Nur wenige Tausend Touristen dürfen jedes Jahr nach Nordkorea reisen. Das macht das Reiseziel so geheimnisvoll. In der Hotelbar stehen Studenten in T-Shirts mit Hammer und Sichel, trinken Bier für umgerechnet 50 Cent und schwärmen von den Erlebnissen, wie Isaak, ein Backpacker aus Holland:
"Es war schon immer das Reiseziel, das mich am meisten interessiert hat. Es ist so mysteriös und unbekannt. Dann habe ich jemanden getroffen, der schon hier war, und er hat mir gesagt, es gibt nichts Besseres, vielleicht eine Reise zum Mond."
Die meisten Touristen sind im Yanggakdo Hotel untergebracht. Es liegt auf einer Insel in Pjöngjang und kann dadurch besser überwacht werden. Ausländer dürfen sich in Nordkorea nicht frei bewegen. Sie müssen - wie wir - bei der Einreise ihre Handys und Navigationsgeräte abgeben. Die Nordkoreaner zeigen alles, was das Regime für sehenswert hält. Das Wahrzeichen der Stadt ist der 170 Meter hohe Juche Turm am Ufer des Taedong. Juche - das ist der Name für die eigene kommunistische Weltanschauung, die Staatsgründer Kim Il Sung entwickelt hat. Nach der langen Besatzungszeit sollte das Land nie wieder abhängig sein, erklärt die einheimische Reiseführerin Pae Un Son.
"Juche steht für Eigenständigkeit, es ist eine revolutionäre Idee."
Unterhalb des Turms musiziert eine Gruppe in Uniform. Die jungen Frauen spielen Gitarre, Ziehharmonika und singen unter der Beobachtung ihrer Vorgesetzten. Das ganze Land bereit sich auf den Ausnahmezustand vor: Die Hundertjahrfeier für den ewigen Präsidenten Kim Il Sung am 15.April. Noch heute trägt jeder Bewohner eine Anstecknadel mit einem Bild des geliebten Führers an der Brust. Vor 17 Jahren übergab er auf dem Sterbebett die Macht an seinen Sohn Kim Jong Il. Dieser ist inzwischen nach einem Schlaganfall körperlich geschwächt und will die Dynastie der Kims fortsetzen. Deshalb bereitet er die Übergabe der Diktatur an die dritte Generation vor. Sein Sohn Kim Jong Un soll ebenfalls im Luxus leben und regieren, während der Alltag für die Bevölkerung trist und grau bleibt.
Es regnet seit Wochen in Strömen. Auch auf dem Weg von der Hauptstadt Pjöngjang in Richtung Süden in die Hafenstadt Haeju. Zwei Stunden fahren wir auf einer löchrigen Betonpiste durch die schöne Landschaft. Die Natur ist unberührt, in der Kornkammer Nordkoreas wachsen Reis, Mais, Gerste, Weizen und Kartoffeln. Auf großen Tafeln mit roter Farbe sind die Vorgaben des Sozialismus zu lesen: Lasst uns für die verabredeten Ziele in diesem Jahr hart arbeiten! Vergeblich, jeder Vierte im Land hungert. So die Schätzungen des Welternährungsprogramms. Wir begleiten die Hilfsorganisation Cap Anamur, die schon zum zweiten Mal in diesem Jahr einspringt. Geschäftsführer Bernd Göken will überprüfen, ob die gespendeten 100 Tonnen Sojabohnen und 1.000 Tonnen Reis die Hungernden auch erreichen:
"Im Vergleich zu anderen Katastrophen ist es sicher wenig, was wir sehen dürfen. Wir werden nur die kleine Spitze des Eisberges sehen. Ich möchte gar nicht mir ausmalen, wie es in vielen Bergdörfern aussieht, wo wir sicher niemals hinkommen werden."
Überall sehen wir Bauern mit bloßen Händen in den satten, grünen Feldern wühlen. Große Flächen sind überflutet, selbst Soldaten packen mit an und versuchen, die Reisernte zu retten. Was wir kaum sehen sind Traktoren. Das Land ist nicht in der Lage, eigene Fahrzeuge zu produzieren. Fahrradfahrer kommen uns entgegen, bepackt mit Säcken voller Grünzeug, vieles sind selbst gepflückte Kräuter.
"Was wir sehen, ist, dass die Menschen hier täglich ums Überleben kämpfen. Ihre Aufgabe ist halt, irgendwie was zu essen zu finden. Die Ernte ist noch zu weit weg. Das Leben in Nordkorea muss schon sehr hart sein."
