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Eingeschleppte Tierarten
Amerikanische Einwanderer in Berlin unterwegs

Rote Krebse sorgen derzeit für Aufmerksamkeit im und nahe dem Berliner Tiergarten. Die bis zu 15 Zentimeter hohen Tierchen fühlen sich in der Hauptstadt wohl, gelten aber wie zum Beispiel Waschbären als invasive Art: Sie bedrohen ernsthaft die heimischen Krebsarten.

Von Anja Nehls |
    Ein Fahrradfahrer beobachtet im Tiergarten in Berlin einen roten amerikanischen Sumpfkrebs (Procambarus clarkii) auf einem Weg.
    Ein Amerikanischer Sumpfkrebs in Berlin. (picture alliance / Gregor Fischer/dpa)
    Ein rot-schwarzer Krebs sitzt mitten auf dem Weg im Großen Tiergarten in Berlin und reckt drohend seine Scheren in die Luft. Auf dem kleinen Wiesenstück zwischen See und Weg kriecht ein zweiter direkt am Ufer des Neuen Sees ein dritter. Die Spaziergänger machen Fotos:
    "Wirklich, das kommt immer aufs Wetter drauf an. Wenn das so ein bisschen warm ist und feucht ist, das ist eine richtige Invasion."
    Dieser Herr bleibt allerdings lieber ein Stück weit weg und pfeift vorsichtshalber seinen Hund zurück:
    "Die sind nämlich auch sehr aggressiv. Balou! Wenn man zu nahe kommt, die gehen sofort in Angriffsstellung, stellen sich hoch, stellen sich auf die Hinterbeine und gehen richtig so mit den Scheren so in Abwehrstellung."
    Der amerikanische Sumpfkrebs fühlt sich in Berlin wohl
    In den letzten Wochen hat sich der rote amerikanische Sumpfkrebs im Tiergarten rasant vermehrt. Ursprünglich stammt der Krebs – wie der Name schon sagt – aus Amerika. Seit einigen Jahren ist er auch in Berlin heimisch, nicht nur im Tiergarten, sondern auch zum Beispiel am Tegeler See im Berliner Norden und im Britzer Garten im Süden, erklärt Derk Ehlert, Mitarbeiter in der Berliner Umweltverwaltung:
    "Das sind sogenannte invasive Arten, das heißt, hier eingeschleppt, machen sie sich breit und vermutlich eingebracht worden von Zoohändlern und sogenannten Tierfreunden, die vielleicht aus falsch verstandener Tierliebe das Tier mal rausgesetzt haben, weil sie es nicht essen wollten, weil es im Terrarium keinen Platz mehr gehabt hat. Man darf sie ja rechtmäßig auch innerhalb der Gebäude halten aber nicht, nach draußen bringen. Das Ausbringen von wilden Tieren ist nicht gestattet."
    Was den amerikanischen Sumpfkrebs allerdings wenig stört. Er fühlt sich ganz wohl in Berlin – und das liegt wohl auch am Klimawandel:
    "Die amerikanischen Sumpfkrebse lieben Wärme und vor allem warme Winter, milder Winter. In den letzten drei, vier Jahren hatten wir milde Winter, so dass die Tiere sich gut dann eben über den Winter bringen konnten und sie finden hier optimale Lebensräume und können sich entsprechend groß und schnell verbreiten."
    Heimische Krebsarten gibt es in Berlin schon lange nicht mehr
    Dreimal im Jahr kann er 40 bis 50 Eier legen und theoretisch ca. zwölf Jahre alt werden. Die Zunahme der Population sehen Umweltschützer aber durchaus auch kritisch, meint Ulrike Kielhorn vom NABU:
    "Das Problem ist, dass sie unserer heimischen Arten verdrängt, dass sie auch Krebspest überträgt. Krebspest ist eine Infektionskrankheit, ein Pilz, der die heimischen Arten dann tötet. Der rote amerikanische Sumpfkrebs selbst ist immun dagegen."
    Für den Menschen ist das auch ungefährlich, aber es könnte theoretisch Amphibien und Reptilien treffen. Heimische Krebsarten dagegen gibt es in Berlin schon lange nicht mehr - nur amerikanische Flusskrebse und die wurden schon vor 100 Jahren hier eingeschleppt. Gegen die rasante Ausbreitung des neuen amerikanischen Sumpfkrebses wird aber dennoch etwas unternommen, versichert Derk Ehlert:
    "Im letzten Jahr wurde die stärkste Waffe, die man gegen ihn einsetzen kann auch angewandt: Aale. Aale wurden eingesetzt ganz speziell sogar im Tiergarten, junge Aale, die einen gesunden Appetit auf diese Krebse haben. Allerdings könne sie die nicht sofort fressen, die müssen warten bis sie sich häuten, in der Zeit wo sie sich häuten, sind sie angreifbar, verbreiten einen stark intensiven Geruch im Wasser und darauf haben es die Aale abgesehen."
    Deshalb werden in den nächsten Wochen weitere Aale ausgesetzt und zusätzlich Krebse per Hand eingesammelt und dann fachgerecht getötet. Dabei könnte man die eigentlich auch prima essen. In vielen Restaurants werden sie angeboten und sie sind der Hauptlieferant für das sogenannte Louisiana Flusskrebsfleisch aus dem Supermarkt. Einfach fangen, mitnehmen und kochen gilt allerdings als Wilderei und ist strafbar.