Im Moment lässt sich gut lernen, wer sich mit welchen Themen Gehör verschaffen kann und wer nicht. Weniger Geld für die extrem in der Klemme steckende Pflegeversicherung, für die Rentenkasse und die Krankenversicherung, eine Reform des Bafögs, die wohl auf der Strecke bleibt, das Kindergrundsicherungsprojekt – alles Haushaltsposten, bei denen der Rotstift angesetzt wird, über die aber außer den erwartbaren Einwänden einschlägiger Verbände wenig zu hören ist.
Ganz anders aber beim Vorhaben, das Elterngeld für gutverdienende Paare zu streichen. Der Plan macht richtig Furore. Zwei Beispiele, die für viele stehen: Ein Kommentator des "Spiegel" klagt, man habe sich schließlich aufs Elterngeld verlassen bei der Lebensplanung und immer hohe Steuern gezahlt.
Was für eine Erwartungshaltung an ein Gemeinwesen spricht daraus! Gib mir, dem Leistungsträger, ich hab´s verdient! So unverblümt kommt Besserverdiener-Egozentrik selten daher. Ohne Elterngeld, so der Spiegelkommentator weiter, werde die gutverdienende Partnerin und Bald-Mutter in der Teilzeitfalle landen. Ach, anders geht es nicht? Keine Option auf geteiltes Elternsein?
Gutverdienende: Entscheidung fürs Kind hängt nicht am Geld
Ein Kommentator der taz - im Ernst: der taz! - überrascht mit der These, der Wegfall des Elterngeldes träfe vor allem die Väter. Das steht zwar im klaren Kontrast zur Statistik, nach der vor allem Mütter Elterngeld beziehen.
Nach taz-Lesart steht aber nun die mühsam errungene Akzeptanz für Männer, die eine durchs Elterngeld gepamperte berufliche Auszeit nehmen, in Frage. Im Ernst? Ein paar unlustige Witze über Wickelmonate können Männer nicht aushalten, die meist eh nur zwei Monate Karrierepause machen?
Jobs mit guter Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Grob zusammengefasst, in dieser Substanzhaftigkeit verläuft der Protest gegen den geplanten Wegfall des Elterngeldes für – daran sollte es wirklich keinen Zweifel geben - Paare, die sich einiges leisten können, erst recht ein Kind.
Wer mehr als 150.000 Euro an gemeinsam zu versteuerndem Einkommen hat, brutto also 170.000 bis 180.000, der hat Spielräume fürs erste Jahr mit dem Kind, der hat auch oft genau die Jobs, in denen sich Beruf und Familie vergleichsweise gut vereinbaren lassen.
In diesen Einkommensklassen hängt die Entscheidung fürs Kind nicht am Geld. Und an allen sonstigen Barrieren – familienunfreundliche Arbeitsplätze, Paarbeziehungen, die nicht partnerschaftlich sind, fehlende Kinderbetreuung – an allen anderen Barrieren ändert das Elterngeld nichts.
Und ob das Elterngeld wirklich den großen Schritt gebracht hat in Richtung gleichberechtigter Elternschaft? Viel von dem, was nun als Protest gegen den Wegfall des Elterngeldes für Gutverdiener vorgebracht wird, lässt daran zweifeln. Also: Wenn – und das kann man in Frage stellen – wenn in der Familienpolitik gespart werden soll, dann ist das beim Elterngeld für Gutverdiener durchaus eine Option.