Archiv


Elektronik für das Haus

Lange schon geistert die Idee durch die Weltgeschichte und reiche Leute wie Bill Gates haben sie für sich umgesetzt: das vollautomatische Haus, das quasi alles von alleine tut und den Wunsch nach Bequemlichkeit und Sicherheit elektronisch erfüllt. Doch außer in Renomierprojekten und im Industriebau kommt die Hausautomation kaum auf einen grünen Zweig.

Von Christian Fischer |
    Alles ist möglich. Diesen Eindruck hatte man beim Durchstreifen der Messehallen der dritten ehome in Berlin. Was früher vor allem Science-Fiction Film-Protagonisten vorbehalten war, kann heute schon jedermann in sein Haus einbauen: Musik und Fernsehprogramm folgen durch die Zimmer, Kühl- und Arzneimittelschränke wissen, wann sie aufgefüllt werden müssen, Hausbesucher werden per Videokonferenz schon am Fernseher begrüßt, um dann – natürlich erst nach einem Fingerabdruckscan – hereingebeten zu werden. Doch irgendwie hatte man das alles auch vorher schon einmal gesehen. Nicht nur im Film. Echte Innovationen musste man suchen.

    Wirklich neu ist zum Beispiel der Einbezug des Autos in den vollvernetzten Wohnkosmos. Jörg Pankratz von Volkswagen erklärt, was möglich ist:

    Was wir bis zum jetzigen Zeitpunkt realisiert haben ist eine Zusammenstellung von Playlists, so dass man die Möglichkeit hat, am heimischen PC zu sagen, dieses und dieses Lied möchte ich in der und der Reihenfolge hören. Die zweite Sache, der wir uns angenommen haben, ist die Programmierung der Navigation, in dem wir sagen: Der heimische PC hat über den Terminkalender alle Informationen, die mein Navigationssystem braucht. Wenn ich diese Daten in das Navigationssystem übertrage müsste das Navigationssystem im Grunde genommen dazu fähig sein, alleine sich zu initialisieren.

    In Zukunft übermittelt der Kühlschrank auch gleich die Einkaufsliste und das Navigationssystem weist den Weg zum billigsten Supermarkt. Bis auf wenige solcher Neuerungen, scheint die Branche jedoch zu stagnieren. So zeigte eine Vortragende auf dem begleitenden Kongress ein Schaubild, auf dem alle Hausgeräte prototypisch miteinander vernetzt waren - nur um dann zu erklären, dass sie genau dieses Bild vor sieben Jahren schon einmal gezeigt habe.

    Warum also will es nicht so recht vorangehen? Viktor Grinewitschus, einer der Leiter des InHaus Projekts, bei dem verschiedene Vernetzungsmöglichkeiten entwickelt und getestet werden, schildert die Probleme der Branche:

    Ich denke, in der Integration der verschiedenen Gewerke liegt eine wesentliche Schwierigkeit. Die Produkte benötigen für die Kommunikation unterschiedliche Informationsprotokolle. Ein Herd tauscht weniger Informationen aus als ein CD-Player. Und diese unterschiedlichen Technologien so in den Griff zu kriegen, dass man eine standardisierte Datenplattform schafft, auf die man dann zum Beispiel Bedienoberflächen aufsetzen kann, das ist sicherlich ein Hauptproblem unserer Arbeit.

    Alles also eine Frage des richtigen Netzwerkstandards? Sicher auch ein Grund. Gudrun Quandel vom Frauenhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme, sieht es noch ein wenig pragmatischer.

    Fernseher, Kühlschrank, auch intelligente Waschschmaschinen usw, die haben eine Lebenszeit von fünf bis sieben Jahren, die werden nicht so schnell ersetzt und auch nicht alle gleichzeitig. Eine andere Frage ist die des Nutzens solcher Dinge. So Phänomene wie der Kühlschrank, der selber einkauft, das ist nicht der Nutzen, den die breite Masse sieht.

    Oder anders gesagt: Der Branche fehlt eine Killer-Applikation. Eine Innovation, die jeder haben möchte, ohne die man dann bald nicht mehr leben will. Doch die Suche danach ist fast aufgegeben und so sollen den Kunden nun die kleinen Lebensvereinfachungen schmackhaft gemacht werden, wie Gudrun Quandel weiß:

    Energieeinsparung, und Fragen der Sicherheit, das sind Dinge, wo man sehr schnell Innovationen an den Endbenutzer bringen kann.


    Denn in diesen Bereichen muss nicht bloß viel Geld ausgegeben, sondern kann, etwa durch das Ausschalten der Heizung beim Verlassen des Hauses, auch welches eingespart werden. Und der Vorteil eines unmittelbar an das Handy gekoppelten Feuermelders erschließt sich sofort.

    Die größten technischen Fortschritte macht zur Zeit übrigens die Unterhaltungsindustrie, wo PC, Fernseher und Stereoanlage immer mehr zu einem Gerät zusammenwachsen. Das alles umspannende Multimedia-Netzwerk rückt in greifbare Nähe. Momentan ist man allerdings noch dabei, sich auf einen einheitlichen Netzstandard zu einigen.