In Abidjan, der wirtschaftlichen Metropole der Elfenbeinküste, ist Tag und Nacht Baustellenlärm zu hören. Im Stadtzentrum wird ein Hochhaus neben dem anderen hochgezogen - Zeichen für den wirtschaftlichen Aufschwung, den das westafrikanische Land zurzeit erlebt. Rund 8,5 Prozent Wirtschaftswachstum konnte es durchschnittlich seit 2012 vorweisen - beachtlich für ein Land, das seit den 1990er Jahren mehrere gewaltsame Konflikte durchlaufen hat.
Aus seinem Büro im 19. Stock eines Hochhauses hat Wirtschaftsminister Adama Koné einen hervorragenden Blick auf die vielen Baustellen, hinter denen oft ausländische Investoren stehen. Der Minister erklärt, warum noch mehr von ihnen in das 24-Millionen-Einwohner-Land kommen könnten:
"Die Elfenbeinküste ist ein Land in Westafrika, das zählt; es ist die drittgrößte Wirtschaft der Region. Es ist das Eingangstor nach Westafrika; hier zu investieren, ermöglicht, ganz Westafrika zu erreichen. Die Elfenbeinküste hat ihr Potential unter Beweis gestellt. Es ist das einzige Land hier in Afrika, wo man sich einfach niederlassen kann; Nationalität zählt kaum. Unsere Politik ist die der Gastfreundschaft, auf wirtschaftlicher, industrieller und finanzieller Ebene. Wir fordern ausländische Investoren also auf, zu kommen."
Der Minister hat gute Chancen, dass weitere Unternehmen seiner Einladung folgen werden - zumal die Elfenbeinküste zu den Ländern zählt, mit denen die G20-Staaten im Jahr 2017 das Programm "Compact with Africa" aufgelegt haben. Durch Verbesserung der Rahmenbedingungen unterstützt es die Attraktivität einer Niederlassung in der Elfenbeinküste. Ergänzend hat die Bundesregierung die Elfenbeinküste neben Ghana und Tunesien für eigene bilaterale Compact-Programme ausgewählt. Ginge es nach Wirtschaftsminister Koné, dann soll das erst der Anfang sein:
"Wir wünschen uns eine Diversifizierung. Unser Land ist offen, wir sind für alle offen, je mehr Partner wir haben, desto besser."
Manche Kritiker beklagen, dass die Zusammenarbeit mit ausländischen Investoren zwar im Finanzsektor, bei der Infrastruktur und in der Industrie erfolgreich sein kann, dass aber so zentrale Bereiche wie Bildung oder Armutsbekämpfung nicht über den Ansatz des Compact with Africa zu fördern seien. Wirtschaftsminister Adama Koné gibt zu bedenken:
"Das Compact-Programm steht am Anfang. Wie alles läuft das erstmal langsam an. Mit der Zeit werden da noch Anpassungen folgen. Aber man muss die Idee hervorheben, überhaupt solche Beziehungen mit unseren afrikanischen Ländern aufzubauen, das ist wichtig. Man kann nicht alle Sektoren gleichzeitig bedienen. Zuerst wurde der Energiesektor anvisiert. Im Rahmen dieses Compact mit Deutschland wird unsere Energiekapazität erweitert. Es stimmt, was Kritiker sagen, aber man muss eben langsam vorgehen."
Bisher fehlt noch Infrastruktur
Anfang Oktober erst hat Deutschland der Elfenbeinküste Finanzhilfe bei der Errichtung eines Solarkraftwerks zugesagt. Doch trotz des Wirtschaftswachstums, der zahlreichen Hilfen und Investitionen: Viele Menschen in der Elfenbeinküste beklagen, dass sie in ihrem Alltag davon kaum etwas spüren. Dem entgegnet Minister Koné:
"Wenn Sie in einem Land Straßen haben, die es Ihnen ermöglichen, sich fortzubewegen, dann können Sie nicht sagen, dass Sie die Früchte des Wirtschaftswachstums nicht sehen."
