Die deutschen Banken sind nicht in ihrer besten Phase: Noch gebeutelt von der Finanzkrise, die Aktienkurse weit jenseits der Höchststände, die Zinsen im Keller. Und da lädt eine Bank zur Bilanzpressekonferenz und vermeldet, dass die Anzahl ihrer Kunden im vergangenen Jahr um 17 Prozent gewachsen ist, die Höhe der Einlagen um 20 Prozent, das Kreditvolumen um 67 Prozent. Die Rede ist von der Ethik-Bank in Eisenberg in Ost-Thüringen. Eine Direktbank. Sie ist eine von vier Banken in Deutschland, die das Geld ihrer Kunden nach strengen Kriterien anlegen: Der Erfinderin und Vorstandschefin der Ethik-Bank, Sylke Schröder, ist es aber wichtig zu betonen, dass ihre Strategie nicht so anders ist als die anderer Banken.
Liquidität, Sicherheit, Renditeüberlegung
"Wenn ich eine Anlageentscheidung treffe, dann habe ich ja drei Kriterien zu beachten. Also, die Liquidität, die Sicherheit und die Rendite-Überlegung sollte beachtet werden. Es ist mit Sicherheit nicht so, dass bei einer ethischen Geldanlage diese drei Gesetzmäßigkeiten außer Kraft gesetzt werden, sondern es kommt noch eine vierte hinzu – nämlich die Frage, wie wichtig ist es mir, mein Geld nach sozial-ökologischen Kriterien zu investieren?"
Ökologisch, sozial, nachhaltig, mit Frauen in Führungspositionen. Tabu sind Anlagen in der Rüstungsindustrie, in Kohle- und Atomkraftwerken, in Nahrungsmittelspekulation. Kinderarbeit und Tierversuche sind verboten. Und dennoch gilt es, eine Rendite zu erwirtschaften. Denn die Zeit, als nur selbstlose Ökos in der Ethik-Bank anlegten, ist lange vorbei.
"Unseren Kunden ist die Rendite nicht ganz unwichtig. Die wenigsten Kunden sagen, 'Das ist mir ganz egal.' Diejenigen, denen das egal ist, das sind die Idealisten, das sind dann diejenigen, die ein Förderkonto errichten und auf Zinsen verzichten zugunsten eines sozialen Projektes. Aber das sind ungefähr zwischen drei und fünf Prozent unserer Kunden. Aber die meisten Kunden erwarten eine angemessene Rendite."
Nischenmarkt mit Potenzial
Die Zinsen sind – bei insgesamt niedrigem Marktniveau – nicht viel schlechter als bei traditionellen Banken. Sylke Schröder hat bei der Volksbank in Eisenberg als Sekretärin angefangen, heute sitzt sie im Vorstand. Die soziale Verantwortung hat sie eingebracht, Schritt für Schritt. Die Ethik-Bank ist eine Tochter der Volksbank – und auf bestem Wege, größer zu werden als die Mutter. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen. Auch die lokale Volksbank legt nach ethischen Kriterien an – und wächst stabil.
Auf absehbare Zeit wird sie zwar einen Nischenmarkt bedienen. Auf eine bis drei Millionen schätzt Sylke Schröder das bundesweite Potential. Aber dies sei ein wichtiger Nachholprozess in der Finanzwirtschaft, meint Reyk Albrecht, Geschäftsführer des Ethikzentrums der Universität Jena:
"Also, so, wie wir das bei vielen Produkten so langsam tun und getan haben, zu gucken: Wie werden Produkte hergestellt, wie sind die Lieferketten aufgebaut, wer war alles beteiligt an der Produktion und welche Schritte waren dort notwendig? Diese Sensibilität für unsere Verantwortung fehlt uns eigentlich im Bereich der Geldanlage fast noch vollständig. Da ist es gar nicht mal so entscheidend, welche Kriterien die Leute jetzt im Einzelnen anlegen, sondern dass man da einen Schritt weitergeht und sagt: Nein, ich möchte auch für diesen Ausdruck meines Lebens Verantwortung übernehmen."