Sind die Zahlen eine menschliche Erfindung oder gibt es sie auch ohne uns? Handelt es sich um eine Gehirnaktivität oder um eine kosmische Gegebenheit? Diese Fragen beschäftigen die Philosophen seit ein paar tausend Jahren. Zahlen sind zwar das Rationalste auf der Welt, aber ihr Wesen grenzt an Zauberei.
Abgründe von Aberglauben tun sich auf. Den Zahlen wird in sämtlichen Kulturen eine magische und metaphysische Macht zugesprochen; Glück und Pech werden ihnen zugeordnet, ihre Bedeutung strahlt weit über ihre arithmetische Funktion hinaus. Vier ist auf einmal nicht mehr vier, sondern ein Symbol vollkommener Ordnung, weil es vier Mondphasen, vier Himmelsrichtungen, vier Jahreszeiten und vier Evangelisten gibt. Von wegen 'weil': Der heilige Irenäus, Kirchenvater und Märtyrer, war von der absoluten Ordnungshaftigkeit der Vier so überzeugt, dass er behauptete, es könne gar nicht mehr oder weniger als vier Evangelien geben.
Und die Elf? Sie gilt als Zahl der Sünde, weil sie einen Schritt über die zehn Gebote hinausgeht. Sie zeigt die letzte Stunde an, symbolisiert also auch die Endlichkeit des Lebens. Man nennt die Elf Schnapszahl, weil ein Betrunkener die Eins doppelt sieht. Die Eins aber ist der Anfang allen Zählens, das ein Fenster zur Unendlichkeit öffnet. Man kann auch die Eins unendlich wiederholen; darauf spielt das heutige Datum an, an dem sich lange Schlangen vor den Standesämtern bilden und Geburtshelfer auf Bestellung Kaiserschnitte produzieren.
Der mystische Schauer, den Zahlen auslösen, hängt hauptsächlich damit zusammen, dass sie zwar Produkte reinen Denkens sind, aber mit gewissen Phänomenen der Natur korrespondieren. Die Pythagoräer waren sogar der Ansicht, dass die Mathematik nichts anderes sei als der perfekte Ausdruck des Kosmos und umgekehrt. Schließlich hatte Pythagoras entdeckt, dass die Frequenzen einer Tonleiter bestimmte Verhältnisse bilden, die durch ganze Zahlen ausgedrückt werden können.
Damit war die Jagd auf ähnliche Erscheinungen eröffnet, die freilich auch Enttäuschungen brachte. Die Harmonie des Alls getreulich in einfachen Zahlenbeziehungen zu finden, ist wohl zu viel verlangt. Trotzdem sind die vielen sich in Zahlen niederschlagenden Entsprechungen zwischen der materiellen und der ideellen Welt sonderbar genug - oder allgemein gesagt: die Tatsache, dass die Mathematik auf die Physik überhaupt anwendbar ist.
Dass sich die Physik immer weiter und weiter entwickelt, kann niemanden erstaunen: Die Messmethoden werden präziser, neue Materialien gewähren neue Erkenntnisse, und wir sehen nichts Besonderes darin, dass wir etwas, das heute entdeckt wird, nicht schon gestern wussten. Bei der Mathematik hingegen mutet seltsam an, dass es überhaupt so etwas wie historische Fortschritte geben kann, schließlich existieren die Zahlen geschichtlich unverändert in der Welt des Geistes.
Die Spekulation darüber ist mit der kabbalistischen und gnostischen Vorstellung von der Wirksamkeit der Zahlen eng verbunden. Nach diesem Grundprinzip beeinflusst die Zahl das Wesen der Dinge, die in ihr irgendwie angeordnet sind, und wird dadurch zum Mittler zwischen Göttlichem und Irdischem. Wenn man also Operationen irgendwelcher Art mit Zahlen ausführt, so wirken diese Operationen auch auf die Dinge, die mit den entsprechenden Zahlen zusammenhängen. Solches Gedankengut findet sich bei mittelalterlichen Mystikern genauso wie bei rationalistischen Aufklärern; sie alle waren geneigt, dem "Reich der Zahlen" ein absolutes, menschlicher Erkenntnis nur zufällig zugängliches Dasein zuzubilligen.
Der Zahlengläubige fühlt sich durch die Betrachtung seiner Formeln in eine traumhafte Distanz zu allem Körperlichen und Konkreten versetzt, ein Zustand, in dem sich jedes Geheimnis in allgemeiner Form offenbart. Das größte Geheimnis aber ist die Zukunft. Sie soll durch das heutige Datum beschworen werden. Elf - elf - elf: die schiere Seltenheit dieser Konstellation erscheint als ein Siegel des Außergewöhnlichen. Doch ein außergewöhnliches Schicksal ist nichts unbedingt Erstrebenswertes.
