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Einigung zur Pkw-Maut
"Man sollte nicht Familien gegen Umwelt aufwiegen"

Der CSU-Politiker Ulrich Lange zeigt sich zufrieden mit dem Kompromiss bei der Maut. Er sagte im Deutschlandfunk, im Zeitalter der Digitalisierung werde sich der bürokratische Aufwand in Grenzen halten. Am Ende werde eine "erkleckliche Summe" übrig bleiben. Allerdings für die CSU allein möchte er die Verantwortung dann auch nicht einstreichen.

Ulrich Lange im Gespräch mit Christoph Heinemann | 02.12.2016
    Ulrich Lange (CSU) spricht während einer Bundestagssitzung im Reichstag in Berlin.
    "Das ist keine CSU-Maut", betonte Ulrich Lange (CSU), Obmann der Union im Bundestagsverkehrsausschuss, im DLF-Interview. (picture alliance / dpa / Lukas Schulze)
    Die CSU freut sich über den Verhandlungserfolg bei der Maut: "Wir können mit dem Ergebnis ganz zufrieden sein", sagte Ulrich Lange, CSU-Obmann im Bundestagsverkehrsausschuss, im Deutschlandfunk. Aber ganz allein möchten die Christsozialen die Verantwortung offenbar auch nicht übernehmen: "Das ist keine CSU-Maut", führte Lange aus und verwies explizit darauf, dass die Große Koalition das Vorhaben gemeinsam im Koalitionsvertrag vereinbart habe.
    Lange wies die Kritik zurück, die CSU agiere gegen viele Familien, da diese sich oftmals keine neueren, energiesparenden Autos leisten könnten, diese aber wiederum nach den Maut-Plänen besonders entlastet werden sollen. Das sei ein "plumper Vorwurf": "Man soll nicht Familien gegen Umwelt aufwiegen", mahnte der CSU-Politiker.
    "Wir schädigen niemanden"
    Es sei versprochen worden, dass niemand in Deutschland durch die Maut zusätzlich belastet werde. Das sei gelungen: "Wir schädigen niemanden, wir geben den Leuten, die umweltfreundlichere Fahrzeuge fahren, etwas zurück." Lange warb: Die Menschen sollten sich vielmehr freuen, dass in einem zusätzlichen Schritt auch der Umwelt durch die Maut etwas zugute komme.
    Lange wies noch einen weiteren Vorwurf zurück, nämlich den, dass es einen großen Aufwand bedürfe, um die Maut überhaupt zu erheben, und der Ertrag des Ganzen am Ende sehr gering sei. "Das immer wieder an die Wand gemalte Gespenst der Bürokratie sehen wir nicht. Am Ende wird eine erkleckliche Summe übrig bleiben". Die Infrastrukturabgabe rechne sich, versprach Lange: 500 Millionen Euro pro Jahr seien ein wesentlicher Beitrag zur Finanzierung der Infrastruktur.