Wir begegnen zwischendurch auch Militärlastern. Weil der Sprit fehlt, fahren sie mit Holzvergasern. Die Soldaten auf der Ladefläche sind von einer stinkenden Rauchwolke eingehüllt. Der Grund für den desolaten Zustand im ganzen Land sind neben dem Missmanagement auch die Wirtschaftssanktionen der internationalen Gemeinschaft. Weil das stalinistische Regime in Pjöngjang die Gespräche über sein Atomwaffenprogramm abgebrochen hat und stattdessen Langstreckenraketen und Bomben testet, ist Nordkorea völlig isoliert. Der Mangel an Öl zwingt die Anwohner, in den kalten Wintern bei minus 30 Grad das letzte Brennholz zu suchen. Im vergangenen Winter lag die Durchschnittstemperatur in den grauen Wohnblöcken angeblich bei sieben Grad. Wenn es jetzt regnet, verschärft die Erosion in den gerodeten Bergen die Naturkatastrophe. Eine Veränderung der Notlage ist nur möglich, wenn sich das Land öffnet.
Pjöngjang in einem Freizeitpark. Die Angst geht um an diesem Abend. Schuld sind die Italiener, sie haben im vergangenen Jahr eine Achterbahn mit Looping und andere moderne Fahrgeschäfte nach Nordkorea geliefert. Für die Sicherheit in der Achterbahn haben Kim Jong Il und sein Sohn Kim Jong Un angeblich persönlich gesorgt. Sie sollen vor der Eröffnung für das Volk alle Fahrgeschäfte drei Mal getestet haben.
"Ich komme hier zwei bis drei Mal die Woche vorbei. Wenn ich bei der Arbeit so viel Stress hatte, dann möchte ich in eine andere Welt abtauchen. Immer wenn ich hier bin, fühle ich mich so frei und erfrischt."
Seit über 60 Jahren leben die Nordkoreaner in einer Diktatur, inzwischen in der dritten Generation. Doch die Kulisse von Pjöngjang erinnert auf den ersten Blick an das Leben in einer gewöhnlichen asiatischen Metropole. Eistüten, Fast Food und Pizza. Doch hinter den Kulissen ändert sich wenig, das stalinistische Regime verhindert jede Kritik und erstickt jede Möglichkeit von Informationsfreiheit im Keim. Das Telefonnetz funktioniert nur im Inland. Zugang zum Internet haben nur wichtige Ministerien. Ansonsten ist Nordkorea das letzte Land auf der Welt, das nicht online ist. Weil nur wenige Journalisten einreisen dürfen, sind die Medien oft gezwungen, die Situation von außen zu bewerten. Für die Berichterstattung sind sie auf moderne Hilfsmittel wie Satelliten angewiesen. Amnesty International berichte, dass die Lager für politische Gefangene in den vergangenen zehn Jahren weiter ausgebaut wurden. 200.000 Menschen sollen in den Lagern wie Sklaven gehalten werden. Die wenigen Flüchtlinge, die das Land verlassen, bestätigen diese Vermutungen. Laut Amnesty seien es die schlimmsten Bedingungen, die die Menschenrechtsorganisation seit 50 Jahren dokumentiert habe.
"Es war schon immer das Reiseziel, das mich am meisten interessiert hat. Es ist so mysteriös und unbekannt. Dann habe ich jemanden getroffen, der schon hier war, und er hat mir gesagt, es gibt nichts Besseres, vielleicht eine Reise zum Mond."
Die meisten Touristen sind im Yanggakdo Hotel untergebracht. Es liegt auf einer Insel in Pjöngjang und kann dadurch besser überwacht werden. Ausländer dürfen sich in Nordkorea nicht frei bewegen. Sie müssen - wie wir - bei der Einreise ihre Handys und Navigationsgeräte abgeben. Die Nordkoreaner zeigen alles, was das Regime für sehenswert hält. Das Wahrzeichen der Stadt ist der 170 Meter hohe Juche Turm am Ufer des Taedong. Juche - das ist der Name für die eigene kommunistische Weltanschauung, die Staatsgründer Kim Il Sung entwickelt hat. Nach der langen Besatzungszeit sollte das Land nie wieder abhängig sein, erklärt die einheimische Reiseführerin Pae Un Son.
"Juche steht für Eigenständigkeit, es ist eine revolutionäre Idee."
Unterhalb des Turms musiziert eine Gruppe in Uniform. Die jungen Frauen spielen Gitarre, Ziehharmonika und singen unter der Beobachtung ihrer Vorgesetzten. Das ganze Land bereit sich auf den Ausnahmezustand vor: Die Hundertjahrfeier für den ewigen Präsidenten Kim Il Sung am 15.April. Noch heute trägt jeder Bewohner eine Anstecknadel mit einem Bild des geliebten Führers an der Brust. Vor 17 Jahren übergab er auf dem Sterbebett die Macht an seinen Sohn Kim Jong Il. Dieser ist inzwischen nach einem Schlaganfall körperlich geschwächt und will die Dynastie der Kims fortsetzen. Deshalb bereitet er die Übergabe der Diktatur an die dritte Generation vor. Sein Sohn Kim Jong Un soll ebenfalls im Luxus leben und regieren, während der Alltag für die Bevölkerung trist und grau bleibt.
