"Wir hatten also am ersten Tag des ersten Semsters dann eine Bootstour auf dem Rhein, wo wir dann mit allen Eltern eingeladen waren. Das war mir schon unheimlich peinlich, meinem Sohn gegenüber."
Den Bootsausflug hat sie dennoch mitgemacht, sagt Dorothee Thewabalan. Ihr Sohn studiert an einer privaten Hochschule in Düsseldorf.
"Und dann wurde uns angeboten, man könnte jeden Freitag zu einer Sprechstunde kommen. Und ich fand das unmöglich. Also ich finde, das geht mich ja nichts mehr an. Das muss er jetzt selbst machen."
Doch es gibt sie, die Helikoptereltern, die solche Angebote gerne wahrnehmen. Und sie werden mehr, sagt Michaela Christoph vom Akademischen Beratungscentrum der Uni Duisburg/Essen:
"Ja, wir haben schon das Gefühl, dass es zunimmt. Also ich bin ja jetzt auch schon ein paar Jahre hier und früher hatten wir das Phänomen nicht."
Seit einigen Jahren sitzen ihr immer öfter sehr engagierte Mütter und Väter gegenüber, die wissen wollen, was ihr fast erwachsenes Kind denn mit einem Abschluss in Geschichte später anfangen kann, was so ein Studium kostet und wie genau das läuft mit Bachelor und Master. Elternveranstaltungen gehören inzwischen an fast allen deutschen Hochschulen zum normalen Programm.
"Wir bieten schon Angebote für Eltern an, weil die sowieso hier sind."
Elternveranstaltungen gehören an Unis zum festen Programm
Für die Hochschulen sind die Eltern zum wichtigen Multiplikator geworden. Sind sie begeistert, wirkt sich das positiv auf die Studierendenzahl und - so die Hoffnung – auch auf die Studienmotivation der Sprößlinge aus. Und da selbst Studien belegen, dass für mehr als die Hälfte der Studierenden die Eltern neben dem Freund die wichtigsten Ansprechpartner bei Studienfragen sind, greifen die Hochschulen den Trend auf, bestätigt auch Michaela Christoph von der Uni Duisburg/Essen:
"- Elternabende, das machen wir so drei- viermal im Jahr.
- Ach Gott...
- Dann bieten wir eben Elternsprechstunden an.
- Elterssprechstunden? Wenn man studiert?
- Das tun auch manche, ohne dass ihre Kinder das wissen. Ganz interessant.
- Na, herzlichen Glückwunsch."
- Ach Gott...
- Dann bieten wir eben Elternsprechstunden an.
- Elterssprechstunden? Wenn man studiert?
- Das tun auch manche, ohne dass ihre Kinder das wissen. Ganz interessant.
- Na, herzlichen Glückwunsch."
Und durch die G8-Umstellung geht der Start an der Uni auch gar nicht ohne Eltern:
"Wenn ich mit 17 mich hier bewerbe und ich möchte einen Wohnheimplatz haben oder so, müssen die Eltern mitkommen, die müssen auch einmal ein Schreiben unterschreiben, dass die Kinder sozusagen bei Exkursionen mitgehen dürfen und dass sie an Prüfungen teilnehmen dürfen."
Mit 17 an der Uni: Ohne Eltern geht da wenig
Außerdem habe sich das Verhältnis von Kindern und Eltern verändert. Heute könne man auch schon mal Mutter und Tochter Arm in Arm über den Campus schlendern sehen, sagt die Studienberaterin. Für die meisten Studierenden ist das aber doch eher eine peinliche oder auch lustige Vorstellung:
"- Ja, natürlich wäre das peinlich, weil im Studium ist man ja so selbständig, dass man das nicht mehr braucht, dass die Eltern da ständig hinterherhängen.
- Ne! Ganz bestimmt nicht.