    Das Interview in voller Länge:
    Christoph Heinemann: Ulrich Lange (CSU), Obmann der Union im Bundestagsverkehrsausschuss. Guten Morgen.
    Ulrich Lange: Guten Morgen.
    Heinemann: Zurück zur Maut, Herr Lange. Linke Tasche Geld raus, rechte Tasche Geld rein. Sind Sie stolz auf diese CSU-Maut?
    Lange: Das ist keine CSU-Maut; das ist eine Maut, die wir als Koalition, als Große Koalition im Koalitionsvertrag vereinbart haben.
    Heinemann: Na ja, teilweise mit zugehaltener Nase.
    Lange: Aber ich verhehle natürlich nicht, dass wir insgesamt mit dem Ergebnis sehr zufrieden sein können, und wir sind natürlich auch froh, dass unser Minister Alexander Dobrindt mit Konsequenz und Zähigkeit das Projekt verfolgt hat und nun zu einem guten Ergebnis geführt hat.
    Heinemann: Sie haben Herrn Heinzl gerade gehört. Mehrere Nachbarländer werden voraussichtlich klagen. Kann man die CSU-Verkehrspolitik so zusammenfassen: Viel Feind, viel Ehr?
    Lange: Es ist, noch mal, die Verkehrspolitik der Großen Koalition. Wenn die Koalitionspartner es hätten nicht mittragen wollen, dann hätte man sich nicht auf das Projekt im Koalitionsvertrag verständigt. Es ist ein Gesamtprojekt unserer Regierung und insofern sind wir natürlich froh, wenn wir Projekte wie andere auch umsetzen können.
    Heinemann: Verstecken Sie sich hinter den Partnern?
    Lange: Nein, ich verstecke mich nicht hinter dem Partner. Dass das ein Projekt war, das wir in die Koalition mit eingebracht haben, ist ja völlig unstrittig. Aber die Koalition trägt das mit. Ansonsten hätten wir ja auch nicht ein unterschriebenes Gesetz, über das ja jetzt noch mal man sich gebeugt hat und nun zu einem guten Ende geführt hat.
    "Am Ende wird eine erkleckliche Summe übrig bleiben"
    Heinemann: Herr Lange, wie viele Beamte benötigt der Staat, um die Maut einzuziehen, den Inländern die Steuern zurückzuzahlen, um festzulegen und zu kontrollieren, welcher Ausländer für zehn Tage 2,50 Euro, vier Euro, acht Euro, 14 Euro oder 20 Euro zahlen muss?
    Lange: Die Anzahl der Beamten kann sicherlich heute noch keiner genau sagen. Aber im Zeitalter der Digitalisierung ist das alles kein großes Problem mehr, zumal das ja beschieden wird für die Inländer. Insofern bin ich da ganz ruhig. Das immer wieder an die Wand gemalte Gespenst von zu viel Bürokratie sehen wir nicht. Am Ende wird eine erkleckliche Summe übrig bleiben.
    Heinemann: Aber Sie haben den Verwaltungsaufwand, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, noch nicht berechnet?
    Lange: Sie können am Anfang den Verwaltungsaufwand aufgrund dieser Neuregelung natürlich noch nicht berechnet haben.
    Heinemann: Muss man das nicht?
    Lange: Die liegt ja erst seit gestern auf dem Tisch, dass wir aus drei fünf Klassen gemacht haben. Aber insgesamt gesehen: Nachdem ja die Kurzzeit-Vignetten in der Spitze auch deutlich teurer geworden sind, gehen wir davon aus, dass sich die Maut, die Infrastrukturabgabe weiterhin rechnet. Und Alexander Dobrindt hat ja gestern schon klar gemacht, dass wir weiterhin mit rund 500 Millionen Euro im Jahr rechnen, und das ist ein wesentlicher Beitrag zur Finanzierung unserer Infrastruktur.
    "Es wird keiner mehrbelastet und das ist die entscheidende Aussage"
    Heinemann: Herr Lange, wer sich neue umweltfreundlichere Autos leisten kann, der soll, wenn ich das richtig verstanden habe, entlastet werden. Kinderreiche Familien benötigen größere Autos und viel Geld für moderne Gefährte ist in der Regel auch nicht vorhanden. Wieso schädigt die CSU die Familien?
    Lange: Na ja, das ist jetzt ein ziemlich plumper Vorwurf.
    Heinemann: Was ist daran plump?
    Lange: Jetzt argumentiere ich erst mal. - Nachdem ja die Grundaussage war, dass zunächst keiner mehr belastet wird, und wir da Wort gehalten haben, sollte man sich eigentlich freuen, dass in einem weiteren Schritt auch noch etwas der Umwelt zugutekommt. Ich glaube, in Anbetracht der Diskussion, die wir zurzeit führen, ist das ein Schritt in die richtige Richtung und man sollte jetzt nicht hergehen und Familien gegen Umwelt aufwiegen. Denn wie gesagt: Es wird keiner mehrbelastet und das ist die entscheidende Aussage.
    Heinemann: Aber es werden andere mehr entlastet und eben nicht die Familien aus den gerade genannten Gründen. Noch mal die Frage: Wieso schädigt die CSU die Familien?
    Lange: Nachdem Sie ja wahrscheinlich auch nicht genau wissen, welches Fahrzeug welche Familie fährt, kann ich nur sagen, es wird keiner mehr belastet. Wir schädigen niemand, sondern wir geben den Leuten, die umweltfreundlichere Fahrzeuge fahren, etwas zurück.
    Heinemann: Das heißt, diejenigen, die sich umweltfreundlichere Fahrzeuge nicht leisten können, die schauen in die Röhre?
    Lange: Nein, die schauen nicht in die Röhre. Denn die Aussage war ja, dass keiner mehrbelastet wird.
    Heinemann: Herr Lange, Entschuldigung!
    Lange: Wir haben hier Wort gehalten. Insofern werden die nicht mehrbelastet. Sie müssen schon auch bei der Sache bleiben.
    "Alexander Dobrindt hat Wort gehalten"
    Heinemann: Wer entlastet wird, …
    Lange: Die werden nicht mehrbelastet. Insofern haben wir Wort gehalten. Diese Infrastrukturabgabe ist genau in dem Rahmen, wie wir sie im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben, genau in dem Rahmen, wie wir sie im Wahlprogramm angekündigt haben. Also auf gut Deutsch: Alexander Dobrindt hat Wort gehalten.
    Heinemann: Herr Lange, wer entlastet wird, steht besser da als derjenige, der nicht entlastet wird. Das ist Grundschule Sauerland.
    Lange: Ja und Grundschule ist ebenfalls, wenn man Wort hält und das einhält, was man vorher gesagt hat, und das haben wir getan.
    Heinemann: Ulrich Lange (CSU), der Unions-Obmann im Bundestagsverkehrsausschuss. Dankeschön für das Gespräch und auf Wiederhören.
    Lange: Schönen Tag! Auf Wiederhören!
    Heinemann: Ihnen auch.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.