die Nanny spielen.

    "Wenn man so will, ja ... ."

    Über Strategien, Standpunkte, selbst den Ort der Gespräche schweigt der 64-Jährige – die Öffentlichkeit, so findet er, darf ruhig das Ergebnis verfahren, aber über den Verlauf der Mediation will er künftig nichts sagen. Nur so viel: In den nächsten Tagen soll sich die Runde erstmals treffen und hoffentlich bis Februar nächsten Jahres zu einem Ergebnis kommen, damit die Moschee wie geplant im Juni 2012 eingeweiht werden kann. Noch aber bleiben die Vorwürfe: Die Rede ist von über 2000 Baumängeln, für die Böhm verantwortlich sein soll. Es geht um herausstehende Nägel und die Frage, ob die Außenfassade nun lieber cremefarben oder weiß sein soll:

    "Hier und da wird gemunkelt, dass diese große Mängelliste auch deswegen so aufgebauscht worden ist, weil man eigentlich was anderes dahinter sieht – ja, dass man jetzt deutlich machen will, den Rest des Baus lassen wir durch eigene Leute machen."

    Genau diesen Vorwurf hat auch Paul Böhm erhoben: Die Ditib wolle ihn die Gestaltung des Moscheeinnenraums aus der Hand nehmen und ihn los werden. Fritz Schramma findet, dass Böhm ein hervorragender Architekt ist, aber was die Gestaltung der inneren Moschee betrifft:

    "Da muss man aber fairerweise zu sagen, da gibt's auch schon längstens einen Vertrag aus dem Jahre 2008, der besagt ganz klar, dass Böhm nicht für die Inneneinrichtung zuständig ist."

    Aber auch über die Bauherren hat sich Schramma schon geärgert. Aus Ankara sei die Order gekommen, ein vermeintliches christliches Symbol aus der Decke des Rohbaus zu entfernen. Und dann diese Pressekonferenz Ende Oktober, auf der Schramma selbst dabei war. Über das Kommunikationsdesaster der Ditib schüttelt er jetzt noch den Kopf:

    "Ist ja egal, wir schweifen wieder von der Diskussion ab. Mit Ihrer Zustimmung oder mit Ihrer "Nicht-Zustimmung" – wie auch immer ... "

    In barschem Tonfall hatte Ditib-Pressesprecherin Ayse Aydin Journalistenfragen abgewiesen. Bisher rückt keine Seite im Moscheenstreit von ihren Vorwürfen ab, und so ruhen alle Hoffnungen auf Fritz Schramma. Der "Geißler von Köln" will er allerdings nicht sein.

    "Nee, muss nicht sein. Ich denke, manches würde ich da anders anfassen – ganz entscheidend insofern anders arbeiten, als ich hier ja nicht Schiedsmann bin und eigene Vorschläge machen werde."

    Er wolle seiner Stadt einen Dienst erweisen, sagt Schramma, gerade jetzt, da wieder überall über Rechtsextremismus diskutiert werde:

    "Wir dürfen der rechten Politik in Köln, nicht mehr Futter bieten, und das müssen wir deswegen politisch gesehen auch aus diesem Grund zu einem guten Ende bringen."

    Es geht aber auch um ein Happy End für Schramma selbst. Sein erzwungener Rückzug nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs nagt bis heute an ihm. Da tat es schon gut, dass sein Nachfolger, Oberbürgermeister Jürgen Roters, ihn persönlich um die Schlichtung im Moscheenstreit gebeten hat. Jetzt muss sie nur noch klappen:

    "Die rheinische Grundregel 'es ist noch immer gut gegangen' wäre natürlich ein hervorragendes Ergebnis, wenn wir hinterher sagen könnten, all die Bemühungen waren nicht umsonst wir haben eine konsensuale Lösung gefunden."