- Mein Papa war einfach nur neugierig, weil er selbst studiert hat. Er hat sich die Uni angeguckt. Ich fand das schön, dass er mitgekommen ist, einfach nur um zu gucken. Aber sonst lässt er mich da alleine."
- Ne! Ganz bestimmt nicht.
- Mein Papa war einfach nur neugierig, weil er selbst studiert hat. Er hat sich die Uni angeguckt. Ich fand das schön, dass er mitgekommen ist, einfach nur um zu gucken. Aber sonst lässt er mich da alleine."
Noch scheint das für die meisten Eltern der Königsweg zu sein: Unterstützen im Vorfeld und dann laufen lassen. So macht es auch Karin Vennen. Ihr Sohn steckt gerade mitten in den Abiturprüfungen und wird dann wohl nach Münster an die Uni gehen:
"Studienwahl haben wir uns schon mit ihm hingesetzt, er hat aber eine private Studienberatung gemacht. Ich war mit ihm auch in Münster, wir waren bei der Studienberatung, vielmehr er hatte den Termin da. Und für mich ist es schon wichtig, ihn zu unterstützen bei der Wohungssuche, aber Studium und sonst was, finde ich, ist sein Ding."
Doch nicht allen Eltern und Kindern fällt das Loslassen leicht. Und so manche Eltern schaffen es auch im Laufe des Studiums nicht, sagt Michaela Christoph:
"Wo die Eltern im Prüfungsamt nachfragen, wie denn die Klausuren der Studierenden ausgefallen sind. Das ist natürlich schon ein bisschen lächerlich. Bin ja nicht mehr in der Schule. Also das geht natürlich gar nicht und wird auch nicht beantwortet."
Mehr als Schützenhilfe kann kontraproduktiv sein
Tendenziell überengagierte Eltern gibt es aber nicht nur bei Studienanfängern. Auch wenn es um eine Berufsausbildung geht, halten zunehmend mehr Eltern die Fäden fest in der Hand, sagt Bernd Hartung, Ausbildungsleiter beim Maschinenbauunternehmen Tünkers in Ratingen:
"Ja, das wird mehr. Also wenn sie heute auf eine Ausbildungsmesse gehen, dann werden sie nicht von den Jugendlichen angesprochen, sondern die Eltern sprechen sie an, also für ihren Sprössling. Sagen dann: Wir wollen uns vorstellen. Immer in der wir-Form. Wir lernen auch gerne mal die Eltern kennen, ist ganz wichtig für uns auch, so für den Hintergrund. Der Nachteil ist, dass die jungen Leute nicht ins Gespräch kommen. Mama oder Papa macht schon."
Dennis Stritzeck, einer von derzeit zehn Auszubildenden bei Tünkers und bald fertiger Industriemechaniker, erinnert sich, wie das bei ihm war:
"Also, ich hab mir die Stelle selber gesucht, aber meine Eltern haben sich dann auch darüber informiert, auch sich bemüht, dass die Bewerbung perfekt ist, dabei mir geholfen und auch das das Gespräch hier gut wird. Im Vorfeld habe ich das halt mit meinen Eltern zu Hause geübt. Ich finde Eltern sind schon wichtig an dem Punkt. Ich fand das schon ziemlich ok."
Das ist auch in den Augen von Clemens Urbanek, der bei der IHK Düsseldorf den Bereich Ausbildung leitet, ein gesundes und wünschenswertes Engagement von Eltern. Doch auch er nimmt seit einigen Jahren vermehrt das Phänomen der Helikoptereltern wahr:
"Schwierig wird es dann halt, und dann hat der Kandidat keine Chance, wenn die Eltern die ganze Zeit reden und nicht erkennbar ist, wo denn das Interesse des Jugendlichen eigentlich liegt. Schützenhilfe, Anstoß geben ist gut, mehr ist dann des Guten zu viel und ist kontraproduktiv. Wenn ich sehe die Eltern wollen gerne den Job haben, aber der Jugendliche nicht, dann werde ich den Jugendlichen nicht einstellen, ganz klar."