"Ich komme gerade aus dem Landesinneren, der wirtschaftlichen Lunge des Landes, dem Kakao-Anbaugebiet. Man sagt ja: Straßen sind Voraussetzung für Entwicklung", erzählt der Journalist Félix Bony, Chefredakteur des Onlinemediums L’infodrôme, entrüstet:
"Normalerweise würde die Fahrt dreieinhalb Stunden dauern, auf der Küstenstraße. Die ist unterbrochen, man muss einen großen Umweg fahren, der sollte maximal fünf Stunden dauern. Aber die Straßen sind überall in furchtbarem Zustand - ich habe neun Stunden gebraucht. Dort wird der Kakao produziert, aus dem die Schokolade in der ganzen Welt gemacht wird - und es gibt keine Straße, die in das Kakao-Anbaugebiet führt!"
Die Elfenbeinküste ist der weltweit größte Kakaoproduzent; die wichtigsten internationalen Konzerne zählen zu den Kunden. Eine zentrale Einnahmequelle für das Land, die aber noch besser genutzt werden könnte. Denn die Konzerne kaufen die Bohnen nur geröstet - die weitere Verarbeitung, die Gewinn und Arbeitsplätze bringen könnte, findet größtenteils im Ausland statt. Die Regierung strebt an, dass bis 2020 wenigstens 50 Prozent der Bohnen im Land gemahlen werden. Besser wäre es noch, alle Verarbeitungsschritte bis zum Endprodukt Schokolade vor Ort durchzuführen. Für all das müssen ausländische Investoren gewonnen werden. Die sind aber bislang noch vorsichtig, was den Bau von Fabriken angeht. Woran das liegt, erklärt der Verkaufsmitarbeiter einer Firma, die den Kakaobauern die Ernte abnimmt und an die Konzerne weiterverkauft:
"Die Konzerne verlagern all das ins Ausland, was sie hier nicht billiger machen können. Wenn hier mehr verarbeitet würde, gäbe das einen Schub für die Wirtschaft der Elfenbeinküste. Deswegen versucht die Regierung, Anreize zu schaffen, damit sich das vor Ort entwickeln kann. Das ist noch nicht erreicht. Die Unternehmer fürchten vor allem, dass das politische Umfeld nicht so vertrauenserweckend ist - und davon hängt viel ab. Eine Fabrik im Wert von mehreren hundert Millionen Euro aufzubauen, benötigt doch eine gewisse Perspektive, bevor man sich da festlegt."
Die Regierung der Elfenbeiküste ist gefordert
Auch wenn es seit 2011 keinen größeren bewaffneten Konflikt mehr gegeben hat, stehen sich verschiedene politische Gruppierungen in der Elfenbeinküste weiterhin feindlich gegenüber - einer der Gründe, warum die Belange der Bevölkerung bisweilen ins Hintertreffen geraten. Der Kakaoverkäufer, der seinen Namen lieber nicht nennen will, stellt fest, dass in seinem Bereich die internationalen Konzerne anstelle des Staates agieren:
"Konzerne wie Ferrero, Nestlé, Mars kommen hierher und versuchen in Zusammenarbeit mit Exportfirmen, die Kakaobauern wirklich zu begleiten und ihnen Fertigkeiten zu vermitteln, damit sie ihre Situation verbessern können - das erwarten die Leute eigentlich vom Staat, aber der kümmert sich nicht darum. Es gibt einige lokale Projekte von Konzernen mit ausländischen Partnern, aber das kommt nicht vom Staat. So kann man nicht alle erreichen."
Und es gibt noch einen Bereich, in dem die Regierung gefordert ist, die Lebensgrundlage der Produzenten von Kaffee und Kakao zu sichern, erklärt Mamadou Koulibaly, Wirtschaftswissenschaftler und früherer Parlamentspräsident der Elfenbeinküste:
"Wenn man will, dass europäische Investoren hier in der Landwirtschaft investieren, dann muss es eine private Partnerschaft geben. Ein europäischer Investor trifft die Grundbesitzer eines Gebiets. Dann können die einen mit ihrem Geld und ihrer Technologie und die anderen mit ihrem Grundbesitz große Plantagen schaffen und die Produkte auf dem lokalen, regionalen und internationalen Markt verkaufen. Aber dafür muss sich das Bodenrecht ändern. Bei uns sagt das Gesetz noch, dass das Land dem Staat gehört. Das halte ich für völlig krank; das Land der Elfenbeinküste kann nicht Staatsbesitz sein. Der Staat wurde 1960 gegründet - das Land hatte schon vor der Kolonialzeit Besitzer."
