Archiv

Fußballmärchen im Saarland
SV Elversberg auf dem Weg in die 2. Liga

Der SV Elversberg könnte den Durchmarsch von der Regionalliga in die 2. Fußball-Bundesliga schaffen. Der Klub aus dem Saarland profitiert von der beharrlichen Aufbauarbeit seines Vorsitzenden, der in der 7.000-Einwohner-Gemeinde Strukturen für den Profifußball geschaffen hat.

Von Thomas Wollscheid |
Spieler der SV Elversberg im Kreis vor einem Spiel in der 3. Liga
Einschwören auf den nächsten Aufstieg: Spieler der SV Elversberg (picture alliance / DeFodi Images / Mario Hommes)
Mitte der Woche im Büro von Frank Holzer - mit seinem Sohn Dominik Geschäftsführer der Arzneimittelfirma Ursapharm im saarländischen Bübingen und Aufsichtsratschef der SV Elversberg. Ein Überraschungsbesuch von Fußballlegende Felix Magath. Er und Frank Holzer sind seit gemeinsamen Tagen beim 1. FC Saarbrücken so was wie "beste Freunde". 1976 steigen sie zusammen in die Bundesliga auf und weil der damalige Geringverdiener Magath vom FCS kein vernünftiges Angebot erhält, wechselt Holzer aus Protest zu Eintracht Braunschweig.
Dort ist er unter dem als knallhart geltenden Trainer Branco Zebec nicht nur Fußballprofi in der Bundesliga, sondern auch Vollzeitstudent der Pharmazie. Das kommt ihm zugute, denn nach zwei sehr erfolgreichen Jahren, in denen ihn der Kicker zum besten Linksaußen Deutschlands kürt, muss er seine aktive Karriere als 28jähriger wegen einer Knieverletzung beenden. Er kehrt ins Saarland zurück, arbeitet als Apotheker, steigt in die kleine Firma seines Vaters ein und baut den Konzern mit mittlerweile 350 Millionen Euro Umsatz auf.

Eleversbergs Aufstieg - ohne Klubchef Holzer nicht vorstellbar

Das alles muss man wissen um die SV Elversberg zu verstehen, denn der Verein ist ohne Frank Holzer nicht vorstellbar. Obwohl der Ortsrivale DJK Elversberg sein eigentlicher Heimatverein ist, wird Holzer Anfang der 1990 Jahre Vorsitzender des Ortsrivalen SV Elversberg und übernimmt als Trainer den Vorletzten der Landesliga:
"Die SV Elversberg ist von der ursprünglichen Idee eine Möglichkeit gewesen, in meinem Heimatort im Sport etwas Positives zu bewirken. So fing es damals an. Der Verein hatte Probleme, ich habe ihn 1990 als Vorsitzender übernommen, habe ihn saniert. Und dann sind wir kontinuierlich hochgegangen."
Hochgegangen bis in die 3. Liga - das war 2013. In diesem Jahr wird Frank Holzer 60. Ein Jahr später: der Abstieg und das erfolglose Bestreben wieder aufzusteigen. Die Trainer wechseln, von Juli 2014 bis Oktober 2018 arbeiten sieben Trainer bei der SVE. Keiner schafft den Aufstieg.

Geräuschlose Aufbauarbeit - im Schatten des großen Saarbrücken

Hinter den sportlichen Kulissen werden in Elversberg aber Strukturen für den Profifußball geschaffen. Anders als beim großen Nachbarn, dem Traditionsverein 1. FC Saarbrücken, läuft alles geräuschlos ab. Längst hat Frank Holzer sich in den Aufsichtsrat zurückgezogen und sein Sohn Dominik ist Präsident. Die Fußball-Leidenschaft hat der jetzt 41-Jährige vom Vater, war selbst ein Leistungsträger zu Oberligazeiten der SVE. Er modernisiert den Verein, baut das kleine Stadion an der Kaiserlinde in Eigenregie um zur Ursapharm-Arena.

