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Einheitsfeier in Dresden
Sachsens Innenminister Ulbig bescheinigt Polizei "Fingerspitzengefühl"

Die sächsische Landesregierung hat die Polizei gegen Kritik in Schutz genommen. Die Beamten hätten einen "schwierigen Spagat gemeistert", sagte Innenminister Markus Ulbig. Der Fall des Polizisten, der Pegida-Demonstranten einen "erfolgreichen Tag" gewünscht hatte, werde allerdings untersucht.

    Teilnehmer einer "Pegida"-Demonstration anlässlich der Feierlichkeiten zur Deutschen Einheit in Dresden.
    "Pegida"-Anhänger haben bei der Einheitsfeier Vertreter der Bundesregierung beschimpft. (afp/Andersen)
    In Absprache mit Dresdens Polizeipräsident werde der Vorfall untersucht. Die Polizei sei, betonte der CDU-Politiker weiter, zu Neutralität verpflichtet. Am Tag der Deutschen Einheit sei es den Beamten angesichts von Demonstrationen linker Gruppen und Pegida-Anhängern gelungen, "den schwierigen Spagat zwischen Fest und Festung insgesamt mit Fingerspitzengefühl gemeistert" zu haben.
    Der besonders kritisierte Beamte komme nicht aus Sachsen, sondern aus einem anderen Bundesland, und sei am Einheitsfeiertag in der Landeshauptstadt im Einsatz gewesen, hatte zuvor bereits ein Polizeisprecher in Dresden erklärt. Demnächst solle es ein Gespräch zwischen ihm und dem Dresdner Polizeipräsidenten Horst Kretzschmar geben. Es solle deutlich gemacht werden, "wo der Fehler lag" und welche Auswirkungen dies für die sächsische Polizei habe.
    Die sächsische Polizei distanzierte sich von den Äußerungen ihres Kollegen. Sie entsprächen nicht der Philosophie der Polizei und würden einer Überprüfung unterzogen.
    Menge johlt nach Polizei-Durchsage
    Der Beamte hatte vor Beginn der Demonstration des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses zunächst die Versammlungsauflagen verlesen, obwohl dies üblicherweise der Veranstalter erledigt. Der Polizist begründete dies mit einem Defekt an der Lautsprecheranlage von Pegida und betonte, er mache das "gerne". Am Ende seiner Durchsage erklärte der Beamte vor mehreren tausend Pegida-Anhängern: "Wir wünschen einen erfolgreichen Tag für Sie!" Die Menge quittierte dies mit Applaus und skandierte: "Eins, zwei, drei, danke Polizei!"
    Unter den Demonstranten befanden sich erkennbar zahlreiche Neonazis. Die Menge zog von der Nähe des Hauptbahnhofes in die Nähe des Festgeländes. Vertreter von Bundesregierung und Bundestag wurden mit "Haut ab"- und "Volksverräter"- Rufen empfangen und vehement beschimpft. Immer wieder war auf den Plätzen vor Semperoper und Frauenkirche, wo die offiziellen Feiern stattfanden, "Merkel muss weg" zu hören. Die Grünen-Politikerin Claudia Roth wurde bei einem Versuch, mit den Demonstranten ins Gespräch zu kommen, von Sprechchören niedergebrüllt.
    Sachsens stellvertretender Ministerpräsident Martin Dulig (SPD) bezeichnete die Negativschlagzeilen aus Dresden als beschämend. "Pegida hat die Maske fallen lassen. Es ist eine Hass-Sekte mit ihrem Hassprediger an der Spitze", sagte Dulig im MDR. Mit dem "Hassprediger" meinte Dulig Pegida-Gründer Lutz Bachmann, der ebenfalls unter den Demonstranten war.
    Landeskirche verärgert
    Auch Sachsens evangelischer Landesbischof Carsten Rentzing kritisierte die fremdenfeindlichen Proteste am Einheitstag. "Das Geschehen vor und nach dem Gottesdienst auf dem Neumarkt, das dem Ansehen der Stadt und auch unserem Land geschadet hat, verurteile ich auf das Entschiedenste", sagte er.
    Sachsens neuer Landesbischof Carsten Rentzing
    Sachsens Landesbischof Carsten Rentzing. (picture alliance / dpa / Matthias Hiekel)
    Dresdens Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel sagte, dass zum Feiern geladene Gäste beleidigt und bepöbelt wurden, verärgere ihn. Zahlenmäßig sei dies zwar eine deutliche Minderheit der Besucher gewesen, es gehe aber nicht um das Aufrechnen von Zahlen. Ihm mache Sorge, wie aus verbaler Gewalt auch körperliche Gewalt zu werden drohe.
    Die Polizei verteidigte ihren Einsatz. "Von den Personen ging keine Gefahr für Ablauf und Sicherheit der Protokollveranstaltungen aus. Die verbalen Äußerungen bzw. die Trillerpfeifen werten wir als Form der Meinungsäußerung", hieß es.
    Anschlag auf Büro der CDU-Bundestagsabgeordneten Kudla
    Derweil verübten Unbekannte einen Anschlag auf das Büro der umstrittenen CDU-Bundestagsabgeordneten Bettina Kudla in Leipzig. In der Nacht zum Dienstag seien vier Fensterscheiben des Abgeordnetenbüros eingeschlagen worden, sagte eine Polizeisprecherin. Außerdem seien die etwa 40 Quadratmeter große Außenfassade und drei vor dem Büro geparkte Autos mit Teer beschmiert worden.
    (fwa/am)