Vorwurf der Korruption und mangelnden Transparenz
Und das ist längst nicht die einzige Kritik, die Mamadou Koulibaly an der Regierung und besonders an Präsident Alassane Ouattara äußert. Der Gründer der kleinen liberalen Partei LIDER hat bereits angekündigt, bei der Präsidentschaftswahl 2020 selbst zu kandidieren. Er wirft Ouattara vor allem Vetternwirtschaft vor - auch im Umgang mit den internationalen Geldern:
"Korruption ist endemisch geworden. Der Präsident war nicht fähig, dagegen anzugehen. Die Investitionen, die hier landen, werden von der Präsidentschaft kontrolliert, zum Nutzen ihres nächsten Umfelds. Man hat den Eindruck, es seien nur zwei oder drei Unternehmer, die alle Aufträge bekommen. Es gibt keine Transparenz."
Den Vorwurf der Korruption und mangelnden Transparenz erhebt nicht nur die Opposition, sondern auch einer der wichtigste Geldgeber - die Europäische Union. Im August gelangte in der Elfenbeinküste ein vertraulicher Bericht der EU-Botschafter an die Öffentlichkeit, in dem die Partnerschaft auf den Prüfstand gestellt wird. Die Regierung wird wegen mangelnder Kooperation und beschönigender Rhetorik kritisiert. Und es heißt:
"Die Regierungsführung und der Kampf gegen die Korruption werden ein wichtiges politisches Thema, je mehr sich beträchtliche Ungleichheiten vertiefen zwischen einem Großteil der Bevölkerung und einer ‚führenden Klasse‘, deren Bereicherung über die letzten Jahre zum Teil spektakulär ist."
Kein Wunder, dass dieser Bericht von der Regierung mit großer Verärgerung aufgenommen wurde. Wirtschaftsminister Koné lässt vor dem Interview mit dem Deutschlandfunk vorsorglich durch seine Mitarbeiter wissen, dass er auf dieses Thema nicht angesprochen werden will.
Wenige Wochen nach dem Bekanntwerden des Berichts fand Anfang September in Peking ein China-Afrika-Gipfel statt. Der Journalist Félix Bony ist überzeugt, dass sich der ivorische Präsident Alassane Ouattara dort wegen des Ärgers mit der Europäischen Union besonders offen gab:
"Wir haben die Rede des Präsidenten der Elfenbeinküste in China gehört. Er sagte den Chinesen: Kommen Sie, wir tun, was Sie wünschen, wir öffnen Ihnen das Land. So eine Rede wurde noch nie von einem ivorischen Präsidenten gehalten. Er will chinesische Gelder holen, als ob China der ideale Partner wäre."
"China sucht Hegemonie, und wir sind dabei, uns dem hinzugeben"
Fünf Grundsätze hat die chinesische Afrika-Politik, glaubt man Staatschef Xi Jinping: Keine Einmischung in die spezifischen Entwicklungswege der Länder, keine Einmischung in ihre internen Angelegenheiten, kein Aufzwingen von Chinas Willen, keine politischen Komponenten in der Entwicklungshilfe und keine eigennützigen politischen Ziele in der finanziellen Kooperation mit Afrika. Das klingt attraktiv für ein Land wie die Elfenbeinküste, in dem die alte Kolonialmacht Frankreich auch noch nach der Unabhängigkeit sehr viel mitbestimmt hat. Zumal das Land auch heute viele Auflagen internationaler Geldgeber erfüllen muss. Doch der Journalist Félix Bony glaubt nicht an die Selbstlosigkeit Chinas. Er warnt davor, sich in eine neue Abhängigkeit zu begeben, jetzt wo der Zugriff Frankreichs endlich schwächer wird:
"Wissen wir, was China morgen mit uns vorhat? Der chinesische Präsident hat eine Vision, er weiß, warum er so viele Milliarden für Investitionen in Afrika ausgibt. Das tut er nicht aus Menschenfreundlichkeit. Man sollte nicht aus einem Herrschaftssystem fliehen, um sich einem anderen zu unterwerfen. Denn jeder Geber will auch herrschen. China sucht Hegemonie, und wir sind dabei, uns dem hinzugeben."
