"Das ist eine Martin-Gitarre aus Mexiko."
Ein alteingesessenes Musikgeschäft in der Konstanzer Altstadt, nur ein paar Hundert Meter von der Grenze zur Schweiz entfernt. Viele Kunden dort kommen aus der Schweiz. Und sie kaufen nicht nur teure Instrumente, sondern auch Noten und Zubehör, häufig auch unterhalb der 50-Euro-Grenze. Seit Jahrzehnten bekamen sie dafür die deutsche Mehrwertsteuer faktisch wieder am Grenzübergang zur Schweiz zurück.
Händler befürchten Umsatzeinbußen
Damit hat es dann ein Ende, wenn die "50-Euro-Bagatellgrenze" kommt. Peter Muck, der Inhaber des Musikgeschäftes, sieht dies "sehr kritisch. Vor allen Dingen: Jede Bagatellgrenze stellt erst einmal eine Preiserhöhung für den Schweizer Kunden da im Bereich 19 Prozent und bei den Büchern sieben Prozent. Und da reagiert ein Schweizer Kunde sehr sensibel" - und bleibt zukünftig, so die Befürchtung, ganz einfach fort.
Mit dieser Sorge ist der Konstanzer Musikhaus-Chef nicht allein. Denn die "Bagatellgrenze" von 50 Euro bedeutet: Liegt der Wert eines Einkaufs darunter, können die Kundinnen und Kunden aus der Schweiz keine Mehrwertsteuer mehr zurückfordern. Dabei hätte alles noch viel heftiger kommen können: Ursprünglich war vom Bundesfinanzministerium eine "Bagatellgrenze" von 175 Euro geplant, die nun auf 50 Euro zusammengeschmolzen ist.
"Die 175 Euro wären sicherlich eine ganz große, brutale Belastung gewesen. Die 50 Euro sind sicherlich auch noch eine Belastung, und zwar deshalb, weil der Durchschnittsbon gerade im Reformwarenbereich, bei Drogeriewaren oder auch bei Lebensmitteln deutlich unter 50 Euro liegt. Eine Bagatellgrenze von 50 Euro benachteiligt den kleinen Einzelhandel und den Nahversorger",
klagt Utz Geiselhart vom Einzelhandelsverband Südbaden - und wird darin von der IHK Hochrhein-Bodensee bestärkt.
Schweizer Kunden bringen Einnahmen von 1,5 Milliarden Euro
"Die Industrie und Handelskammer hat sich immer gegen die Einführung einer Bagatellgrenze gewandt", sagt Hauptgeschäftsführer Claudius Marx und betont, dass der deutsche Einzelhandel entlang der Grenze zur Schweiz zu einem guten Teil von der Schweizer Kundschaft lebe.
Die dürfe man nicht durch eine Bagatellgrenze verprellen: "1,5 Milliarden Euro an Kaufkraft fließen so Jahr für Jahr in unsere Region zwischen Bodensee und Basel. Das wollen wir natürlich erhalten."
"Ciau, viel Spaß!"
Konstanz, Innenstadt: Dort bleibt der Andrang der Schweizer Kundschaft in den deutschen Geschäften erst mal ungetrübt. Viele Schweizer sagen: Das wird auch in Zukunft so bleiben - von einer "50-Euro-Bagatellgrenze" werden sie sich nicht vom Einkaufsbummel in der deutschen Nachbarschaft abhalten lassen:
"Wir kommen ja auch, weil es hier so viel Auswahl hat. Es geht ja nicht nur um die Mehrwertsteuer. Es hat halt einfach auch mehr Läden. Und wenn man da ansteht wegen der Mehrwertsteuer, vielleicht gibt's dann nicht mehr so lange Schlangen. So 50 Euro wären gar nicht so schlecht."
Konstanzer hoffen auf Entlastung ihrer Innenstadt
Und auch viele Konstanzer begrüßen eine Bagatellgrenze, weil dadurch in vielen Fällen das langwierige Ausfüllen der Mehrwertsteuer-Belege an den Supermarkt-Kassen wegfiele und der Andrang Schweizer Schnäppchenjäger, so diese Konstanzerin, ein klein wenig zurückgehen könnte:
"Weil: Wo man hinkommt, nur Schweizer. Und es gibt Geschäfte, da wird man als Einheimischer gar nicht mehr bedient."
Aller Voraussicht nach hat die "Bagetellgrenze" für die Mehrwertsteuer-Rückerstattung ohnehin nur vorübergehenden Charakter. Denn in der Regelung steht auch drin: Kommt, wie mittelfristig geplant, eine digitale Erfassung der deutschen Mehrwertsteuer und eine automatisierte Rückvergütung in Form einer Smartphone-App, dann wird die "Bagatellgrenze" für die Nutzer solcher Apps wieder passé sein.