Wer noch glaubt, alle Fische seien stumme Gesellen, der sollte einmal an einem Riff des Makemo-Atolls in Französisch Polynesien mitten im Pazifischen Ozean tauchen gehen. Mit offenen Ohren und passenden Unterwassermikrofonen kann man dort ihre Klänge erhaschen.
Was da so knurrt und rattelt ist ein Eingeweidefisch, Onuxodon fowleri. Diese Art ist Biologen auch früher schon aufgefallen. Zum einen durch ihr Aussehen: So lang und dünn wie ein kleiner Finger, aber nahezu durchsichtig schlängeln sich die aalartigen Fowleri-Fische im Wasser. Zum anderen durch ihr Verhalten: Die Fische ziehen sich tagsüber in die Schalen von lebenden Perlmuscheln zurück. Nur nachts schlüpfen sie heraus und gehen auf die Jagd. Der belgische Evolutionsbiologe Eric Parmentier von der Universität von Liege ist aber noch von einem anderen Merkmal beeindruckt:
"Es ist die Lautstärke ihrer Klänge. Man kann sie aus 40 Metern Entfernung wahrnehmen. Das ist schon außergewöhnlich. Und als Morphologe kann ich sagen: Dahinter steckt ein schöner Mechanismus."
Eric Parmentier hat die Fowleri-Fische mit einem kleinen Computertomografen untersucht. Dabei zeigte sich: Das Rattern erzeugen sie mit ihrer Schwimmblase. Deren eigentlich weiches Gewebe ist am vorderen Ende etwas verknöchert. Dort setzen feine Stimmmuskeln an, die die Schwimmblase mit schnellen Kontraktionen in Schwingungen versetzen.
Muscheln als Resonanzkörper
Doch das allein reicht nicht aus, um die Töne so laut klingen zu lassen. Eric Parmentier fand gemeinsam mit Kollegen heraus, dass die Perlmuscheln den Fischen als eine Art Lautsprecher dienen. Durch Resonanzen in der Schale werden bestimmte Frequenzen der Fischtöne um bis zu zehn Dezibel verstärkt, was etwas mehr als einer Verdreifachung der Lautstärke entspricht. Interessanterweise stimmen die Resonanzfrequenzen der Muschelschalen mit den Hauptfrequenzen der Fischtöne überein. Ungeklärt ist jetzt noch die Frage, wofür die Fische die Geräusche überhaupt einsetzen.
"Anfangs hoffte ich darauf, dass es eine Art Kommunikation zwischen dem Fisch und der Muschel gibt. So etwas wie "Sesam öffne Dich". Aber das war nicht der Fall."
Eric Parmentier beobachtete, dass Fische ihre Töne in der Regel nur machen, wenn sie sich schon im Inneren einer Muschel aufhalten. Er vermutet deshalb, dass die Fischklänge doch eher der Kommunikation untereinander dienen.
"Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder es handelt sich um eine sexuelle Kommunikation, oder um die Verteidigung des eigenen Territoriums. Wenn ein Fischmännchen seine Klänge macht, weiß das Weibchen, dass ein Männchen in der Nähe ist. Und andere Männchen erfahren so, dass sie dort einen Rivalen haben. Allerdings machen auch die Weibchen Töne. In diesem Fall ist das wahrscheinlich für die Revierverteidigung von Bedeutung."
In einem Riff gibt es viel mehr Perlmuscheln als Eingeweide-Fische, die ihnen zwischen die Schalen schlüpfen. Die Fische sind in der Regel Einzelgänger. Mit ihren Tönen könnten sie auch einfach nur ausdrücken, in welcher Muschel sie gerade nicht gestört werden wollen.