Wirtschaftsminister Koné betont, dass die Zusammenarbeit mit China keine Orientierung weg von anderen Partnerländern wie dem ebenfalls sehr präsenten Marokko bedeutet:
"China hat uns bei dem Gipfel seine Vision für die Kooperation mit Afrika vorgestellt. Marokko ist schon bei uns. Wenn China noch kommt, kann das nur gut sein für unser Land. Es gibt keinen Widerspruch, keine Konkurrenz. Die Sektoren sind offen. Marokko ist seit einigen Jahren da. Es investiert im Finanzsektor, bei Versicherungen, im Zement.
China ist im Bausektor präsent und will unserem Land bei der Digitalisierung und bei der finanziellen Inklusion helfen. Diese verschiedenen Investoren ergänzen sich wirklich."
Weitere Ergänzung sucht die Elfenbeinküste bei den reichen Ländern des Mittleren Ostens. Im August besuchte Präsident Alassane Ouattara als muslimischer Pilger Saudi-Arabien - mit ökonomischen Hintergedanken, vermutet Journalist Bony:
"Ich war überhaupt nicht erstaunt, dass Präsident Ouattara nach Mekka gereist ist, denn um Kapital aus arabischen Ländern zu erhalten, muss man normalerweise die gleichen religiösen Überzeugungen teilen. Der Präsident war sehr unzufrieden mit diesem EU-Bericht. Wenn er da schnell nach Mekka gereist ist, war das ein Weg zu sagen: Ich bin jetzt so wie ihr, schickt mir Geld."
Mit saudischen Geldern aber komme auch ein Trend zur Islamisierung ins Land, meint Félix Bony. Und der könnte das fragile Miteinander von Christen und Muslimen in der Elfenbeinküste ernsthaft gefährden.
Bei den Ärmsten kommt wenig Wirtschaftswachstum an
Ein Slumviertel an der Lagune von Abidjan. Am Rand der großen Straße steht ein Schild, auf dem der Bau einer großen Brücke angekündigt wird. Sie soll die Außenbezirke mit dem Stadtzentrum verbinden und den ewigen Stau verringern. Auftraggeber: das Verkehrsministerium. Geldgeber: die Afrikanische Entwicklungsbank und die ivorische Regierung. Ausführender: ein staatliches chinesisches Bauunternehmen.
Im improvisierten Café an der Straßenböschung unterhalten sich Männer über das Schicksal ihres Viertels: Es soll abgerissen werden, um Platz für die neue Brücke zu machen; zurzeit laufen Verhandlungen über finanzielle Entschädigungen und Grundstücke für eine Umsiedlung. Karim Coulibaly ist daran beteiligt; der Mann, der im letzten Bürgerkrieg ein Bein verloren hat, gehört zur traditionellen Herrscherfamilie des Viertels und ist Anhänger der Regierungspartei. Er ist deutlich bemüht, die Dinge positiv darzustellen:
"Diese Brücke ist eine gute Idee; das wird allen nutzen. Alle hier sind damit zu 100 Prozent einverstanden. Wir sind immer für die Entwicklung. Aber davor müssen die Dinge geregelt werden, wie es sich gehört. Das heißt, die Leute müssen zuerst ihre Entschädigung erhalten. Man hat uns noch nicht gesagt, dass wir morgen oder übermorgen hier weg müssen. Wir wissen, dass die Dinge ihren Lauf nehmen werden."
Nicht überall sind die Menschen so gelassen, wenn sie mit ihren Häusern neuen Infrastrukturmaßnahmen weichen müssen - mehrfach kam es zu Demonstrationen. Menschenrechtsorganisationen beklagen, dass die Entschädigungen nicht immer rechtzeitig und in angemessener Höhe erfolgen. Meist treffen solche Maßnahmen die Ärmsten, die in inoffiziellen Slumsiedlungen wohnen.
