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Eisiger Treibhausgas-Speicher

Polarforschung. - Der Eispanzer der Antarktis ist bis zu vier Kilometer dick - zum Glück. Denn Computersimulationen britischer Forscher zufolge verbergen sich unter dem Eis riesige Methanvorräte, die in die Atmosphäre gelangen könnten wenn das Eis schmilzt.

Von Monika Seynsche |
    Bis zu vier Kilometer dick ist der Eispanzer der Antarktis. Über seine Oberfläche fegen eisige Stürme. Durchschnittstemperaturen um minus 60 Grad Celsius machen ihn zum lebensfeindlichsten Kontinent der Erde. Aber das war nicht immer so, sagt die Gletscherforscherin Jemma Wadham von der britischen Universität Bristol.

    "Bevor der Eispanzer entstand, gab es dort Böden und Tundren. Also muss unter dem Eis Kohlenstoff vorhanden sein. Außerdem leben dort Mikroorganismen und es gibt so gut wie keinen Sauerstoff. Das sind ideale Bedingungen für die Produktion von Methan. Deshalb kamen wir auf die Idee, dass diese Gebiete ähnlich funktionieren könnten wie riesige Feuchtgebiete – Feuchtgebiete unter Eis."

    Feuchtgebiete sind bekannt dafür, dass Mikroorganismen in ihnen unter Sauerstoffabschluss große Mengen Methan produzieren. Durch die Hitze des Erdinneren ist es auch unter dem Eispanzer der Antarktis feucht. Aber niemand weiß, wie Feuchtgebiete funktionieren, die seit Jahrmillionen unter Eis begraben sind. Genau das wollten Jemma Wadham und ihre Kollegen herausfinden.

    "Wir haben zahlreiche Gletscher in der Arktis und Antarktis besucht und Sedimentproben aus dem Boden unter dem Eis hervorgeholt. Mit ihnen haben wir im Labor Experimente gemacht und konnten nachweisen, dass in diesen Sedimenten Mikroorganismen leben, die Methan produzieren, wenn auch sehr langsam. Wir konnten also prinzipiell zeigen, dass unter dem antarktischen Eispanzer Methan produziert werden kann, aber wir konnten natürlich nicht direkt messen, wie viel."

    Dafür nutzten die Forscher ein Computermodell, das sie mit verschiedenen Annahmen fütterten. Denn wie viel Methan die Organismen produzieren, hängt entscheidend davon ab, wie viel Nahrung, also wie viel organischer Kohlenstoff ihnen zur Verfügung steht. Und das wiederum ist unbekannt. Deshalb schätzt Jemma Wadham, dass unter dem Eis der Antarktis Methanvorräte lagern, die 70 bis 390 Milliarden Tonnen Kohlenstoff entsprechen, je nachdem ob wenig oder viel Nahrung vorhanden ist. Stimmen ihre Schätzungen, stellt die Antarktis einen ähnlich großen Methanspeicher dar wie die Permafrostböden der Arktis.

    "Methan ist ein sehr wirksames Treibhausgas. Sollte es aus den Sedimenten heraus in die Atmosphäre gelangen, hätte das einen spürbaren Effekt."

    Ein Effekt, der eintreten könnte, wenn das Eis der Antarktis weiter schmilzt. Der US-Geowissenschaftler und Ökologe John Priscu von der Montana State University ist fasziniert von den Computersimulationen der Britischen Gletscherforscherin. Er untersucht seit vielen Jahren, wie Leben unter extremen Bedingungen funktionieren kann.

    "In den nächsten ein bis zwei Jahren werden drei Nationen zum ersten Mal überhaupt unter den Eispanzer gelangen und dann Jemma Wadhams Schätzungen überprüfen können. Ein russisches Team wird Proben aus dem Wostoksee holen, britische Forscher werden den Ellsworth-See in der Westantarktis untersuchen und wir vom US-Team werden Proben im subglazialen Whillans See nehmen."

    Alle drei Seen sind tief unter dem Eispanzer der Antarktis begraben, genau dort also, wo Jemma Wadham die großen Methanspeicher vermutet. Priscu:

    "Aufgrund ihrer Studie sind wir gerade dabei, unsere Untersuchungsmethoden zu ändern. Wir werden jetzt gezielt nach methanproduzierenden Organismen Ausschau halten."

    Im Januar 2013 wollen John Priscu und seine Kollegen aufbrechen zu ihrer Expedition in die Antarktis. Dann wird sich zeigen, wieviel Methan wirklich unter dem nicht mehr ewigen Eis schlummert.