Für Berlins Sozialsenatorin Elke Breitenbach und den Leiter der Arbeitsagentur Berlin Nord, Christoph Möller, war es ein Vormittag zum gegenseitigen auf die Schulter klopfen. Gut ein Jahr nach der Air Berlin-Pleite und der Gründung einer Transfergesellschaft für das Bodenpersonal konnten sie verkünden: Fast 90 Prozent des Bodenpersonals haben wieder einen sozialversicherungspflichtigen Job, sagte Breitenbach: "Wir haben von den 1.000 Beschäftigen über 88 Prozent vermitteln können, das finde ich ist schon ein Erfolg."
Guter Arbeitsmarkt und hohe Motivation
Christoph Möller ergänzte: "Andere Großinsolvenzen sind deutlich schwieriger abgelaufen. Hier gab es viele Faktoren: Einen aufnahmefähigen Arbeitsmarkt, eine sehr motivierte Belegschaft, die sich schnell neu orientiert hat und wie ich finde, ein gutes Zusammenspiel aller Partner."
Anders als bei den Piloten und dem Kabinenpersonal hatte sich beim Bodenpersonal der Pleite-Airline das Land Berlin bereit erklärt, Geld in eine Transfergesellschaft zu stecken, um den Mitarbeitern den Übergang zu erleichtern. Schließlich wollten weder Lufthansa noch Easyjet die Beschäftigten aus Abfertigung, Technik und Verwaltung direkt übernehmen, sagt Siegfried Backes. Er ist Geschäftsführer der Transfergesellschaft und sagte: "Man hat beim Bodenpersonal auch die größten Vermittlungshemmnisse gesehen. Die Flugkapitäne und das Kabinenpersonal – die sind relativ schnell auch in andere Gesellschaften aufgenommen worden. Das größte Problem waren die Mitarbeiter des Bodens, weil die auch in sehr viel gleichförmigen Berufen ausgebildet waren, die auf einen Schlag auf den Arbeitsmarkt gingen."
Kritik: Lufthansa hätte sich an Kosten beteiligen sollen
11,5 Millionen Euro hat der Senat für die Gesellschaft bereitgestellt. Einerseits um den Ex-Air Berlinern das Kurzarbeitergeld aufzustocken. Andererseits für Beratung und Qualifizierung. Eine Summe, an der sich Lufthansa als größter Käufer von Airberlin-Flugzeugen und Slots zumindest hätte beteiligen müssen, meint Breitenbach: "Wenn ich einen Betrieb aufkaufe, habe ich eigentlich auch eine Verantwortung für die dortigen Beschäftigten, das haben die nicht wahrgenommen und das ist ein Skandal. Das alles der öffentlichen Hand zu überlassen – wir reden hier von Steuergeldern – muss man sich auch erstmal erlauben können. Die Lufthansa und andere haben sich das erlaubt. Wir als Senat haben gesagt, wir haben die Verantwortung für die Beschäftigten und wollen denen helfen, eine neue berufliche Perspektive auch in dieser Stadt zu finden."
Zwei Drittel der Boden-Beschäftigten sind in völlig anderen Bereichen untergekommen. Im Berliner Dienstleistungssektor, im Handel oder im öffentlichen Dienst. Lediglich 33 Prozent arbeiten weiterhin an den beiden Berliner Flughäfen – und das trotz des massiven Personalmangels im Flugverkehr. In der Branche werde einfach zu schlecht gezahlt, sagt Katharina Wesenick. Sie ist bei Verdi für den Bereich Luftfahrt zuständig. "In den Bodenverkehrsdiensten sind die Arbeitsbedingungen grottenschlecht. Was mit der Privatisierung zusammenhängt. Was damit zusammenhängt, dass die Airlines die Preise gnadenlos drücken. Und das wundert mich überhaupt nicht – so bedauerlich das ist, weil ich weiß, dass die Leute, die im Luftverkehr arbeiten, diese Branche sehr lieben und ihr sehr verbunden sind."
Gutes Arbeitsumfeld von Air Berlin sei zerstört
Insgesamt haben laut internen Unternehmenszahlen, über die die Bild-Zeitung kürzlich berichtete, 85 Prozent der rund 8.000 Air Berliner wieder einen Job. Oft allerdings zu wesentlich schlechteren Bedingungen. Die Lufthansa-Billigtochter Eurowings zahle dem Kabinenpersonal etwa 1.000 Euro netto weniger, sagt Wesenick. Auch viele Stewardessen und Stewards hätten deshalb gleich den Beruf gewechselt.
"Bei Air Berlin hatten wir es mit einem richtig guten Arbeitsumfeld zu tun, das wollte die Branche nicht. Sie wollte diesen Standard zerstören. Und jetzt haben wir den Salat, allerorten ist Personalmangel und Flugchaos und das lässt sich nur beheben in dem wir branchenweite soziale Standards implementieren, von denen die Leute auch leben können."