Dass die elektronische Patientenakte bis 2021 eingeführt werden soll, haben Union und SPD bereits im Koalitionsvertrag festgelegt. Einzelne Krankenkassen testen sie jedoch bereits. Allerdings unter dem Titel Gesundheitsakten, da bislang die rechtlichen Voraussetzungen für die elektronische Patientenakte fehlen. Das soll sich nun aus Sicht Spahns schnell ändern. Die Versicherten sollen mit den Gesundheitsakten eine, wie er sagte, "zusätzlichen Option" bekommen, die die Akteneinsicht erleichtern soll. Zustimmung dafür kommt auch von der Opposition. Maria Klein-Schmeind, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen:
"Das ist eine langjährige Forderung von uns. Weil es ist ganz klar nicht nachvollziehbar, warum Patientinnen und Versicherte in ihre Daten nur dann hineinschauen können, wenn sie in eine Praxis gehen und dort mit einem Zweischlüsselprinzip dann in die eigenen Daten reingucken könnten."
Wie beim Onlinebanking
Bislang braucht es für eine Akteneinsicht die Gesundheitskarte des Patienten und den elektronischen Heilberufeausweis des Arztes. Das soll sich mit dem neuen, weniger komplizierten Online-Zugriff ändern. Die Versicherten benötigen dann nur noch PIN und TAN wie beim Online-Banking.
Einig sind sich alle: die Digitalisierung der Patientenakten ist dringend notwendig, nicht zuletzt, um Doppel-Untersuchungen zu vermeiden. Bedenken an der neuen Gesundheitsakte bei den Krankenkasse gibt es dennoch. Und zwar von Ärzteseite. Dr. Peter Bobbert, Vorstandsmitglied der Ärzte-Gewerkschaft Marburger Bund:
"Natürlich ist es dahingehend sinnvoll, dass der Patient Herr seiner Daten ist. Allein, es sind Daten im Gegensatz zum Online-Banking, die man vielleicht als Nicht-Mediziner nicht hundertprozentig verstehen kann. Also da brauch man den Arzt dafür."
Hinzu kommen Bedenken, bezüglich der Daten, auf die die Krankenkassen mit der Einführungen der elektronischen Gesundheitsakte zugreifen könnten.
"Die Krankenkasse will Einblick in die Gesundheitsakte des individuellen Patienten. Das ist eine klassische Fehlentwicklung, die man vornherein unterbinden muss."
Von Seiten des Gesundheitsministeriums heißt es hierzu laut FAZ, dass der Patient den Zugriff auf die Daten habe und diese nur freigegeben würden, wenn dieser das wünsche.
Einheitliche Vorgaben für die Krankenkassen
Der Marburger Bund befürchtet darüber hinaus, dass die neue Möglichkeiten durch die Gesundheitsakte, ein Schlupfloch für die Krankenkassen sein könnte, um den Versicherten einen Wechsel zur Konkurrenz zu erschweren.
"Wenn man den einzelnen Krankenkassen erlaubt, ihre einzelnen Lösungen, sogenannte Insellösungen einer elektronischen Gesundheitsakte auf den Markt zu bringen, solche Kompatibilitäten, die ja essentiell und wichtig sind, nicht mehr möglich sind, 2021, wenn es dann plötzlich 10 oder 15 unterschiedliche Gesundheitsakten sind."
Um den Wettbewerb der Kassen weiterhin zu garantieren, hat Spahn jedoch die für die Gesundheitskarte zuständige Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte, kurz Gematik, beauftragt, bis Ende des Jahres einheitliche Vorgaben für die Krankenkassen vorzulegen. Bis Ende 2021 sollen die Krankenkassen aufgrund dieser Vorlagen alle Akten internetoperabel machen. Zwar können die Kassen bis dahin ihre Aktensystem individuell entwickeln, müssten sie aber dann anpassen.