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Einschränkungen für Vereine
Corona und Breitensport - motiviert bleiben

Der Spielbetrieb unterbrochen, die Sportanlagen gesperrt, das Vereinsleben eingeschränkt. Der zweite Lockdown läuft auch im Sport - und er trifft erneut den Breitensport. Wie zwei ganz unterschiedliche Vereine versuchen durch diese Krise zu kommen.

Von Mathias von Lieben |
Ein Schild mit der Aufschrift "Platz gespresst" steckt im Rasen eines Vereinsspielfeldes
gesperrtes Sportgelände (imago images / Zink)
Anfang April, während des ersten Lockdowns, war die Stimmung bei Frank Fechner im Keller: "Es ist im Moment einfach sehr schwierig, die Motivation aufrecht zu erhalten." Fechner führte damals wie heute hauptamtlich einen der größten Sportvereine in Deutschland - den Eimsbütteler TV in Hamburg mit seinen knapp 16.000 Mitgliedern.
Heute, sieben Monate später, ist er um einige Erfahrungen reicher: "Der ETV ist insgesamt durch den ersten Lockdown ganz gut durchgekommen. Wir hatten relativ wenig Mitgliederverluste im ersten Halbjahr. Wir haben allerdings auch extrem hart dafür gearbeitet, sehr viel kommuniziert und einen sehr hohen Aufwand betrieben."
Mögliche dritte Phase der Einschränkungen als große Gefahr
So wurden einige der 40 hauptamtlichen Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt, Online-Kurse für die Mitglieder konzipiert, sportartspezifische Hygienekonzepte erstellt. Als die Infektionszahlen im Sommer sanken, lief der Sportbetrieb wieder an. Doch jetzt, mit dem zweiten Lockdown, steht der ETV wie alle anderen knapp 90.000 Sportvereine in Deutschland wieder vor dem gleichen Szenario:
"Ich habe schon großes Verständnis dafür, dass angesichts des Infektionsgeschehens etwas passieren musste, um das einzudämmen. Aber man merkt eben auch, dass es eine Reihe von Menschen gibt, die müde werden, diese Einschränkungen hinzunehmen. Und Ich hätte mir einen differenzierteren Umgang mit dem Sport gewünscht."
Fechner klagt: Funktionierende Hygienekonzepte hätten auf einmal keine Bedeutung mehr. Zwar sei der ETV durch die Erfahrung aus dem Frühjahr insgesamt jetzt besser vorbereitet. "Es besteht natürlich schon die Gefahr, dass wir eine Verlängerung des Lockdowns erleben oder einen dritten Lockdown im Januar. Und das drückt auf die Motivation. Und es ist eine große Gefahr für Vereinsentwicklung."
Weniger Neueintritte führt zu fehlenden Mitgliedern
Denn mittlerweile hinterlasse das Virus durchaus Spuren im Verein. Eine gewisse Fluktuation, sagt Fechner, gebe es bei den Mitgliederzahlen bei einem Großstadtverein zwar immer.
Doch: "Uns fehlen die, die seit März nicht mehr eingetreten sind. Und das summiert sich inzwischen bei uns auf 600 bis 700 Mitglieder. Das Eintrittsverhalten im Herbst ist sehr zurückhaltend gewesen. Und jetzt mit dem Lockdown im November kommt es natürlich wieder zum Erliegen."
Verändert sich das Sporttreiben insgesamt?
Aktuell steige zudem die Zahl der Kündigungen deutlich an. Da der Verein mit stagnierenden Mitgliederzahlen und -beiträgen kalkuliert, die drei Viertel des Gesamtbudgets ausmachen, werden am Jahresende knapp 100.000 Euro in der Kasse fehlen werden. Trotz 25.000 Euro aus dem Hamburger Corona-Soforthilfe-Programm. Denn die Kosten laufen trotz Sportverbot weiter. Beispielsweise für den Betrieb des Schwimmbads oder die 40 hauptamtlichen Mitarbeiter, von denen die für den Sportbetrieb zuständigen weiterhin in Kurzarbeit sind.