Es regnet seit Wochen in Strömen. Auch auf dem Weg von der Hauptstadt Pjöngjang in Richtung Süden in die Hafenstadt Haeju. Zwei Stunden fahren wir auf einer löchrigen Betonpiste durch die schöne Landschaft. Die Natur ist unberührt, in der Kornkammer Nordkoreas wachsen Reis, Mais, Gerste, Weizen und Kartoffeln. Auf großen Tafeln mit roter Farbe sind die Vorgaben des Sozialismus zu lesen: Lasst uns für die verabredeten Ziele in diesem Jahr hart arbeiten! Vergeblich, jeder Vierte im Land hungert. So die Schätzungen des Welternährungsprogramms. Wir begleiten die Hilfsorganisation Cap Anamur, die schon zum zweiten Mal in diesem Jahr einspringt. Geschäftsführer Bernd Göken will überprüfen, ob die gespendeten 100 Tonnen Sojabohnen und 1.000 Tonnen Reis die Hungernden auch erreichen:
"Im Vergleich zu anderen Katastrophen ist es sicher wenig, was wir sehen dürfen. Wir werden nur die kleine Spitze des Eisberges sehen. Ich möchte gar nicht mir ausmalen, wie es in vielen Bergdörfern aussieht, wo wir sicher niemals hinkommen werden."
Überall sehen wir Bauern mit bloßen Händen in den satten, grünen Feldern wühlen. Große Flächen sind überflutet, selbst Soldaten packen mit an und versuchen, die Reisernte zu retten. Was wir kaum sehen sind Traktoren. Das Land ist nicht in der Lage, eigene Fahrzeuge zu produzieren. Fahrradfahrer kommen uns entgegen, bepackt mit Säcken voller Grünzeug, vieles sind selbst gepflückte Kräuter.
"Was wir sehen, ist, dass die Menschen hier täglich ums Überleben kämpfen. Ihre Aufgabe ist halt, irgendwie was zu essen zu finden. Die Ernte ist noch zu weit weg. Das Leben in Nordkorea muss schon sehr hart sein."
Wir begegnen zwischendurch auch Militärlastern. Weil der Sprit fehlt, fahren sie mit Holzvergasern. Die Soldaten auf der Ladefläche sind von einer stinkenden Rauchwolke eingehüllt. Der Grund für den desolaten Zustand im ganzen Land sind neben dem Missmanagement auch die Wirtschaftssanktionen der internationalen Gemeinschaft. Weil das stalinistische Regime in Pjöngjang die Gespräche über sein Atomwaffenprogramm abgebrochen hat und stattdessen Langstreckenraketen und Bomben testet, ist Nordkorea völlig isoliert. Der Mangel an Öl zwingt die Anwohner, in den kalten Wintern bei minus 30 Grad das letzte Brennholz zu suchen. Im vergangenen Winter lag die Durchschnittstemperatur in den grauen Wohnblöcken angeblich bei sieben Grad. Wenn es jetzt regnet, verschärft die Erosion in den gerodeten Bergen die Naturkatastrophe. Eine Veränderung der Notlage ist nur möglich, wenn sich das Land öffnet.
Pjöngjang in einem Freizeitpark. Die Angst geht um an diesem Abend. Schuld sind die Italiener, sie haben im vergangenen Jahr eine Achterbahn mit Looping und andere moderne Fahrgeschäfte nach Nordkorea geliefert. Für die Sicherheit in der Achterbahn haben Kim Jong Il und sein Sohn Kim Jong Un angeblich persönlich gesorgt. Sie sollen vor der Eröffnung für das Volk alle Fahrgeschäfte drei Mal getestet haben.
"Ich komme hier zwei bis drei Mal die Woche vorbei. Wenn ich bei der Arbeit so viel Stress hatte, dann möchte ich in eine andere Welt abtauchen. Immer wenn ich hier bin, fühle ich mich so frei und erfrischt."
Seit über 60 Jahren leben die Nordkoreaner in einer Diktatur, inzwischen in der dritten Generation. Doch die Kulisse von Pjöngjang erinnert auf den ersten Blick an das Leben in einer gewöhnlichen asiatischen Metropole. Eistüten, Fast Food und Pizza. Doch hinter den Kulissen ändert sich wenig, das stalinistische Regime verhindert jede Kritik und erstickt jede Möglichkeit von Informationsfreiheit im Keim. Das Telefonnetz funktioniert nur im Inland. Zugang zum Internet haben nur wichtige Ministerien. Ansonsten ist Nordkorea das letzte Land auf der Welt, das nicht online ist. Weil nur wenige Journalisten einreisen dürfen, sind die Medien oft gezwungen, die Situation von außen zu bewerten. Für die Berichterstattung sind sie auf moderne Hilfsmittel wie Satelliten angewiesen. Amnesty International berichte, dass die Lager für politische Gefangene in den vergangenen zehn Jahren weiter ausgebaut wurden. 200.000 Menschen sollen in den Lagern wie Sklaven gehalten werden. Die wenigen Flüchtlinge, die das Land verlassen, bestätigen diese Vermutungen. Laut Amnesty seien es die schlimmsten Bedingungen, die die Menschenrechtsorganisation seit 50 Jahren dokumentiert habe.