Legacy – ein Lieblingswort von Spitzenfunktionären. Ein Turnier wie die EM soll ein Erbe haben, das über die vier Wochen hinaus bleibt. Eine von vielen Hoffnungen:ein Schub für den Amateurfußball, viele Kinder und Jugendliche, die sich nach einem erfolgreichen Turnier bei den Vereinen anmelden. Das, so hoffen die Verantwortlichen, soll bei einem Heimturnier noch größer sein.
„Wir, vom Bayerischen Fußball-Verband zum Beispiel, haben eine Fußballzone im Olympiapark eingerichtet, wo wir uns präsentieren und wo wir auch versuchen, neue Spielerinnen und Spieler gewinnen", erklärt Frank Ludewig, der Vorsitzende des Fußballkreises München. Erst im Olympiapark auf der Großbildleinwand EM-Fußball schauen und dann am Rande der Fanzone das Ganze selbst ausprobieren.
Auch Frank Ludewig freut sich über jeden neuen Nachwuchskicker, gerade in München ist das aber organisatorisch nicht unproblematisch: „Jetzt haben wir in München die Situation, dass die Vereine – insbesondere im Jugendbereich – aus allen Nähten platzen. Also wir haben Wartelisten. Mir fehlt die Fantasie, wie hier noch mehr Jugendliche aufgenommen werden sollen oder können in die Vereine.“
Das immaterielle Erbe
Ein Luxusproblem in der bayerischen Landeshauptstadt, das weiß Frank Ludewig. Er leitet einen der größten Fußballkreise in Deutschland. München hat andere Sorgen als Kreise in ländlichen Regionen, wo es teils schwer ist, den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten.
„Für uns wäre es viel wichtiger gewesen, dass neue Sportstätten, neue Kunstrasenplätze gebaut werden.“
Das wird es durch die Europameisterschaft aber sicher nicht geben. Frank Ludewig hofft deshalb vor allem auch auf ein immaterielles Erbe des Turniers: „Dass der Fußball der Europameisterschaft Vorbild wird für den Fußball in meinem Kreis.“
Damit meint er vor allem das Verhalten der Spieler auf dem Platz, das Vorbild ist für viele Amateurkicker, vor allem im Jugendbereich. Ein Erfolg könnte tatsächlich die neue Regel sein, dass sich in strittigen Situationen nur der Kapitän beim Schiedsrichter beschweren darf. Die Regel wird bei der EM zum ersten Mal getestet.
„Das Verhalten der Spieler dem Schiedsrichter gegenüber ist ein ganz großes Problem im Kreis, weil viele insbesondere junge Schiedsrichter sich nicht wohlfühlen, so wie die Trainer und die Spieler mit den Schiedsrichtern umgehen.“
Deshalb hofft Ludewig auf eine konsequente Anwendung der neuen Regel, wie beim Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Schottland schon zu beobachten.
Amateurspiele ausnahmsweise auch während der EM
Eigentlich sind die Amateure schon in der Sommerpause, die schweren Unwetter vor zwei Wochen sorgen aber für eine Verlängerung in die Zeit des Turniers. Einige Aufstiegsspiele müssen noch absolviert werden. „Die Abmachung war, dass während der Europameisterschaft keine Amateurfußballspiele stattfinden. Wir haben jetzt hier eine Ausnahme gemacht und die kann man, finde ich, auch gut begründen, durch den Katastrophenfall des Hochwassers.“
Deshalb hat Ludewig auch alle Hände voll zu tun in diesen Tagen. Ein, zwei Spiele will er selbst im Stadion besuchen bei der Europameisterschaft, ansonsten ist das Turnier für den ehrenamtlichen Kreisvorsitzenden weit weg, selbst wenn es direkt vor seiner Haustür stattfindet. „Natürlich, das ist ein reines UEFA-Thema.“