"Zwei, drei Jahre können wir eine solche Entwicklung auffangen. Das Problem, das ich sehe, ist, dass sich möglicherweise das Sporttreiben in der Gesellschaft sich insgesamt verändert und viel stärker individualisiert, weil die Menschen Joggen oder Fahrradfahren oder ihre kleine, private Trainingsgruppe im Park haben. Und da sehe ich eine Gefahr, dass Sporttreiben im Verein insgesamt an Attraktivität einbüßt", sagt Fechner.
Vereinsjubiläum ohne Feier
Eine Autostunde weiter nördlich, im schleswig-holsteinischen Todenbüttel mit seinen 1070 Einwohnern, können die 600 Mitglieder des SV Grün-Weiß derzeit auch keinen Sport treiben.
"Für uns fühlt sich das derzeit halt einfach so an auch in dieser dunklen Jahreszeit, als ob man alles beiseite stellt und man in den Winterschlaf geschickt wird, obwohl man eigentlich gefühlt gerade begonnen hat, wieder etwas Fahrt aufzunehmen", sagt Stephan Heuck, der ehrenamtliche 1. Vorsitzende des Vereins. Als wir im Frühjahr mit ihm gesprochen hatten, hegte er noch Hoffnung, dass das Infektionsgeschehen im Verlauf in diesem für den Verein so bedeutenden Jahr noch etwas abflacht. Denn der SV Grün-Weiß feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Vereinsjubiläum.
Nur ohne die entsprechende Feier dazu: "Natürlich tut es schon ein bisschen weh, dass man in dreijähriger Vorarbeit die Ereignisse und Jubiläums-Veranstaltungen, die wir über das Jahr verteilt hatten, nicht wahrnehmen konnten. Uns geht es ja nicht anders, wie allen anderen auch. Aber es schon absolut was gefehlt, neben dem sportlichen Aspekt."
Auf dem Land waren die Mitglieder treu
Neben dem Jubiläum unterscheidet sich Heucks Dorfverein in einem weiteren Punkt vom Hamburger Großstadtverein Eimsbütteler TV. Hier, auf dem Land, haben alle Mitglieder dem Verein die Treue gehalten: "Wir haben keinerlei Mitgliederschwund aufgrund der Corona-Geschichten. Im Gegenteil. Wir haben jetzt sogar durch den hergerichteten Fitnessbereich, ihn auch sofort mit Leben füllen können."
Bereits im Frühjahr hatten die Arbeiten an dem neuen Anbau am Vereinsheim begonnen: mit Sauna, Kursraum und Fitnessbereich. Mit Hilfe von Sponsoren und Fördermitteln unter anderem vom Landessportverband und der Gemeinde haben rund 200 Mitglieder über den Sommer hinweg zumindest den Fitnessbereich fertigstellen können - in insgesamt 10.000 unbezahlten Arbeitsstunden.
Doch jetzt ist der Fitnessraum wie die vereinseigene Gastronomie geschlossen: "Wir haben letztlich über die Gastronomie die Unterhaltung unseres Heimes gezahlt. Das werden wir trotzdem hinbekommen. Wir hoffen natürlich, dass uns nur vier Wochen bevorstehen. Aber wir haben natürlich durch unseren Anbau noch eine zweite finanzielle Belastung, der natürlich jetzt auch mit Darlehen bedient werden muss. Von daher schmerzt uns das schon, dass da keine Einnahmen generiert werden."
Dem Sport fehlt der Alltag
Existenzielle Folgen werde das für den Verein zwar keine haben, betont Heuck. Doch sieht er neben den finanziellen und sportlichen Entbehrungen sowieso noch andere Konsequenzen, die ein brachliegendes Vereinslebens im Mikrokosmos Dorf auslöst: "Der normale Alltag des Sports und mit dem anschließenden Beieinandersitzen. Dieser Aspekt fehlt natürlich schon. Und das ist auf einer emotionalen Schiene schon so, dass einen das mitunter auch so ein bisschen deprimiert. Und das hat natürlich insgesamt gesellschaftlich einen noch viel höheren, nicht messbaren Wert."