Zeitpunkt und Personal dieses neuen Vorstoßes der CDU sind passend gewählt. Armin Laschet, heute CDU-Parteivize, wurde vor zehn Jahren als erster Landes-Integrationsminister weit über Nordrhein-Westfalen hinaus bekannt. Innerhalb der Union zählt Laschet zu jenem Flügel, der aus der CDU eine moderne Großstadt-Partei machen will. Dazu gehört die Strategie, Themen wie Integration und Zuwanderung nicht allein SPD und Grünen zu überlassen. Deshalb hat die Parteiführung jene Programmkommission eingesetzt, die jetzt ein Einwanderungsgesetz vorschlägt - ein Plan, der innerhalb der Unionsparteien höchst umstritten ist. Doch Kommissionsmitglied Serap Güler, die auch im CDU-Bundesvorstand sitzt, sieht dringenden Handlungsbedarf:
"Die meisten Menschen kommen aus den benachbarten EU-Ländern zu uns, bleiben gerade mal ein Jahr und wandern dann wieder weiter oder zurück in ihre Heimat. Und das ist eigentlich nicht das, was ich unter einer modernen Einwanderungsgesellschaft verstehe", so Güler heute Morgen im Deutschlandfunk. Ob das Einwanderungsgesetz am Ende auch so heiße, ist noch offen, sagt die aus Köln stammende CDU-Politikerin, aber der Handlungsdruck ist aus ihrer Sicht groß: "Das derzeitige Gesetz trägt nicht zur Offenheit und zu Transparenz bei, ist in vielen Dingen sehr technokratisch. Alleine, wenn Sie sich das jetzige Aufenthaltsgesetz anschauen, die allgemeine Verordnungsvorschrift dazu hat 390 Seiten und ich würde einfach sagen, Transparenz sieht anders aus."
Antrag für Gesetz könnte im Dezember beschlossen werden
Der Zeitplan steht bereits: Im September soll erst der Bundesvorstand grünes Licht geben, der Bundesparteitag könnte dann im Dezember formal den Antrag für ein Einwanderungsgesetz beschließen. Die Chancen stehen gut, denn auch die Parteivorsitzende Angela Merkel steht dem Vernehmen nach hinter dem Vorhaben. Widerstand braut sich allerdings in der CSU zusammen, ihr Innen-Experte Stephan Mayer sagte in der Passauer Neuen Presse: "Wir benötigen keine neues Einwanderungsgesetz, weil wir schon über ein modernes und flexibles Zuwanderungsrecht verfügen." Ins gleiche Horn stößt CDU-Innenexperte Wolfang Bosbach, und auch Innenminister Thomas de Maizière äußerte sich bisher kritisch.
Lob kommt hingegen von der Opposition. Endlich habe die Union begriffen, dass man etwas gegen den Fachkräftemangel in Deutschland tun müsse, sagt Grünen-Parteichef Cem Özdemir im Deutschlandfunk: "Ich hab gestern und vorgestern ein Praktikum bei zwei Handwerksbetrieben gemacht und musste da immer wieder hören, was für Probleme die haben. Die würden gerne wachsen, die würden gerne Leute einstellen - sie finden sie nicht, sie kriegen sie nicht. 15 Monate lang muss man erst mal schauen, ob es einen Deutschen gibt für die Stelle und erst dann darf man jemanden einstellen mit Migrationshintergrund. Das macht alles keinen Sinn."
SPD lobt Kurswechsel der CDU
Auch der Koalitionspartner SPD, der selbst seit längerem für ein Einwanderungsgesetz wirbt, begrüßt den, "Kurswechsel" der CDU. Die bestehenden Regeln seien viel zu kompliziert, sagt Malu Dreyer, Regierungschefin in Rheinland-Pfalz. SPD-Vize Ralf Stegner gießt allerdings ein wenig Öl ins Feuer: Die Kanzlerin werde es in der Union schwer haben, so Stegner gegenüber der Zeitung "Die Welt". Und Ulla Jelpke, Innenexpertin der Linkspartei, warnt: "Wenn es danach geht, zum Beispiel nur nach Nützlichkeitsprinzipien für die Wirtschaft zu gucken und gleichzeitig aber auch wieder Ausgrenzungen festgelegt werden - also sagen wir mal, hier kommt eine qualifizierte Arbeitskraft her, wird aber irgendwann vielleicht erwerbslos, dann muss diese Person oder Familie das Land wieder verlassen."
Jelpke greift damit jene Diskussion auf, die seit Tagen um den Umgang mit Flüchtlingen und Asylsuchenden hochkocht. Die Ausschreitungen mit mindestens drei Verletzten bei einer NPD-Demonstration gegen Asylbewerber in Dresden sind bislang der gewalttätige Höhepunkt dieser Woche. Bis gestern Abend waren im Dresdner Stadtteil Friedrichstadt etwa 470 Flüchtlinge in einer Zeltstadt untergebracht worden. In der vergangenen Nacht gab es laut Polizei aber zunächst keine weiteren Zwischenfälle durch Rechtsextreme.