Abgründe von Aberglauben tun sich auf. Den Zahlen wird in sämtlichen Kulturen eine magische und metaphysische Macht zugesprochen; Glück und Pech werden ihnen zugeordnet, ihre Bedeutung strahlt weit über ihre arithmetische Funktion hinaus. Vier ist auf einmal nicht mehr vier, sondern ein Symbol vollkommener Ordnung, weil es vier Mondphasen, vier Himmelsrichtungen, vier Jahreszeiten und vier Evangelisten gibt. Von wegen 'weil': Der heilige Irenäus, Kirchenvater und Märtyrer, war von der absoluten Ordnungshaftigkeit der Vier so überzeugt, dass er behauptete, es könne gar nicht mehr oder weniger als vier Evangelien geben.
Und die Elf? Sie gilt als Zahl der Sünde, weil sie einen Schritt über die zehn Gebote hinausgeht. Sie zeigt die letzte Stunde an, symbolisiert also auch die Endlichkeit des Lebens. Man nennt die Elf Schnapszahl, weil ein Betrunkener die Eins doppelt sieht. Die Eins aber ist der Anfang allen Zählens, das ein Fenster zur Unendlichkeit öffnet. Man kann auch die Eins unendlich wiederholen; darauf spielt das heutige Datum an, an dem sich lange Schlangen vor den Standesämtern bilden und Geburtshelfer auf Bestellung Kaiserschnitte produzieren.
Der mystische Schauer, den Zahlen auslösen, hängt hauptsächlich damit zusammen, dass sie zwar Produkte reinen Denkens sind, aber mit gewissen Phänomenen der Natur korrespondieren. Die Pythagoräer waren sogar der Ansicht, dass die Mathematik nichts anderes sei als der perfekte Ausdruck des Kosmos und umgekehrt. Schließlich hatte Pythagoras entdeckt, dass die Frequenzen einer Tonleiter bestimmte Verhältnisse bilden, die durch ganze Zahlen ausgedrückt werden können.
Damit war die Jagd auf ähnliche Erscheinungen eröffnet, die freilich auch Enttäuschungen brachte. Die Harmonie des Alls getreulich in einfachen Zahlenbeziehungen zu finden, ist wohl zu viel verlangt. Trotzdem sind die vielen sich in Zahlen niederschlagenden Entsprechungen zwischen der materiellen und der ideellen Welt sonderbar genug - oder allgemein gesagt: die Tatsache, dass die Mathematik auf die Physik überhaupt anwendbar ist.
Dass sich die Physik immer weiter und weiter entwickelt, kann niemanden erstaunen: Die Messmethoden werden präziser, neue Materialien gewähren neue Erkenntnisse, und wir sehen nichts Besonderes darin, dass wir etwas, das heute entdeckt wird, nicht schon gestern wussten. Bei der Mathematik hingegen mutet seltsam an, dass es überhaupt so etwas wie historische Fortschritte geben kann, schließlich existieren die Zahlen geschichtlich unverändert in der Welt des Geistes.
Die Spekulation darüber ist mit der kabbalistischen und gnostischen Vorstellung von der Wirksamkeit der Zahlen eng verbunden. Nach diesem Grundprinzip beeinflusst die Zahl das Wesen der Dinge, die in ihr irgendwie angeordnet sind, und wird dadurch zum Mittler zwischen Göttlichem und Irdischem. Wenn man also Operationen irgendwelcher Art mit Zahlen ausführt, so wirken diese Operationen auch auf die Dinge, die mit den entsprechenden Zahlen zusammenhängen. Solches Gedankengut findet sich bei mittelalterlichen Mystikern genauso wie bei rationalistischen Aufklärern; sie alle waren geneigt, dem "Reich der Zahlen" ein absolutes, menschlicher Erkenntnis nur zufällig zugängliches Dasein zuzubilligen.
Der Zahlengläubige fühlt sich durch die Betrachtung seiner Formeln in eine traumhafte Distanz zu allem Körperlichen und Konkreten versetzt, ein Zustand, in dem sich jedes Geheimnis in allgemeiner Form offenbart. Das größte Geheimnis aber ist die Zukunft. Sie soll durch das heutige Datum beschworen werden. Elf - elf - elf: die schiere Seltenheit dieser Konstellation erscheint als ein Siegel des Außergewöhnlichen. Doch ein außergewöhnliches Schicksal ist nichts unbedingt Erstrebenswertes.