46,3% der ivorischen Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze, besagen Zahlen aus dem Jahr 2015 - und der EU-Bericht beklagt, dass daran auch das gute Wirtschaftswachstum nichts zu ändern scheint. Daher sind Regierungskritiker wie der Journalist Félix Bony überzeugt davon, dass Investitionspartnerschaften nicht die richtige Hilfe bringen. Viel besser sei es beispielsweise, über Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit wie die GIZ direkt vor Ort Schulen zu bauen - nur so könne man vermeiden, dass sich verschiedene Staatsbeamte an den Projekten bereichern:
"Wenn uns Deutschland helfen will, kann es uns helfen, aber es muss den Mechanismus finden, der direkt die Zielgruppe erreicht. Ohne über die Männern in Anzügen zu gehen, die Plünderer von Staatsressourcen mit weißem Kragen sind."
Dem Mittelstand bleiben nur Mikrokredite
Nicht nur die Armen, auch die Mittelschicht klagt, dass sie nichts von den ausländischen Investitionen spürt, und das selbst wenn sie mit den bevorzugten Partnern der Regierung Geschäfte macht.
"Der Preis ist angeschrieben, wir können uns auf Englisch verständigen, wir haben einen Taschenrechner dabei und kennen ihre Währung und den Wechselkurs. So können wir leicht unseren Verkaufspreis hier berechnen."
Edwige Kanga kauft für ihren Großhandel Manzan Elektro- und Eisenwaren in der chinesischen Stadt Yiwu ein, lädt Container voll, bringt die Ware in die Elfenbeinküste und verkauft sie hier an kleinere Geschäfte. Sie lobt die Organisation des perfekt auf die Bedürfnisse ausländischer Händler abgestimmten riesigen Großmarktes. Die Chinesen erlebt Edwige Kanga afrikanischen Kunden gegenüber sehr aufgeschlossen - nicht ohne Grund:
"Es gibt Produkte, die werden nur für den afrikanischen Markt hergestellt. Dort ist die Technologie weiter. Hier werden immer noch Neonröhren verwendet. Dort gibt es Hängelampen."
Finanzhilfen für ihr Unternehmen bekommt Kanga weder von chinesischer noch von ivorischer Seite. Im Gegenteil: weil sie nicht genug Eigenkapital hat, um von der Bank einen Kredit zu erhalten, muss sie Geld bei einem privaten Mikrokreditgeber leihen - ohne großen bürokratischen Aufwand, aber mit sehr hohen Kreditkosten.
"Sie haben Marketingleute, die direkt die Händler ansprechen und die Kreditbedingungen vorstellen. Das funktioniert ohne Eigenkapital. Man eröffnet ein Konto und bekommt gleich einen Kredit. Das war für uns attraktiv. Aber sie wissen, dass wir keine Alternative haben. So sind wir zu ihrer Milchkuh geworden."
Innerhalb eines Jahres einen Kredit mit 18 oder 20% Zinsrate zurückzuzahlen, sei doch fast unmöglich, meint Edwige Kanga. Genau das würden diese Kreditgeber ausnutzen und einen Folgekredit anbieten. So werden die Schulden immer größer. Die Unternehmerin wünscht sich staatliche Hilfe, zumal sie mit der Qualität der chinesischen Ware nicht immer zufrieden ist:
"Wenn ich Unterstützung bekommen würde, würde ich nicht alles in China einkaufen, sondern nur ein wenig und mit Waren aus anderen Ländern mischen. Dann würde ich mir neue Marktanteile erschließen."
Nicht nur kleine Unternehmerinnen wie Edwige Kanga stöhnen unter der Schuldenlast, auch der ivorische Staat ist mit über 46 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts verschuldet - ein weiterer Punkt, der im EU-Bericht kritisch angemerkt wurde. Auch der Internationale Währungsfonds hat bereits die Elfenbeinküste aufgefordert, die eigenen Kapitalressourcen zu erhöhen. Das fällt schwer, zumal angesichts des großen informellen Sektors in der Elfenbeinküste. Hier entgehen dem Staat wichtige Steuereinnahmen. Glaubt man den Versprechen der chinesischen Regierung, dann müsste sich die Elfenbeinküste von ihr dazu keine Vorwürfe anhören.