Sportdirektor Book und Trainer Steffen als Erfolgsduo

2018 dann der vielleicht entscheidende Schritt: Dominik Holzer verpflichtet Ole Book als Sportdirektor und Horst Steffen als Trainer. Holzer setzt statt auf kurzfristigen Erfolg auf Nachhaltigkeit:
"Wenn man nachhaltig und langfriastig arbeiten kann, mit einem Etat, der konkurrenzfähig ist, dann kann man etwas aufbauen. Das ist auch unser Bild von Elversberg: Ole Book weiß, wie Horst Steffen spielen will. So baut Ole Book auch seinen Kader. Und Horst Steffen hat ein unglaubliches Charisma und die Menschenkenntnis, er kann einen Kader auch befeuern."
Trainer Horst Steffen, der für die Spieler wie eine Vaterfigur ist, nennt vor allem das Vertrauen des Vereins in seine Arbeit und die Arbeit von Ole Book als Grund für die jüngsten Erfolge. Auch als es in der Regionalliga mal nicht lief, hielt das Präsidium am Gespann Book/Steffen fest – und das, so der Trainer, zeige den Plan der SVE:
"Das ist ein wichtiges Gefühl, das sie mir vermittelt haben - was ich dann weiter an die Mannschaft verteilen darf. Das Vertrauen, das ich bekomme, darf ich weitergeben an die Jungs. Das spüren auch die Jungs im Umgang miteinander. Bei der Auswahl der Spieler haben wir sehr gut gelegen, auch weil wir uns vorher Gedanken gemacht haben, in erster Linie Ole. Dass die Kaderstrategie ersichtlich und gut ist."

Ausbau des Stadions läuft - womöglich für Liga zwei

Und während die Mannschaft der SV Elversberg in der 3. Liga von Sieg zu Sieg eilt wird wiederum, ziemlich geräuschlos, im Hintergrund an einem Trainingsgelände und am Ausbau des Stadions gearbeitet. Noch ist es nicht zweitligatauglich. Es konnte aber auch niemand ahnen, dass die SVE den Durchmarsch - höchstwahrscheinlich - schaffen wird. Und auch die Zuschauer im Saarland haben gemerkt: Die SVE spielt einen tollen Fußball. Der Zuschauerschnitt wächst ständig.
Derzeit laufen die Gespräche, das Stadion - wieder in Eigenregie - fit zu machen für die 2. Liga. Einiges sicher als Übergangslösung - aber 2025 soll das Stadion dann, im Eigentum der SVE, fertig sein. Für Felix Magath hat der Erfolg einen Namen, den seines Freundes Frank Holzer:

Holzer-Freund Magath drückt die Daumen: "Auf den nächsten Aufstieg!"

"Frank hat dieses Durchhaltevermögen gehabt, weil er eben von hier kommt und weil es sein Verein ist. Und er hat sich von den Rückschlägen auch nicht aus der Ruhe bringen lassen, sondern weiter gemacht. Das ist das, was ihn auszeichnet, was außergewöhnlich ist. Jetzt hat er es ja scheinbar doppelt geschafft: Nach einem Jahr 3. Liga winkt nun die 2. Liga, das ist ein unglaublicher, großartiger Erfolg. So etwas gibt es kaum noch im Fußball."
Der so Gelobte fügt dann mit einem großen Augenzwinkern hinzu: "Mit 60 Jahren ist damals der Aufstieg der Aufstieg in die 3. Liga gelungen. Nach dem mathematischen Prinzip müsste es jetzt eigentlich so sein, dass mir die Mannschaft eventuell den Aufstieg in die 2. Liga schenken. Und dann gucken wir mal", sagt Holzer und lacht. Wie das wohl weitergehen mag, sagt auch Felix Magath und drückt seinem Freund die Daumen: "Auf den nächsten Aufstieg."